Schweitzer Fachinformationen
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Was uns der Supermarkt serviert - und was sich ändern muss
Wir alle gehen in den Supermarkt. Doch zwischen Preissteigerungen und dem Wunsch nach guten Lebensmitteln gleicht der Wocheneinkauf einem Blindflug: Billig ist nicht schlecht, teuer ist nicht gut. Unverständliche Zutatenlisten, undurchsichtige Qualitätsversprechen und fehlende Informationen verhindern, dass wir als Kunden unsere Wahlfreiheit ausüben können. In seinem Buch nimmt Thilo Bode uns darum mit auf einen aufklärerischen Gang durch den Supermarkt. Verständlich und übersichtlich unterzieht er die wichtigsten Lebensmittel von der Frische- bis zur Tiefkühltheke - Obst, Gemüse, Fleisch, Backwaren, Milchprodukte und mehr - einem radikalen Qualitätscheck. Und er beschreibt, was passieren muss, damit Supermärkte die Erwartungen der Verbraucher nach Transparenz und Qualität erfüllen. "Der Supermarkt-Kompass" ist ein unverzichtbares Buch mit direktem Gebrauchswert - für alle, die endlich informiert einkaufen wollen.
Mit praktischen Info-Boxen zu den wichtigsten Lebensmitteln und allen wichtigen Fakten zu unserer Ernährung.
"Der Supermarkt-Kompass deckt auf, wie die Hersteller tricksen." "Ein kluger Gang durch den Supermarkt, mit praktischen Infoboxen zu unseren täglichen Lebensmitteln und wichtigen Fakten zu unserer Ernährung." "Thilo Bode ist eine Verbraucherschutz-Legende"
In dieser verbraucherfeindlichen Linie, die den großen Lebensmittelherstellern und -händlern nützt und den kleinen Wettbewerbern schadet, steht auch ein neu gefasster Leitsatz der DLMBK vom Juni 2021 zu »traditionellen Rezepturen« und »traditioneller Herstellung« in Deutschlands Bäckereien. Danach hält es die Kommission für legitim, beim Verkauf von Brot und Kleingebäck mit einer »traditionellen Rezeptur« oder »traditioneller Herstellung« zu werben, wenn »Lebensmittelzusatzstoffe und zugesetzte Enzyme nicht verwendet werden«. So weit so überzeugend. Doch die Bedingung gilt nicht uneingeschränkt: Denn ausgenommen von der Nicht-Verwendung sind solche Zusatzstoffe, »die üblicher Bestandteil eines zusammengesetzten Lebensmittels sind, das als Zutat verwendet wird (z.B. Rieselhilfsstoff in Speisesalz) oder für den Produktcharakter (z.B. Natronlauge bei Laugengebäck) oder aus technologischen Gründen (z.B. Ascorbinsäure) unabdingbar sind«.
Man muss sich bei solchen Leitsatz-Konstruktionen klarmachen, dass ihr Ziel eigentlich darin besteht, der Bäckerkundschaft Orientierung zu geben: Verbraucherinnen und Verbraucher sollen besser verstehen, was »traditionelle« Backkunst charakterisiert, damit sie ihre Wahl zwischen verschiedenen Angeboten informiert treffen können. Tatsächlich ist eher das Gegenteil der Fall. So sieht es auch der Verein »Die Freien Bäcker«, der die neuen Leitsätze schlicht eine »Mogelpackung« nennt. Denn jetzt könnten Brote und Kleingebäck auch unter dem Label »traditionelle Rezeptur« verkauft werden, obwohl sie »biotechnologische Alleskönner« enthalten, mithin technische Enzyme, die die Funktion von Zusatzstoffen mit E-Nummern übernehmen, jedoch nicht deklariert werden müssen. »Entspricht dies der Vorstellung von Rezepturen, die von Generation zu Generation weitergegeben wurden?«, fragen die »Freien Bäcker« stellvertretend für unzählige Verbraucherinnen und Verbraucher. Vermutlich sei die »Tradition« nur neu definiert worden, um den Begriff »Handwerk« aufzupolieren: »Die Mogelpackung >traditionelle Rezeptur< macht deutlich, wie sich die technologische Abhängigkeit auch vieler Hersteller*innen, die in die Handwerksrolle eingetragen sind, auswirkt. Die Abhängigkeit von biochemischen Werkzeugen, die mit Hilfe von Mikroorganismen produziert werden, die oftmals gentechnisch verändert sind, wird oft gar nicht bemerkt oder verdrängt. Mit der Verwendung von Zusatz- und Verarbeitungshilfsstoffen ging und geht Wissen über komplexe Zusammenhänge bei der Lebensmittelherstellung und handwerkliches Können verloren.«
Zuletzt zitieren die »Freien Bäcker« den Komponisten Gustav Mahler, um zu vermitteln, was sie von der Auslegung des Traditionsbegriffs durch die Deutsche Lebensmittelbuch-Kommission halten: »Was ihr Theaterleute eure Tradition nennt, das ist nichts anderes als eure Bequemlichkeit und Schlamperei.«[1]
In der »Markt-Bäckerei« im Vorkassenbereich des Edeka-Markts in meiner Nähe, wo der Pappkarton mit den Wörtern »Leidenschaft« und »Tradition« und der Jahreszahl 1919 von der Decke hängt, kaufe ich zwei Laugenbrezeln. Was sie an Zutaten enthalten, kann mir die Verkäuferin nicht sagen, dafür schiebt sie mir einen Ordner mit der Aufschrift »Produktinformationen für unsere Kunden« über die Theke. Es ist eine Lose-Blatt-Sammlung mit etwa 240 Blättern, auf den ersten vier Seiten sind rund 160 Zusatzstoffe gelistet von E 100 (Kurkumin) bis E 1520 (Propylenglykol). Es braucht zehn Minuten, bis ich in den endlosen Tabellen das Kästchen für die Laugenbrezeln finde. Dort steht kaum leserlich in Miniaturschrift: »Zutaten: WEIZENMEHL, Trinkwasser, Hefe, pflanzliches Öl: Raps, Speisesalz, MALZMEHL (GERSTE, WEIZEN), WEIZENKLEBER, Emulgatoren: Mono- und Diacetylweinsäureester von Mono- und Diglyceriden von Speisefettsäuren; Säureregulatoren: Natriumhydroxid, Calciumcarbonat, Calciumphosphat; Stabilisator: Xanthan, Mehlbehandlungsmittel: Ascorbinsäure, Enzyme (Hydrolasen, Transferasen).«
Deutschland gilt als das Land mit den meisten Brotsorten (ca. 3000 Brotsorten, 1200 Feingebäcksorten). Die Haupt-Brotsorten werden wie folgt sortiert: Weizenbrote (mindestens 90 Prozent Weizen), Weizenmischbrote (51 bis 89 Prozent Weizen), Roggenmischbrote (51 bis 89 Prozent Roggen) und Roggenbrote (mindestens 90 Prozent Roggen).
Brot und Brötchen gibt es in den Supermärkten und bei Discountern an Bäckerei-Theken, deren Waren teilweise in eigenen Fabriken hergestellt werden oder von Vertragsbäckereien stammen. Teilweise werden die Backwaren als Teiglinge geliefert und im Markt aufgebacken. Ferner gibt es Prebake-Produkte, die von Großbäckereien im Industriemaßstab hergestellt, teilgebacken und im privaten Haushalt fertig gebacken werden. Zusätzlich werden Backwaren auch im Selbstbedienungssortiment, das aus fertig gebackenen Backwaren besteht, verkauft. Das Angebot reicht von Natursauerteigbroten, die nur aus Mehl, Wasser und Salz bestehen, bis zu Brot und Brötchen, die mit Zusatzstoffen sowie mit Verarbeitungshilfsstoffen, z.B. technischen (zugesetzten) Enzymen hergestellt werden. Eine vollautomatisierte Herstellung erfordert den Zusatz von Enzymen, weil diese eine uniforme Teigherstellung ermöglichen, die Bedingung für die Automatisierung des Backprozesses ist.
Am anderen Ende der Skala stehen kleine Betriebe, die in separaten Produktionsschritten backen. Das hat zur Folge, dass zwar mehr handwerklich geschultes Fachpersonal erforderlich ist, aber auch eine höhere Qualität erzielt werden kann. Durch die langsamere Brotzubereitung ruht der Teig über mehrere Stunden. Dies ist eine Voraussetzung, um dem Brot einen guten Geschmack und das klassische Aroma zu verleihen.
Insbesondere Brötchen werden mit Hilfe von Verarbeitungshilfsstoffen und Zusatzstoffen wie technischen Enzymen, Emulgatoren, Stabilisatoren etc. hergestellt. Bei loser Ware an der Theke muss man die Zutatenliste beim Personal erfragen oder bereitliegende Kladden einsehen, um sich über die Inhaltsstoffe zu informieren. Bei verpackter Ware gibt es zwar auf der Rückseite der Verpackung eine Zutatenliste, aber diese informiert nur unvollständig. Technische Enzyme können die Funktion von Zusatzstoffen übernehmen und die Beschaffenheit der Ware gezielt steuern (z.B. eine bräunliche Kruste entstehen lassen), sie sind aber nicht deklarationspflichtig. Somit ist es möglich, im Brotregal ein konventionelles Brötchen ohne deklarierte Zusatzstoffe neben einem Bio-Brötchen mit deklarierten Zusatzstoffen zu finden (die deutschen Bio-Anbauverbände verwenden keine technischen Enzyme, nach der EU-Bio-Verordnung sind diese jedoch erlaubt).
Brote mit einem hohen Körneranteil weisen nicht unbedingt auf die Verwendung von Vollkornmehl oder -schrot hin. Häufig verbergen sich hinter Brotnamen wie »Kraftkorn«, »Mehrkorn« oder »Vollwert« Brote, die keine Vollkornerzeugnisse sind. »Vollkorn« darf sich ein Brot oder Brötchen nur nennen, wenn es zu 90 Prozent aus Roggen- und Weizenvollkornerzeugnissen hergestellt wurde.
Die Zahl sogenannter Handwerksbäckereien ist in den vergangenen 60 Jahren von rund 55000 im alten Bundesgebiet auf knapp unter 10000 Betriebe mit rund 35000 Filialen (rund 45000 Verkaufsstellen) gesunken. Der Konzentrationsprozess führt zu immer größeren Betrieben, die sich die zunehmende Automatisierung des Backprozesses leisten können. Die Zahl der sich »handwerklich« nennenden Bäckereien sagt aber noch nichts darüber aus, welche Bäckereien tatsächlich handwerklich arbeiten, also zum Beispiel auf technische Enzyme verzichten und die Reifung des Teigs pflegen.
Es fehlt nicht nur eine praktikable, rechtlich verbindliche Definition von handwerklicher und traditioneller Bäckerei, die eine Kauf-Orientierung gibt. Es fehlen auch Deklarationen, die die Kunden verstehen und nachvollziehen können. Deshalb können Bäcker ihre Ware als traditionell und handwerklich anbieten und den Kundinnen ein falsches Bild vermitteln. Davon machen sie reichlich Gebrauch.
Bei der Getreideproduktion für Mehl werden Pestizide und Mineraldünger eingesetzt. Mineraldünger wirkt sich negativ auf das Klima und das Grundwasser aus. Pestizide bedrohen die biologische Artenvielfalt. Sie kontaminieren häufig auch das Trinkwasser.
Vollkornbrote enthalten noch fast alle Inhaltsstoffe aus dem Getreidekorn. Diese setzen sich zusammen aus Stärke, Ballaststoffen, pflanzlichem Eiweiß sowie einer Vielzahl an Vitaminen und Mineralstoffen. Davon sind vor allem Eisen, Magnesium und Zink wichtig. Während das Innere des Getreidekorns vor allem aus Stärke und Eiweiß besteht, liegen Vitamine, Mineral- und Ballaststoffe vorwiegend im Keimling und den äußeren Schichten. Bei Vollkornmehl werden sie mit vermahlen, weshalb dieses ernährungsphysiologisch besonders wertvoll ist. Vollkornbrot sättigt zudem länger. Demgegenüber wird Weißmehl von Schale und Keimling befreit. Es besteht nur mehr aus dem Mehlkörper.
Aus der Anwendung von Zusatzstoffen und Verarbeitungshilfsstoffen bei der Herstellung konventioneller Backwaren lassen sich bisher keine direkten gesundheitlichen Risiken ableiten. Bei Menschen mit Reizdarm können Magenbeschwerden aufgrund von schwer verdaulichen Zuckerarten im Weizenkorn, sogenannten »Fodmaps«, auftreten. Der Anteil an Fodmaps im Brot lässt...
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