Schweitzer Fachinformationen
Wenn es um professionelles Wissen geht, ist Schweitzer Fachinformationen wegweisend. Kunden aus Recht und Beratung sowie Unternehmen, öffentliche Verwaltungen und Bibliotheken erhalten komplette Lösungen zum Beschaffen, Verwalten und Nutzen von digitalen und gedruckten Medien.
Kathleen konnte spüren, wie sich Susan Wilsons Blick in ihren Rücken bohrte. Als sie den Aufzugsknopf drückte, waren ihre Hände so verschwitzt, dass ihr Finger fast vom Knopf rutschte. Sie drückte erneut, diesmal fester und in der Hoffnung, dass der Aufzug dadurch schneller kommen würde. Ihr war klar, dass das albern war. Es schien, als ob sich alles in Zeitlupe bewegte, alles in ihrem Kopf fühlte sich wirr an. Ihr Herz klopfte so laut, dass sie Sorge hatte, auch Susan könne es hören.
Genau in diesem Moment räusperte sich Susan. Kathleen stöhnte innerlich auf und tat so, als hätte sie nichts gehört. Wenn der blöde Fahrstuhl nur schneller käme, könnte sie diesem Gefühl der Demütigung entkommen, das sich bleiern auf ihre Schultern legte. Susan räusperte sich erneut und flüsterte ihren Namen: »Entschuldigung, Ms Battlefield?« Kathleen spürte die Rötung an ihrem Hals und in ihrem Gesicht, als sie sich langsam auf einem Absatz zu ihr umdrehte. »Was ist denn?«, zischte sie durch die Zähne. Susan lächelte mitfühlend und winkte ihr mit einer Mappe. »Ihr Vater hat mich gebeten, Ihnen diese Mappe mitzugeben, wenn Sie das Haus verlassen.« »Was ist das für eine Mappe?«, sagte Kathleen scharf und sah Susan finster an. »Sie enthält Ihre Reisepläne«, flüsterte sie fast entschuldigend. Kathleen ging langsam zu Susans Schreibtisch zurück, nahm die Mappe aus ihrer Hand und stopfte sie in ihre Handtasche. In diesem Moment hörte sie, wie sich der Aufzug hinter ihr öffnete und dann leise wieder schloss. Sie stöhnte noch einmal innerlich auf. »Das ist definitiv nicht mein Tag«, jammerte sie, als sie auf den Abwärtsknopf drückte und fühlte, wie Susans Blick sich in ihren Rücken brannte. »Dumme Kuh«, dachte sie. »Sie genießt wahrscheinlich jeden Augenblick.«
Als Kathleens Wecker an diesem Morgen wie üblich um 5:30 Uhr geklingelt hatte, hatte sich Kathleen direkt im Bett hochgesetzt und breit gegrinst. »Heute ist der Tag. Heute werde ich endlich den Lohn für all die Jahre harter Arbeit und Engagement für das Unternehmen meines Vaters bekommen.«
Kathleens Morgenroutine war in Stein gemeißelt: 30 Minuten joggen, Kaffee im Thermobecher, während sie ihre Mails scannte. »Wer hat denn heute noch Zeit für Frühstück?«, dachte sie immer, wenn sie bequem in ihrem Auto in der Drive-in-Schlange stand. Dann eilte sie zur Firma und war immer spätestens um 7 Uhr im Büro und online. Sie glaubte fest an Zeitpläne und hielt sich strikt an sie. Sie glaubte noch fester an harte Arbeit und bemühte sich, jeden Tag die Erste und die Letzte im Büro zu sein. »Ich tue, was ich kann«, beruhigte sie sich.
Als Kathleen um 5:40 Uhr ihre Laufschuhe angezogen hatte und zur Tür hinausgegangen war, hatte sie am Horizont Gewitterwolken aufkommen sehen. Der Geruch von Regen hatte in der Luft gelegen und ein heftiger Wind war aufgezogen. »Es gibt kein schlechtes Wetter, nur schlechte Kleidung«, hatte sie vor sich hingemurmelt, als sie die Tür fest hinter sich zugezogen und dann überprüft hatte, ob ihre Laufmütze fest über ihren Ohren saß.
Kathleen Battlefield war eines von zwei Kindern, die im Familienunternehmen Battlefield Harvesters arbeiteten. Ihr zwei Jahre jüngerer Bruder Nathan war ein aufstrebender IT-Superstar, der am MIT Informatik studiert hatte und auf seinen Abschluss dort noch einen MBA von Harvard draufgesetzt hatte. Kathleen und Nathan verstanden sich gut, aber sie waren nicht die besten Freunde. Ehrlich gesagt hatten sie nur sehr wenig gemeinsam, abgesehen von ihrem Familiennamen, den hohen Kosten für ihre diversen Uniabschlüsse und ihr berechtigtes Interesse am Unternehmen. Und das war aus Kathleens Sicht in Ordnung. Ihr Motto war immer: »Wir müssen uns nicht mögen, um die Arbeit gut zu erledigen.« Und sie hatte auch nie gezögert, diese Philosophie bei der Arbeit kundzutun. Ihr Bruder Nathan war derzeit IT Vice President und in der Nachfolge für die Position des CIO. Kathleen selbst war Vice President für Forschung und Entwicklung und war langfristig für die Position als Geschäftsführerin vorgesehen, da ihr Vater, Spencer Battlefield, beschlossen hatte, in den Ruhestand zu treten.
Der aktuelle CIO, Frank Weatherton, war eine beliebte Führungskraft im Unternehmen. Frank hatte Kathleens Vater, Spencer, kennengelernt, als beide Männer während ihres Studiums in Florida bei einer Hurrikan-Säuberungsaktion als Freiwillige gearbeitet hatten. Spencer hatte bewundert, was für eine natürliche Ruhe und einen mitreißenden Optimismus Frank inmitten dieses Chaos ausgestrahlt hatte. Frank hatte freiwillige Helfer sowie Waren und Material auf seinem Laptop in einem provisorischen Zelt koordiniert. Nach ihrem Aufenthalt in Florida waren sie in Kontakt geblieben, und Spencer hatte ihn schließlich überzeugt, seine Sachen zusammenzupacken und von North Carolina nach Indiana zu ziehen, um die IT zu übernehmen. Das Unternehmen war in dieser Zeit rasant gewachsen, und Spencer hatte nach einem Experten auf diesem Gebiet gesucht, dem er vertrauen konnte. Spencer wusste, dass sie irgendwann den Laden würden schließen müssen, wenn sie die IT-Probleme nicht in den Griff bekämen. Es führte kein Weg daran vorbei. Battlefield Harvesters war zu einem renommierten Global Player geworden, und ihre IT befand sich noch in der Steinzeit, was Spencer so manch schlaflose Nacht gekostet hatte, bis Frank endlich an Bord war.
Frank hatte das verblüffende Talent, die Angst der Mitarbeiter vor neuen Technologien, IT-Tools oder allem, was über eine Steckdose oder einen Stecker verfügte, mindern zu können. Battlefield Harvesters hatte treue, fleißige Mitarbeiter, von denen viele in der zweiten oder dritten Generation im Unternehmen tätig waren. Frank war für viele dieser Angestellten auch heute noch ein Neuling, obwohl er seit über elf Jahren im Unternehmen war. Der Nachteil war, dass viele Mitarbeiter dadurch keine starke Bindung zur IT hatten. »Warum ein laufendes System ändern?«, dachten viele. Während andere einfach nur Angst vor IT hatten. Mit einer Firma wie Battlefield Harvesters, die sich inzwischen zu einem globalen mittelständischen Unternehmen entwickelt hatte, war die IT unvermeidlich, und Spencer war Frank aufrichtig dankbar.
Geht es dir darum, recht zu haben, oder darum, die Dinge richtig zu machen?
Kathleen hatte diese Angst vor neuen Technologien nie wirklich verstanden und den Mitarbeitern, die sich weigerten, neue Dinge auszuprobieren, nie sonderliches Mitgefühl entgegengebracht. Sie hatte Frank immer geraten, die Installation oder Erneuerung eines Systems einfach umzusetzen. Am besten nachts, wenn niemand online oder in der Firma war. Die Nutzer hatten dann keine Wahl, wenn das alte System erst einmal weg war. All diese endlosen Diskussionen und Informationsveranstaltungen waren nur Zeitverschwendung. »Untergehen oder mitschwimmen«, hatte sie immer gepredigt. Wenn sie es nicht mögen, können sie ja woanders arbeiten. Und hier im Herzen der Landwirtschaft in Indiana gab es nicht viele alternative Beschäftigungsmöglichkeiten. Das war eine Tatsache, die sie ziemlich häufig in die Waagschale warf, wenn es darum ging, die Fluktuationsrate so niedrig wie möglich zu halten.
Frank hatte sie freundlich angelächelt, als sie letzten Montag bei einer Vorstandssitzung eine ähnliche Bemerkung gemacht hatte und mit einem Augenzwinkern gesagt: »Kathleen, untergehen oder mitschwimmen, so führe ich Menschen nicht durch Veränderung. Stell dir mal einen Reiter vor, der auf einem Elefanten sitzt.« Kathleen verdrehte die Augen und seufzte hörbar, als sie sich auf eine weitere ausschweifende Geschichte von Frank in tiefstem Südstaatenakzent gefasst machte. Er beschloss, ihre dramatische Geste zu ignorieren. »Dieser Reiter - die Person, die oben sitzt - ist der Projektleiter. Und dieser mächtige Elefant, auf dem der Reiter nur wackelig sitzen kann, symbolisiert die Stakeholder, die von der Veränderung betroffen sind. Dieser Elefant soll nun auf die gewünschte Veränderung zusteuern .«
Kathleen hatte keine Ahnung, was er ihr mit dieser Geschichte sagen wollte und unterbrach ihn mitten im Satz, indem sie brüsk dazwischenging: »Was um alles in der Welt hat ein Elefant mit Erntemaschinen zu tun?« »Es ist eine Metapher, Kathleen.« Sie kommentierte sarkastisch: »Wir befinden uns in Indiana, Frank, verdammt noch mal, nicht auf Bali!« Dann schaltete sie den Projektor ein und schloss ihren Laptop an, um ihre Folien zu zeigen, die sie am Abend zuvor zusammengestellt hatte. »Die Zeit zum Geschichtenerzählen ist vorbei, Frank. Kommen wir zur Sache.« Kathleen bemerkte die eisige Stille im Raum und die Seitenblicke derjenigen, die am Besprechungstisch saßen. Sie entschied sich...
Dateiformat: ePUBKopierschutz: Wasserzeichen-DRM (Digital Rights Management)
Systemvoraussetzungen:
Das Dateiformat ePUB ist sehr gut für Romane und Sachbücher geeignet - also für „fließenden” Text ohne komplexes Layout. Bei E-Readern oder Smartphones passt sich der Zeilen- und Seitenumbruch automatisch den kleinen Displays an. Mit Wasserzeichen-DRM wird hier ein „weicher” Kopierschutz verwendet. Daher ist technisch zwar alles möglich – sogar eine unzulässige Weitergabe. Aber an sichtbaren und unsichtbaren Stellen wird der Käufer des E-Books als Wasserzeichen hinterlegt, sodass im Falle eines Missbrauchs die Spur zurückverfolgt werden kann.
Weitere Informationen finden Sie in unserer E-Book Hilfe.