Schweitzer Fachinformationen
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Eine kalte Windböe weht mein Haar nach hinten, als ich rechts auf die St Bride Street abbiege. Der Himmel ist übersät mit dunklen Wolken und taucht London in ein mattes Grau. Ein typischer Herbsttag in der Großstadt.
Während ich meinen schwarzen Mantel enger um mich ziehe, halte ich mit der linken Hand den Mietvertrag fest, den ich erst vor wenigen Stunden unterschrieben habe. Mein Atem hinterlässt kleine Wolken in der Luft. Ich weiß nicht, was ich schlimmer finde. Die Kälte, die meine Finger klamm werden lässt, oder doch die Tatsache, dass ich bereit bin, mir eine Immobilie mit jemandem zu teilen, den ich nicht ausstehen kann.
Ein Mann, komplett in Schwarz gekleidet, kommt mit schnellen Schritten auf mich zu. Er sieht mich direkt an. Wie von selbst bleibe ich stehen. Mein Herz schlägt mir bis zum Hals, als der Blick seiner blauen Augen auf meinen trifft. Für den Hauch einer Sekunde erkenne ich sein Gesicht in ihm. Ich blinzle heftig und versuche weiterzugehen. Doch erst als der Mann an mir vorbei ist, habe ich mich wieder gefasst und komme in Bewegung.
Ich hasse es. Ich hasse diese Unsicherheit, das beklemmende Gefühl in meiner Brust, das mir vermittelt, ich sei in Gefahr. Noch vor einem Jahr gab es kaum etwas, vor dem ich Angst hatte. Doch da war ich auch noch die furchtlose Kate, die naiv mit offenen Armen durchs Leben gelaufen ist.
Mein Handy beginnt zu klingeln, und lächelnd nehme ich Zoes Anruf entgegen.
»Und? Hast du den Vertrag schon abgegeben? Hast du die Schlüssel? Kann ich vorbeikommen?« Ohne Begrüßung stellt sie mir gleich unzählige Fragen. Doch ich kann ihre Neugierde verstehen. Bisher hat sie mein zukünftiges Café nur auf Bildern gesehen.
»Ich bin erst auf dem Weg zum Termin, aber gleich da. Ich kann es einfach immer noch nicht fassen, Zoe.«
»Ich auch nicht. Seit ich dich kenne, ist dies dein größter Traum.« Sie seufzt, als würde sie in Erinnerungen schwelgen. »Du hast jahrelang bei Michelle im Café gearbeitet, hast dich in die Buchhaltung reingefuchst und warst schon beinahe eine zweite Chefin. Und auch wenn es dir schwergefallen ist, dort zu kündigen, war es die richtige Entscheidung. Dass du das Studium in Business Administration abgebrochen hast, hat dich kein bisschen daran gehindert, weiter an deinem Ziel festzuhalten. Das liebe ich so an dir. Du hast einfach alles richtig gemacht.« Die Worte meiner besten Freundin legen sich wie eine wohlige Decke um meine Schultern. Sie fühlen sich an wie eine warme Umarmung, die mir die Kraft gibt, die ich brauche.
»Danke für deinen Zuspruch. Manchmal glaube ich, dass wir dieses Café gemeinsam eröffnen«, sage ich, und wir beginnen zu lachen.
»Ich bin jetzt da und melde mich später bei dir.« Ich verabschiede mich von ihr und bleibe vor dem Gebäude aus roten Backsteinen stehen. Efeu wächst an der Fassade empor und lässt alles noch viel magischer erscheinen.
Als ich diese Immobilie im Internet zur Miete gefunden habe, war mir sofort klar, dass ich sie haben muss. Hier und nirgendwo sonst möchte ich mein Café eröffnen. Die Lage ist einfach perfekt, zentral in London und nicht weit von meiner Wohnung entfernt.
Seit ich denken kann, ist ein eigenes Café mein größter Traum. Nur aus diesem Grund hatte ich vor fast zwei Jahren mit dem Studium in Business Administration begonnen. Obwohl ich schon lange in einem Café gearbeitet und für meine ehemalige Chefin Michelle nicht nur Getränke serviert, sondern auch die Buchhaltung übernommen habe, ist es nicht dasselbe, wie einen eigenen Laden zu führen. Das wusste ich von Anfang an. Dass ich das Studium schlussendlich abgebrochen habe, konnte mich nicht aufhalten.
Bei Michelle zu kündigen hat mich, wie Zoe schon sagte, einiges an Überwindung gekostet. Ich habe das Café mit einem weinenden und einem lachenden Auge verlassen. Manchmal erwische ich mich dabei, wie ich die freundliche Atmosphäre und die Gespräche mit meinen Kollegen vermisse. Aber es war der richtige Zeitpunkt, um meinen eigenen Weg zu gehen.
Wochen und Monate habe ich für mein Ziel gespart. Dank des Erbes aus dem Nachlass meiner Tante, die vor drei Jahren ums Leben gekommen ist, konnte ich mir den Wunsch nach einem eigenen Laden nun endlich erfüllen. Na ja, zumindest fast .
Die Fensterrahmen sind in einem hellen Mintton gestrichen und passen perfekt zu dem dunklen Rot der Steine. Das Glas reicht bis zum Boden und erstreckt sich über vier riesige Fensterfronten und eine Tür, über der ein braunes Schild hängt, von dem die Farbe langsam abblättert. In kursiver Schrift steht Barney's Café darauf geschrieben. Ich frage mich, was dort in Zukunft stehen wird, wie mein Laden heißen wird. Obwohl ich seit Ewigkeiten diesen Traum habe, ist mir bis heute noch kein Name eingefallen, bei dem es so richtig klick gemacht hat.
Während ich den Laden betrete, atme ich tief durch und straffe die Schultern. Aidan steht an der schwarz lackierten Wendeltreppe. Die braunen Augen zu schmalen Schlitzen verengt, betrachtet er den Umschlag in meinen Händen. Sicher fragt er sich, ob ich meine Unterschrift über das Wort Mieter gesetzt habe. Denn bei unserem ersten Aufeinandertreffen war ich mir noch alles andere als sicher, ob ich auf den Vorschlag der Eigentümerin eingehen würde. Ich war sogar der festen Überzeugung, dass das auf keinen Fall infrage kam. Doch wo finde ich schon ein so perfektes Geschäft zu diesem Preis?
Aidans blonde Haare schimmern im Licht des Kronleuchters. Ich könnte schwören, dass er denselben spießigen Anzug trägt, den er schon anhatte, als ich die Immobilie besichtigt habe. Schwarzes Jackett, ein weißes Hemd mit schwarzer Krawatte, schwarze Hose und schwarze Schuhe. Vielleicht hat er aber auch ein Dutzend davon im Schrank.
Aidan. Der Mann, mit dem ich mir meinen Laden teilen werde. Der Neffe meiner Vermieterin Cora. Es war ihre Idee, dass wir das Geschäft gemeinsam übernehmen sollen. Ich habe Aidan sofort angesehen, dass er von ihrem Vorschlag genauso wenig begeistert war wie ich. Eine Buchhandlung mit einem Café. Doch welche Wahl hatten wir?
Als ich vor fünf Tagen zur Besichtigung hier war, habe ich mich sofort verliebt. In die hohen Decken, den weiß gekachelten Fußboden, die dunklen Wände aus Naturstein, den riesigen Kronleuchter, die bodentiefen Fenster und auch den offenen Raum oben, der über eine Wendeltreppe zu erreichen ist. Dass der Laden alle nötigen Anschlüsse bereits hat, da er zuvor auch schon ein Café war, ist nur das i-Tüpfelchen des Ganzen.
»Hallo, Kate!« Coras beruhigende Stimme holt mich zurück ins Hier und Jetzt. Ich löse meinen Blick von Aidan und drehe mich zu ihr um.
»Ich habe ihn unterschrieben.« Mit dem Rücken lehne ich mich an die alte Theke. »Den Vertrag«, füge ich hinzu und lockere den roten Strickschal um meinen Hals, für den es eigentlich noch zu früh ist. Jeden Herbst frage ich mich, was ich noch alles im Winter tragen soll, wenn ich schon jetzt bis auf die Knochen friere.
»Das freut mich sehr.« Cora streckt ihre Hand aus und bedeutet mir mit einem Nicken, ihr den Vertrag auszuhändigen. »Möglicherweise musst du dir die Fläche auch gar nicht teilen. Aidan hat mir bis jetzt noch keine Antwort darauf gegeben, ob er mit meiner Idee einverstanden ist oder nicht.« Sie sieht zu ihrem Neffen rüber, der mit bedachten Schritten auf uns zukommt.
Ehrlich gesagt hoffe ich immer noch, dass Aidan das Angebot seiner Tante ausschlägt und ich den Laden allein führen darf. Ich habe ein wenig auf Pinterest gestöbert und viele Beispiele gefunden, wie gemütlich so ein Büchercafé aussehen kann. Und ich wäre überglücklich, wenn ich diese Art von Geschäft mit jemandem wie meiner besten Freundin Zoe eröffnen könnte. Aber mit einem wildfremden Mann? Ich bin mir nicht sicher, worauf ich mich da einlasse.
»Mutig. Hätte ich Ihnen nicht zugetraut. Dann habe ich wohl keine andere Wahl, als diesen Vertrag ebenfalls zu unterzeichnen.« Aidans Worte triefen nur so vor Arroganz, und am liebsten würde ich Cora meinen Vertrag aus den Händen zerren, ihn in tausend Stücke zerreißen und abhauen. Doch gleichzeitig würde es viel zu sehr an meinem Ego kratzen, ihm das zu geben, was er möchte: die Ladenfläche für sich allein und seine Buchhandlung zu haben. Ein Rückzieher kommt also nicht infrage.
»Lasst uns ins Büro gehen«, schlägt Cora vor und macht sich auf den Weg nach hinten.
Ein alter Holzschrank, der seine besten Zeiten bereits hinter sich hat, und ein großer Schreibtisch mit zwei Stühlen füllen den Raum. Aidan schnappt sich einen Hocker aus der Ecke und setzt sich neben mich.
Es herrscht eine unangenehme Stille. Obwohl Aidan und mich einige Zentimeter trennen, kommt es mir so vor, als würde ich seine Präsenz im ganzen Raum wahrnehmen. Als würde mein Körper auf seine Gegenwart reagieren und von Kopf bis Fuß unter Anspannung stehen.
»Die letzten Tage und Nächte habe ich an nichts anderes gedacht als an diesen Laden hier, an das Vermächtnis meines Mannes. Barney hat das Café über Jahrzehnte hinweg voller Leidenschaft geführt, und auch wenn ich...
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