Schweitzer Fachinformationen
Wenn es um professionelles Wissen geht, ist Schweitzer Fachinformationen wegweisend. Kunden aus Recht und Beratung sowie Unternehmen, öffentliche Verwaltungen und Bibliotheken erhalten komplette Lösungen zum Beschaffen, Verwalten und Nutzen von digitalen und gedruckten Medien.
2. Einordnung der Fanszene
2.1 Der Sportzuschauer
Der Sportzuschauer1 ist kein modernes Phänomen. Schon im antiken griechischen Wettkampfwesen gab es bemerkenswert hohe Zuschauerzahlen bei Sportveranstaltungen. So lässt sich nach seiner Ausgrabung für das im vierten Jahrhundert in Olympia errichtete Stadion ein Fassungsvermögen von 50.000 Zuschauern vermuten (vgl. Lämmer 1986, 76 f.).
Obwohl der Begriff der Sportzuschauer als Unterkategorie der Zuschauer eine Verallgemeinerung darstellt und eine homogene Gruppe von Zuschauern impliziert, ist das Gegenteil der Fall. Sportzuschauer betreiben einen unterschiedlichen zeitlichen und finanziellen Aufwand, um einer Sportveranstaltung beizuwohnen. Sie nehmen unterschiedliche charakteristische Orte des Zuschauens während der Sportveranstaltung ein, sie verfolgen unterschiedliche Arten von Sportereignissen, die eine unterschiedliche Bedeutung besitzen. Weitere Unterscheidungsmerkmale von Sportzuschauern betreffen persönliche Merkmale wie Alter, Geschlecht, soziale Schicht, ihren Bezug zur Sportart und die Motive der betreffenden Person (vgl. Gabler 1998, 113-127).
Anhand der unterschiedlichen Motive lässt sich exemplarisch die Heterogenität der Gruppe Sportzuschauer verdeutlichen:
• Die Ergebnisorientierung Der Zuschauer unterstützt den favorisierten Sportler/Verein. Sieg oder Niederlage werden als Macht oder Ohnmacht empfunden.
• Die soziale Orientierung Sportveranstaltungen werden zur Pflege zwischenmenschlicher Beziehungen besucht.
• Die Sachorientierung Nicht Sieg oder Niederlage oder der Wunsch nach sozialen Kontakten, sondern die Erwartung einer der Sportart entsprechenden perfekten Ausführung stehen hier im Vordergrund.
• Die Erlebnisorientierung Neben dem Erleben von sensationellen Rekorden, unglaublichen Ergebnissen, einer Atmosphäre voller Spannung, Stimmung und Begeisterung steht auch das Genießen, die Abwechslung und die Entspannung im Vordergrund (Messing & Lames 1996, 17).
2.1.1 Das Fußballpublikum
Sportzuschauer als ein Massenphänomen begleiten heute weltweit zahlreiche Sportarten. Jedoch ist es primär das Fußballpublikum, dem auch in Deutschland die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Sportzuschauerphänomen gebührt. Ein Grund ist sicherlich der hohe gesellschaftliche Stellenwert des Fußballs und die konstant hohen Zuschauerzahlen dieser Sportart. Insbesondere der Bundesliga-Fußball in Deutschland besitzt heute eine große Anziehungskraft für Zuschauer. So zeigen sich gemäß den Ergebnissen einer Untersuchung des Sportrechtevermarkters Sportfive (vgl. 2004, 7) 77% der Bundesbürger an den Spielen der Profimannschaften interessiert und 39% geben sogar an, dass „Fußball aus ihrem Leben nicht mehr wegzudenken ist“. Das große Interesse spiegelt sich in den hohen Zuschauerzahlen der Bundesliga wieder. So verzeichnete die Bundesliga-Saison 2006/07 einen Zuschauerschnitt von 37.644 Zuschauern pro Spiel, was einen Gesamtbesuch von 11.518.923 Zuschauern in dieser Spielzeit bedeutete (vgl. DFL 2008, 39).
Weisen die verschiedenen Motivorientierungen nach Messing und Lames2 bereits darauf hin, dass es sich beim Sportpublikum nicht um eine homogene Zusammensetzung von Zuschauern handelt, so gilt dies auch für das Fußballpublikum. In der wissenschaftlichen Betrachtung wird die Vergleichbarkeit von Motivationsstrukturen, Einstellungen, Verhaltensmustern und Erfahrungshorizonten der Zuschauer genutzt, um aus der großen Gruppe Fußballpublikum kleinere Gruppierungen zu selektieren und ähnliche Zuschauertypen zusammenzufassen. Dem zufolge unterteilen Pilz und Silberstein (vgl. 1990, 27) das Stadionpublikum in Zuschauer, Anhänger und Fans. Die Fußballfans lassen sich also zunächst als eine Teilgruppierung des Stadionpublikums charakterisieren.
2.1.2 Die Fußballfans
Aus etymologischer Sicht geht der Fanbegriff auf das lateinische fanaticus zurück. Dieser Begriff stammt ursprünglich aus einem religiösen Kontext und bedeutet wörtlich übersetzt „begeistert, schwärmend oder auch besessen“ (vgl. Dost & Hartung 2007, 49).
Die etymologischen Wurzeln des Fanbegriffs liefern bereits erste Hinweise auf das Wesen der Fußballfans. Eine allgemeine Definition des Begriffs wird durch die Heterogenität dieser Gruppierung des Stadionpublikums erschwert (vgl. König 2002, 44). Eine Integration der verschiedenen Definitionsansätze und Merkmale von Fußballfans gelingt nach Aschenbeck (vgl. 1998, 90) Schulz und Weber (1982, 56):
„Fans zeichnen sich für den Beobachter zunächst u.a. dadurch aus, dass sie rückhaltlos hinter ihrer Mannschaft stehen, bestimmte Stehplatzkurven und Stadionblöcke als ihr Territorium betrachten und aufgrund ihrer gruppenspezifischen Normen und Verhaltensrituale die optisch und akustisch auffälligste Zuschauergruppe ausmachen“.
Unter Zuhilfenahme diverser Definitionsansätze stellen König (2002, 44) und Aschenbeck (1998, 93) folgende Erkennungsmerkmale von Fußballfans heraus:
• Stehen in den Fankurven
• Anfeuerungsrufe und Mitleiden bei Spielen der eigenen Mannschaft
• Solidaritäts- und Gemeinschaftsgefühl
• Prinzipielle Vereinstreue
• Äußere Zeichen der Zugehörigkeit, wie Schals, Mützen, Fahnen etc.
• Männlichkeitsnormen
Das Stehen in den Fankurven ist eine wichtige Voraussetzung für fantypische Verhaltensweisen. Zum einen ist so eine Abgrenzung der Gruppe gegenüber den sitzenden Zuschauern im Stadion möglich, zum anderen erlaubt es den Fans durch die Enge des Zusammenstehens ein Kollektiverlebnis, das zu der Auffassung führt, ein aktiver Bestandteil des Geschehens zu sein (vgl. Balke 2007, 15). Neben dem Stehen in der Fankurve ist „das Erzeugen von Stimmung als zentrales Moment des Fan-Seins“ (ebd.) zu bewerten. Kollektive Gesänge und gemeinsames Anfeuern tragen zu einem Solidaritäts- und Gemeinschaftsgefühl unter den Fans bei. Des Weiteren verfügen die Fans über ein Zeichenund Symbolrepertoire, was sich z.B. durch das Tragen von Schals oder Trikots in den Vereinsfarben widerspiegelt (vgl. ebd. 13ff.).
2.1.3 Die Fanszene
Die Fanszene als kollektiver Sammelbegriff der Fußballfans eines Vereins „ist keineswegs ein einheitliches kulturelles Gebilde, sondern gliedert sich in ein Spektrum unterschiedlicher Organisationsformen und Typen auf“ (Väth 1994, 174). Um den jeweiligen Forschungsbereich näher zu bestimmen und die Heterogenität der Fanszene aufzulösen, sind eine Vielzahl von Kategorisierungen oder Typologien von Fußballfans erstellt worden. Je nach Blickwinkel und Intention ergeben sich Unterschiede innerhalb der Einteilungen. So werden aus wirtschaftlicher Sicht vier Fan-Typen in Bezug auf die Absatzsteigerung durch Sponsoring unterschieden: der „euphorische“, der „durchschnittliche“, der „begeisterungsfähige“ und der „emotionslose“ Fußballfan (vgl. Sportfive 2004, 11 f.). Benke und Utz (vgl. 1997, 103) unterteilen für ihre „Analyse der spezifischen Eigenart der Fanwelt und ihres Funktionierens“ die deutsche Fankultur in „Novizen“, „Kutten“, „Hools“ und „Veteranen“ auf. Diese Einteilung kann als nicht mehr zeitgemäß für die heutige Fanszene angesehen werden, da sie neue Phänomene wie die Ultras nicht berücksichtigt. Der britische Soziologie Giulianotti (2002, 26) unterscheidet für die britische Fanszene zwischen „supporter“, „follower“, „fan“ und „flâneur“. Aufgrund der heutigen unterschiedlichen Fankulturen Deutschlands und Großbritanniens, lässt sich seine Einteilung nicht ohne weiteres auf die deutsche Fußballfanszene übertragen. Alle drei Ansätze sind mit ihren wirtschaftlichen, veralteten und auf die britischen Fans bezogenen Kategorisierungen ungeeignet für diese Arbeit.
Dennoch ist eine Kategorisierung in dieser Arbeit unvermeidbar, gerade auch um das Forschungsobjekt einzugrenzen. In der Folge beziehe ich mich deshalb auf die Einteilung von Heitmeyer (1992, 32), die sich seit 1988 im Großteil der deutschsprachigen Arbeiten zu Fußballfans durchgesetzt hat. Demnach lassen sich Fußballfans in drei Kategorien einteilen:
1. Der konsumorientierte Fan Das wesentliche Motiv für den Spielbesuch ist die Leistung der Mannschaft und der daraus resultierende Unterhaltungswert, von dem er weitere Besuche von Spielen abhängig macht. Er besitzt nur eine schwache Gefühlsbindung an den Verein. Fußball stellt nur eine Freizeitbeschäftigung neben anderen dar. Dieser Fantyp geht zumeist alleine oder in wechselnden Kleingruppen ins Stadion und ist in der Regel nicht in den Fankurven oder auf Stehplätzen, sondern zumeist im Sitzplatzbereich zu finden.
2. Der fußballzentrierte Fan Auch für diesen Fantyp hat die Leistung der Mannschaft einen hohen Stellenwert. Allerdings bleibt er seiner Mannschaft auch bei schlechten Leistungen treu. Fußball ist für ihn nicht durch ein anderes Freizeitangebot zu ersetzen und besitzt eine hohe soziale Relevanz. Der fußballzentrierte Fan ist stark gruppenorientiert, was sich in der Mitgliedschaft in Fanklubs oder anderen Fangruppen äußert. Durch das Tragen von Fanartikeln demonstriert er seine Verbundenheit zum Verein. Im Stadion findet er seinen Platz im Fanblock. „Die fußballzentrierten Fans stellen den eigentlichen Kern der Fanszene dar“ (Aschenbeck 1998, 91).
3. Die erlebnisorientierten Fans Für diesen jugendlichen Fantyp besitzt das Spiel eine ambivalente Bedeutung. Fußball wird als Spektakel gesehen, bei dem man andere Jugendliche trifft und spannende...
Dateiformat: ePUBKopierschutz: Wasserzeichen-DRM (Digital Rights Management)
Systemvoraussetzungen:
Das Dateiformat ePUB ist sehr gut für Romane und Sachbücher geeignet - also für „fließenden” Text ohne komplexes Layout. Bei E-Readern oder Smartphones passt sich der Zeilen- und Seitenumbruch automatisch den kleinen Displays an. Mit Wasserzeichen-DRM wird hier ein „weicher” Kopierschutz verwendet. Daher ist technisch zwar alles möglich – sogar eine unzulässige Weitergabe. Aber an sichtbaren und unsichtbaren Stellen wird der Käufer des E-Books als Wasserzeichen hinterlegt, sodass im Falle eines Missbrauchs die Spur zurückverfolgt werden kann.
Weitere Informationen finden Sie in unserer E-Book Hilfe.
Dateiformat: PDFKopierschutz: Wasserzeichen-DRM (Digital Rights Management)
Das Dateiformat PDF zeigt auf jeder Hardware eine Buchseite stets identisch an. Daher ist eine PDF auch für ein komplexes Layout geeignet, wie es bei Lehr- und Fachbüchern verwendet wird (Bilder, Tabellen, Spalten, Fußnoten). Bei kleinen Displays von E-Readern oder Smartphones sind PDF leider eher nervig, weil zu viel Scrollen notwendig ist. Mit Wasserzeichen-DRM wird hier ein „weicher” Kopierschutz verwendet. Daher ist technisch zwar alles möglich – sogar eine unzulässige Weitergabe. Aber an sichtbaren und unsichtbaren Stellen wird der Käufer des E-Books als Wasserzeichen hinterlegt, sodass im Falle eines Missbrauchs die Spur zurückverfolgt werden kann.
Dateiformat: ePUBKopierschutz: Adobe-DRM (Digital Rights Management)
Das Dateiformat ePUB ist sehr gut für Romane und Sachbücher geeignet – also für „fließenden” Text ohne komplexes Layout. Bei E-Readern oder Smartphones passt sich der Zeilen- und Seitenumbruch automatisch den kleinen Displays an. Mit Adobe-DRM wird hier ein „harter” Kopierschutz verwendet. Wenn die notwendigen Voraussetzungen nicht vorliegen, können Sie das E-Book leider nicht öffnen. Daher müssen Sie bereits vor dem Download Ihre Lese-Hardware vorbereiten.Bitte beachten Sie: Wir empfehlen Ihnen unbedingt nach Installation der Lese-Software diese mit Ihrer persönlichen Adobe-ID zu autorisieren!