Schweitzer Fachinformationen
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Dieses Buch ist allen UN-Soldaten gewidmet, die im Dienste des Friedens ihr Leben einsetzen, insbesonders jenen 20 Österreichern, die bisher während ihres Einsatzes am Golan gestorben sind.
Unter ihm kam die Insel Zypern in Sicht, ein riesiger Flugzeugträger auf endlos glitzerndem Wasser...
Bergner stand auf, um auf die Toilette zu gehen. Als er die Schiebetüre wieder öffnete, stand plötzlich der Fremde vor ihm: ein gut gekleideter, jüngerer Mann, der, obwohl er eher südländisch wirkte, ein einwandfreies Deutsch sprach. Er hatte etwas von einem Wiesel an sich.
"Guten Tag, Colonel ...", grinste er, "oder soll ich lieber Dr. Bergner sagen?" Der Mann war klein, sehr klein. Er mußte den Kopf in den Nacken legen, um zu ihm hinaufzusehen.
"Entschuldigung..." Bergner wollte sich an ihm vorbeidrängen, aber die Schiebetür klemmte fest.
"Erlauben Sie, daß ich mich vorstelle?" Der Mann verneigte sich leicht. "Mein Name ist Winter, Aron de Winter. Bitte nennen Sie mich einfach Aron." Er zeigte nach vorne. "Wollen wir uns nicht setzen?" Winter winkte nach einer Stewardeß und bestellte für jeden eine Tasse Kaffee, wobei Bergner ein leichter holländischer Akzent auffiel. "Bitte, hier sind wir ungestört!" Sie nahmen in einer der hinteren Sitzreihen Platz.
Bergner wußte nicht, was er sagen sollte. Sein Gegenüber stierte ihn nur schweigend an. "Womit kann ich Ihnen behilflich sein?" begann Bergner schließlich das Gespräch.
"Sie werden sich jetzt fragen, wer ich wirklich bin. Glauben Sie mir, es tut nichts zur Sache. Stellen Sie sich einfach vor, ich sei Kaufmann. Tatsächlich will ich etwas von Ihnen kaufen."
"Von mir?" Bergner schüttelte ungläubig den Kopf.
"Ja. Sie haben etwas, was ich nicht besitze."
"Und das wäre?" Bergner war sichtlich verstört.
"Sie haben die kleine, blaue Wunderkarte", dabei zeichnete Winter mit beiden Zeigefingern ein Rechteck in die Luft.
"Was meinen Sie denn damit?" Bergner ärgerte sich schön langsam über den Geheimniskrämer.
"Ihre ID-card!" Der Unbekannte begann zu flüstern, als würden sie beide beobachtet.
Bergner fiel ein, daß er seinen UN-Ausweis noch gar nicht besaß. Aber gleich nach der Ankunft, noch vor der Zoll- und Polizeiabfertigung, würde er das Dokument von jemandem erhalten, der ihn damit aus dem Flughafen schleuste.
"Wozu wollen Sie denn meinen Ausweis?"
"Ich möchte Ihnen gerne ein kleines Geschäft vorschlagen, natürlich nur, wenn Sie daran interessiert sind." Wieder setzte er sein nachhaltiges Grinsen auf. "Es springt auch ganz schön was dabei raus für Sie!" Winter hatte seinen Köder ausgelegt.
"Ich verstehe nicht, was Sie mit einem Ausweis wollen, auf dem mein Foto klebt. Sie sehen mir überhaupt nicht ähnlich." Bergner grinste jetzt ebenfalls, schließlich war er froh, nicht so auszusehen wie dieser Kerl da. Er hatte die Fleischnarbe am Hals bemerkt, die als grobes Zickzackmuster vom Hemdkragen bis zum Ohr hochlief, als hätte man einen Sack notdürftig zusammengenäht.
"Ich will Ihren Ausweis überhaupt nicht." Winter grinste immer noch und setzte mit übertriebener Betonung nach: "Colonel!" Dann ergänzte er: "Ich will nur einen der Vorteile nützen, die er Ihnen verschafft."
Bergner wäre am liebsten einfach aufgestanden. Ihm war plötzlich ziemlich warm geworden. Instinktiv krempelte er seine Hemdsärmel nach oben. "Könnten Sie bitte etwas präziser werden, Herr Winter?" Er wollte diesen Kerl nicht mit dem Vornamen ansprechen.
"Fünftausend Dollar, Colonel, für einen kleinen Gefallen ..."
Bergner wäre seine Tasse beinahe aus der Hand gefallen, als er einen Schluck Kaffee nahm. "Und wer soll dafür umgebracht werden?" meinte er mehr im Spaß.
"Ich bitte Sie. Für dieses Trinkgeld würde doch niemand einen Mord begehen?" Der fiese Typ lachte laut auf. Sein Lachen klang wenig herzlich, es war mehr ein Bellen.
Bergner wußte, daß seine Reaktion nicht besonders klug gewesen war. Bevor er nachhaken konnte, zog Winter ein Päckchen aus einer Reisetasche unter dem Sitz hervor. Es hatte die Größe einer Zigarettenschachtel. "Sehen Sie diesen Karton? In ihm steckt ein nettes kleines Spielzeug. Einige Syrer würden liebend gern Bekanntschaft damit schließen." Bedächtig hielt er es Bergner hin. "Hier, stecken Sie das Päckchen ein, es hat leicht in der Seitentasche Ihrer Uniform Platz. Als UN-Offizier werden Sie weder vom Zoll noch von der Paßkontrolle angehalten. In der Abflughalle wird Ihnen ein drusischer Wasserverkäufer ein Glas Wasser anbieten, diesem Mann geben sie die Schachtel. Sie schaden niemandem damit. Das Geld erhalten Sie jetzt gleich." Er zog ein Bündel glatter Dollarnoten etwas umständlich aus seiner Sakkotasche. "Da, lauter nagelneue Scheine, frisch von der Bank."
Aber anstatt auf die Scheine zu schauen, starrte Bergner in Winters Gesicht. Irgend etwas irritierte ihn. Das rechte Auge des Holländers schien sich zu verkrampfen, und plötzlich wendete er den Blick ab. Hatte er gelogen?
Gleichzeitig zündete in Bergners Gehirn ein Feuerwerk an Fragen. Woher kannte ihn dieser Mensch - warum 5000 Dollar für eine Kleinigkeit, die angeblich niemandem weh tat - was war wirklich in dieser Schachtel - wer war bloß dieser Kerl - warum gerade ich? - Andererseits... Er überlegte. Die 5000 Dollar würden ihm aus seinen Schwierigkeiten helfen.
"Woher wissen Sie eigentlich, daß ich dieses Ding da wieder hergeben werde?" versuchte er den vifen Geschäftsmann abzulenken.
"Lieber Colonel", Winter schüttelte mehrmals langsam den Kopf, "wenn Sie auf dieses Geschäft eingehen ...", er blickte aus dem Kabinenfenster und deutete auf den Küstenstreifen hinunter, "sollten Sie sich über eines im klaren sein. Wir fliegen gleich über Latakia in syrisches Hoheitsgebiet ein. Unser Geschäft wird also nach islamischem Recht abgeschlossen. Ich glaube, Sie wissen, welche Strafe der Koran für Diebe vorsieht?" Dabei rieb er genußvoll beide Hände ineinander. "Vielleicht kann ich Ihnen die eine oder andere Frage beantworten, die in Ihrem Kopf herumschwirrt? Daß Sie Oberstleutnant Dr. Ronald Bergner sind, sehe ich an Ihrem Dienstgrad und Namensschild", grinste er hämisch, und sein rechtes Auge zuckte wieder, "aber daß Sie Ihr Bankkonto mit mehr als hunderttausend Schilling überzogen haben, steht nicht in Ihrem Personalakt, stimmt's?" Sein Mund verzerrte sich zu einem schrägen Loch, und mehrere Goldplomben blinkten darin, als hätte er einen Juwelier zum Zahnarzt.
Plötzlich schrillte es in Bergners Kopf. Winter hatte recht, er hätte in Wien seine Verschuldung im Personaldatenblatt angeben müssen, doch er hatte sich einfach geschämt dafür. Aber woher wußte dieser verdammte Kerl nur davon?
Winter kam ihm mit seiner Antwort zuvor. "Ich sagte Ihnen doch, daß ich Kaufmann bin. Ich handle mit Informationen, wichtigen Informationen. Und in dieser Schachtel", er tippte auf den harten Gegenstand, den er zwischen seinen Beinen eingeklemmt hatte, "befindet sich wie gesagt ein nettes kleines Spielzeug. Wenn Sie so wollen, ein Geschenk. Mehr kann und darf ich Ihnen im Moment dazu nicht sagen." Er schüttelte energisch seinen Wieselkopf und herrschte Bergner an. "Sind Sie nun interessiert, oder?" Er tippte mit den Knöcheln seiner Faust auf das Geldbündel.
"Wissen Sie was, ich glaube Ihnen kein Wort. Kein einziges verdammtes Wort glaube ich Ihnen." Bergner wollte aufstehen und wieder seinen Platz einnehmen, als ihn der Fremde mit einem brutalen Griff am Handgelenk zurückhielt. Seine Augen funkelten plötzlich wie irr.
"Sie Dummkopf, Sie. Glauben Sie etwa, ich bin auf Sie angewiesen?" Sein Gesicht war grau geworden, und er schnaubte. "Seien Sie ja vorsichtig", drohte er, "und vertrauen Sie niemals einem Araber. Keinem!" Er ließ ihn los, gerade als sich Bergner mit der anderen Hand befreien wollte. "Das nächste Mal werden Sie mich um einen Gefallen bitten!" bellte er ihm hinterher.
An den Rest des Fluges konnte sich Bergner später nicht mehr genau erinnern. Zu sehr war er mit dem beschäftigt, was sich gerade abgespielt hatte. In was war er da nur hineingeraten? Und warum war er überhaupt hier? Immer und immer wieder gingen ihm die Gründe für seine Entscheidung durch den Kopf, sich erneut für diesen Einsatz zu melden. Beruf,...
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