Schweitzer Fachinformationen
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Is fheàrr teicheadh math na droch fhuireach.
- Ein guter Rückzug ist besser als ein schlechter Standpunkt. -
Der Wind zerrte an meinen dunklen Haaren, und der Sprühregen sorgte dafür, dass eine Strähne an meinem nassen Gesicht kleben blieb. So früh am Morgen waren meistens wenig Menschen unterwegs, doch an diesem Tag wirkte es, als wäre ich die Einzige, die es wagte, durch die Main Street zu gehen. Die Straße verlief direkt am Wasser entlang und der Wind war hier stärker als im Landesinneren.
Im Gegensatz zu vielen anderen Leuten liebte ich dieses Wetter. Es war das Aufbegehren des Winters, der dem Frühling noch nicht weichen wollte. Es war ein Versprechen, dass es bald wärmer werden und die Sonnenstrahlen ihren Weg durch die graue Wolkendecke finden würden.
Dementsprechend lief ich auch an diesem Montagmorgen mit einem Lächeln durch die Straße und begann meinen Arbeitstag gutgelaunt mit einem kleinen Spaziergang wie an den meisten sonnigen Tagen auch. Vom Wetter ließ ich mich nicht abschrecken. Ich hatte mir die lilafarbene lange Regenjacke, die mit großen Blüten bedruckt war, angezogen und die Kapuze sorgte dafür, dass ich einigermaßen trocken blieb.
Die Wellen brachen sich an der Kaimauer, die das Wasser des Meeres davon abhalten sollte, das Land zu unterspülen. Die Insel war felsig, und die Straße lag einige Meter über dem Meeresspiegel, doch an manchen Tagen schaffte das Wasser es tatsächlich, auch diese Barriere zu überwinden. Heute hielt sich das Meer jedoch zurück.
Tobermory war die Hauptstadt der Isle of Mull, und in der Hafenstraße schmiegte sich ein buntes Haus an das andere. Die Häuser waren blau, pink, grün und rot und allein der Anblick dieser Architektur hellte die Laune jeden Betrachters auf. Diese bunten Häuschen waren zwar recht untypisch für Schottland, verliehen der Insel und im besonderen Tobermory jedoch einen außergewöhnlichen Charme. Hinzu kamen die alte Kirche und die grünen, saftigen Hügel, die das Bild abrundeten.
Ich wohnte schon mein ganzes Leben hier, dennoch wusste ich, dass es nur ein Wort für diesen Streifen gab, der die Küste der Isle of Mull beschrieb - malerisch. Auf vielen Postkarten, die die Touristen so fleißig verschickten, war ein Bild der Main Street und der bunten Häuser zu finden, weil sie eine solch traumhafte Kulisse bildeten. Vor dieser viel fotografierten Häuserzeile verlief eine Straße und davor wiederum lag das Hafenbecken, in dem sich bei schönem Wetter viele Segelboote tummelten.
In dieser Straße - der Main Street - hatte nicht nur meine kleine Buchhandlung ihren Sitz, sondern auch die Geschäfte meiner beiden besten Freundinnen. Den besonderen Blumenladen von Lin konnte man hier genauso finden wie Haileys Bäckerei.
Noch immer prangte über den großen bodentiefen Fenstern des Ladens der alte weiße Schriftzug: Lizzy's. Das dunkelblau gestrichene Haus wirkte einladend und wunderschön. Und genau diese Bäckerei steuerte ich nun an.
Das Glöckchen über dem Eingang bimmelte freundlich, als ich die Tür aufdrückte und der Duft von Tee, Kaffee und Gebäck mir um die Nase wehte. Die weißen Möbel und der elfenbeinweiße Anstrich der Wände gaben dem Raum einen klaren Ausdruck, aber durch den dunkelbraunen Holzfußboden ebenso ein gemütliches Flair. Überall hingen schöne Sprüchebilder in verschnörkelter Schrift an den Wänden und auf den Tischen standen Blumen aus Lins Laden. Von der Decke hing über jedem Tisch eine andere Lampe und lockerte so die Atmosphäre zusätzlich auf.
Es war kein Wunder, dass so viele Inselbewohner hier häufig zu Gast waren. Bisher hatte ich nirgends ein schöneres Café auf der Isle of Mull gesehen.
»Guten Morgen, Ally!«, begrüßte mich Hailey gut gelaunt, während ich bereits meine Regenjacke öffnete, um in der gemütlichen Wärme nicht ins Schwitzen zu kommen. Ihre blonden Haare trug sie wie jeden Tag, an dem sie arbeiten musste, zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden. Ihre grünen Augen waren ein Hingucker und ich hatte schon früh begonnen, sie um diese ausdrucksstarke Farbe zu beneiden. Das grüne Langarmshirt, das sie über ihrer verwaschenen Jeans trug, betonte ihre Augenfarbe und unterstrich ihren hellen Teint.
»Morgen, Hailey.«
Für einen kurzen Augenblick kam sie hinter der Theke hervor und nahm mich mit einem Lächeln auf den Lippen in den Arm, dann huschte sie rasch wieder an ihren Lieblingsplatz.
»Hast du was Leckeres für ein nicht gerade gesundes Frühstück?« Ich aß morgens nie zu Hause, denn Hailey machte einfach die leckersten süßen Teilchen der Welt. Viele der Rezepte, die sie verwendete, hatte sie von meiner Granny geerbt. Die beiden hatten oft zusammen gebacken und Hailey hatte schon früh begonnen, im Lizzy's kleine Jobs zu übernehmen. Kaum hatte sie die Schule beendet, hatte meine Granny sie fest bei sich eingestellt und letztendlich war es uns allen klar gewesen, dass Hailey irgendwann die Bäckerei übernehmen würde. Elizabeth Forbes, genannt Lizzy, war nicht nur meine Großmutter, auch für meine beiden Freundinnen war sie einfach nur Granny oder Granny Forbes gewesen. Wir alle hatten sie sehr geliebt. Die Erinnerungen waren noch so frisch und der Stachel des Verlusts saß tief.
Hailey zwinkerte und vertrieb damit meine aufkommenden trüben Gedanken. »Ich habe Zimtschnecken gebacken. Riechst du das etwa nicht?«
Erst jetzt nahm ich den unverwechselbaren Geruch nach der karamellisierten Butter-Zucker-Mischung und Zimt wahr. Sofort lief mir das Wasser im Mund zusammen und mein Magen gab ein lautes Knurren von sich.
Wissend grinste Hailey. »Wie viele soll ich einpacken?«
»Drei.« Ich reichte ihr meine Metallbüchse, die ich immer verwendete, damit ich keinen unnötigen Verpackungsmüll verursachte.
»Hast du Lin schon gesehen?«, fragte Hailey und gab mir die gefüllte Dose zurück.
»Nein, seit gestern Mittag, als sie mich weggeschickt hat, nicht mehr. Ich hab es gestern Abend nicht mehr geschafft, zu ihr rüberzugehen, aber nachher in der Mittagspause schau ich mal im Blumenladen vorbei. War sie denn gestern nicht mehr bei dir, um sich was zu essen abzuholen?«
Hailey schüttelte den Kopf.
Lin, deren richtiger Name Lindsay war, die von allen aber nur Lin genannt wurde, war unser Sorgenkind. Seit ihr Verlobter Brian vor einem halben Jahr mit einer Frau vom Festland durchgebrannt war, hatte sie sich verändert. Sie war schon immer still und in sich gekehrt gewesen, doch seitdem war etwas in ihr zerbrochen, das weder Hailey noch ich kitten konnten.
»Mach das, und wenn ihr wollt, könnt ihr ja herkommen, es gibt eine Möhren-Ingwersuppe zum Mittagessen.«
Hinter mir bimmelte wieder das Glöckchen, und ich drehte mich um.
Wie aus einem Mund begrüßten Hailey und ich den älteren Herren, der nun die Bäckerei betrat: »Guten Morgen, Mister Turner.« Dann kicherten wir leise, so als wären wir wieder zehn Jahre alt und würden noch zur Schule gehen.
Mister Turner war unser alter Mathelehrer aus der Primary School in Salen. Früher hatten wir ihn gefürchtet, doch heute wirkte er eher wie ein gutmütiger Großvater auf mich. In seinem Trenchcoat, der Schiebermütze und dem grauen Bart hatte er den Schrecken, den er damals immer in meine Glieder fahren ließ, verloren. Zudem lächelte er mittlerweile viel mehr, so wie auch jetzt.
Mister Turner setzte sich an einen der Tische, die direkt am Fenster standen. Anschließend packte er den Sudoku-Rätselblock aus, den er vor ein paar Tagen bei mir gekauft hatte, und zückte den Stift. Ein wenig erinnerte mich die Situation an die Zeit, als er sich über unsere Tests gebeugt und sich auf die Suche nach Fehlern gemacht hatte. Doch im Gegensatz zu damals wirkte er in diesem Moment durchaus zufrieden.
Hailey schaute mich entschuldigend an.
»Ist schon gut, kümmer dich um deinen Gast. Ich muss eh den Laden aufmachen. Wir sehen uns nachher und ich bringe Lin mit.«
Hailey nickte lächelnd und ging anschließend zu Mister Turner, während ich die kleine Bäckerei mit meiner Metallbüchse voll Zimtschnecken verließ.
Draußen hatte der Sprühregen aufgehört, stattdessen wehte nun ein stärkerer Wind, der es hoffentlich schaffen würde, die grauen Wolken zu vertreiben.
Es wäre schön, die Sonne mal wieder zu sehen, dachte ich. Selbst wenn mir jedes Wetter recht war, gierte auch ich nach den wärmenden Sonnenstrahlen, die zuerst der Frühling und dann der Sommer mit sich bringen würden. Außerdem hatte ich das Gefühl, dass die meisten Menschen es bitternötig hatten, dass die Sonne sich bald sehen ließ.
Ich warf einen Blick zu Lins Blumengeschäft, doch sie hatte noch nicht geöffnet, vermutlich war sie mit der ersten Fähre auf das Festland gefahren, um frische exotische Schnittblumen einzukaufen. Alles, was auf der Insel angebaut werden konnte, erwarb sie bei ihren Eltern, die noch immer die kleine Gärtnerei gegenüber von meinem Zuhause führten.
Beim Gedanken an die Gärtnerei musste ich schmunzeln. Dort hatten Lin, Hailey und ich oft die Nachmittage verbracht. Sobald die Schule vorbei gewesen war und wir unsere Hausaufgaben erledigt hatten, hatten wir uns dort getroffen - meine besten Freundinnen und ich. Es war ein verwunschener Ort für mich gewesen, weil es so viele Plätze gegeben hatte, an denen wir uns verstecken konnten. Herabhängende Pflanzen, eine Höhle und nicht zu vergessen die kleine Gartenlaube, die nur Lin gehört hatte und dadurch auch ein wenig Hailey und mir. Unser Clubhaus, wie...
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