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Herr Kretschmann: Montag
Heute hatten wir Montag, der Schulgong verkündete gerade das Ende der sechsten Stunde. In dieser letzten Stunde war es nicht immer ganz einfach, die Konzentration bei den Schülern aufrecht zu halten. Das war besonders zum Ende des Schuljahres der Fall, wenn bereits alle Arbeiten geschrieben waren, die Noten somit feststanden und das Wetter gut war. Ich glaubte aber, dass es mir heute ganz gut gelungen war.
Ich packte meine Sachen in meine Tasche und ging zur Tür des Klassenzimmers. Die meisten Schüler hatten bereits kurz vor mir den Klassenraum verlassen - nach der sechsten Stunde hatten sie es immer besonders eilig -, die letzten drei Schüler gingen soeben durch die Tür, neben der ich wartete.
"Einen schönen Feierabend, Herr Kretschmann", sagte Monika, während sie als Letzte an mir vorbei auf den Schulflur trat.
"Dankeschön, Monika. Ich wünsche dir auch einen schönen Nachmittag", antwortete ich und freute mich über die aufmunternden Worte von ihr. Dann schloss ich die Tür und machte mich auf den Weg zum Lehrerzimmer.
Ich ging an dem Klassenzimmer der 7a vorbei und sah, wie Tom bereits vor dem Klassenzimmer stand und hier mit seinen beiden Freunden rumflachste. Regulär unterrichtete ich nicht in der Klasse von Tom, ich durfte hier aber schon zwei Mal als Vertretung für Frau Gerlach Mathematik unterrichten. Bei diesen Stunden stachen zwei Schüler aus der großen Masse dieser Klasse hervor. Das war zum einen Tom, der in dieser Klasse mit Abstand der Größte und Stärkste war. Alleine dadurch war er in der Klasse stets präsent. Er war in der Klasse das, was man in der Welt der Tiere das Alphatier nennen würde. In der Schule umgaben ihn stets seine zwei Freunde, Carsten und Michael.
Für Tom lief es an dieser Schule zuerst nicht so gut. Er hatte das letzte Schuljahr wiederholen müssen, da er zu viele Fehlstunden gehabt hatte. Aufgrund der Fehlstunden war er auch notentechnisch weit abgesackt. Er durchlief die siebte Klasse somit bereits zum zweiten Mal. Allerdings schien ihm dieses Extrajahr gutgetan zu haben. Auch wenn er in den meisten Fächern eher unter dem Durchschnitt lag, schienen seine Stärken in Deutsch und Sport zu liegen.
Neben dem Klassenzimmer der 7a führte eine lange und gerade verlaufende Treppe hinunter in das Erdgeschoß. Ich ging um das Treppengeländer herum und schlenderte die ersten Stufen der Treppe herunter. Vor mir, ungefähr auf der Hälfte der Treppe, sah ich Lukas. Auch er ging in die 7a und auch er war mir in den Vertretungsstunden aufgefallen. Er war das komplette Gegenteil von Tom. Er war einer derjenigen, die ständig unter dem Radar blieben. Sehr ruhig und zurückgezogen. Bei diesen Schülern fragte man sich am Ende der Stunde, ob sie heute überhaupt da waren.
Lukas war der Kleinste und Zierlichste in seiner Klasse. Er war so schlank, dass ich mich mal bei dem Gedanken erwischt habe, ob ich seine Taille mit meinen beiden Händen (wohlgemerkt, mit den Händen, nicht mit den Armen) umfassen könnte. Aber ein wenig kräftiger war er wohl schon. Ich wagte aber zu bezweifeln, dass an dem Jungen auch nur ein Gramm Fett war. Er wirkte dabei aber auch nicht mager, sondern eher drahtig.
Seine Haare waren fast immer ein wenig zerzaust. Besonders nach dem Schulsport standen seine Haare in alle Richtungen. Eine Frisur ließ sich hier dann nicht mehr erkennen.
Aber auch Lukas hatte Stärken. Davon durfte ich mir in den Vertretungsstunden bereits ein Bild machen. Er hatte ein ausgesprochenes Talent für Mathematik, und wie ich gehört hatte, war er auch in den technischen Fächern einer der besten Schüler dieser Schule. Ein kluger Kopf, wenn es um logische Zusammenhänge ging. Dafür aber sehr introvertiert. Sein einziger Freund in der Klasse war Patrik.
Patrik hingegen war in dem Klassenverband - wenn man in dieser Klasse denn von einem Klassenverband sprechen konnte - sehr beliebt. Durch Patrik hatte auch Lukas Anschluss in der Klasse.
Die Schwächen von Lukas hingegen lagen - wie bei mir - in den Sprachen und in der Rechtschreibung.
Ich sah, wie Lukas vor mir ganz langsam die Treppe hinunterging. Die erste Hälfte der Treppe hatte er bereits hinter sich, während ich mich anschickte, ihm zu folgen. Lukas hielt sich mit der linken Hand an dem Treppengeländer fest und nahm ganz vorsichtig Stufe für Stufe.
Tom und seine Freunde stürzten auf der Treppe an mir vorbei, und nach wenigen Sekunden war Tom auf der Höhe von Lukas.
"Platz da, du Arsch!", rief Tom in Lukas' Richtung, noch ehe er ihn erreicht hatte, und rempelte ihn an. Lukas strauchelte, konnte sich aber am Treppengeländer festhalten.
Ich war leicht entsetzt. Die Treppe wäre durchaus breit genug gewesen, sodass alle nebeneinander die Treppe hinuntergehen hätten können.
"Tom!", brüllte ich ihm hinterher. Mein Ruf verhallte ungehört auf dem Schulflur unter dem Getöse der anderen Schüler. Wie erstarrt blieb Lukas stehen, während Tom die Treppe weiter runterlief. Lukas ging vorsichtig weiter. Ich schloss schnell auf.
"Hallo, Lukas. Das sieht heute aber gar nicht rund aus, wie du hier die Treppe runtergehst. Was ist passiert?", fragte ich ihn, als ich mit ihm auf gleicher Höhe war.
"Ich habe Muskelkater in den Beinen", antwortete Lukas leise und hielt sich dabei am Treppengeländer fest.
"Oh, vom Sport? Was machst du? Spielst du Fußball?", fragte ich weiter.
"Ich hatte eine Wette mit meinem Bruder . Wer die meisten Kniebeugen schafft", antwortete Lukas ausweichend.
Ich fragte mich, wie viele Kniebeugen er wohl machen musste, um bei seinem Gewicht einen Muskelkater zu bekommen, der ihn zu einem solch vorsichtigen Gang zwang. Lukas sah verlegen an mir vorbei in die Weite des Flures.
"Ist mit dir und Tom alles in Ordnung?"
"Ja", antwortete Lukas kurz.
Es hatte den Anschein, dass Lukas die Unterhaltung unangenehm war. Ich wollte ihn nicht weiter quälen und schloss das Gespräch mit den Worten ab:
"Na dann . Da hilft nur, in Bewegung bleiben, auch wenn es schmerzt. Ich wünsche dir noch einen schönen Tag."
Von der Seite sah ich noch, wie Lukas verlegen lächelte, dann setzte ich meinen Weg zum Lehrerzimmer fort.
Auf dem Flur, vor dem Gang zum Lehrerzimmer, kam mir Herr Gottwald, unser Hausmeister, entgegen. Ich konnte mich nicht daran erinnern, dass ich schon mal gesehen hätte, wie sich Herr Gottwald gefreut hat. Er war wohl chronisch schlecht gelaunt. Durch seine grummelige und leicht aufbrausende Art hatte er sich zum favorisierten Ziel einiger Schüler gemacht, die ihm mit Freude immer wieder Streiche spielten.
Das, was an Herrn Gottwald aber besonders auffällig war, das war seine Frisur. Was er wohl zu seinem Friseur sagte, wenn er da hinging? 'Wie immer. Einmal Bär im Schritt bitte.' Leicht lockig, immer fettig und an einigen Stellen schon etwas licht.
Es ist nicht so, dass ich einem Bären schon mal in den Schritt gesehen hätte, aber genau so stellte ich mir das da vor.
"Guten Tag, Herr Gottwald", begrüßte ich ihn freundlich. Er sah mich an, hob grüßend die Hand und entgegnete ein einfaches und monoton ausgesprochenes "Hallo."
Ich glaubte, dass er sich meinen Namen bis jetzt noch nicht merken konnte. Wieso auch. Wir hatten in der Regel ja nicht ganz so viel miteinander zu tun.
"Was ist los mit Ihnen? Wieso sind sie so schlecht gelaunt?", fragte ich höflich.
"Die Jugend von heute ist nicht mehr so wie früher, sage ich Ihnen. Die haben keinen Respekt! Keinen Respekt vor anderen Menschen und keinen Respekt vor der Leistung anderer Menschen", wetterte Herr Gottwald. Ich sah ihn verwundert an.
"Auch in dieser Generation gibt es solche und solche. Das war schon zu unserer Zeit so und das wird auch in Zukunft so sein", antwortete ich diplomatisch.
"Ich weiß nicht, was Sie in Ihrer Jungend so alles gemacht haben, aber bei uns gab es so etwas nicht."
"Was ist denn .?", ich konnte meine Frage nicht ganz stellen, da wetterte Herr Gottwald schon weiter:
"Haben Sie das mit der Jungentoilette mitbekommen? Die haben heute wieder das Waschbecken zum Überlaufen gebracht! Hübsch Toilettenpapier im Waschbecken drapieren, Wasserhahn aufdrehen und weglaufen. Sehr witzig! Wenn ich die erwische, die werden sich eine neue Schule suchen dürfen! Und das ist nicht das erste Mal, dass die Plagen so was tun. Das war letzte Woche auch schon."
So langsam redete er sich in Rage. Ich hatte keine Gelegenheit, ihn in seinem Redefluss zu unterbrechen.
"Aber die letzte Woche war ohnehin etwas ganz Besonderes!" Bei diesen Worten hob er seinen Zeigefinger an und legte eine kurze Pause ein. Hier hätte ich die Gelegenheit gehabt, etwas zu sagen, aber ich war zu überrascht. Außerdem vermutete ich, dass er seine Ausführungen gleich noch weiter fortführen würde. Was er dann auch tat:
"Die kotzen jetzt...
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