Schweitzer Fachinformationen
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INNEN
Büro von Caroline Bosbach, CAROLINE in die Kamera. Im Hintergrund ein Bücherregal. Es ist später Nachmittag.
CAROLINE
Schwierig sind die Momente, wenn du am Stand stehst, mitten im Wahlkampf, und da kommt jemand auf dich zu und sagt dir ins Gesicht, dass die Politik dabei wäre, die deutsche Autoindustrie kaputt zu machen, und dass sein Diesel sauber und die ganze Elektromobilität ein Witz sei, weil es an Ladesäulen fehle und weil der Strom alles andere als sauber erzeugt werde. Und er ist empört, wie ein Wähler nur empört sein kann. Und enttäuscht, dass wir als konservative Partei da mitmachen, maßlos enttäuscht, und dass wir alle dabei seien, »das Rückgrat der deutschen Wirtschaft« kaputt zu machen, bloß wegen den »ganzen Klima-Hüpfern!«. Und du weißt, so ganz falsch liegt er nicht, und doch hat er nicht recht. Vor allem, weil 2020 fast 310 000 E-Autos auf deutschen Straßen rollten. Der Absatz von reinen Stromern verdreifachte sich auf gut 194 000 Stück, während die Zahl der Autos mit Diesel- und Benzinmotoren zurückging. Das ist ein Trend. Andererseits wissen wir auch, dass Elektromobilität allein wahrscheinlich nicht die Lösung sein kann. Schon gar nicht, wenn wir das ökologische Ausmaß der Elektrowagen nüchtern betrachten. Elektromobilität wird stark gefördert. Aber auch mir fällt es schwer zu erklären, wie ich ausgerechnet diese Technologie als Heilsbringer verkaufen kann. Zumal ich mich stets für Technologieoffenheit ausspreche und die CO2-Bilanz eines kleinen Elektrowagens gegenüber einem Verbrenner erst ab circa 130 000 gefahrenen Kilometern bei derzeitigem Strommix gewinnt - gegenüber einem Diesel erst ab 220 000 Kilometern. Diese CO2-Bilanz der Herstellung und Entsorgung batteriegetriebener Pkw ist den Bürgerinnen und Bürgern bekannt. Dazu gesellt sich das Gefühl, dass man sich politisch auf Elektromobilität schon längst festgelegt hat. Was ist denn mit Wasserstoff, dem hochgepriesenen »Champagner der Energiewende«? Gerade im Automobilbereich hieß es im-mer mal wieder, Wasserstoff sei die Antriebsart der Zukunft. Theoretisch ist hier viel möglich. Aber in der Praxis ist es dann nicht weit her mit der Technologieoffenheit.
Also lässt du ihn sich empören, hörst ihm zu. Viele möchten mal Dampf ablassen. Dann sprichst du von Verantwortung für die kommenden Generationen, vom Klimawandel und davon, dass wir alle unseren Beitrag leisten müssen. Aber das klingt manchmal wie aufgesagt.
AUSSEN
Wahlkampfstand in der Fußgängerzone einer deutschen Stadt. Es ist ein kalter Nachmittag. CAROLINE hält einen Flyer in der Hand, ein 50-JÄHRIGER MANN nähert sich dem Stand und spricht sie an. Der 50-JÄHRIGE MANN trägt eine grüne Allwetterjacke. Auf dem Kopf hat er ein Basecap mit dem Logo eines Hotelresorts in Mecklenburg-Vorpommern.
DER 50-JÄHRIGE (sehr forsch, mit Pfälzer Akzent)
Ich habe das Plakat gesehen, mit der Mobilität.
Was ist mit dem Plakat?
DER 50-JÄHRIGE
Dass die Mobilität sauberer werden muss.
Ja, das muss sie.
Warum muss sie das? Woher wisst ihr das denn?
Mobilität 4.0 ist nicht nur gut für die Luft, sondern vor allem auch für die Wirtschaft. Wir können nicht ignorieren, was auf den Märkten passiert. Wenn der Verbrenner mit fossilen Brennstoffen ein Auslaufmodell ist, dann tun wir gut daran, unsere Autobauer, die stärkste Industrie, die wir haben, auf die Zukunft vorzubereiten. Was heißt Zukunft - ich würde sagen: auf das Jetzt. Denn wir sind schon mitten in der Zukunft. Da reicht ein Blick nach China. An der deutschen Autoindustrie hängen 820 000 Arbeitsplätze. Hier muss auch die Politik Verantwortung übernehmen. Und ich halte es nicht für besonders verantwortungsvoll, diese Fakten zu ignorieren.
DER 50-JÄHRIGE (nimmt sein Basecap kurz ab, streicht sich einmal durchs Haar, macht eine Pause, scheint über etwas nachzudenken)
Gestern, im Fernsehen, ich glaube, bei Maischberger, da war dieser eine Ökonom, der aus München. Er hat gesagt, solange ein Elektroauto mit konventionellem Strom fährt, sei seine Ökobilanz schlechter als die eines modernen Diesel. Und das ist ein kluger Mann, den müssen Sie doch kennen.
Richtig. Aber dieses Land tut gerade viel dafür, dass wir eine Energie- und eine Stromwende haben, die ihren Namen auch verdient. Und wenn ein Elektroauto irgendwann nur mit Ökostrom betankt wird, ist die Bilanz .
Wissen Sie, was ich hier raushöre?
Nein.
DER 50-JÄHRIGE (mit »erhöhter Temperatur«)
Dass ihr mir mein Auto wegnehmen wollt. Ich bin auf das Auto angewiesen, ich bin Pendler. Wenn ihr mir mein Auto wegnehmt, schadet ihr MIR. Wie soll ich ohne Auto mobil sein?
Niemand möchte Ihnen das Auto wegnehmen. Es geht darum, neue Wege der Mobilität aufzuzeigen. Mir ist schon klar, dass es den Individualverkehr immer geben wird. Auch weil es ihn geben muss! Ich weiß nicht, wo Sie genau leben. Aber vor allem in den ländlichen Regionen ist die öffentliche Verkehrsinfrastruktur noch zu wenig zufriedenstellend, da braucht man sein Auto. Ich übrigens auch. Ich wohne selbst in einer Kleinstadt und muss zur Arbeit pendeln!
Büro von Caroline Bosbach, CAROLINE spricht in die Kamera.
Das Auto ist das heikelste Thema. Es hat etwas Identitätsstiftendes, über deutsche Autos zu sprechen. Bei kaum einem Thema sind Menschen so emotional und so schnell aufgebracht. Vor allem aber sind sie bei keinem Thema so gut informiert, da stimmen die Fakten, haben sie Informationen und Hintergründe.
Wahlkampfstand in der Fußgängerzone einer deutschen Stadt. Es ist windiger geworden. CAROLINE diskutiert noch immer mit dem 50-JÄHRIGEN MANN in der grünen Jacke. Inzwischen hat sich noch ein älteres Ehepaar dazugesellt, ein weiterer Mann steht in Hörweite. Die drei verfolgen aufmerksam das Gespräch.
Nur ein Beispiel, ich würde mir - rein hypothetisch - ein Elektroauto kaufen, ich wäre also wirklich - rein hypothetisch - bereit, viele Tausende Euro .
Elektroautos werden staatlich gefördert, 2020 gab es deswegen .
Ja, ja, es fehlen aber immer noch Ladestationen, es gibt kein Ladekonzept, keine Strategie, und mir geht es jetzt auch nicht darum, wie viel Zehntausende Kilometer ich fahren muss, damit sich mein Elektroauto irgendwann wirklich als klimafreundlichere Lösung erweist. Darum geht es mir jetzt nicht, die Sache ist: Ich wohne im zweiten Stock.
CAROLINE (etwas zögerlich)
Ja?
Wenn ich mein Auto über Nacht laden will, dann müsste ich mein Ladekabel aus dem Küchenfenster hängen. Wenn es überhaupt irgendwo auf der Straße steht, vor meinem Haus. Das Kabel hängt dann da die ganze Nacht, und wenn das alle machen, können Sie sich vorstellen, wie das aussieht. Das soll innovativ sein? Willkommen in Deutschland! Gut gemeint ist noch lange nicht gut!
Das mit den Kabeln aus dem Fenster ist tatsächlich ein Problem. Andere Länder, vor allem China, sind da bedeutend weiter. In China muss inzwischen ein Großteil der Neubauten mit einer eigenen Ladestation ausgestattet sein, während wir noch über die Brandschutzverordnung für Neubauten diskutieren und den generellen Ausbau der Ladeinfrastruktur. Wenn der Staat nicht agil genug ist, wird sich die Privatwirtschaft einen Weg bahnen. Wir sehen es jetzt schon auf den Parkplätzen der großen Lebensmitteldiscounter, die Lidls und Aldis werden bald ihre kompletten Standorte mit Ladesäulen ausstatten und so künftig noch mehr Kunden anlocken.
DER 50-JÄHRIGE (beinahe schimpfend)
Das ist doch ein Armutszeugnis, wenn die Politik da nur zuschaut.
Nur zuschauen trifft es jetzt auch nicht! Unsere Regierung investiert gerade ordentlich, nicht nur in den Ausbau der Ladestationen. Wir müssen neue Mobilitätsformen umsetzen, Mobilität neu denken. Das wird auch Arbeitsplätze schaffen, was allerdings nicht von heute auf morgen funktioniert. Hierzu bedarf es realistischer Übergangsfristen für den technologischen Wandel und keiner ideologisch motivierten Vorgaben aus dem Wolkenkuckucksheim. Natürlich, es werden auch Arbeitsplätze verloren gehen. Aber wie viele es sein werden, hängt davon ab, wie schnell und souverän wir die technische Transformation in puncto Mobilität als Industrienation bewältigen. Hier schaut die Welt auf Deutschland.
Ein Seminarraum der CBS-Hochschule. Die Tische sind u-förmig angeordnet. Es sitzen rund 20 Studierende im Raum. Die meisten haben einen Laptop aufgeklappt. Vorne steht Professor TORSTEN WEBER und setzt zu einem kleinen Vortrag an.
TORSTEN
Ein klimaneutrales Deutschland ist umsetzbar, auch im Hinblick auf den European Green Deal, der eine Reduzierung der Treibhausgase bis zum Jahr 2050 vorsieht. Die nationalen Zielsetzungen sind in Deutschland auf 2045 angepasst worden. Allerdings nur, wenn die Bereitschaft besteht, im Pkw-Verkehr konsequent einen Umstieg auf Alternativen voranzutreiben. Die Agora Energiewende, ein Berliner Denklabor, hat in einer jüngst veröffentlichten Studie durchgerechnet, welche Entscheidungen getroffen werden müssen, um die Klimaneutralität bis 2050 zu erreichen. Dazu haben sie gemeinsam mit Forschern des Wuppertal Instituts für Klima,...
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