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Der Pädagoge Adolf Diesterweg (1790-1866) forderte, dass Astronomie in der Schule für alle zugänglich gemacht werden soll: «Kein Schüler sollte aus der Schule entlassen werden, ohne Anschauung und Kenntnis des Himmels [.] gewonnen zu haben» (Diesterweg 1879, S. IV-V). Auch wenn man heute eher von Beobachtung von und Wissen über astronomische(n) Phänomene(n) spricht, so hat sich an Diesterwegs Forderung aus dem 19. Jahrhundert nichts geändert, denn eine Befragung aus dem Jahr 2010 ergab, dass 62 Prozent der Deutschen wollen, dass Astronomie zu den schulischen Bildungsinhalten gehört (Untersuchung Weickart, veröffentlicht in Clausnitzer 2012, S. 17).
Aber warum soll sich die nächste Generation mit Astronomie beschäftigen? Verschiedene Begründungen sprechen dafür.
Zunächst kann noch einmal betont werden, dass Menschen und damit auch Kinder und Jugendliche sich für die Astronomie mit ihren Himmelsphänomenen interessieren, weil diese zu ihrer sichtbaren Lebenswelt gehören (siehe Abschnitt 1.1.3). Grundschulkinder möchten den «Bau dieser Welt» verstehen (Szostak 1991, S. 148).
Die Untersuchung von Adamina (2018, S. 319) zu den fachlichen Interessen von Schülerinnen und Schülern der 1., 3., 5. und 7. Klassenstufe im Fachbereich Natur, Mensch Gesellschaft (NMG) weist nach, dass das Astronomieinteresse zwar mit zunehmender Klassenstufe abnimmt, aber das Thema Sonne, Mond, Sterne, Planeten, Weltall in allen Klassenstufen zu den beliebtesten drei Themen (von zwölf) gehört. Auch die Untersuchung von Elster (2007, S. 5) zeigt, dass das Interesse österreichischer und deutscher Jugendlicher am Ende der Sekundarstufe I an einzelnen Naturwissenschaftsdisziplinen unterschiedlich ist, aber der Inhalt Universum/Astronomie zusammen mit der Humanbiologie die ersten beiden Plätze der zehn (Teil-)Disziplinen einnimmt.
Empirische Daten zeigen, dass knapp zwei Drittel der deutschen Bevölkerung Interesse an der Astronomie haben (Untersuchung Weickart, veröffentlicht in Clausnitzer 2012, S. 17). Dieses Interesse wird durch zahlreiche aktuelle astronomische Informationen in den Tagesnachrichten befriedigt. Hier wird über besondere Himmelskonstellationen, aber auch über Raumfahrtereignisse und aktuelle wissenschaftliche Forschungsprojekte berichtet. Darüber hinaus bieten das Internet und Fachpublikationen schier unendliche Möglichkeiten, sich über (aktuelle) astronomische Ereignisse zu informieren (siehe Abschnitt 2.1.4). Astronomie ist damit auch ein Teil der medialen Lebenswelt, und um diese zu verstehen, sind disziplinäre Grundkenntnisse notwendig.
Für die astronomische Bildung ist ein weiteres Ergebnis der Untersuchung von Weickart (veröffentlicht in Clausnitzer 2012, S. 17) bedeutsam: Es konnte gezeigt werden, dass über 50-jährige Personen aus Thüringen, die in der DDR verbindlich das Schulfach Astronomie hatten (siehe Abschnitt 1.4.3), später ein deutlich stärkeres Interesse an Astronomie haben als Personen, die keinen Astronomieunterricht hatten. Auch dieses Ergebnis spricht für eine umfangreiche Thematisierung astronomischer Inhalte im Rahmen der schulischen Bildung, um damit die Allgemeinbildung zu fördern, aber auch fachspezifische Grundlagen für eine differenzierte Berufswahl in der Astronomie zu schaffen.
Astronomische Erkenntnisse sind tief mit der Kultur und Kulturgeschichte der Menschen verbunden.
Stonehenge zur Sommersonnenwende - heute Touristenattraktion und einstmals für die Landwirtschaft wichtig, um die beiden Sonnenwenden und die beiden Tagundnachtgleichen im Jahr festzustellen (Bild: iStockphoto.com/kellygarciaphoto.com)
Wie kann man zum Beispiel ohne astronomische Grundkenntnisse wissen, dass eine Sommerreise nach Neuseeland dann angetreten werden sollte, wenn in Europa Winter ist? Wir leben im Jahreskreis mit dem Kalender, dem astronomische Erkenntnisse zugrunde liegen und der durch das Bedürfnis unserer Vorfahren entstanden ist, die zyklische Zeit zuverlässig zu strukturieren. Dafür muss ein astronomisches Verständnis zu den wiederkehrenden Zykluseinheiten im Jahreslauf wie Tag, Monat und Jahr vorliegen (siehe Abschnitt 3.3).
Um geschichtskulturelles Wissen zu verstehen, sind astronomische Grundlagen notwendig - und Kinder und Jugendliche wollen die Kultur, in der sie leben, verstehen. Archäologische Artefakte wie die Himmelsscheibe von Nebra (siehe Abschnitt 5.5.3) oder Orte wie Stonehenge zeigen, dass die Menschen sich bereits lange erkenntnisorientiert mit astronomischen Phänomenen beschäftigt haben (siehe Abschnitt 5.5).
Astronomie ist nicht nur eine der ältesten Wissenschaften (siehe Abschnitt 3.1). Sie stellte mit Beginn der Spätantike auch eine der sieben freien Künste dar; gehörte also zum traditionellen Kanon der grundlegenden Studienfächer und ist somit ein sehr altes Kulturgut der Menschheit. Freie Künste bedeutet, dass Menschen sie studierten, die keiner Erwerbstätigkeit nachgingen. Astronomie war also damals alles andere als ein Teil der Volksbildung!
Astronomie wird als der «ideale Appetitanreger» für Kinder betrachtet, um ihr Interesse für Naturwissenschaften zu wecken (Geffert 2011, S. 34). Die Berührung mit astronomischen Phänomenen unterstützt den Aufbau eines naturwissenschaftlichen Verständnisses (Vogel 2004, S. 5; Szostak 1991, S. 149).
Eine Untersuchung aus Großbritannien (Clausnitzer 2012, S. 17) verweist darauf, dass sich durch die Thematisierung astronomischer Inhalte im Unterricht die Wahl für Bildungswege in die Naturwissenschaften erhöht. In Zeiten des Mangels von MINT-Nachwuchs in Wissenschaft und Bildung (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik) ist dies ein zusätzliches Argument für die Thematisierung in der Schule. So können die Kinder von heute später als Erwachsene sowohl den wissenschaftlichen Bestand der Astronomie sichern und weiterführen als auch das Fortschreiten der Naturwissenschaften aktiv gestalten.
Wie wichtig eine frühe Begegnung mit eindrucksvollen astronomischen Phänomenen für das weitere Leben sein kann, macht die Biografie von Johannes Kepler deutlich, die Köster (2006, S. 141) erzählt: Im Grundschulalter beobachtete Kepler im Jahr 1577 einen Kometen (C / 1577 V1) , der wegen seiner außerordentlichen Helligkeit auch am Taghimmel sichtbar war, sowie eine Mondfinsternis am 31.1.1580. Diese beiden Ereignisse haben sein Interesse für naturwissenschaftliche und astronomische Fragestellungen geweckt, mit denen er sich als Astronom, Physiker, Mathematiker und Naturphilosoph zeitlebens beschäftigte (siehe auch Abschnitt 3.5).
Neben Argumenten aus den Kontexten Interesse, kultur- und naturwissenschaftliche Bildung gibt es weitere Gründe für die Thematisierung im Sachunterricht. Lehrkräfte, die konsequent von der Lebenswelt der Kinder und deren Fragen ausgehen (Landwehr 2011, S. 2) und die die Alltagsbewältigung im Blick haben (Jansen 2007, S. 7) werden nicht umhinkommen, astronomische Inhalte zu berücksichtigen, trotz der großen Themenvielfalt des Sachunterrichts.
Zudem bieten astronomische Inhalte die exemplarische Möglichkeit, die Kinder in der Grundschule von einem kindlichen zu einem zunehmend wissenschaftlichen Weltbild zu führen (Landwehr 2011, S. 2; Vogel 2004, S. 6): Astronomische Inhalte können Grundschulkindern durch die Regelmäßigkeit und Verlässlichkeit der Natur Sicherheit vermitteln und sie dabei unterstützen, sich über ihre Position im Kosmos bewusster zu werden (Landwehr 2011, S. 2).
Auch für die Bearbeitung aktueller Probleme ist astronomisches Wissen notwendig: Für die Kontexte Klima und Klimawandel, Energie (vor allem Sonnenenergie) oder Satellitentechnik ist ein vertieftes Verständnis astronomischer Zusammenhänge die Voraussetzung.
Da auch elementare Bildungseinrichtungen astronomische Themen berücksichtigen können (z.B. bietet das Haus für Astronomie in Heidelberg Workshops für Kindergartenkinder an), sollte der Sachunterricht im Rahmen der didaktischen Forderung nach Anschlussfähigkeit astronomische Inhalte thematisieren. Diese stellen zugleich wiederum die Grundlage für die erfolgreiche Weiterarbeit in der Sekundarstufe dar. So fordern auch Didaktikerinnen und Didaktiker der Sekundarstufe, dass astronomische Inhalte in der Grundschule thematisiert werden (Clausnitzer 2012, S. 15), damit dann in höheren Klassenstufen auf diese Grundlagen aufgebaut werden kann.
Die Vielperspektivität (siehe Abschnitt 2.1.2) des Sachunterrichts und das in der Grundschule gut umsetzbare Konzept des fächerübergreifenden Lernens (siehe Abschnitt 2.1.3) bieten - auch organisatorisch - günstige Lernbedingungen für die vorhandenen...
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