Schweitzer Fachinformationen
Wenn es um professionelles Wissen geht, ist Schweitzer Fachinformationen wegweisend. Kunden aus Recht und Beratung sowie Unternehmen, öffentliche Verwaltungen und Bibliotheken erhalten komplette Lösungen zum Beschaffen, Verwalten und Nutzen von digitalen und gedruckten Medien.
Leonora weiß genau, was sie will, bis ihre Traumhochzeit in einem Fiasko endet. Statt in die Flitterwochen nach Barbados zu fliegen, nimmt sie einen Job in Bath an, dem Ferienort ihrer Kindheit und ihrer Lieblingsautorin Jane Austen. Hier trifft sie den attraktiven, aber mysteriösen Charleston, dessen Familie seit Generationen ein Inn an der Küste führt. Zum Gasthaus gehört ein georgianisches Pult, an dem Jane Austen geschrieben haben soll und in dem Leonora eine verborgene Notiz entdeckt. Stammt sie von Jane? In Leonora erwacht die Detektivin. Aber wie soll sie ermitteln, wenn ihr Herz in Charlestons Gegenwart Achterbahn fährt?
Es ist eine allgemein anerkannte Wahrheit, dass ein Junggeselle im Besitz eines schönen Vermögens nichts dringender braucht als eine Frau.
Jane Austen, Stolz und Vorurteil
»So frage ich auch dich, Leonora Weston, willst du den hier anwesenden Maximilian Alexander Konstantin Freiherr von Angeln zu deinem Ehemann nehmen, ihn lieben und ihm die Treue halten, bis der Tod euch scheidet, so antworte: Ja, ich will.«
Die verfängliche Sache mit den allgemein anerkannten Wahrheiten war folgende: Die Leute gingen davon aus, dass sie stimmten. Und in Leonoras Umfeld nahm man an, dass ein jahrelang tolerierter Junggeselle, der sich als treu und haushaltseifrig erwiesen hatte, der Richtige sein müsse. Sie konnte sich davon nicht ausnehmen.
Das Leben mit Max war bequem. Harmonisch, wie ihre Mutter zu schwärmen pflegte. Wenn Leonora nach einem Elf-Stunden-Tag in der Kanzlei nach Hause kam, hatte er den Tisch gedeckt und die Waschmaschine lief - obwohl er selbst lange an den Akten im Büro gesessen hatte.
Ja, Harmonie beherrschte er meisterhaft. Er überraschte sie mit harmonischen Abenden bei Kerzenschein. Brachte ohne Beschwerden den Müll nach draußen. Und wählte seine Socken vollkommen harmonisch aus. Fünf Jahre lang hatte sie geglaubt, dass sie genau das wollte. Ruhige Abende in ihrem beschaulichen Leben, mit den sicheren Vollzeitjobs und der angezahlten Neubauwohnung. Eine verlässliche Perspektive. Doch jetzt gerade, als eine Hochzeitsgesellschaft, ein enthusiastischer Pfarrer und ihr Zukünftiger sie erwartungsvoll ansahen, erkannte sie, dass sie nicht länger an diese Wahrheit glaubte.
Es hätte eine Menge besserer Momente gegeben, sich dessen bewusst zu werden. Zum Beispiel an dem Abend vor zwei Jahren, an dem sie im Da Salvatore auf ihren Jahrestag angestoßen hatten und er ihr eine ausufernde Liebeserklärung machte, während zwei Violinisten an ihrem Tisch spielten. Die Szene war ihr so unangenehm gewesen, dass sie damals am liebsten Hals über Kopf geflüchtet wäre. Doch so war Max nun einmal, von allem ein bisschen zu viel. Und war es nicht einfach seine Art, ihr seine Liebe zu zeigen? Sie hatte es als liebenswürdige Eigenart abgetan.
Und dann war da der Abend ihrer Verlobung gewesen. Heiligabend, im Kreise ihrer versammelten Familien, samt Großneffen und Urgroßonkeln des von Angeln'schen Familienclans. Wie hätte sie da Nein sagen können? Es ist nun einmal Tradition, hatte sie sich eingeredet. In seiner Familie gehörte der große Auftritt zum guten Ton. Also hatte sie mitgespielt und selbst geglaubt, den richtigen Weg zu gehen. Man hätte meinen sollen, dass spätestens das eine Alarmglocke in ihr zum Schrillen gebracht hätte. Ihr Leben schien zu einer realen Version all der Jane-Austen-Romane geworden zu sein, die sie seit ihrer Jugend so glühend verehrte: Der Junggeselle aus gutem Hause war drauf und dran, sie in den norddeutschen Landadel zu erheben . Aber Max war kein Mr. Darcy. Wäre ihr Leben eine Adaption von Stolz und Vorurteil, würde ihr Verlobter nicht die Rolle des unnahbaren, mysteriösen Helden spielen, der ihren Herzschlag in ungeahnte Höhen beförderte, sondern die seines besten Freundes, des äußerst zuverlässigen Mr. Bingley. Mit berechenbar guten Manieren und einem gediegenen Gemüt. Er war nicht der Mann, den Jane für Elizabeths Happy End ausgewählt hätte. Und er wäre nicht ihr Happy End.
Diese Wahrheit musste Leonora selbstverständlich erst heute mit aller Deutlichkeit dämmern. Am Tag ihrer Hochzeit, während sie in einem Kaviar-Gauche-Brautkleid vor dem Altar stand. Und die Tragweite dieser Erkenntnis ließ eine unangenehme Hitze in ihr aufsteigen.
Gemessen an der Unruhe, die sich in dem gut gefüllten Kapellsaal des Herrenhauses ausbreitete, hatte sie sich mit ihrer Antwort längst zu viel Zeit gelassen. Sie schielte zur ersten Bankreihe hinüber. Maximilians Mutter hob erwartungsvoll die Augenbrauen und fächerte sich Luft zu. Neben ihr trommelte Gustav von Angeln ungeduldig auf den Rücken seiner verschränkten Hände. Zwei Plätze weiter war das geräuschvolle Atmen von Tante Elise zu hören, deren üppige Rundungen gegen den Stoff ihres Abendkleids kämpften. Leonora zuckte innerlich zusammen, als sie Elises fragender Blick traf. Bilder vom letzten Familienessen auf dem Gut stiegen in ihr auf. Von dem knisternden Kaminfeuer im großen Salon und der ausgelassenen Stimmung, die wohl niemand der Familie von Angeln zugetraut hätte, wenn man sie zu offiziellen Anlässen traf. In den letzten Jahren war sie ein Teil von ihnen gewesen. Die Familie hatte Leonora in ihren Kreis aufgenommen, und sie war sich bewusst, dass dies einem Ritterschlag glich. So oft sie sich auch über Max' Verwandtschaft beschwert hatte - über ihre verstaubten Ansichten, ihre festgefahrenen Traditionen, ihre gelegentlich eitle und verschrobene Art -, sie hatte sie ins Herz geschlossen.
Himmel, selbst Napoleon, Elises Hausganter, starrte sie inzwischen mit seinen Knopfaugen an. Dem Anlass entsprechend trug er heute ein blaues Halsband mit passender Leine. Er war Leonoras blauer Glücksbringer und saß auf Elises Schoß wie ein Hündchen.
Könnte sie wirklich all das aufgeben? Was, wenn das einfach nur die kleine Panik war? Die petite insécurité, wie Tante Elise solche Unpässlichkeiten vor großer Runde zu nennen pflegte.
»Lea?« Ein Funken Unsicherheit hatte sich in Max' Blick gestohlen.
Sie hatten gute Jahre zusammen gehabt. Eine sichere, verlässliche Beziehung. Leonoras Blick glitt zur rechten Reihe, in der ihre Eltern saßen. Sie erinnerte sich noch an den Tag, an dem sie Max zu Hause vorgestellt hatte. Ihre sonst so verhaltene Mutter hatte gestrahlt wie ein Honigkuchenpferd, und ihr Vater, der als waschechter Brite normalerweise nur englisches Ale trank, hatte den Dom Pérignon aus dem Regal der Heiligkeiten seines Weinkellers geholt. Vintage-Champagner. Das war noch nie vorgekommen, wenn sie einen Freund mitgebracht hatte. Sie liebten ihn von der ersten Sekunde an. Ein Volljurist wie Leonora. Höflich und zuvorkommend. Der Traumschwiegersohn, auf den sie insgeheim immer gehofft hatten.
Mit schwerem Herzen wandte sie sich wieder Max zu, als plötzlich alles auf einmal passierte. Der kleine Ferdinand, Max' Neffe, der pflichtbewusst das Ringkissen in die Luft hielt, schwankte, und die Eheringe fielen klirrend zu Boden. Im nächsten Augenblick sprang Napoleon krächzend von Tante Elises Schoß und schoss mit ausgebreiteten Flügeln auf die davonrollenden Familienerbstücke zu. In dem Ganter steckte eine verkappte diebische Elster. Es war nicht das erste Mal, dass er es auf ein glitzerndes Schmuckstück abgesehen hatte. Schnatternd und mit schlagenden Flügeln jagte er den Ringen hinterher, während Tante Elise keuchend und schimpfend hinter ihrem flüchtigen Hausganter her spurtete.
Aufgeregtes Gemurmel und Gelächter breiteten sich im Kapellsaal aus.
Und Leonora wusste, dass das ihr Zeichen war. Sie hob den Blick zu Max, der entgeistert die Gänsejagd verfolgte. Es brach ihr das Herz, ihm anzutun, was ihr Gefühl ihr befahl. Aber es wäre noch tausendfach sträflicher, ihre Ehrlichkeit zu verraten.
»Ich . ich kann nicht. Tut mir leid.« Sie spürte noch, wie der Schock durch seine Finger fuhr, ehe sie ihm ihre entriss. Gedämpft hörte sie das Aufkeuchen einiger Gäste, als sie den Taft ihres Rocks raffte und blind die drei Stufen hinunter auf den Gang stolperte. Verschwommen sah sie, wie ihr Vater aufsprang. Doch sie stürmte weiter, während hinter ihr das laute Gänsegeschnatter durch die Kapelle klang, drückte die schwere Saaltür auf und lief hinaus.
Vor dem Rondell stand eine geschmückte Barockkutsche und wartete auf ihren Einsatz im Anschluss an die Zeremonie. Die Kutscherin hob überrascht den Kopf, als sie Leonora entdeckte. »Alles in Ordnung?«, rief sie ihr zu.
Doch Leonora konnte nicht antworten. Sie öffnete hektisch die Kutschtür, warf sich auf die Rückbank und zerrte hektisch den voluminösen Stoff hinter sich hinauf. »Los!«, rief sie. »Bitte fahren Sie einfach!«
Die Kutscherin musterte sie verdutzt, wollte offensichtlich etwas entgegnen, besann sich dann aber eines Besseren und hob die Zügel. »Hüa!«
Die beiden Friesen fielen in einen zügigen Trab, unter ihren Hufen stoben die Kieselsteine der Auffahrt nach allen Seiten. Die Sonne ließ die Rücken der schwarzen Pferde funkeln, und ihre langen Mähnen wehten im Fahrtwind. Als Leonora den Blick zurück zum Herrenhaus wandte, sah sie, wie ihr Vater aus der Tür stürmte. Hinter ihm drängten sich weitere Gäste hinaus auf den Vorplatz. Auch Max. Kurz blickte er zu ihr, dann drehte er sich mit gesenkten Schultern um und ging. Ihr Vater hob hilflos die Arme, doch es war zu spät zum Umkehren. Sie hatte ihre Entscheidung getroffen.
***
Die Flucht der Braut wirkte in Filmen beneidenswert glamourös. In wallendem Kleid ritt sie davon, mit wehendem Schleier und perfekt sitzender Frisur. Doch keiner erzählte von den demütigenden Momenten, die einem bevorstanden, wenn man nicht Teil einer TV-Blockbuster-Produktion war, sich aber für den Last-Minute-Exit vom Altar entschied. Die Momente, in denen die Leute einen anstarrten, einem ihre Glückwünsche entgegenriefen oder applaudierten, obwohl man sich am liebsten heulend den Schleier aus dem Haar gerissen und das Kleid in die nächste Mülltonne gestopft hätte. Fünf Stunden hatte Leonora damit zugebracht, unter den Modellen der Boutique das Eine auszuwählen. Beim Kauf hatte sie sich wunderschön gefühlt - und es im selben Augenblick...
Dateiformat: ePUBKopierschutz: Wasserzeichen-DRM (Digital Rights Management)
Systemvoraussetzungen:
Das Dateiformat ePUB ist sehr gut für Romane und Sachbücher geeignet - also für „fließenden” Text ohne komplexes Layout. Bei E-Readern oder Smartphones passt sich der Zeilen- und Seitenumbruch automatisch den kleinen Displays an. Mit Wasserzeichen-DRM wird hier ein „weicher” Kopierschutz verwendet. Daher ist technisch zwar alles möglich – sogar eine unzulässige Weitergabe. Aber an sichtbaren und unsichtbaren Stellen wird der Käufer des E-Books als Wasserzeichen hinterlegt, sodass im Falle eines Missbrauchs die Spur zurückverfolgt werden kann.
Weitere Informationen finden Sie in unserer E-Book Hilfe.