Schweitzer Fachinformationen
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Life isn't about waiting for the storm to pass. It's about dancing in the rain.
- Im Leben geht es nicht darum, zu warten, bis der Sturm vorüber ist. Es geht darum, im Regen zu tanzen. -
(Vivian Greene)
Der Wind pfiff mir eiskalt um die Ohren, als ich die letzten Pflanzen in meinen Transporter lud. Es war Ende November, und der Winter hielt Einzug. Stürmisch griff das nasskalte Wetter nach meinen Haaren und ließ sie feucht an meinem Gesicht kleben. Ich war sicherlich keine Frostbeule, aber heute war ich für diese klamme Kälte nicht bereit.
»Hast du alles, Lin?«, wollte Mo wissen, der in dem Großmarkt arbeitete, in dem ich montags immer eine Wagenladung Blumen abholte. Grünschnitt und alles, was es an einheimischen Pflanzen gab, kaufte ich bei meinen Eltern in der Gärtnerei. Doch die meisten Schnittblumen musste ich hier im Großmarkt besorgen.
»Ja, ich habe alles. Danke dir!« Ich hob zum Abschied die Hand, und er erwiderte den Gruß, dann stieg ich so schnell wie möglich in meinen Wagen und drehte die Heizung hoch.
Ein Blick in den Spiegel ließ mich die Augen verdrehen. Meine roten Haare kringelten sich wegen der Feuchtigkeit in der Luft unkontrolliert, und die Wangen waren knallrot. Schon als Kind hatte ich es gehasst, dass ich eine so empfindliche Haut hatte, und leider hatte sich das als Erwachsene kein bisschen geändert.
Da es früh am Morgen war, waren die Straßen relativ leer. Jeden Montag fuhr ich mit der ersten Fähre von der Isle of Mull aufs Festland nach Oban, besorgte die Blumen für die nächsten Tage und gab die Bestellung für die zweite Wochenhälfte auf. Diese wurde mir donnerstags meistens geliefert, so dass ich auf der Insel nur bis zum Hafen fahren und sie dort abholen musste.
Als ich zehn Minuten später beim Fähranleger ankam, herrschte auch dort gähnende Leere, und ich konnte mich ganz vorne in die Fahrspur für Autos stellen, die auf die nächste Fähre wollten. Es war noch stockdunkel.
Ein Frösteln ging durch meinen Körper. Jetzt, da ich den Motor ausgeschaltet hatte und die Heizung nicht mehr lief, wurde es schnell kalt im Innern meines Wagens. Ich trank einen Schluck Kaffee aus dem Thermobecher, den ich mir heute früh abgefüllt hatte, und war dankbar, dass er noch heiß genug war, um mich ein wenig zu wärmen.
Doch lange musste ich nicht mehr warten. Die Fähre stand schon bereit, und einige Minuten später ging es los. Die wenigen Autos, die so früh auf die Insel übersetzen wollten, wurden nacheinander auf die Fähre gelassen und auf die entsprechenden Plätze eingewiesen. Am liebsten wäre ich in meinem Wagen geblieben und hätte ein Nickerchen gemacht, aber sobald man den Motor abgestellt hatte, musste man das Auto verlassen und die Fahrt auf dem oberen Deck verbringen.
Ich schnappte mir meinen Thermobecher, der noch immer halb gefüllt war, und zog den Reißverschluss meiner Jacke bis hoch zum Kinn, ehe ich ausstieg und rasch nach oben lief. Der Warteraum für die Passagiere hatte genug Plätze für alle, und es war mollig warm hier. Ich suchte mir eine ruhige Ecke, ließ mich auf die gepolsterte Sitzbank sinken und nippte an meinem Kaffee, während ich darauf wartete, dass wir ablegten.
Doch die Hoffnung, hier ein bisschen Ruhe zu finden, war vergeblich. Denn kurz bevor es losging, setzte sich ein Mann mir gegenüber an den Tisch. Da ich keine Lust auf Smalltalk hatte, ignorierte ich ihn und sah weiter aus dem Fenster, wie es die meisten Touristen taten. Auch der Mann schob sich bis an die Glasfront und sah interessiert auf das Wasser hinaus. Vor sich hatte er einen Tee stehen, den er sich am Automaten gezogen hatte. Aus Erfahrung wusste ich, dass das Getränk ungenießbar war.
Endlich legte die Fähre ab. Die Überfahrt dauerte etwas weniger als eine Stunde, ehe wir in Craignure ankämen und ich zurück nach Tobermory, die Hauptstadt der Insel, fahren konnte.
Die Isle of Mull war ein ruhiger Urlaubsort. Teil der Hebriden, einer Inselgruppe vor der Küste Schottlands. Zwar fanden mittlerweile immer mehr Touristen zu uns, dennoch war die Insel nicht überlaufen. Grundsätzlich war es für uns Ladenbesitzer gut, wenn noch mehr kaufwütige Urlauber kamen, aber ich war froh, dass wir nicht so überrannt wurden wie zum Beispiel die Isle of Skye. Dort fand man kaum ein ruhiges Plätzchen in den Dörfern, weil sich überall Touristen tummelten. Zu uns kamen die Urlauber eher, weil sie wandern oder sich entspannen wollten. Die wilde schottische Natur entfaltete sich auf Mull in all ihren Farben, und man fand etliche Plätze der Stille. Zwar hatten wir kaum teure Restaurants oder Designerläden, dafür jede Menge kleine Orte und idyllische Buchten.
»Mist!«, stieß der Mann mir gegenüber hervor und riss mich aus meinen Gedanken.
Im nächsten Moment spürte ich eine warme Flüssigkeit auf meinem Bein und sprang von dem Sitz hoch. Als ich mir die Misere genauer ansah, erkannte ich, dass der Kerl seinen Tee umgekippt hatte und der über den Tisch auf meine Hose gelaufen war.
»Na toll!« Genervt, weil ich nun erst wieder in meine Wohnung musste, um mich umzuziehen, ehe ich den Laden öffnen konnte, griff ich in meine Tasche und holte ein Halstuch heraus. Es war aus dunklem Stoff, der dementsprechend ein bisschen Tee verkraften würde. Vorsichtig tupfte ich mit dem Schal über den Fleck.
»Es tut mir schrecklich leid!«, entschuldigte sich der ungeschickte Mann und reichte mir eine Packung Papiertücher.
»Schon gut«, gab ich missmutig von mir und ignorierte die angebotenen Taschentücher, während ich aufstand und zur Toilette ging.
Ich nahm ein paar Tücher aus dem Handtuchspender und versuchte, den Schaden an meiner Hose zu beheben und so viel Flüssigkeit aufzunehmen wie möglich, aber auch damit erreichte ich kaum etwas. Meine helle Jeans war jetzt mit einem bräunlichen Teefleck verziert, und selbst wenn ich es schaffte, sie ein wenig zu trocknen, würde der Schmutzfleck bleiben.
Ich stopfte den Schal zurück in die Tasche und wusch mir die Hände. Aus dem Spiegel blickte mir eine müde Version meiner selbst entgegen. Ich zog das Haargummi aus den Haaren und fuhr mit den Fingern durch meine rote, lockige Mähne. Zwar sahen meine Augen immer noch müde aus, aber die offenen Haare würden zumindest ein wenig von meinem Gesicht ablenken.
Als ich zurück zum Tisch kam, sah ich mir mein Gegenüber das erste Mal genauer an. Der Mann trug einen schicken Anzug, und seine Frisur sah aus, als wäre er heute früh bereits beim Friseur gewesen. Geschniegelt und gestriegelt fiel mir sofort zu ihm ein. Ein Geschäftsmann vermutlich, der auf die Isle of Mull wollte, um irgendwelche Verträge abzuschließen. Seine Entschuldigung hatte so gestochen scharf geklungen. Ich war mir sicher, dass London seine Heimat war. Aber zu hundert Prozent konnte ich das nicht sagen.
Der leichte Bartschatten war modisch gestutzt, und seine grünen Augen sorgten dafür, dass er ganz außergewöhnlich aussah. Auf mich wirkte er mit seinen ebenen, leicht kantigen Gesichtszügen viel mehr wie ein Grieche als wie ein Engländer oder gar Schotte. Ich musste gestehen, dass er wirklich attraktiv war.
Er lächelte nicht, sah mich nur ohne jede Emotion an, so als wäre ich lästig. Dabei war ich doch zuerst da gewesen und er derjenige, der mir den Tee übergekippt hatte. So ein Schnösel!
Kaum hatte ich mich gesetzt, holte er sein Handy hervor und fing an, eine Nachricht zu tippen. Irgendwie nahm ich es ihm übel, dass er nicht einmal einen Blick für die schöne schottische Landschaft übrighatte, die unter dem langsam heller werdenden Himmel vor den Fenstern an uns vorbeizog. Er kam doch nicht von hier, war es da nicht etwas Besonderes, sich das alles anzuschauen?
Ich wandte den Blick von ihm ab und blickte wieder aus dem Fenster. Ich war ein Landkind und konnte mit solchen Großstadtmenschen nicht viel anfangen. Ich liebte Blumen und meinen Laden, in dem es sehr viele davon gab und der in Tobermory direkt in der Main Street am kleinen Fischereihafen lag. Ich las mit Vergnügen und sah mir gern romantische Filme an. Doch seit ein paar Monaten drehte sich mein Leben hauptsächlich darum, nicht Insolvenz anmelden zu müssen. Der kleine Blumenladen lief okay, aber okay war eben nicht genug, um schwarze Zahlen zu schreiben. Deshalb hatte ich angefangen, Bastelkurse zu geben, das half mir ganz gut über die Runden, aber bedeutete zusätzliche Arbeitszeit, da diese immer nach Geschäftsschluss stattfanden. Für die Zukunft musste ich mir überlegen, wie ich das alles bewerkstelligen konnte.
Mein Blick glitt über das Wasser, das an der metallenen Außenwand der Fähre Wellen schlug. Die Isle of Mull war in Sicht, und nach kurzer Zeit passierten wir Duart Castle. Die Burg präsentierte sich majestätisch in der jetzt langsam aufgehenden Novembersonne. Die Spiegelungen in ihren Fenstern wirkten beinah so, als würde hinter dem Glas Licht brennen. Aber ich wusste, dass um diese Uhrzeit noch niemand von den McLeans oder ihren Angestellten dort war.
Duart Castle war ein richtiger Touristenmagnet, seit bekannt geworden war, dass Sean Connerys Familie zum Clan der MacLeans gehörte. Außerdem waren hier schon viele Filme gedreht worden. Es war eine schöne Geschichte, die sich hinter dem Namen Duart Castle verbarg.
Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts war von Duart Castle nur eine Ruine übrig gewesen, bis das damalige Clanoberhaupt entschieden hatte, die Burg wieder aufzubauen. Man trug alle Materialien zusammen und tauchte sogar im Sound of Mull nach Schätzen, die...
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