Schweitzer Fachinformationen
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Die 33-jährige Mailänderin Bianca ist Architektin aus Leidenschaft. Doch weil Jobs rar sind, nimmt sie ein Angebot als Immobilienagentin auf dem Land an. Die Bewohner des kleinen Dorfs nehmen sie herzlich auf, hier hilft jeder jedem. Schon bald lernt Bianca auch den kühl distanzierten Ingenieur Andrea Sanna kennen, den eine geheimnisvolle Aura umweht. Doch geheimnisvoll ist nicht nur sein Wesen, sondern auch die Geschichte um seine Familie und sein traumschönes Anwesen am Gardasee ...
Nähe Piazza Gae Aulenti. Exklusive Gewerbefläche, 1000 m² auf zwei Stockwerken. Außergewöhnlicher Empfangsbereich
Ich sehe in einem Kran etwas zutiefst Poetisches.
Das so massive und doch luftige Gerüst, die alles überragende Silhouette, die makellose, elegante Dynamik, das alles erinnert an den Vogel Kranich, seinen ursprünglichen Namensgeber. Dieser hier trägt auch noch die fröhlichen Farben Gelb und Rot. Aber wir bauen ihn gerade ab, was mich ein wenig traurig stimmt. Eine Baustelle abzuschließen hat immer etwas Bedrückendes.
Etwas ist vollendet, das als jemandes Traum begann, ein Traum, der dir anvertraut wurde, und du hast dich seiner angenommen, hast ihn erst in ein Projekt und dann in ein Gebäude verwandelt. Zweifellos ist es jetzt befriedigend, das fertige Ergebnis zu sehen, doch der interessanteste Teil, die Konstruktion, die »Reise« sozusagen, ist abgeschlossen.
Jede dieser Schaffensphasen ist faszinierend. Der geologische Bericht, die Präsentation des Renderings (unbezahlbar ist ein Blick in die Gesichter der Auftraggeber!), die Baugrube und schließlich der Arbeitsbeginn. Ich liebe meine Arbeit. Sie ist mein Leben.
Ich mag den Baulärm, das Stimmengewirr, die außergewöhnliche Gewandtheit der Maurer auf dem Baugerüst, und jedes Mal ist es fantastisch mitzuerleben, wie Menschen verschiedenster Nationalitäten, Muttersprachen und Religionen einander verstehen, zusammenarbeiten, es gemeinsam mit jeder Wetterlage und den etwa tausend anderen Widrigkeiten einer Baustelle aufnehmen.
Sicher, es ist nicht immer einfach, so als Frau in einer Männerwelt.
Sprüche wie den Klassiker, wie viel Spucke noch an den Mörtel kommt, oder auch, wie »hart« der Zement sein muss, gab es anfangs zuhauf, aber indem ich mich, trotz aller Mühen meiner männlichen Kollegen, partout nicht verunsichern ließ, hörten sie irgendwann damit auf.
Ich habe mir Respekt verschafft, indem ich wie alle anderen im Morgengrauen auf der Baustelle ankam, meine Arbeit peinlich genau nahm, Entwürfe und Installationen sorgfältigst prüfte und die Fertigstellung bis ins kleinste Detail pingelig kontrollierte. In den wichtigsten Momenten war ich immer da - angefangen beim Aufstellen der Baugerüste, bis schließlich der Beton gegossen wurde. Langsam habe ich so das Vertrauen dieser Männer gewonnen, und gegenseitiger Respekt ist an die Stelle der Sticheleien getreten. Wenn sie mich heute »Architetto« nennen, dann tun sie es ohne jeglichen Anflug von Spott.
Nun sind wir alle hier zum Abschiedsumtrunk versammelt, und ich gehöre so selbstverständlich zum Team, dass keiner mehr auf Kraftausdrücke oder Ähnliches achtet, was ich wirklich bedauerlich finde. Aber das würde ich nie zugeben.
Bevor das Ganze hier noch ausartet, verabschiede ich mich. Es ist schon spät, und ich werde im Büro erwartet. Alle stoßen noch einmal zum Abschied auf mich an: »Auf unsere schöne Architektin!«, was mich, zugegebenermaßen, wirklich rührt. Schließlich mache ich mich auf den Weg, und zurück bleiben die Leute, die dreizehn Monate lang fast wie eine Familie für mich waren.
»Architetto, Architetto Maffei!«
Ich drehe mich um und lächle erfreut, als ich Vittorio Locatelli sehe.
»Ich wollte mich noch verabschieden, Architetto. Danke für alles und bis zur nächsten Baustelle!« Braun gebrannt und muskelbepackt wie er ist, mit dem starken Akzent seiner Heimatstadt Bergamo, entspricht er genau dem klassischen Bild des lombardischen Bauleiters.
»Danke Ihnen, Locatelli, und hoffen wir mal, dass alles gut läuft! Momentan haben wir nicht wirklich viel in Aussicht, na ja, die ein oder andere Renovierung, eine Nutzungsänderung . Wird schon.«
Er schüttelt den Kopf.
»Diese Krise will einfach nicht mehr aufhören! Sie können sich gar nicht vorstellen, wie viele von den Firmen, mit denen wir zusammenarbeiten, schließen oder ihr Personal haben abbauen müssen.«
»Noch sind wir da. Wir sind ja so etwas wie eine Institution; so schnell passiert uns nichts.« Mit dieser tröstlichen Aussage verabschiede ich mich und mache mich auf den Weg zum Architekturbüro Mattavelli & Tortora, wo ich mittlerweile seit zehn Jahren arbeite.
Mat, wie wir ihn hinter seinem Rücken alle nennen, will mich sprechen. Und ich weiß auch, warum.
Irene (mittlerweile meine Kollegin, aber wir saßen schon in der Uni zusammen) und ich haben bei Piergiorgio Mattavelli, unserem Professor, die Doktorarbeit geschrieben, und dann hat er uns ein Praktikum in seinem Büro ermöglicht. Unbezahlt, doch nach sechs Monaten sprang eine freie Mitarbeit für uns beide heraus und schlussendlich eine Anstellung, zwar befristet, aber immerhin.
Dann ging es einmal durch die komplette Hierarchie, vom Praktikum übers Backoffice bis zum eigenen Projekt. Alles in allem kann ich heute, mit dreiunddreißig, zehn Jahre nach meiner Doktorarbeit, wirklich zufrieden sein.
Und in fünfzehn Tagen läuft mein Vertrag aus.
Aber ich bin ziemlich entspannt; wir stagnieren momentan zwar ein wenig, nehmen jedoch sowohl in Italien als auch im Ausland an zahlreichen Ausschreibungen teil und sehen zuversichtlich in die Zukunft. Erst vor Kurzem haben wir neue Räumlichkeiten bezogen. Zwei Stockwerke in einem gläsernen Wolkenkratzer im superangesagten Viertel Porta Nuova, natürlich mit Blick auf die Piazza Gae Aulenti. Der Bezug dieser tausend Quadratmeter ist ein wichtiger Schritt, der für die Beständigkeit des Büros spricht.
Im Aufzug, der in Geschwindigkeit und aus der Nähe auch in Form an eine Raumkapsel erinnert, fällt mir auf, dass ich immer noch meine Sicherheitsschuhe trage und meine Sneakers im Auto liegen gelassen habe. Ich hoffe, daran wird Mat keinen Anstoß nehmen. Schließlich komme ich gerade von einer Baustelle. Und ich habe wirklich keine Lust, noch einmal nach unten zu fahren. Ich leide an Klaustrophobie, und es ist für alle besser, wenn ich so wenig Zeit wie möglich in geschlossenen Räumen verbringe.
Der Aufzug öffnet sich, gibt die Sicht frei auf gleißendes Licht, weiß geöltes Holz und die mattierte Glastür zur Chefetage.
In der Mitte der Eingangshalle steht auf einem hölzernen, sich drehenden Podest der sagenumwobene Fiat 500, mit dem Architetto Mattavelli eines Nachts von Mailand nach Paris fuhr, um an seiner ersten Ausschreibung teilzunehmen. Seine futuristische Bibliothek in der Banlieue hat ihn international bekannt gemacht, und der Fiat 500 wurde sein Talisman. Jahrelang ist Mat mit diesem winzigen Auto erschienen, wenn die Umschläge geöffnet wurden.
Wenigstens erzählt man es sich so.
Ehrlich gesagt kann ich mir nur schwer vorstellen, wie Mattavelli seine in schwarzes Edelkaschmir gekleideten zweihundertvier Zentimeter freiwillig in diesen 500 aus den Siebzigern quetscht.
Irene wartet an ihrem Schreibtisch. Klar. Ihr Vertrag läuft ja auch aus. Sie lächelt entspannt. Sollte es hier nicht mit dem Teufel zugehen, werden unsere Verträge ohne Weiteres verlängert, das wissen wir beide.
Aber ich kann nicht einmal zwei Worte mit ihr wechseln. »Piergiorgio wartet in seinem Büro, Bianca«, lässt sie mich sofort wissen.
Und auf direktem Weg geht es dorthin. Wir sind noch nicht richtig drinnen, als Mat auch schon loslegt: »Da sind Sie ja. Setzen Sie sich doch .« Er bricht ab, runzelt die Stirn und wirft einen Blick auf meine Schuhe. »Was haben Sie denn da an? Ziehen Sie die sofort aus, der Boden wird ja ganz schmutzig!«
Die Sicherheitsschuhe ausziehen? Aber meine normalen Schuhe sind im Auto.
»Und legen Sie diesen Helm ab!« Er deutet mit dem Kinn auf meinen heiß geliebten gelben Helm, den ich in den Händen halte.
Irritiert schüttelt er den Kopf. Als wäre ein Architekt mit Helm und Sicherheitsschuhen etwas vollkommen Absurdes. Ich sehe mich um. In diesem klinischen Büro, mit der topgestylten Irene, ihrem Designer-Outfit und ihren Zwölf-Zentimeter-Absätzen ist eine solche Aufmachung tatsächlich ein wenig absurd. Dies hier ist das »Denkarium«, und wer wie ich sein Leben auf Baustellen fristet, kommt selten her.
Ich ziehe also die Schuhe ein wenig umständlich aus und betrete das Büro, sehr vorsichtig, denn ich fürchte, mit meinen Strümpfen auf dem gebohnerten Boden auszurutschen.
Mat sitzt hinter seinem Schreibtisch, der aus wenigen, wie zufällig zusammengewürfelten weißen Holzplatten besteht, teilweise mit Blech verblendet, was auf denjenigen, der ihm gegenübersitzt, extrem abweisend wirkt. Eigentlich hatte ich schon immer den Verdacht, dass dies beabsichtigt ist.
An den Wänden hängen originale Reißbrett-Zeichnungen erfolgreicher alter Projekte des Büros.
Mit seiner nervigen bevormundenden Art, die er immer annimmt, wenn er mit einem von uns Mitarbeitern spricht, legt er die Hände zusammen und führt sie an den Mund. Dann sagt er: »Ich komme sofort zur Sache. Wie Sie wissen, sind die Zeiten gerade schwierig. Das Bauwesen stagniert, leider, und es ist noch keine Besserung in Sicht. Was die Aufträge betrifft, mit denen wir gerechnet haben . mit Sicherheit haben wir die noch nicht in der Tasche, außerdem ist März, und die Sache wird erst im September wieder aktuell. Im Hinblick auf die gesamtwirtschaftliche Lage und unsere Ausgaben für die neuen Räumlichkeiten - beachtliche Ausgaben, möchte ich hinzufügen - hat das Büro entschieden . also Architetto Tortora und ich haben uns entschieden, uns von einigen Mitarbeitern zu trennen und die befristeten Verträge mit den Leuten, die nicht absolut notwendig sind, nicht zu verlängern. Ich muss sagen, das ist uns alles andere...
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