Schweitzer Fachinformationen
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AUTOR:
CHRISTIAN REINHARDT
THEMENSCHIRM:
SOUVERÄNITÄT
FÜHRUNGSROLLE:
FÜHRUNGSKRAFT ALS PERSON
FÜHRUNGSKRAFT IN FUNKTION UND INTERAKTION
FÜHRUNGSKRAFT UND ORGANISATION
Souveränität ist ein bedeutendes Persönlichkeitsmerkmal und ein herausstechendes Erfolgskriterium einer Führungskraft. Souveräne Führungskräfte sind in der Lage, Verantwortung zu übernehmen und mutig neue Wege zu gehen. Sie verfolgen ein klares Ziel und ihr Auftreten führt dazu, dass andere ihnen folgen. In ihrer Rolle als Leader kann eine souveräne Führungskraft viel Impact haben und maßgeblich zum Unternehmenserfolg beitragen. Doch was ist Souveränität genau und kann sie erlernt werden? Um dieses spannende Thema geht es in diesem Kapitel.
Eine der eindrucksvollsten Leistungen des 20. Jahrhunderts war sicherlich der Lauf über eine Meile (entspricht 1609,344 Meter) von Roger Bannister im Jahr 1954. Die Zeichen standen damals nicht gut für den jungen Briten. Sportwissenschaftler hatten ausgerechnet, dass der menschliche Körper die Meile keinesfalls unter vier Minuten bewältigen könne. Der Sport bestätigte diese Erkenntnis, da seit Mitte der 1940er Jahre viele Athleten nah an die Vier-Minuten-Grenze gekommen waren, diese aber nie durchbrechen konnten. Roger Bannister hatte den Traum, diese Leistung als Erster zu vollbringen, und stellte sich jeden Abend vor dem Einschlafen vor, wie es wäre, bei 3:59 min ins Ziel einzulaufen. Er wählte seine Trainer und Trainingspartner sorgfältig aus, ging neue Wege beim Training und bearbeitete sogar seine Schuhe selbst. Am 6. Mai 1954 war es endlich so weit: Bannister lief die Meile bei eher schlechtem englischem Wetter in 3:59,4 min. Das war damals eine echte Sensation. Sogar die New York Times titelte "He beat the clock". Seine Leistung war der beste Beweis dafür, dass es eben doch möglich war, die magische Vier-Minuten-Marke zu durchbrechen. Und sie hatte einen weiteren, höchst spannenden Effekt: Im Jahr nach dem Rekord erreichten mehr als ein Dutzend Läufer Zeiten unter vier Minuten.
Der Begriff Souveränität ist dem französischen "souverain" entliehen und bedeutet "Unabhängigkeit" oder "Überlegenheit". Ursprünglich wurde der Begriff vor allem im politischen Kontext verwendet; er bezeichnet den Anspruch eines Staates auf Unabhängigkeit von anderen (Souveränität nach außen) und dessen Selbstbestimmtheit in Fragen der eigenen staatlichen Gestaltung, bei der Rechtssetzung, der Verwaltungsausübung und der Justiz (Souveränität nach innen) (vgl. Maissen, Kley, 2013). Umgangssprachlich wird eine Person als souverän bezeichnet, wenn sie in ihrem Auftreten und Handeln als selbstsicher, gelassen und über den Dingen stehend wahrgenommen wird, ohne arrogant oder überheblich zu wirken.
Wir sehnen uns nach Souveränität. Wir suchen, bewusst oder unbewusst, die Nähe von Menschen, die Souveränität ausstrahlen, weil uns diese Eigenschaft fasziniert und uns Sicherheit gibt. Und wir möchten selbst gerne souverän sein. Selbstsicher und gelassen auftreten, in Krisensituationen Ruhe ausstrahlen und von anderen so wahrgenommen werden. Denn letztlich bestimmt unser Verhalten zu einem großen Teil die Bewertung durch Dritte. Dieses Fremdbild kann uns dabei helfen, unsere Ziele zu erreichen. Aber was ist eigentlich Souveränität?
Souveränität ist ein wichtiges Persönlichkeitsmerkmal. Sie entsteht durch das stimmige Zusammenspiel von Verhalten und Handlung und die so entwickelte Wirkung auf Menschen. Souveränität ist unabdingbar, um in komplexen und schwierigen Zeiten auf Erfolgskurs zu bleiben. Roger Bannister wurde zeitlebens als souverän wahrgenommen. Freunde, Trainingspartner und später auch Kollegen beschrieben seine Wirkung auf andere als überzeugend und hoch motivierend, er strahlte enorme Sicherheit und Zuversicht aus, wirkte unabhängig. Viele Mitarbeiter wünschen sich Souveränität als vorrangige Eigenschaft einer Führungskraft. Auch die Führungskräfte selbst wollen - häufig bewusst oder unbewusst durch Vorbilder inspiriert - souverän sein und so auch in ihrem Handeln wahrgenommen werden. Und das sollte auch so sein. Wer sich in dem Handlungsfeld zwischen Mitarbeiteranliegen und Managementanforderungen souverän bewegt, kann gut mit Stress umgehen, geht verantwortungsbewusst mit seiner Gesundheit um und leistet gleichzeitig durch gute Mitarbeiterführung einen wichtigen Beitrag zum Unternehmenserfolg. Wenn die souveräne Wirkung auf andere - das erwähnte Fremdbild - als positiver Effekt hinzukommt, kann der so agierende Leader durchaus stolz auf sich sein.
Wir werden nicht als souveräne Wesen geboren, sondern erwerben diese Eigenschaft im Laufe unserer Entwicklung. In diesem Zusammenhang spielt besonders die Selbstwirksamkeit (Bandura, 1977), also die Erfahrung, Schwierigkeiten aus eigener Kraft meistern zu können, eine zentrale Rolle. Die Basis für Souveränität wird häufig schon in der Kindheit gelegt. Kinder, die aufgrund ihrer Erziehung oder Sozialisation die Fähigkeit entwickeln, in kritischen Situationen ihre Emotionen, Kognitionen und Verhaltensweisen besser zu kontrollieren, und so adäquater - also auch weniger selbstschädigend - zu reagieren, lernen, dass diese Verhaltensweise für sie gut funktioniert. Dementsprechend werden sie sich häufiger so verhalten und entwickeln bzw. festigen so eine souveräne Haltung. Eltern, die ihren Kindern etwas zutrauen und sie in ihrem Tun unterstützen, verhelfen ihnen zu mehr Souveränität. Das sogenannte Parental Curling (durch Eltern, bei denen das Bedürfnis, ihr Kind zu behüten, übermäßig ausgeprägt ist) bewirkt das Gegenteil.
Wer in der Kindheit keine solchen Lernerlebnisse hatte, ist jedoch nicht dazu verdammt, sein Leben lang nur von Souveränität zu träumen. Der Mensch ist bis ins höchste Alter lernfähig und das schließt die Aneignung von Souveränität nicht aus. Die Biografie Roger Bannisters zeigt eindrucksvoll, wie selbst dieser begabte Athlet - vor seinem Rekord - Krisen und Selbstzweifel hatte, die fast dazu geführt hätten, dass er das Laufen aufgab.
Wenngleich Souveränität also erlernbar ist und die meisten Führungskräfte danach streben, bilden nur wenige diese Eigenschaft aus. Für dieses scheinbare Paradox gibt es hauptsächlich zwei Gründe:
1.Die Fehlannahme, dass Souveränität nicht erlernbar ist.
2.Die Angst vor Veränderung.
Letztere führt dazu, dass Menschen eine entsprechende Entwicklung hin zur Souveränität gar nicht erst anstreben oder aber nur mit den bekannten (und wenig Erfolg versprechenden) Methoden versuchen, diese zu erreichen. Auch wenn es paradox klingt, dass jemand versucht, sich zu verändern, indem er genau das tut, was er bisher auch schon getan hat (ohne eine Veränderung zu bewirken), ist das doch nachvollziehbar. Da die Veränderung an sich bereits eine Bedrohung darstellt, greifen Menschen bei den Methoden gerne auf Bekanntes (also etwas Unbedrohliches) zurück. Im Zweifelsfall erhoffen sie sich Erfolg, indem sie das Gleiche tun wie immer, nur noch mehr davon. Es ist, als würde man merken, dass man in die falsche Richtung läuft und entscheidet daraufhin noch schneller zu laufen.
Um Souveränität zu entwickeln, müssen Sie jedoch anhalten. Vergessen Sie Ihre funktionalen Führungsinstrumente und Ihren fachlichen Anspruch erst einmal.
Ähnlich wie bei der erwähnten politikwissenschaftlichen Betrachtung des Begriffs müssen auch beim Erlernen von Souveränität zwei Perspektiven betrachtet werden: innen und außen. Die Innenperspektive bezieht sich auf das eigene Denken und Fühlen. Wie entwickle ich Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten, die Überzeugung, Anforderungen gewachsen zu sein? Wie kontrolliere ich meine Emotionen? Im Außenverhältnis geht es um die Wirkung des eigenen Verhaltens auf andere. Wie kann ich deutlich machen, dass ich die Situation beherrsche? Was sind äußerlich sichtbare Merkmale eines souveränen Auftretens? Beide Ebenen stehen in einer spannenden Wechselbeziehung, die sich hervorragend nutzen lässt und auf die wir später näher...
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