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Eingangs wurde bereits darauf hingewiesen, dass alles davon abhängt, wie man mit den Zahlen umgeht. Bei dem Begriff «Umgang mit den Zahlen» ist nicht an irgend etwas Verschwommenes gedacht, sondern etwas ganz Bestimmtes gemeint. Denn das Umgehen mit den Zahlen ist nichts weiter als dasjenige, was wir als das Rechnen zu bezeichnen pflegen, und die Arten des Umgangs mit der Zahl sind somit die verschiedenen Rechnungsarten. Unter ihnen existieren vier, welche allgemein bekannt sind und auch allgemein verwendet werden, die Addition, die Subtraktion, die Multiplikation und die Division. Ein besonderes Kapitel wird später den geistigen Aufbau aller vorhandenen Rechnungsarten behandeln. An dieser Stelle mögen uns zunächst nur die genannten vier «Grundrechnungsarten» beschäftigen. Statt ihre Aufzählung mit der Addition zu beginnen, hätte an erster Stelle auch die Division stehen können, so dass die Vierheit gelautet hätte: Division, Multiplikation, Subtraktion und Addition. Welche Rechnungsart die erste Stelle einnimmt, ist nicht gleichgültig. Es kann kein Zweifel darüber bestehen, dass heute der größte Wert auf die Addition gelegt wird, und zwar in dem Sinne, dass in ihr ein zusammensetzendes, synthetisches Verfahren des menschlichen Geistes am besten zur Geltung kommt. Daher ist heutzutage auf der Addition alles andere aufgebaut; die Subtraktion erscheint als eine bloße Rückwendung der Addition, die Multiplikation als eine fortgesetzte Addition gleicher Summanden und die Division als eine Rückwendung der Multiplikation bzw. als eine fortgesetzte Subtraktion gleicher Subtrahenden. Die zivilisatorische Bedingtheit dieser Anordnung wird von Rudolf Steiner folgendermaßen gekennzeichnet:
«Wir sind ja im Verlaufe der Zivilisation allmählich dazu gekommen, das Arbeiten mit Zahlen in einer gewissen synthetischen Weise zu behandeln. Wir haben eine Einheit, eine zweite Einheit, eine dritte Einheit, und wir bemühen uns, im Abzählen, im additiven Elemente das eine zu dem anderen hinzuzufügen, so dass dann das eine neben dem anderen liegt, indem wir zählen. (.) In dieser Weise hat sich wiederum nicht das Elementar-Menschliche zum Zählen hin entwickelt.» (GA 303, Vortrag vom 31.12.1921.)
Mit diesen Worten ist zugleich ausgedrückt, dass es nicht immer so war, wie es heute ist, dass also die Addition nicht immer die Vormachtstellung besessen hat. Wie hat sich denn das «Elementar-Menschliche» zum Zählen hin entwickelt?
«Das Zählen ging allerdings aus von der Einheit; die Zwei war aber nicht ein äußerliches Wiederholen der Einheit, sondern sie lag in der Einheit darinnen. Die Eins gibt die Zwei, und die Zwei ist in der Eins drinnen. Die Eins geteilt, gibt die Drei, und die Drei ist in der Eins darinnen. Fing man an zu schreiben, ins Moderne umgesetzt: eins, so kam man aus der Einheit nicht heraus, indem man zur Zwei kam. Es war ein innerlich organisches Bilden, indem man zur Zwei kam, und die Zwei war in der Einheit darinnen, ebenso die Drei und so weiter. Die Einheit umfasste alles, und die Zahlen waren organische Gliederungen der Einheit.» (Ebd.)
In der «elementar-menschlichen» Zahlbildung war also nicht ein additives Verfahren der Ausgangspunkt, sondern ein Teilen, ein Gliedern der Einheit und damit ein divisives Verfahren. Statt des Anhäufens von Einzelheiten handelte es sich um das Gliedern der Einheit.
Man kann sich beide Zahlbehandlungen gemäß Rudolf Steiner durch folgende Darstellung anschaulich machen:
Figur 3
Beide Auffassungen der Zahl scheinen zueinander in einem Gegensatz zu stehen, die eine scheint die andere auszuschließen. Wie es sich damit verhält, soll nachher untersucht werden. Zunächst von dieser Frage ganz absehend, kann man sagen, dass es eine Einseitigkeit der letzten Vergangenheit war und auch noch der Gegenwart ist, nur die additive Zahlbetrachtung gelten zu lassen. Sie erhielt dadurch Vorrang, dass sie sich zum Begreifen und Handhaben alles Mechanischen empfiehlt. Da, wo ein Ganzes durch Zusammensetzen von Teilen entsteht, in der Welt des Maschinellen - wobei dieser Begriff sehr weit gezogen werden muss -, bot sie sich wie von selbst an. Mit dem Aufkommen der mechanischen Betrachtungsweise und besonders des Maschinenwesens schob sich auch die synthetische Behandlung der Zahlen in den Vordergrund. Hingegen genügt sie nicht mehr für das Begreifen der Welt des Lebendigen, der organischen Welt; aus einer Zelle werden ja zwei stets durch Teilung und nicht durch Aneinanderreihung. Auch im Leben draußen ist es so, wenn es in ihm noch lebendig zugeht. Zuerst sieht man eine grüne Wiese als Einheit, und dann erst entdeckt man nach und nach die einzelnen Pflanzen. Zuerst sieht man den Wald als Ganzes, und beim Näherkommen gewahrt man nach und nach die einzelnen Bäume. Nur dann, wenn man von den Einzelheiten aus zum Ganzen kommen möchte, sieht man den Wald vor lauter Bäumen nicht. Man könnte sagen, dass die gliedernde Betrachtung der Zahl überall da am Platze ist, wo das Ganze mehr bedeutet als die Summe seiner Teile und wo man also vom Ganzen ausgehen muss, um die Teile zu begreifen.
Die Verschiedenartigkeit der beiden Zahlenauffassungen offenbart sich auch in der Rolle, welche in beiden die Einheit spielt. In der heute herrschenden Auffassung spricht man von mehreren Einheiten, die aneinandergefügt werden. Aber darf man eigentlich überhaupt so sprechen? Darf man von dem Worte Einheit, wenn man es recht bedenkt, überhaupt die Mehrzahl bilden? Sind nicht «mehrere Einheiten» logisch ein Widersinn? Allenfalls darf hier doch nur von mehreren Einzelheiten gesprochen werden. Die Einheit kann dabei nur dasjenige sein, was als die Summe der Einzelheiten herauskommt. Aber diese Summe ist nur ein dürftiges Abbild der Einheit, eine zusammengestückte Einheit. Dagegen wird in der anderen Zahlenauffassung die Würde der Einheit mehr gewahrt. Da gibt es immer nur die eine Einheit, dieselbe Einheit, aber in mannigfacher Gliederung. Diese Gliederung der einen Einheit sind die Zahlen 2, 3, 4, 5 usw. Je höher hinauf es in der Zahlenreihe geht, desto reicher, desto reichhaltiger wird die Einheit. Aber alle sind und bleiben sie die Einheit: «Hen kai pan!» (Eines ist alles!) Nach der heute herrschenden Zahlenauffassung unterscheiden sich die verschiedenen Zahlen voneinander nur durch die Anzahl von Einheiten, besser Einzelheiten, welche in jeder zu einem Ganzen zusammengeschlossen sind. Man frage doch einmal unbefangen sich selber, als welches Wesen z. B. die Zahl 5 in der eigenen Vorstellung lebt, und man wird sich zunächst nichts anderes zu antworten wissen, als dass 5 eben die Summe 1 + 1 + 1 + 1 + 1 sei. Dass man bei dieser Erklärung die 5 eigentlich schon vorausgesetzt hat, wird einem wenig bewusst. Der Begriff Fünf ist eben bereits vor seiner scheinbaren Erklärung im menschlichen Bewusstsein existent, er lebt dort als ein Eigenwesen, als ein Ganzes, und nur eine mechanische Betrachtungsweise wähnt, ihn durch die Aufzählung 1 + 1 + 1 + 1 + 1 erschöpfend erklärt zu haben.
Mit dem dürftigen Begriff der Zahl als bloßer Anzahl verbindet sich dann die Vorstellung von der Größe einer jeden Zahl, indem die Einzelheiten, welche eine Zahl komponieren, alle von gleicher Größe gedacht werden. Zu der Frage des «Wie viel» tritt so bei jeder Zahl diejenige des «Wie groß». Demgemäß unterscheiden sich für unser heutiges Bewusstsein die verschiedenen Zahlen voneinander durch ihre Größe; man drückt dies ja durch folgende Schreibweise aus: 1 < 2 < 3 < 4 < 5 .
Der Begriff der Größe, der Quantität gelangt so in der Zahlenwelt zu ungeahnter Bedeutung, zu einer Bedeutung, welche gar nicht in der Sache selbst liegt. In der anderen, der gliedernden Zahlenbehandlung, ist er demgegenüber von geringerer Wichtigkeit. Dort sind alle die verschiedenen Zahlen gleich groß, wenn man hier überhaupt den Begriff der Größe, der Quantität anwenden will; alle sind sie die Einheit. Die Zahlen 5 und 3 sind beides Ganzheiten, sind beide die Einheit. Das Größenhafte offenbart sich dann weniger in ihnen selber als in ihren Teilen, ihren Gliedern. Sie selber unterscheiden sich jetzt voneinander durch ihre Art; 3 ist eine bestimmte Art der Einheit, 5 eine andere Art derselben Einheit. So werden die verschiedenen Zahlen zu verschiedenen Arten einer und derselben Einheit, an Stelle einer quantitativen Zahlenauffassung tritt eine mehr qualitative.
Somit lassen sich die beiden Zahlenbetrachtungen auch als quantitativ und qualitativ kennzeichnen. Es ist wichtig, dass man mit den beiden Worten auch die richtigen Begriffe verbindet. Die quantitative Betrachtungsart kennzeichnet sich dadurch, dass sie nur dieses Merkmal hat und eine qualitative Betrachtungsart desselben Gegenstandes ausschließt bzw. verhindert. Hingegen haftet der qualitativen Betrachtungsart diese Einseitigkeit nicht an; sie enthält auch das Quantitative ungezwungen in sich, wie ja die Quantität auch eine Qualität neben anderen Qualitäten ist. Ein Fortschreiten von der quantitativen Zahlenbetrachtung...
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