Schweitzer Fachinformationen
Wenn es um professionelles Wissen geht, ist Schweitzer Fachinformationen wegweisend. Kunden aus Recht und Beratung sowie Unternehmen, öffentliche Verwaltungen und Bibliotheken erhalten komplette Lösungen zum Beschaffen, Verwalten und Nutzen von digitalen und gedruckten Medien.
Um im weiteren Verlauf eindeutige Zuordnungen zu haben, werden hier die Definitionen angeführt:
Reifgeborenes:
- Nach Geburtsgewicht: Kind mit = 2.500 g und = 4000 g, welches nach risikofreier Schwangerschaft und komplikationsloser Entbindung ohne Krankheitserscheinungen geboren wurde
- Nach Gestationsalter: Kind, das nach 37 (37 + 0) komplett abgeschlossenen und vor 42 (42 + 0) vollendeten Schwangerschaftswochen geboren wurde
Frühgeborenes:
- Extreme Frühgeburt: < 28 SSW
- Sehr Frühgeborenes: 28 bis < 32 SSW
- Moderate oder späte Frühgeburt: 32 bis < 37 SSW
Abb. 1.1: Extrem Frühgeborenes
Übertragen: Geburt nach 42 SSW oder 294 Tagen
SGA (small size for gestational age): Gewicht unter der 10. Perzentile
LBW (low birth wight) niedriges Geburtsgewicht, Hypotrophie: Neugeborene mit einem Gewicht < 2.500 g, diese Gruppe kann SGA und Frühgeborene enthalten
LGA (large for gestational age): Gewicht über der 90. Perzentile
Hypertrophie, Makrosomie: Gewicht je nach Definition über 4.000 bzw. 4.500 g
Gestationsalter: Dauer der Schwangerschaft von 1. Tag der letzten Menstruation
Neugeborenes: ab Geburt bis zum vollendeten 28. Lebenstag
Säugling: ab Beginn des 29. Lebenstages bis zum vollendeten 12. Lebensmonat
Die angeführten Definitionen mit den absoluten Geburtsgewichten, die sich nicht auf das Schwangerschaftsalter beziehen, können sehr heterogen sein und sind daher für den Alltag nur eingeschränkt hilfreich. Für die Beurteilung der Entwicklung spielt jedoch auch das erreichte Reifealter eine entscheidende Rolle. In diesem Buch werden daher in der Regel die Definitionen für SGA und LGA genutzt.
Die Adaptation an das Leben außerhalb der Mutter beginnt mit dem Durchtrennen der Nabelschnur. Die Vorgänge sind vielfältig und zum Teil voneinander abhängig. Aus didaktischen Gründen werden sie jedoch für unterschiedliche Funktionen getrennt dargestellt.
Mit den ersten Atemzügen kommt es zur Belüftung der Lunge. Diese war bislang funktionslos, die Alveolen kollabiert und zum Teil mit Fruchtwasser gefüllt, nur marginal durchblutet und auch im Interstitium war noch vermehrt Flüssigkeit eingelagert (ca. 60 % des Lungengewichts, was etwa 40 ml Flüssigkeit entspricht). Durch die Abnahme an interstitieller Flüssigkeit reduziert sich die Dicke der Alveolarwände von etwa 1 µm auf 0,2 µm. Mit den ersten Atemzügen, wegen eines hohen Widerstands der gesamten Lunge mit deutlich negativeren Drücken (ca. 80 cm H2O transpulmonaler Druck) als nach der Adaptation, strömt Umgebungsluft mit 21 % Sauerstoff in die Lunge. Der höhere Sauerstoffgehalt führt zur Weitstellung der pulmonalen Gefäße und damit zu einer besseren Durchblutung der Lunge. Der pulmonale Widerstand sinkt. Nach dem Durchtrennen der Nabelschnur findet nun der Gasaustausch ausschließlich in der Lunge statt. Ein normales Atemminutenvolumen wird zunächst über eine höhere Atemfrequenz und Atemarbeit erreicht, da initial Atemzüge kleiner sind.
Durch das Absinken des pulmonalen Widerstands kann es zum Verschluss des foramen ovale (Vorhofseptum) und durch den erhöhten Sauerstoffgehalt im Blut zur Kontraktion des Ductusgewebes kommen. Diese Vorgänge können physiologisch eine gewisse Zeit benötigen. Durch kontinuierliche Messungen nach der Geburt wissen wir, dass eine stabile Sättigung des Sauerstoffgehalts von über 90 % häufig erst nach zehn Minuten erreicht ist, der pulmonale Widerstand nach der Geburt noch für Wochen erhöht sein kann und dass Reste eines foramen ovale auch noch Monate nach der Geburt echokardiographisch nachgewiesen werden können, ohne eine hämodynamische Bedeutung zur haben. Auch wenn die Umstellungsvorgänge nicht sofort komplett sind, kommt es im Wesentlichen zu zwei getrennten, hintereinander geschalteten Kreisläufen, statt der bislang parallel funktionierenden Systeme. Die Lunge wird nun gut durchblutet und kann ihrer wesentlichen Funktion für den Gasaustausch gerecht werden. Der Systemdruck im Körperkreislauf steigt nun an.
Der Atemantrieb erfolgt zunächst über einen erhöhten Anteil von CO2 im Blut (pCO2 = Partialdruck von CO2). Das glomus caroticum, als Rezeptor im Bereich der Halsschlagader, ist noch unreif und daher für die Steuerung des Atemantriebs nicht geeignet. Die Regulation der Herzfrequenz unterliegt vielen Einflüssen. Dazu zählen das autonome Nervensystem, Temperatur, Säure-Basen-Haushalt und Elektrolytkonzentration im Blut, Flüssigkeitshaushalt, Hormone, weitere Noxen und das Reizleitungssystem im Herzen. Eingeschränkte Variabilität der Herzfrequenz deutet auf ein schwerwiegendes Problem des Neugeborenen hin.
Mit der ersten Aufnahme von Kolostrum beginnt der Prozess, den Magen-Darm-Trakt zu stimulieren, Nahrung zu verwerten und Mekonium zu entleeren. Vorzeitige Entleerung von Mekonium weist auf eine Notsituation vor der Geburt hin. Verzögerte Entleerung kann zu einem verzögerten Nahrungsaufbau führen und auf Störungen unterschiedlichster Ursachen der Magen-Darm-Passage hinweisen. Es ist der Beginn eines auch von externen Keimen beeinflussten Aufbaus eines Mikrobioms, der im günstigsten Fall nur von den Hautkeimen der Mutter beeinflusst wird. Jede Manipulation durch dritte Personen führt auch zu einer Besiedlung mit deren Keimen. Aktuelle Forschungsergebnisse zeigen, dass die vaginale Besiedlung der Mutter keinen wesentlichen Einfluss auf das Mikrobiom hat. (Ferretti et al., 2018)
Zunächst muss sich das Neugeborene mit der Umgebungstemperatur auseinandersetzen. Bislang war die Temperatur im Mutterleib konstant, nach der Geburt kommt es zu einem Temperaturabfall, der als Reiz für die Adaptation benötigt wird. Jedoch soll das Neugeborene nicht auskühlen, da es nur innerhalb geringer Grenzen die Temperatur nachregulieren kann. Grund dafür sind die geringen Energiereserven und der kleine Anteil an braunem Fettgewebe, das zur direkten Energiegewinnung genutzt werden kann. Andernfalls führt eine niedrige Körpertemperatur zur Zentralisation, niedrigen Blutzuckerwerten und Störungen der Adaptation, besonders der Atmung.
Gleichzeitig beginnt das Kind mit der Umwelt zu kommunizieren, denn das erste Schreien ist die Möglichkeit, auf sich aufmerksam zu machen und bei der Mutter die Oxytocinausschüttung zu stimulieren. Diese ist ein wichtiger Schritt für die Produktion von Muttermilch und damit den Stillerfolg.
Abb. 1.2: Reanimationsmaßnahmen bei Neugeborenen (Deutscher Rat für Wiederbelebung; GRC; www.grc-org.de; 2021, S. 133)
Abb. 1.3: NLS-Algorithmus (Deutscher Rat für Wiederbelebung; GRC; www.grc-org.de; 2021, S. 159)1 * Werden alle beschriebenen Maßnahmen zur Optimierung der Beatmung (Erhöhung des Spitzendrucks, 2-Hände-Esmarch-Handgriff, Guedel-Tubus, evtl. LMA) konsequent ausgeschöpft, ist eine Intubation zu diesem Zeitpunkt nur in sehr seltenen Fällen notwendig. (Anmerkung der AutorInnen der deutschen Fassung) ** Wenn sich der Brustkorb unter Beatmung zwischen den Thoraxkompressionen hebt, muss sehr gut abgewogen werden, ob eine Intubation zu diesem Zeitpunkt tatsächlich einen Vorteil bedeutet. (Anmerkung der AutorInnen der deutschen Fassung, detaillierte Erläuterungen finden sich im Guidelines-Text)
Grundsätzlich benötigt jedes Neugeborene nach der Geburt besondere Aufmerksamkeit. Die entscheidende Zeit sind etwa die ersten 30 Sekunden nach der Entbindung: Möchte das Kind sich alleine an die neuen Umgebungsbedingungen gewöhnen oder benötigt es unsere Unterstützung? In dieser Zeit sollte...
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