Schweitzer Fachinformationen
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Mir war nicht sofort klar, dass ich einen Werwolf vor mir hatte. Mein Geruchssinn war durch Schmierfett und verbranntes Öl ein wenig eingeschränkt, und es passiert schließlich auch nicht jeden Tag, dass ein streunender Werwolf vorbeikommt. Als sich also jemand in der Nähe meiner Füße höflich räusperte, hielt ich ihn für einen ganz normalen Kunden.
Ich lag gerade unter einem Jetta und brachte ein neu zusammengesetztes Getriebe an. Einer der Nachteile einer Ein-Frau-Autowerkstatt besteht darin, dass ich jedes Mal aufhören und später wieder anfangen muss, wenn das Telefon klingelt oder jemand vorbeikommt. Dann bekomme ich schlechte Laune, und das ist nicht gut, wenn man mit Kunden zu tun hat. Mein treuer Handlanger im Büro war inzwischen an der Uni, und ich hatte noch keinen Ersatz für ihn gefunden - es ist nicht leicht, jemanden aufzutreiben, der freiwillig all die Dinge übernimmt, zu denen ich keine Lust habe.
»Eine Sekunde bitte«, sagte ich und strengte mich an, nicht allzu missmutig zu klingen. Ich tue mein Bestes, um meine Kunden nicht zu verschrecken.
Winden und Hebebühnen hin oder her, es gibt wirklich nur eine einzige Möglichkeit, ein Getriebe in einen alten Jetta zu wuchten: Muskelkraft. Manchmal ist es bei meiner Arbeit nützlich, eine Frau zu sein - meine Hände sind klein, also kann ich Stellen erreichen, die für die meisten Männer schwer zugänglich sind. Aber selbst Gewichtheben und Karate können mir nicht die Körperkraft eines starken Mannes geben. Hin und wieder kann ich mir mit Hebelwirkung helfen, aber oft gibt es einfach keinen Ersatz für Muskeln, und ich hatte so gerade eben genug Kraft, um meine Aufgabe zu erledigen.
Grunzend vor Anstrengung schob ich das Getriebe also mit den Knien und einer Hand an die richtige Stelle. Mit der anderen Hand brachte ich die erste Schraube an und drehte sie fest. Damit war es natürlich nicht getan, aber das Getriebe würde zumindest bleiben, wo es war, solange ich mit meinem Kunden sprach.
Bevor ich mich unter dem Auto hervorrollte, holte ich tief Luft und setzte zu Übungszwecken schon mal ein Lächeln auf. Draußen angekommen, griff ich nach einem Lappen, um mir das Öl von den Händen zu wischen, und sagte: »Was kann ich für Sie tun?«, noch bevor ich den Jungen gut genug zu Gesicht bekam, um feststellen zu können, dass er vermutlich kein Kunde war - er sah allerdings eindeutig so aus, als bräuchte er Hilfe.
Seine Jeans waren an den Knien zerrissen und fleckig von altem Blut und Dreck. Über einem schmutzigen T-Shirt trug er ein zu enges Flanellhemd - viel zu wenig Kleidung für den November im Osten von Washington.
Er wirkte ausgemergelt, als hätte er eine Weile ohne Essen zurechtkommen müssen, und nun sagte meine Nase mir auch über den Geruch von Benzin, Öl und Frostschutz hinweg, der überall in der Werkstatt hing, dass er ebenso lange nicht mehr geduscht hatte. Und unter dem Dreck, dem alten Schweiß und der Angst lag eindeutig der Geruch eines Werwolfs.
»Ich frage mich, ob ich wohl irgendwelche Hilfsarbeiten für Sie erledigen könnte?«, sagte er zögernd. »Ich suche nicht wirklich einen Job, Ma'am. Nur was für ein paar Stunden.«
Ich konnte seine Nervosität riechen, bevor sie von einem Schwall Adrenalin überdeckt wurde, als ich nicht sofort ablehnte. Er begann, immer schneller zu sprechen, bis seine Worte sich überschlugen. »Richtige Arbeit wäre selbstverständlich auch okay, aber ich habe keine Sozialversicherungskarte, also müssten Sie mich unter der Hand bezahlen.«
Die meisten Leute, die nach dieser Art von Job suchen, sind Illegale, die sich zwischen Ernte- und Anpflanzzeit über Wasser halten wollen. Dieser Junge jedoch war ein typischer weißer Amerikaner - wenn man einmal davon absah, dass er ein Werwolf war. Er hatte rötlichbraunes Haar und braune Augen, und bei einigen Leuten wäre er vermutlich für achtzehn durchgegangen, aber ich habe ein ziemlich gutes Gespür, was diese Dinge angeht, und schätzte ihn eher auf fünfzehn. Seine Schultern waren breit, aber knochig, und seine Hände wirkten zu groß für seine Arme, so als müsse er noch ein bisschen in den Mann hineinwachsen, der er einmal sein würde.
»Ich bin stark«, sagte er. »Ich kenne mich nicht besonders mit Autoreparaturen aus, aber ich habe meinem Onkel immer geholfen, seinen Käfer wieder zum Laufen zu bringen.«
Ich glaubte gerne, dass er stark war - das sind Werwölfe eigentlich immer. Sobald ich den unverwechselbaren Geruch nach Moschus und Minze wahrgenommen hatte, verspürte ich den Drang, ihn so schnell wie möglich aus meinem Territorium zu vertreiben. Aber da ich kein Werwolf bin, beherrsche ich meine Impulsivität und lasse mich nicht von ihr kontrollieren. Und außerdem weckte der Junge, der dort im feuchtkalten Novemberwetter zitterte, auch andere, stärkere Instinkte in mir.
Es ist für mich sehr wichtig, nicht gegen die Gesetze zu verstoßen. Ich halte mich an Tempolimits, versichere meine Autos und zahle paar Dollar mehr Steuern als unbedingt nötig. Sicher, ich stecke vielleicht hin und wieder Leuten, die mich darum bitten, einen Zwanziger zu, aber ich hatte noch nie jemanden in der Werkstatt beschäftigt, der nicht in meinen Büchern auftauchen konnte. Zu meiner Gesetzestreue gesellte sich das Problem hinzu, dass er ein Werwolf war, und auch noch ein neuer, wenn ich das richtig beurteilte. Die Jungen können ihre inneren Wölfe schlechter beherrschen als die, die schon an dieses Leben gewöhnt sind.
Aber er hatte immerhin keine Bemerkung darüber gemacht, wie seltsam es war, einen weiblichen Automechaniker zu sehen. Gut, er hatte mich eine Weile beobachtet und sich an den Gedanken gewöhnet - aber dennoch, er hatte nichts dazu gesagt, und das brachte ihm ein paar Pluspunkte ein. Wenn auch nicht genug, um wirklich zu rechtfertigen, was ich als Nächstes tun würde.
Er rieb sich die Hände und pustete darauf, um seine Finger zu wärmen, die rot vor Kälte waren.
»Also gut«, sagte ich. Das war nicht die klügste Antwort, aber als ich sah, wie sehr er fror, konnte ich einfach nicht anders. »Wir werden mal sehen, ob es mit uns funktioniert. Hinter dieser Tür gibt es einen Raum mit einer Waschmaschine und einem Trockner, und außerdem eine Dusche.« Ich zeigte auf die Tür hinten in der Werkstatt. »Mein letzter Helfer hat ein paar von seinen Overalls hiergelassen. Sie hängen an Haken im Waschraum. Wenn du geduscht hast, kannst du die Sachen, die du jetzt trägst, in die Waschmaschine stecken. Es gibt auch einen Kühlschrank mit Brot, Schinken und ein paar Getränkedosen. Iss was, und dann komm wieder her, wenn du fertig bist.«
Ich sprach dieses »Iss was« sehr nachdrücklich aus; ich hatte nicht vor, mit einem hungrigen Werwolf zusammenzuarbeiten, nicht einmal, wenn es bis zum nächsten Vollmond noch zwei Wochen dauern würde. Es gibt Leute, die behaupten, dass Werwölfe ihre Gestalt nur bei Vollmond verändern können, aber die Leute sagen schließlich auch, es gäbe keine Geister. Als er meinen Befehlston hörte, erstarrte er und hob den Blick, um mich anzusehen.
Einen Augenblick später bedankte er sich leise, ging durch die Tür und schloss sie sanft hinter sich. Ich wagte wieder zu atmen. Ich sollte es wirklich besser wissen und einem Werwolf keine Befehle geben - das löst nur ihren Dominanz-Reflex aus.
Die Instinkte von Werwölfen sind unbequem, weshalb viele nicht besonders lange leben, und genau diese Instinkte sind auch der Grund, wieso ihre wilden Brüder nichts mit der Zivilisation anfangen können, während Kojoten selbst in Großstädten wie Los Angeles wachsen und gedeihen.
Die Kojoten, das sind meine Brüder. Oh, ich bin keine Werkojotin, wenn es denn überhaupt so etwas geben sollte. Ich bin ein Walker.
Der Begriff leitet sich von »Skinwalker« ab, den Hexern der südwestlichen Indianerstämme, die Haut verwenden, um sich in einen Kojoten oder ein anderes Tier zu verwandeln, und in dieser Gestalt Krankheit und Tod zu bringen. Die weißen Siedler benutzten dieses Wort für alle eingeborenen Gestaltwandler, und obwohl das falsch war, blieb es schließlich hängen. Wir sind wohl kaum in der Position, Einspruch zu erheben - selbst wenn wir an die Öffentlichkeit gehen würden, wie es die Geringeren vom Feenvolk getan haben, gibt es nicht genug von uns, um großes Aufsehen zu erregen.
Ich glaubte nicht, dass der Junge wusste, was ich war, oder er wäre nie imstande gewesen, mir, einem anderen Raubtier, den Rücken zuzuwenden und durch die Tür zu gehen, um sich zu duschen und umzuziehen. Wölfe mögen einen sehr guten Geruchssinn haben, aber in der Werkstatt gab es viele seltsame Düfte, und ich bezweifelte, dass er je etwas wie mich gewittert hatte.
»Du hast einen Ersatz für Tad eingestellt?«
Ich drehte mich um und sah, wie Tony durch die offenen Werkstattore kam, wo er offenbar schon länger gewartet und das kleine Intermezzo zwischen dem Jungen und mir beobachtet hatte. Tony kannte sich gut mit solchen Lauschaktionen aus - das war sein Job.
Er hatte das schwarze Haar mit Gel zurückgekämmt und zu einem kurzen Zopf gebunden und war glatt rasiert. In seinem rechten Ohr befanden sich, wie mir auffiel, inzwischen vier Löcher mit drei kleinen Ringen und einen Diamantstecker, was bedeutete, dass er seit unserer letzten Begegnung zwei hinzugefügt hatte. Ein offen getragener Kapuzensweater über einem dünnen T-Shirt, das die Ergebnisse von vielen Stunden im Fitnesscenter gut umriss, ließ ihn aussehen wie das Rekrutierungsposter für eine Hispano-Gang.
»Wir stehen in Verhandlungen«, sagte ich. »Im Augenblick erst einmal kurzfristig. Bist du im Dienst?«
»Nein. Sie haben mir wegen guter...
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