Schweitzer Fachinformationen
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Die Moskauer Filmhochschule VGIK (Vserossijskij gosudarstvennyj institut kinematografii imeni S.A. Gerasimova), die seit 1938 unter dieser Abkürzung bekannt ist, gilt als die älteste Institution der Welt, an der ein Filmstudium zu Regie, Drehbuch, Kamera, Schauspiel oder auch zu Filmkritik und Management absolviert werden kann. Seit mehr als 100 Jahren werden am VGIK Filmkünstler:innen ausgebildet, die in ihren studentischen Arbeiten ihr Können und ihre Kreativität unter Beweis stellen.
Mit der Gründung einer Staatlichen Schule für Kinematographie (Gosudarstvennaja skola kinematografii) am 1. September 1919 setzte das damals noch junge Sowjetrussland ein Zeichen dafür, wie wichtig die Filmkunst für den Aufbau einer neuen Gesellschaft und für ein zeitgemäßes Kunstverständnis war. An der bekannten Filmhochschule lehrten die prominentesten Regisseure des Landes, wie Sergej Eisenstein, Lev Kulesov oder der spätere Namensgeber Sergej Gerasimov.
Am Beginn der Karriere vieler Filmschaffender stehen in der Regel Kurzfilme, in denen die Jungregisseur:innen filmische Darstellungsweisen erproben und ihre Sicht auf die Welt darlegen. So gehören zu den bekanntesten und heute noch sehenswerten Abschlussarbeiten des VGIK die Kurzfilme von Andrej Tarkovskij (KATOK I SKRIPKA, 1960), Andrej Michalkov-Koncalovskij (MAL'CIK I GOLUB', 1961) oder Nikita Michalkov (SPOKOJNYJ DEN' V KONCE VOJNY, 1970). Eine Gemeinsamkeit dieser Kurzfilme ist, dass sie von Kindern, Jugendlichen oder jungen Erwachsenen handeln. So kommt in den beiden Kurzfilmen von Tarkovskij und Michalkov-Koncalovskij die Aufbruchstimmung der Tauwetterzeit zum Ausdruck, als Kinder und Jugendliche meist auch eine symbolische Funktion hatten. Sie standen für Unschuld in Bezug auf die jüngste Vergangenheit und für einen Neubeginn nach der totalitären Herrschaft Stalins.
Junge Menschen standen jedoch nicht nur in der Tauwetterzeit im Mittelpunkt der studentischen Kurzfilme, sondern sie tun dies auch heute noch. Da studentische Kurzfilme in der Regel dem Weltempfinden junger Menschen nahestehen und deren Probleme und Fragen artikulieren, sind sie auch besonders für den (Fremd)Sprachenunterricht geeignet. Gleichzeitig lassen sich diese Filme gut in eine Unterrichtseinheit integrieren: Sie sind kurz und weisen in Bezug auf Handlung und Figuren weniger Komplexität auf als Spielfilme. Kurzfilme bedingen eine Reduktion auf meist einen Handlungsstrang und wenige Charaktere. Wenn sie gut gemacht sind, zeichnen sie sich dadurch aus, dass die Grundidee in pointierter Form herausgearbeitet ist. Das bedeutet jedoch nicht, dass die filmischen Erzählungen eindimensional oder flach wären. Im Unterschied zu Werbeclips oder Filmtrailern müssen diese Kurzfilme keine Botschaft vermitteln, sondern sollen vor allem demonstrieren, dass ihre Schöpfer:innen das filmische Handwerk beherrschen und einen neuartigen, ungewöhnlichen Blick auf einen - wenn auch noch so kleinen - Ausschnitt der Welt werfen können.
Aus diesem Grund werden wir in den nachfolgenden Abschnitten drei thematisch und ästhetisch sehr unterschiedliche Kurzfilme vorstellen und Möglichkeiten präsentieren, wie diese im Unterricht zur Auseinandersetzung mit der russischen Sprache, Kultur und Gesellschaft eingesetzt werden können. Für den Großteil der Lernenden bieten diese Kurzfilme zudem vermutlich eine neuartige Filmerfahrung, sind sie doch abseits des internationalen Mainstream-Kinos angesiedelt.
Bei VYVODY (2014) handelt es sich um die 17-minütige Abschlussarbeit der Regie-Studentin Anastasija Mozegova. Der auf YouTube verfügbare Film spielt in einem Taxi und hält in kurzen Episoden die Gespräche des Taxifahrers mit seinen Kund:innen fest. Aufgrund der eingängigen und lebensnahen Situation und der einfachen, gut verständlichen Dialoge ist dieser Film bereits für den Anfängerunterricht geeignet. Für das A1-Niveau empfehlen wir eine Beschränkung auf die erste Episode (Min. 00:00:00-00:04:15). Zusätzlich zu den Arbeitsanweisungen auf Russisch sollten diese auch auf Deutsch angegeben werden. Auf A2-Niveau sowie mit fortgeschritteneren Lernenden bietet es sich an, die ersten drei Episoden (Min. 00:00:00-00:09:43) sowie die letzte Episode (Min. 00:14:05-00:17:22) zu behandeln. Die vierte Episode (Min. 00:09:43-00:12:08), in der die russische Fluch- und Vulgärsprache Mat vorkommt, kann - ohne das Gesamtverständnis zu beeinträchtigen - beim Sehen bzw. bei der Besprechung problemlos ausgelassen werden.
VYVODY. (Schlussfolgerungen). Russland 2014. 17 Min. Regie, Drehbuch und Kamera: Anastasija Mozegova; Musik: Evgenij Musin. Darsteller:innen: Kostja Lomkin (Ignat); Tolja Belikov (Chirurg); Sota Arabuli (Georgij), Lena Svanidze (Ol'ga), Lësa Suravin (Drehorgelspieler); Gosa Prokopenkov (junger Mann mit Pinguin); Sveta Karsaeva (junge Frau mit Pinguin); Olesja Nemirovskaja (Freundin von Ignat).
Der Kurzfilm ist unter folgendem Link auf YouTube abrufbar: https://www.youtube.com/watch?v=ikIrqpl5GUw (08.11.2023).
Als Vorbereitung auf die erste Episode des Films (Min. 00:00:00-00:04:15) schlagen wir auf A1-Niveau eine Aufgabe vor, in der die Lernenden Berufsbezeichnungen zuordnen (1). Dabei sollten die Lernenden darauf aufmerksam gemacht werden, dass im Russischen die Verwendung von Feminitiva seltener ist als im Deutschen, was u.a. damit zusammenhängt, dass viele der existierenden femininen Formen eine abwertende Bedeutung haben. In der Tabelle in Aufgabe (1) werden daher sowohl maskuline als auch feminine Berufsbezeichnungen angeführt, um auf die Möglichkeiten der Bildung von Feminitiva sowie auf die Besonderheiten ihrer Verwendung hinzuweisen. Dabei ist zu beachten, dass die in Klammern angegebenen Formen nicht standardsprachlich und teilweise pejorativ konnotiert sind.
Feminitiva im Russischen: In der russischen Standardsprache wird bis heute meist die maskuline Form für männliche und weibliche Berufsbezeichnungen verwendet, da die maskuline Form als generisch, d. h. als unmarkiertes Genus gilt. Das generische Maskulinum stand im vergangenen Jahrzehnt jedoch auch in Russland in der Kritik der poststrukturalistischen und feministischen Linguistik, die feminine Personenbezeichnungen bevorzugt, um Frauen sprachlich sichtbar zu machen. Im Unterschied zum Deutschen besteht im Russischen jedoch ein grundlegendes Problem darin, dass bereits existierende feminine Berufsbezeichnungen häufig umgangssprachlich oder substandardsprachlich sind und pejorative Konnotationen aufweisen. So gelten die Suffixe -inja und -essa als scherzhaft, -icha dagegen als grob. Insbesondere das Suffix -s(a) wird als umgangssprachlich abwertend angesehen, da es die Bedeutung "zum Mann (und dessen Tätigkeit) gehörig" hat und somit die Gattin des mit dem maskulinen Basiswort Bezeichneten meint. Erst in zweiter Bedeutung wird mit dem Suffix -s(a) eine weibliche Person bezeichnet, die den jeweiligen Beruf ausübt. Die abwertende Konnotation von -s(a) hat dazu geführt, dass häufig zwei oder mehr Formen (Dubletten) parallel existieren, wie z. B. blogersa und blogerka (Bloggerin). In feministischen Kreisen wurde in den letzten Jahren vor allem das Derivationssuffix -k(a) als Alternative zu -s(a) verwendet. Das Suffix -k(a) wird jedoch nicht von allen Sprecher:innen akzeptiert und seine Verwendung hat auch eine politische Komponente, da es in russischen oppositionellen Medien verbreitet ist, während die konservativ eingestellten politischen Eliten eine geschlechtergerechte Sprache generell ablehnen. Neben der Suffigierung maskuliner Substantive bieten auch die Zusammenrückung (z. B. zenscina-vrac [Frau-Doktor]) oder syntaktische Mittel Möglichkeiten, den Sexus zu markieren (z. B. Ona chorosij vrac. Nas direktor ocen' strogaja. [Sie ist ein guter Arzt. Unser Direktor ist sehr streng.]). Die Beispiele zeigen, dass die Frage der Verwendung femininer Formen für Berufsbezeichnungen in der russischen Gegenwartssprache äußerst komplex ist und dass es abzuwarten bleibt, ob und welche Formen sich durchsetzen werden.
Zusätzlich zur Zuordnung der Berufsbezeichnungen können die angeführten Berufe in Aufgabe (1) auch dazu verwendet werden, um den Instrumental Singular nach Verben (????/???????? ???) zu wiederholen. Schließlich können die Lernenden noch darauf aufmerksam gemacht werden, dass im Jahr 2010 die Miliz (milicija) in Polizei (policija) umbenannt wurde. Im Kurzfilm werden noch beide Bezeichnungen verwendet und daher kommen beide Wörter auch in der Aufgabe vor.
(1) ??????? ???????? ???????????? ??? ????????? ?????????. ?????? ?????? (0.) ??????.
0.
??????????(-??)...
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