Schweitzer Fachinformationen
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»Happy birthday to you! Haaaaaappy birthday toooooo youuuuu.«
Carlina betrachtete die Gesichter ihrer Familie mit einem unguten Gefühl, während sie das Lied für ihren Cousin Ernesto sangen. Es war das erste Mal, dass Stefano Garini sie zu einem Familienfest begleitete, und ihr war klar, dass sie damit eine deutliche Aussage zu ihrer Beziehung gemacht hatte. Sie erinnerte sich gut daran, wie die Augen aller Mantoni-Familienmitglieder bei der Neuigkeit wissensdurstig aufgeleuchtet hatten. Wahrscheinlich war es mittlerweile schon in ganz Florenz bekannt.
Aus dem Augenwinkel beobachtete sie Stefano. Er sang ohne ersichtliche Gefühlsregung mit, die Schulter gegen den Rahmen der Küchentür gelehnt. Sogar wenn man ihn gut kannte, war es schwierig, seine Gedanken aus seinem normalerweise unbeweglichen Gesicht abzulesen. Vielleicht lag es daran, dass er als Kommissar bei der Mordkommission arbeitete und es sich zur Gewohnheit gemacht hatte, seine Gefühle hinter einer Maske zu verbergen. Nein, eigentlich nicht. Carlina schüttelte den Kopf. Diese Zurückgezogenheit und Unabhängigkeit waren tief in seiner Persönlichkeit verankert, vermutlich durch seinen Job verstärkt, aber nicht von ihm hervorgerufen.
In diesem Augenblick wandte er den Kopf. Ihre Blicke trafen sich.
Carlinas Herz schlug einen Purzelbaum. Wie konnte ich glauben, dass er ein unbewegliches Gesicht hat?
Der Ausdruck in seinen Augen wurde weich. Er legte ihr den Arm um die Schultern und zog sie an sich.
Carlina fühlte sich, als ob ein plötzlicher Sonnenstrahl die Küche erleuchten würde, obwohl an diesem kühlen Frühlingstag die Wolken draußen tief hingen.
»Happy birthday, dear Ernestoooooooo, haaaappy birthday toooo youuu!« Die Familie schwappte wie eine Welle nach vorne, und einer nach dem anderen umarmte Ernesto, bis man von ihm nichts als seine leuchtend roten Haare sah.
Am anderen Ende des Raumes machte Carlinas Großonkel Teo besänftigende Armbewegungen. »Pscht! Nun seid mal alle leise!« Er sah nicht besonders beeindruckend aus, da er klein und runzelig war und seine weißen Haare in Büscheln vom Kopf abstanden, aber er war exquisit gekleidet und strahlte eine ruhige Autorität aus, die seinen Status als Patriarch der Familie verdeutlichte. In der folgenden Stille hörte man nur Annalisa, Ernestos um ein Jahr ältere Schwester, leise kichern.
Onkel Teos milchige Augen leuchteten. »Heute, zur Ehre von Ernestos achtzehntem Geburtstag, habe ich zwei Überraschungen für euch!«
Aufgeregtes Stimmengewirr brach aus.
»Ruhe, bitte.« Onkel Teo genoss seinen Augenblick im Rampenlicht. »Eine der Überraschungen kommt ein wenig zu spät.« Er schaute auf seine goldene Armbanduhr. »Die andere ist allerdings jetzt schon da!«
Carlina blickte sich um. Sie konnte nichts Außergewöhnliches feststellen, wenn man davon absah, dass Benedettas Wohnung mit Familienmitgliedern überfüllt war.
»Ich präsentiere euch . das magische Duo!« Onkel Teo warf die Arme in die Luft.
Carlina unterdrückte ein Lachen. Ihr Großonkel sah aus wie ein Zirkusdirektor, der seine Starnummer ankündigte.
Ernesto riss die Augen auf und schaute sich voller Interesse im Raum um. »Was ist es?« Sein gegeltes Haar stand vom Kopf ab wie lauter kleine Flammen.
»Das . magische . Duo!«, wiederholte Onkel Teo mit dröhnender Stimme. Er stolzierte zur Balkontür und warf sie weit auf.
Auf dem schmalen Balkon standen zwei Frauen, beide mit einem breiten Lächeln im Gesicht. Sie hatten die Hände hinter ihren Rücken versteckt und waren beide in schwarze Hosen sowie enge rote Oberteile gekleidet, aber davon abgesehen waren sie so verschieden, wie es zwei Frauen nur sein konnten. Die kleinere hatte einen Mund wie eine Rosenknospe und zerzauste Locken, die sie wie eine Puppe aussehen ließen, während die größere mit ihrer beeindruckenden Oberweite und ihren breit aufgestellten Füßen an eine Wikingerin erinnerte.
»Wer ist das?« Garini beugte seinen Kopf zu Carlina.
»Die Kleinere ist Maria. Sie lebt zwei Häuser weiter unten in der Straße und kommt regelmäßig zum Putzen.«
»Und die Große?«
»Das ist Simonetta, die Freundin von einer Cousine zweiten Grades.« Carlina lächelte Simonetta an. »Sie lebt im Moment bei meiner Mutter, weil sie Opernsängerin ist und hier in Florenz gerade eine Zusatzausbildung macht.«
»Das magische Duo!« Onkel Teo hatte offensichtlich Spaß an seiner Rolle als Zirkusdirektor. Er zog den hellgelben Vorhang vor der Balkontür zur Seite und ein Ghettoblaster erschien. Mit einer weit ausholenden Geste schaltete er ihn ein und ein Zirkusmarsch erklang.
Wie auf Befehl zogen die beiden Frauen ihre Hände mit Jonglierbällen hinter den Rücken hervor und fingen an, wie Profis zu jonglieren.
Innerhalb von zwei Minuten öffneten sich die Fenster in den Nachbarschaft und die Leute lehnten sich heraus, um die Show von der Seite mit anzusehen. Der Abstand zwischen den historischen Häusern auf der Via delle Pinzochere war so schmal, dass sie einen wunderbaren Blick hatten.
Maria und Simonetta warfen sich die Bälle gegenseitig zu und fingen sie in so raschem Tempo, dass sie wie ein bunter Schweif aussahen.
Auf dem Kopfsteinpflaster unten hielt eine Gruppe von Japanern an und dokumentierte jede Sekunde mit hochmodernen Kameras. Ein Mann sprach in schnellem Japanisch in ein Mikro, vermutlich, um den genauen Zeitpunkt und den Ort dieser unvorhergesehenen Show zu dokumentieren.
»Wow.« Ernesto grinste und boxte gegen den Arm seines besten Freundes Rafaele, der direkt neben ihm stand. »Die halbe Stadt ist in Aufruhr, weil ich Geburtstag habe.«
Rafaele nickte. »Ich bin beeindruckt«, sagte er auf seine ruhige Art.
»Rafaele kann man nicht aufregen«, sagte Carlina mit leiser Stimme zu Garini. »Er ist der ruhigste Typ, den ich je gesehen habe, und er ist erst achtzehn. Ich frage mich, wie er sein wird, wenn er mal älter ist. Ein Fels, vermutlich. Ich habe gehört, dass das in der Familie liegt. Die Altoris sind anscheinend alle so.«
Garinis Lippen zuckten.
In diesem Augenblick schlugen die Glocken der Basilica di Santa Croce zur vollen Stunde und schufen ein seltsames Medley mit der fröhlichen Zirkusmusik.
Carlina bekam eine Gänsehaut. Eine seltsame Vorahnung erfüllte sie mit dem Gefühl einer nahenden Gefahr. Sie runzelte die Stirn und versuchte, es abzuschütteln. Seit ihrem dreizehnten Lebensjahr war das Familienhaus in Florenz ihr Zuhause. Die Glocken erinnerten Carlina an ihre Teenagerzeit, geprägt vom Verlust ihres Vaters und dem Umzug aus Amerika. Sie hatte ihren Klängen gelauscht, als sie sich langsam an diese neue Welt gewöhnt hatte. Nach einiger Zeit hatten sie sie beruhigt, weil sie ihr das Gefühl gaben, dass zumindest manche Dinge sich nicht änderten und über die Jahrhunderte gleich blieben. Warum überlief sie dann jetzt ein kalter Schauder? Sie würde noch wie ihre Mutter werden, die an jeder Wegbiegung eine unbestimmte Katastrophe erwartete, selbst in der Mitte einer fröhlichen Geburtstagsfeier.
Die Musik kam zu einem krachenden Finale. Maria und Simonetta fingen die Bälle auf und verbeugten sich vor dem Publikum im und vor dem Haus.
Von allen Seiten kam Applaus.
Carlinas Mutter Fabbiola warf sich auf sie und umarmte beide zur gleichen Zeit, während ihr eine Strähne des hennaroten Haares in die Stirn fiel. »Meine Lieben! Ich hatte ja keine Ahnung, dass ihr so versteckte Fähigkeiten habt! Ihr wart wunderbar!«
Bevor irgendjemand antworten konnte, flog die Küchentür auf.
Onkel Teo fuhr herum und hob beide Hände wie ein Prophet auf dem Berg. Das Lächeln auf seinem runzligen Gesicht wurde noch breiter. »Und hier«, sprach er laut und deutlich, »ist meine zweite Überraschung! Komm herein, Valentino!«
Der Mann, der in der Tür stand, sah wie ein Model aus. Er war nur mittelgroß, aber mit gutentwickelten Muskeln und breiten Schultern. Sein klassischer Anzug, die schwarzen Lackschuhe und das teure weiße Hemd, das er trug, verstärkten noch die Aura von Erfolg und Selbstbewusstsein, die ihn umgab.
»Valentino!« Ernesto lachte. »Also hast du es doch noch geschafft!«
Der verzagte Ausdruck auf Onkel Teos Gesicht war unübersehbar. »Also wusstest du schon, dass er kommen würde?«
»Aber natürlich!« Ernesto bahnte sich einen Weg durch die Familie und umarmte seinen Cousin. »Er hat's auf Facebook geschrieben! Seitdem er nach Dubai geflogen ist, haben wir über Facebook Kontakt gehalten.«
Onkel Teo runzelte die Stirn. »Was?«
Valentino zwinkerte ihm über Ernestos Schulter hinweg zu. »Ich habe nur versprochen, dass ich es ihm nicht am Telefon sagen würde, oder?«
Onkel Teo presste die Lippen zusammen.
Garini hob eine Augenbraue. »Ein schlüpfriger Geselle?«, fragte er so leise, dass nur Carlina es hören konnte.
»Sehr.« Carlinas Stimme war trocken. »Noch ein Cousin. Er ist der Sohn von Tante Alberta. Ich weiß nicht, ob du dich an sie erinnerst - sie ist die älteste Schwester von mamma und bekannt für ihre böse Zunge.«
Garini nickte. »Natürlich erinnere ich mich an sie. Aber sie ist heute nicht hier, oder?«
»Nein. Sie macht eine Kreuzfahrt rund um die Welt, zusammen mit Angela, ihrer Tochter. Kein Verlust, wenn du mich fragst.«
Onkel Teo hatte sich von seiner Enttäuschung erholt und zog Valentino nach vorne. »Komm und sprich mit uns. Du warst so lange weg.«
Valentino...
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