1 - Inhalt, Geleitwort, Vorwort [Seite 6]
2 - 1 Das handlungstheoretische Modell [Seite 20]
2.1 - 1.1 Grundlagenhandlungstheoretischer Modelle [Seite 20]
2.2 - 1.2 Verbindung des handlungstheoretischen Modells mit den theoretischen Quellen [Seite 24]
2.3 - 1.3 Definition der Handlung [Seite 25]
3 - 2 Beschreibung von Handlungen auf drei Dimensionen [Seite 26]
3.1 - 2.1 Objektive Handlung in ihrer hierarchischen und sequentiellen Struktur [Seite 26]
3.2 - 2.2 Subjektives Erleben der Handlung [Seite 27]
3.3 - 2.3 Soziale Bedeutung der Handlung [Seite 27]
3.4 - 2.4 Informationsverarbeitungsprozesse [Seite 28]
3.5 - 2.5 Motivation, Wille und Emotion [Seite 35]
3.6 - 2.6 Soziale Repräsentationen und individuelle soziale Repräsentationen [Seite 37]
3.7 - 2.7 Soziale Handlungskompetenzen [Seite 39]
3.8 - 2.8 Die Selbstwirksamkeitsu¨berzeugung [Seite 41]
3.9 - 2.9 Zusammenfassung [Seite 43]
4 - 3 Entwicklung, Persönlichkeitsstrukturen und Psychopathologie unter psychoanalytischen Gesichtspunkten [Seite 46]
4.1 - 3.1 Grundlagen [Seite 46]
4.2 - 3.2 Triebentwicklung [Seite 50]
4.3 - 3.3 Ich-Entwicklung [Seite 54]
4.4 - 3.4 Persönlichkeitsstrukturen [Seite 72]
4.5 - 3.5 Eine Synopsis der Krankheitsbilder - als Grundlage fu¨r die Erstellung ergotherapeutischer Behandlungskonzepte [Seite 74]
5 - 4 Lerntheoretische Modelle [Seite 78]
5.1 - 4.1 Handlungsrelevantes Lernen [Seite 78]
5.2 - 4.2 Die sozial-kognitive Lerntheorie [Seite 81]
5.3 - 4.3 Leittextgestu¨tztes Lernen [Seite 84]
6 - 5 Konzeptionelle Modelle fu¨r die Ergotherapie [Seite 94]
6.1 - 5.1 Grundlagen konzeptioneller Modelle fu¨r die Ergotherapie [Seite 94]
6.2 - 5.2 Das klinische Reasoning [Seite 96]
7 - 6 Erfassungsinstrumente [Seite 106]
7.1 - 6.1 Basisbogen zur Erfassung der Handlungsfähigkeit [Seite 106]
7.2 - 6.2 Bogen zur Erfassung der sozialen Handlungskompetenzen [Seite 109]
7.3 - 6.3 Modifizierter Basisbogenzur Erfassung schizophren erkrankter Menschen [Seite 112]
7.4 - 6.4 Methodische Überlegungen zur Anwendung der Erfassungsinstrumente [Seite 119]
8 - 7 Mittel der Ergotherapie [Seite 124]
8.1 - 7.1 Activities of Daily Living (ADL) [Seite 124]
8.2 - 7.2 ADL in der Ergotherapie [Seite 130]
8.3 - 7.3 Kreativität und Spontaneität als Konzepte der Ergotherapie [Seite 135]
8.4 - 7.4 Handwerklich-gestalterische Handlungen [Seite 138]
8.5 - 7.5 Bildnerisch gestaltende Handlungen [Seite 144]
9 - 8 Instruktionsmethoden [Seite 148]
9.1 - 8.1 Handlungsrelevantes Feedback in der Ergotherapie [Seite 149]
9.2 - 8.2 Erweiterte Leittexte in der Ergotherapie [Seite 152]
9.3 - 8.3 Wochenpläne [Seite 158]
9.4 - 8.4 Erstellung von Behandlungskonzepten [Seite 161]
10 - 9 Schizophrenie [Seite 172]
10.1 - 9.1 Besonderheiten des klinischen Reasoning [Seite 172]
10.2 - 9.2 Persönlichkeitsstruktur und Psychopathologie [Seite 172]
10.3 - 9.3 Patientenbeispiel [Seite 176]
10.4 - 9.4 Ergotherapeutische Erfassung [Seite 177]
10.5 - 9.5 Ergotherapeutische Zielsetzungen [Seite 180]
10.6 - 9.6 Ergotherapeutische Mittel und Instruktionsmethoden [Seite 180]
10.7 - 9.7 Therapeutische Haltung [Seite 181]
10.8 - 9.8 Spezielle Chancen und Schwierigkeiten der Ergotherapie bei schizophren erkrankten Menschen [Seite 182]
11 - 10 Borderline-Störung [Seite 184]
11.1 - 10.1 Besonderheiten des klinischen Reasoning [Seite 184]
11.2 - 10.2 Persönlichkeitsstruktur und Psychopathologie [Seite 184]
11.3 - 10.3 Patientenbeispiel [Seite 189]
11.4 - 10.4 Ergotherapeutische Erfassung [Seite 190]
11.5 - 10.5 Ergotherapeutische Zielsetzungen [Seite 191]
11.6 - 10.6 Mittel und Instruktionsmethoden [Seite 193]
11.7 - 10.7 Therapeutische Haltung [Seite 193]
11.8 - 10.8 Spezielle Chancen und Schwierigkeiten der Ergotherapie bei Borderline-Patienten [Seite 194]
12 - 11 Depression [Seite 196]
12.1 - 11.1 Besonderheiten des klinischen Reasoning [Seite 196]
12.2 - 11.2 Persönlichkeitsstruktur und Psychopathologie [Seite 197]
12.3 - 11.3 Patientenbeispiel [Seite 202]
12.4 - 11.4 Ergotherapeutische Erfassung [Seite 203]
12.5 - 11.5 Ergotherapeutische Zielsetzungen [Seite 205]
12.6 - 11.6 Ergotherapeutische Mittel und Instruktionsmethoden [Seite 206]
12.7 - 11.7 Therapeutische Haltung [Seite 207]
12.8 - 11.8 Spezielle Chancen und Schwierigkeiten der Ergotherapie bei depressiv erkrankten Menschen [Seite 208]
13 - 12 Manie/Bipolare Störung [Seite 210]
13.1 - 12.1 Besonderheiten des klinischen Reasoning [Seite 210]
13.2 - 12.2 Persönlichkeitsstruktur und Psychopathologie [Seite 210]
13.3 - 12.3 Patientenbeispiel [Seite 211]
13.4 - 12.4 Ergotherapeutische Erfassung [Seite 212]
13.5 - 12.5 Ergotherapeutische Zielsetzungen [Seite 213]
13.6 - 12.6 Ergotherapeutische Mittel und Instruktionsmethoden [Seite 213]
13.7 - 12.7 Therapeutische Haltung [Seite 214]
13.8 - 12.8 Spezielle Chancen und Schwierigkeiten der Ergotherapie bei manischen Erkrankungen [Seite 214]
14 - 13 Zwangsneurose [Seite 216]
14.1 - 13.1 Besonderheiten des klinischen Reasoning [Seite 216]
14.2 - 13.2 Persönlichkeitsstruktur und Psychopathologie [Seite 216]
14.3 - 13.3 Patientenbeispiel [Seite 220]
14.4 - 13.4 Ergotherapeutische Erfassung [Seite 221]
14.5 - 13.5 Ergotherapeutische Zielsetzungen [Seite 222]
14.6 - 13.6 Ergotherapeutische Mittel und Instruktionsmethoden [Seite 222]
14.7 - 13.7 Therapeutische Haltung [Seite 222]
14.8 - 13.8 Spezielle Chancen und Schwierigkeiten der Ergotherapie bei der Zwangsneurose [Seite 223]
15 - 14 Hysterie [Seite 224]
16 - 15 Psychosomatik [Seite 226]
16.1 - 15.1 Besonderheiten des klinischen Reasoning [Seite 226]
16.2 - 15.2 Persönlichkeitsstruktur und Psychopathologie [Seite 226]
16.3 - 15.3 Patientenbeispiel [Seite 231]
16.4 - 15.4 Ergotherapeutische Erfassung [Seite 232]
16.5 - 15.5 Ergotherapeutische Zielsetzungen [Seite 234]
16.6 - 15.6 Ergotherapeutische Mittel und Instruktionsmethoden [Seite 235]
16.7 - 15.7 Therapeutische Haltung [Seite 236]
16.8 - 15.8 Spezielle Chancen und Schwierigkeiten der Ergotherapie bei psychosomatisch erkrankten Menschen [Seite 236]
17 - 16 Suchterkrankungen [Seite 238]
17.1 - 16.1 Besonderheiten des klinischen Reasoning [Seite 238]
17.2 - 16.2 Persönlichkeitsstruktur und Psychopathologie [Seite 238]
17.3 - 16.3 Patientenbeispiel [Seite 239]
17.4 - 16.4 Ergotherapeutische Erfassung [Seite 240]
17.5 - 16.5 Ergotherapeutische Zielsetzungen [Seite 242]
17.6 - 16.6 Ergotherapeutische Mittel und Instruktionsmethoden [Seite 243]
17.7 - 16.7 Therapeutische Haltung [Seite 243]
17.8 - 16.8 Spezielle Chancen und Schwierigkeiten der Ergotherapie bei Suchterkrankungen [Seite 243]
18 - 17 Aufmerksamkeitsdefizit-Störung im Erwachsenen bzw.Kindes- und Jugendalter [Seite 244]
18.1 - 17.1 Besonderheiten des klinischen Reasoning [Seite 244]
18.2 - 17.2 Neuropsychologische Grundlagen der ADS/ADHS [Seite 245]
18.3 - 17.3 Patientenbeispiele [Seite 250]
18.4 - 17.4 Ergotherapeutische Erfassung [Seite 251]
18.5 - 17.5 Ergotherapeutische Zielsetzungen [Seite 262]
18.6 - 17.6 Ergotherapeutische Mittel und Instruktionsmethoden [Seite 263]
18.7 - 17.7 Therapeutische Haltung [Seite 264]
18.8 - 17.8 Spezielle Chancen und Schwierigkeiten der Ergotherapie bei AD(H)S [Seite 264]
19 - 18 Autismus im Kindesalter (Asperger-Syndrom und fru¨hkindlicher Autismus) [Seite 266]
19.1 - 18.1 Besonderheiten des klinischen Reasoning [Seite 266]
19.2 - 18.2 Autismus-Syndrome im Kindesalter [Seite 266]
19.3 - 18.3 Patientenbeispiel [Seite 271]
19.4 - 18.4 Ergotherapeutische Erfassung [Seite 272]
19.5 - 18.5 Ergotherapeutische Zielsetzungen [Seite 275]
19.6 - 18.6 Ergotherapeutische Mittel und Instruktionsmethoden [Seite 276]
19.7 - 18.7 Therapeutische Haltung [Seite 278]
19.8 - 18.8 Spezielle Chancen und Schwierigkeiten der Ergotherapie bei Autismus im Kindesalter [Seite 278]
20 - 19 Depression im Kindesalter [Seite 280]
20.1 - 19.1 Besonderheiten des klinischen Reasoning [Seite 280]
20.2 - 19.2 Persönlichkeitsstruktur und Psychopathologie [Seite 281]
20.3 - 19.3 Patientenbeispiele [Seite 282]
20.4 - 19.4 Ergotherapeutische Erfassung und Zielsetzungen [Seite 283]
20.5 - 19.5 Ergotherapeutische Mittel und Instruktionsmethoden [Seite 286]
20.6 - 19.6 Therapeutische Haltung [Seite 288]
20.7 - 19.7 Spezielle Chancen und Schwierigkeiten der Ergotherapie bei Depressionenim Kindes- und Jugendalter [Seite 288]
21 - Literatur [Seite 289]
22 - Über die Autorin und die Autoren, Sachregister [Seite 295]
1 Das handlungstheoretische Modell
In diesem Teil des Buches wird das handlungstheoretische Modell nach von Cranach wiedergegeben. Dabei handelt es sich um eine Zusammenstellung der Autorin aufgrund verschiedener Beiträge von Cranachs. Diese sind z.T. veröffentlicht, z.T. sind es Seminarunterlagen, persönliche Mitschriften aus Vorlesungen und Seminaren und persönliche Mitteilungen. Selbstverständlich entspricht die Auswahl und Gewichtung einerseits meiner eigenen Einschätzung und andererseits den Bedürfnissen der Ergotherapie in der Erwachsenen-, Kinderund Jugendpsychiatrie. Es liegt mir fern behaupten zu wollen, das ganze Gedankengut von Cranach wiederzugeben, und Herr von Cranach möge mir verzeihen, wenn ich weitere interessante Konzepte - insbesondere zum Thema Gruppenhandlungen, Mehrfachund Parallelhandlungen, weitergehende Zusammenhänge mit systemtheoretischen Grundlagen sowie neuste konzeptionelle Modelle zu Handlungstypen und-Merkmalen - in diesem Rahmen unberücksichtigt lasse.
Es ist mir nicht immer leicht gefallen, die verschiedenen Konzepte einzuordnen und in ein verständliches Schema zu bringen, wie es etwa in der Abbildung 2-3 (S. 39) dargestellt ist. Im Laufe der Jahre habe ich festgestellt, dass ich das handlungstheoretische Modell immer besser verstehe und Zusammenhänge anders formuliere und darstelle. Für mich ist es zu einem Modell im wahrsten Sinne geworden, mit dem ich mir einen spielerischen Umgang erlaube, was - so meine ich von Cranach zu verstehen - ganz im Sinne des Begründers ist. So möchte ich auch die Leserinnen und Leser dieses Buches zu einem spielerischen Umgang mit den vielen Ideen und Impulsen ermuntern, im Unterschied zu einem gezwungen wortgetreuen Einverleiben einer Theorie. Seit der Herausgabe des Bandes «Handlungsfähigkeit in der Ergotherapie» hat sich grundsätzlich nichts am Handlungstheoretischen Modell von Cranach verändert, jedoch wird im vorliegenden Buch das eine oder andere Kapitel anders gewichtet, neu verknüpft oder - so hoffe ich - verständlicher dargestellt. Einige theoretische Aspekte haben uns seit dem ersten Buch die Grundlagen für neue konzeptionelle Entwicklungen geliefert und sind deshalb jetzt ausführlicher dargestellt.
1.1 Grundlagen handlungstheoretischer Modelle
Das weite Gebiet menschlichen Handelns wurde in der Psychologie lange Zeit eher vernachlässigt. Erst nach der sogenannten kognitiven Wende in der Psychologie begann man, sich mit Handlungen und deren kognitiver Steuerung zu beschäftigen - im Unterschied zu Verhalten, das auf einen bestimmten Stimulus erfolgt. Bis heute gibt es keine allgemein gültige und das ganze Gebiet erschöpfend behandelnde Theorie. Nach von Cranach et al. (1989) beruhen die meisten heutigen Handlungstheorien auf drei Quellen: Auf der naiven Verhaltenstheorie (die Alltagspsychologie Jedermanns), auf der allgemeinen Systemtheorie und auf dem Modell der sozialen Kontrolle individuellen Handelns durch Konventionen und Regeln (Theorie der sozialen Kontrolle), das von Vertretern des symbolischen Interaktionismus postuliert wird. Diese drei Quellen werden im Folgenden vorgestellt.
1.1.1 Die naive Verhaltenstheorie
Laucken (1973, S. 6) erklärt die naive Verhaltenstheorie als «jenes Gefüge naiv-psychologischer Konzepte, das der Alltags-Mensch der handelnden Person attribuiert, um deren Verhalten zu erklären».
Heider (1958) geht als Gestaltpsychologe davon aus, dass der Mensch durch seine Wahrnehmung die Welt als organisierte Ganzheit erfasst und allenfalls vorhandene Lücken unter anderem mit Erklärungen zum Verhalten von Mitmenschen ergänzt. Dieser Vorgang wird in Anlehnung an die Wahrnehmungspsychologie Attribution genannt. Der Mensch nimmt eine soziale Situation mittels aller Sinneskanäle wahr. Er hat die Tendenz, die Situation in ein ihm bekanntes Schema einordnen zu wollen, z.B. als «ein Familienausflug», «ein Teamkon flikt», «ein Geburtstagsfest». Erst wenn ihm das gelungen ist, kann er sich in Ruhe einem neuen Problem zuwenden. Da im Alltag zu solchen Einordnungen oft nicht genügend Informationen offenliegen, ergänzt der Mensch sie so, dass sie in sein Schema hineinpassen. Dabei besteht die Gefahr, dass er auf Vorurteile zurückgreift. Laucken und Heider haben solche naiven Verhaltenstheorien wissenschaftlich erfasst und formuliert. Laucken selbst beurteilt (1973) die naive Verhaltenstheorie kritisch. Sie ist kaum falsifizierbar und kann allenfalls dazu dienen, bestehende Auffassungen zu rechtfertigen anstatt sie zu überprüfen.
Theoretische Konstrukte, die in wissenschaftlichen Handlungstheorien enthalten sind, bilden jedoch auch die Struktur der naiven Verhaltenstheorie ab. So wird z.B. von Handlungsentwurf und dessen Beurteilung, von sequentieller Ordnung, von Leitzielen und Nebenzielen und von Motiven gesprochen. Was relativ wenig in diese Theorien einfließt, ist der Aspekt der Rückkoppelung, den systemische Theorien ins Zentrum stellen, wie im folgenden Abschnitt erläutert werden soll.
Beispiel Zu unseren Kursen am Weiterbildungsseminar in Basel kommen Ergotherapeutinnen, die im Fachbereich Psychiatrie, aber auch solche, die im Fachbereich Pädiatrie arbeiten. Langjährige Erfahrung hat mich gelehrt, sie daran zu unterscheiden, dass die Vertreterinnen der Pädiatrie eher dazu geneigt sind, mitgebrachte gestrickte Socken anzuziehen, welche sich bei der Arbeit mit Kindern sehr bewähren. Kommt also eine mir noch nicht bekannte Kursteilnehmerin herein, zieht die Schuhe aus und Stricksocken an, ordne ich sie bei der Gruppe der Pädiatrie-Ergotherapeutinnen ein und gehe zur Tagesordnung über. Meine Theorie wäre demzufolge eine naive Verhaltenstheorie und würde heißen: Ergotherapeutinnen, die im Fachbereich Pädiatrie arbeiten, ziehen zum Kurs gestrickte Socken an.
Natürlich gibt es dabei auch Fehleinordnungen! Und es eröffnen sich weitere Fragestellungen: Ist diese Einordnung heute noch zeitgemäß? Unterliegt sie nicht auch Modeströmungen? Handelt es sich hier gar um ein Vorurteil, welches eine Kursteilnehmerin auch brüskieren könnte? Zementiert diese Einordnung ein Klischee, welches von Ergotherapeutinnen längst überholt wurde? Könnte es passieren, dass ich aufgrund dieser Einordnung einen falschen Kurs dozieren würde?
1.1.2 Die systemtheoretische Analyse des Handelns
Entwicklung der Theorie Vorläufer der systemtheoretischen Analyse des
Handelns sind Miller et al. (1973). Sie beziehen sich zwar noch nicht auf Systemtheorien, ihre (Handlungs-) Theorie enthält aber bereits das Konzept der Rückkoppelung. Sie sprechen von Hierarchischer Organisation von Handlungen auf verschiedenen Ebenen, von Plan, Strategie, Taktik, Ausführung, Bild; und all diese Aspekte umfassend von der TOTE-Einheit (TOTE bedeutet Test-OperateTest-Exit, also Rückkoppelung nach Beenden einer Handlung).
Was bei dieser Theorie fehlt, ist der Zielbegriff und ein deutlich davon abgegrenzter Wertbegriff. Die von Miller et al. (1973) bereits skizzierten Konzepte finden sich in der Systemtheorie wieder.
Die Systemtheorie beinhaltet:
die allgemeine Systemtheorie, die grund legende Definitionen und Klassifikationen entwickelt, welche in verschiedensten Wissenschaftsbereichen gebraucht werden
die Kybernetik, die Prozesse der Steuerung und Regelung analysiert
die allgemeine Kommunikationsund Informationstheorie, die Prozesse der Informationsübertragung analysiert (vgl. Watzlawick et al. 1985)
Der Arbeitspsychologe und Handlungstheoretiker Hacker bezieht sich schon explizit und konsequent auf Systemtheorien. Seine Theorie ist vielen Ergotherapeutinnen bekannt und soll hier kurz beleuchtet werden. Im Folgenden werden drei für spätere handlungstheoretische Modelle wichtige Konzepte vorgestellt. Die «Rückkoppelung», die «hierarchische Organisation» und das «operative Abbildungssystem» wendet Hacker (1986) für die Analyse von Arbeitstätigkeiten an.
Er definiert die Handlung wie folgt: Eine Handlung ist bewusst und zielgerichtet (d.h. auf ein vorweggenommenes Resultat gerichtet, das vor dem Handeln ideell gegeben war) und willensmäßig auf das bewusste Ziel hin reguliert. Durch die Handlung wird einerseits ein gegenständliches Ergebnis erzielt, andererseits verändert sich zugleich die Persönlichkeit des Handelnden. Das Ziel der Handlung ist nach Hacker (1986) zusätzlich gesellschaftlich determiniert.
Das Konzept der Rückkoppelung
Hacker (1986) spricht - parallel zur TOTEEinheit bei Miller et al. (1973) - von VVREinheiten. VVR bedeutet: Vergleich-Veränderung-Rückkoppelung (vgl. Abbildung 2-1). VVR-Einheiten beinhalten die folgenden Prozesse:
Planung: Bildung eines Ziels, Orientierung über die Aufgabe, Ausführungsmöglichkeiten und Handlungsbedingungen, Entscheidung über Ausführungsweisen, Entschluss
Ausführung: Vergleich des geplanten mit dem tatsächlichen Vorgehen
Bewertung: sie fließt in die Planung der nächsten Handlung ein.
Beispiel Ein Bäcker hat sich zum Ziel gesteckt, einen Zopf herzustellen, den er verkaufen kann. Er greift nach dem Kochbuch, entscheidet sich für ein Rezept, stellt die Zutaten zusammen und beginnt mit der Zubereitung. Während der Ausführung wirft er nicht nur ab und zu einen Blick ins Kochbuch, sondern prüft auch genau die Konsistenz des Teiges, die Gestalt des Zopfes. Er bewertet den fertigen Zopf und freut sich, dass er gekauft wird. Während dieser VVR Einheit hat er sein Selbstbewusstsein gestärkt und einen Beitrag zum Wohlbefinden der Gesellschaft geleistet.