Schweitzer Fachinformationen
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Kyleen
Guten Morgen.«
Im Radio wurde gerade von einem Einbruch in irgendeine Kunstgalerie in London berichtet, daher konnte ich die gemurmelten Worte kaum verstehen, als Isla in das Büro der Glencoe View Lodges geschlurft kam. Überrascht sah ich von meinem Computer auf. Auch die hängenden Schultern, die kleinen Augen und nach unten gezogenen Mundwinkel passten so gar nicht zu meiner sonst so quirligen besten Freundin.
»Alles okay?«, fragte ich, als sie sich gerade in einen freien Stuhl fallen ließ, der mit einem lauten Quietschen wegen des plötzlichen Gewichts protestierte.
»Wir haben die ganze Nacht nicht geschlafen.« Stöhnend drückte sich Isla die Handballen auf die Augen.
»Soso, heiße Nacht gehabt?« Anzüglich wackelte ich mit den Augenbrauen, obwohl Isla das nicht sehen konnte, weil sie ihre Augen noch immer bedeckt hielt.
»Schön wär's. Frodo hat uns wach gehalten. Er hat sich wohl irgendeinen Virus eingefangen und hat am frühen Abend angefangen, sich zu übergeben. Und dann hat er nicht mehr damit aufgehört. Jedes Mal, wenn er nur einen Schluck getrunken hat, kam das fünf Minuten später wieder raus. Ich hatte richtig Schiss, dass er draußen 'nen Giftköder oder so gefressen hat, also sind Leon und ich nachts um halb zwei mit ihm zum Tierarzt gefahren. Die haben ihn untersucht, ihm Blut abgenommen und konnten feststellen, dass es nur ein Virus ist. Dann hat er was gegen die Übelkeit bekommen und eine Infusion, weil er so viel Flüssigkeit verloren hat. Das Ende vom Lied ist, dass wir erst vor 'ner Stunde wieder zu Hause waren und ich jetzt leicht tot bin.«
»Himmel.« Ich rutschte mit meinem Stuhl an Islas heran, um sie in die Arme nehmen zu können. »Tut mir so leid, das mit Frodo, aber ich bin froh, dass es nur ein Virus und nichts Schlimmeres ist. Aber was machst du dann überhaupt hier? Warum bleibst du nicht zu Hause und schläfst dich aus?«
Isla stöhnte erneut. »Weil ich in drei Stunden eine Wanderung führen muss, und wenn ich mich jetzt hinlege, werde ich bis dahin niemals wach.«
Ich konnte nicht anders, ich musste lachen. So theatralisch hatte ich Isla schon lange nicht mehr erlebt.
»Gibt es irgendeine Arbeit, die du mir geben kannst, damit ich in der Zwischenzeit nicht auf diesem Stuhl einschlafe? Und lach nicht, das ist nicht witzig.« Isla versuchte, nach mir zu schlagen, aber ich rollte mich mit meinem Stuhl außer Reichweite.
»Sei lieber nett zu mir, sonst helfe ich dir nicht dabei, die nächsten Stunden zu überstehen.«
»Ist ja gut«, grummelte Isla und erhob sich aus dem Stuhl. »Ich hole mir erst mal 'nen Kaffee.«
Als sie mein Büro verließ, wandte ich mich wieder meinem Computer und der Rechnung zu, die ich gerade geschrieben hatte, als Isla hereingeplatzt war. Seit Adrien und Leon die Aktivitäten am Anfang des Sommers zusammengelegt hatten, ging es den Lodges so gut wie noch nie. Selbst die Buchungen für unsere Zimmer waren steil nach oben gegangen. Obwohl wir bereits Mitte Oktober hatten und die Saison damit längst vorbei war, waren noch immer mehr als die Hälfte unserer Zimmer ausgebucht. Und heute würden sogar neue Leute kommen, die für zwei Wochen bleiben wollten.
Noch besser liefen aber die Aktivitäten. Hatten wir anfangs nur Wanderungen für unsere Gäste gemacht, hatten sich die Aktivitäten mittlerweile herumgesprochen, sodass auch Gäste von anderen Hotels in Glencoe und der Umgebung daran teilnahmen. Der Andrang war so groß geworden, dass wir für einige Angebote eine Höchstzahl an Teilnehmenden festlegen mussten und die Buchhaltung für alles zusammengelegt hatten. Ich kümmerte mich mittlerweile um die Buchungen für die Lodges und auch um die, die im Three Sisters Resort eingingen, und hatte dadurch sogar meine Stunden erhöhen können.
Islas schlurfende Schritte, mit denen sie zurück ins Büro kam, rissen mich aus meinen Gedanken. Sie umklammerte eine dampfende Kaffeetasse mit beiden Händen, und allein die Aussicht auf das die Lebensgeister weckende Koffein ließ sie etwas wacher erscheinen.
»Aaah«, seufzte sie genüsslich, nachdem sie den ersten Schluck getrunken hatte. »Vielleicht werde ich diesen Tag doch irgendwie überleben.«
Ich musste lachen. »Ganz bestimmt. Wo ist Frodo jetzt eigentlich?« Ich konnte mir kaum vorstellen, dass sie den Kater allein gelassen hatte, wenn es ihm so schlecht ging.
»Hab ihn zu meinen Eltern gebracht. Leon wollte ihn erst mit ins Resort nehmen, aber er hat später ebenfalls eine Wanderung, und mir ist nicht wohl dabei, ihn auch nur für eine Stunde allein zu lassen.«
»Ist sicher besser für ihn, und deine Eltern lieben ihn ja ebenfalls abgöttisch.« Auch wenn Isla ständig über Frodo meckerte und weiterhin beteuerte, der Kater könne sie nicht leiden, wusste ich genau, wie viel ihr an ihm lag. Dass sie die ganze Nacht seinetwegen wach geblieben war, unterstrich diese Tatsache nur.
Augenblicklich machte Isla ein schuldbewusstes Gesicht. »Ich hab wirklich überlegt, ob ich die Wanderung für heute nicht einfach absage. Aber wäre ich zu Hause geblieben, hätte es keine fünf Minuten gedauert, bis ich weggedämmert wäre, und dann würde ich Frodo auch keine Hilfe sein, wenn etwas mit ihm ist und ich tief und fest schlafe.«
Mitfühlend legte ich eine Hand auf Islas Unterarm. »Ich bin sicher, dass alles okay sein wird, wenn du nach Hause kommst.«
»Hoffentlich.« Sie versuchte sich an einem Lächeln.
Ein Schnauben kam über meine Lippen. »Deswegen habe ich kein Haustier. Viel zu viel Verantwortung.«
Sie warf mir einen Blick aus den Augenwinkeln zu. »Du hast mit deinen Großeltern ja auch schon genug am Hut.«
Ich unterdrückte ein Seufzen. »Erinnere mich nicht daran.« Ich wohnte mit meinen Großeltern in einem Haus, war nach dem College bei ihnen eingezogen, weil sie mir die Anliegerwohnung angeboten hatten, ohne dass ich dafür zahlen musste. Das war mir sehr gelegen gekommen, vor allem, weil ich bei Adrien anfangs nicht viel verdient hatte. Außerdem mochte ich es, in ihrer Nähe zu sein, weil man ja nie wusste, wie lange einem die Großeltern noch blieben.
Im letzten Jahr war bei meinem Grandpa dann Demenz diagnostiziert worden. Es war noch nicht superauffällig, aber sie riefen mich mittlerweile deutlich öfter zu sich runter, wenn irgendwas nicht funktionierte. Wenn der Kühlschrank seltsame Geräusche von sich gab, das WLAN ausgefallen war oder eine Glühbirne ausgewechselt werden musste. Alles Dinge, um die sich mein Grandpa sein Leben lang gekümmert hatte und die er nicht mehr auf die Reihe bekam.
Natürlich half ich ihnen immer gern und war auch froh, dass sie zumindest meine Hilfe annahmen, denn jedes Mal, wenn ich meine Grandma darauf ansprach, dass sie vielleicht bald über eine Pflegekraft nachdenken sollte, blockte sie ab. Sie ignorierte, dass sie über kurz oder lang die Arbeit nicht mehr allein würde stemmen können. Egal, welche Argumente ich vorbrachte, sie wollte sich einfach nicht damit auseinandersetzen.
Ehe ich noch länger darüber nachdenken konnte, ertönte ein Klopfen. Ich hob den Kopf, und mein Blick fiel auf zwei junge Männer, die in der Tür zu unserem Büro standen. Sie schienen ein paar Jahre älter als wir zu sein, vielleicht Ende zwanzig, und waren in nigelnagelneue Wandersachen gekleidet. So neu, dass nicht einmal die Wanderschuhe ein Fitzelchen Erde an der Sohle aufwiesen. Auch die Wanderhosen und Windbreaker wirkten, als wären sie gestern erst neu gekauft worden. Entweder hatten sie unheimlich viel Geld, sodass sie sich vor jedem Wanderurlaub neue Klamotten kaufen konnten, wonach die beiden aber nicht aussahen. Außerdem hätten sie dann vermutlich ein anderes Hotel als unsere Low-Budget-Campingfässer gewählt. Oder - und darauf tippte ich eher - es war ihr erster Wanderurlaub, und ich konnte nur hoffen, dass sie die Wanderschuhe zumindest zu Hause eingelaufen hatten, damit sie nicht morgen mit Blasen an den Füßen vor mir standen.
Das alles ließ ich mir nicht anmerken, als ich mein strahlendstes Lächeln anknipste. »Guten Morgen, wie kann ich euch helfen?«
Der Rechte der beiden trat vor. Er hatte dunkelblonde Haare, die ihm verwegen in die Stirn hingen, blaue Augen und ein spitzbübisches Lächeln. »Hey, ich bin Riley, das ist mein Kumpel Nate, wir haben eins der Campingfässer für die kommenden zwei Wochen gemietet.«
Oh, sie waren die Buchung für heute. Und extrem früh dran, es war nicht mal zehn am Morgen.
»Wir wissen, dass wir arg früh dran sind.« Riley war an meinen Schreibtisch getreten, lehnte sich mit der Hüfte gegen die Tischplatte und lächelte breit. Ein Grübchen erschien auf seiner Wange, und ich konnte nicht anders, als zurückzulächeln. Da war etwas Einnehmendes an ihm, was vielleicht mit seinem englischen Akzent zusammenhing. Ich konnte nicht genau deuten, aus welcher Region sie kamen, aber aus Schottland definitiv nicht. »Ich wollte eigentlich nur fragen, ab wann wir wohl in unser Zimmer könnten. Falls das noch nicht fertig ist, würden wir uns etwas in Glencoe umsehen und später wiederkommen.« Er beugte sich zu mir vor und schien mich mit seinen Worten gefangen zu halten. »Vielleicht hast du ja ein paar Tipps für uns, was wir dort machen können.«
Meine Wangen wurden heiß unter Rileys intensivem Blick. Flirtete er etwa mit mir? Es war so lange her, seit zuletzt ein Mann Interesse an mir bekundet hatte, dass ich mir zuerst nicht sicher war. Aber seine blauen Augen funkelten regelrecht, und sein Lächeln ließ mein Herz höherschlagen.
Jetzt sah ich ihn mir zum ersten Mal richtig an. Riley war bestimmt einen Kopf größer als...
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