1 - Inhaltsverzeichnis [Seite 7]
2 - Die Basis [Seite 11]
3 - Einleitende Gedanken [Seite 15]
4 - Pflegerische Beru?hrung in Pandemie-Zeiten [Seite 21]
5 - 1 Einfu?hrung in das Konzept [Seite 23]
5.1 - 1.1 Spu?ren [Seite 23]
5.2 - 1.2 Hören [Seite 25]
5.3 - 1.3 Riechen [Seite 27]
5.4 - 1.4 Sehen [Seite 27]
6 - 2 Perspektiven der Beteiligten [Seite 31]
6.1 - 2.1 Fallberichte und Erfahrungen Betroffener [Seite 31]
6.2 - 2.2 Erfahrung einer Angehörigen [Seite 34]
6.3 - 2.3 Erfahrung einer Pflegenden [Seite 36]
6.4 - 2.4 Verschiedene Wirklichkeiten [Seite 36]
7 - 3 Grundelemente der Basalen Stimulation [Seite 39]
7.1 - 3.1 Hexagon - das Sechseck [Seite 39]
7.1.1 - 3.1.1 Wahrnehmen [Seite 39]
7.1.2 - 3.1.2 Kommunizieren [Seite 40]
7.1.3 - 3.1.3 Bewegen [Seite 40]
7.1.4 - 3.1.4 Den eigenen Körper erfahren [Seite 41]
7.1.5 - 3.1.5 Erfahrungen mit Menschen machen [Seite 41]
7.1.6 - 3.1.6 Gefu?hle spu?ren [Seite 41]
7.1.7 - 3.1.7 Verstehen [Seite 41]
7.1.8 - 3.1.8 Noch einmal Ganzheitlichkeit [Seite 42]
7.1.9 - 3.1.9 Der praktische Nutzen [Seite 42]
7.2 - 3.2 Grundelemente [Seite 43]
7.3 - 3.3 Das Proprium der Basalen Stimulation [Seite 44]
8 - 4 Wahrnehmungsbereiche [Seite 47]
8.1 - 4.1 Somatische Erfahrungen [Seite 47]
8.2 - 4.2 Grundprinzipien der Beru?hrung [Seite 48]
8.3 - 4.3 Formen der Beru?hrung [Seite 49]
8.3.1 - 4.3.1 Wechselnder Bedarf an Beru?hrung [Seite 50]
8.3.2 - 4.3.2 Gleichzeitiges Beru?hren [Seite 51]
8.3.3 - 4.3.3 Anfang und Ende der Beru?hrung [Seite 52]
8.3.4 - 4.3.4 Beru?hrungskontakt halten [Seite 52]
8.3.5 - 4.3.5 Druckintensität [Seite 53]
8.3.6 - 4.3.6 Rhythmus der Bewegung [Seite 54]
8.3.7 - 4.3.7 Sicherheit der Beru?hrung [Seite 54]
8.4 - 4.4 Vibratorische Erfahrungen [Seite 56]
8.5 - 4.5 Vestibuläre Erfahrungen [Seite 58]
8.6 - 4.6 Audiorhythmische Erfahrungen [Seite 60]
8.7 - 4.7 Orale und olfaktorische Erfahrungen [Seite 61]
8.8 - 4.8 Sehen oder visuelle Erfahrung [Seite 63]
8.9 - 4.9 Taktile Erfahrungen [Seite 66]
8.10 - 4.10 Orientierung [Seite 67]
9 - 5 Zentrale Lebensthemen [Seite 69]
9.1 - 5.1 Leben erhalten und Entwicklungerfahren [Seite 70]
9.2 - 5.2 Das eigene Leben spu?ren [Seite 72]
9.3 - 5.3 Sicherheit erleben und Vertrauen aufbauen [Seite 73]
9.4 - 5.4 Den eigenen Rhythmus entwickeln [Seite 74]
9.5 - 5.5 Das Leben selbst gestalten [Seite 76]
9.6 - 5.6 Die Außenwelt erfahren [Seite 78]
9.7 - 5.7 Beziehungen aufnehmen und Begegnungen gestalten [Seite 79]
9.8 - 5.8 Sinn und Bedeutung geben und erfahren [Seite 80]
9.9 - 5.9 Selbstbestimmung und Verantwortung leben [Seite 82]
9.10 - 5.10 Die Welt entdecken und sich entwickeln [Seite 83]
10 - 6 Basale Stimulation im Pflegealltag [Seite 85]
10.1 - 6.1 Die Zeit [Seite 85]
10.2 - 6.2 Der/die Betroffene [Seite 86]
10.3 - 6.3 Wo findet die Pflege statt? [Seite 86]
10.4 - 6.4 Die Art der pflegerischen Begleitung [Seite 87]
10.5 - 6.5 Das Ziel der Betreuung [Seite 87]
10.6 - 6.6 Die Qualifikation Pflegender [Seite 88]
10.7 - 6.7 Adressaten des Konzepts [Seite 89]
11 - 7 Grundlagen fu?r den Einsatz der Basalen Stimulation [Seite 91]
11.1 - 7.1 Erfassen notwendiger Informationen [Seite 91]
11.2 - 7.2 Beobachten [Seite 91]
11.3 - 7.3 Biografische Kenntnisse [Seite 92]
11.4 - 7.4 Einschätzung des Pflegebedarfs und der Pflegeunterstu?tzung [Seite 93]
11.5 - 7.5 Skalen zur Einschätzung des Bewusstseinsgrades [Seite 94]
11.6 - 7.6 Das Hexagon praktisch [Seite 95]
11.7 - 7.7 Tages- und Lebensgestaltung [Seite 97]
11.8 - 7.8 Gestaltung des Umfelds [Seite 98]
11.9 - 7.9 Pflegerisches Handeln und zentrale Lebensthemen [Seite 99]
12 - 8 Schwerpunkte des pflegerischen Handelns [Seite 101]
12.1 - 8.1 Das Liegen erleben [Seite 101]
12.1.1 - 8.1.1 Die Kleidung [Seite 103]
12.1.2 - 8.1.2 Die Positionierung im Bett [Seite 104]
12.1.3 - 8.1.3 Vestibuläre Anregung im Bett [Seite 108]
12.2 - 8.2 Den Körper wahrnehmen [Seite 109]
12.3 - 8.3 Ganzkörperwaschung (GKW) und Teilwaschungen [Seite 110]
12.3.1 - 8.3.1 Ganzkörperwaschungen (GKW) nach basalen Gesichtspunkten [Seite 112]
12.3.2 - 8.3.2 Belebende Waschungen [Seite 114]
12.3.3 - 8.3.3 Belebende Teilwaschungen [Seite 116]
12.3.4 - 8.3.4 Beruhigende Waschungen [Seite 118]
12.3.5 - 8.3.5 Beruhigende Teilwaschungen [Seite 119]
12.3.6 - 8.3.6 Symmetrische Waschung [Seite 123]
12.3.7 - 8.3.7 Diametrale Waschung [Seite 125]
12.3.8 - 8.3.8 Waschung bei Menschen mit Hemiplegie [Seite 125]
12.4 - 8.4 Baden [Seite 129]
12.5 - 8.5 Duschen [Seite 130]
12.6 - 8.6 Einreibungen [Seite 131]
12.6.1 - 8.6.1 Atemstimulierende Einreibung (ASE) [Seite 131]
12.6.2 - 8.6.2 Fuß- und Beineinreibungen [Seite 134]
12.6.3 - 8.6.3 Vorbereitung der Mobilisation [Seite 135]
12.6.4 - 8.6.4 Ganzkörpereinreibung [Seite 135]
12.7 - 8.7 Somatische Stimulation durch den Körper des anderen [Seite 136]
12.8 - 8.8 Aufrecht sein [Seite 136]
12.8.1 - 8.8.1 Vestibuläre Angebote [Seite 137]
12.8.2 - 8.8.2 Vestibuläre Stimulation bei der Nahrungsaufnahme [Seite 138]
12.8.3 - 8.8.3 Vestibuläre Stimulation der Blase [Seite 139]
12.8.4 - 8.8.4 Vibratorische Angebote [Seite 140]
12.9 - 8.9 Bedeutung des Mundes [Seite 142]
12.9.1 - 8.9.1 Pflege im Bereich des Mundes [Seite 142]
12.9.2 - 8.9.2 Zahn- und Mundpflege [Seite 143]
12.9.3 - 8.9.3 Pflegerische Interpretationsmöglichkeiten von vorhandenen Schluckstörungen [Seite 144]
12.9.4 - 8.9.4 Ethische Probleme im Zusammenhang mit der Ernährung [Seite 146]
12.9.5 - 8.9.5 Orale Stimulation [Seite 146]
12.9.6 - 8.9.6 Riechen [Seite 146]
12.10 - 8.10 Auditive Angebote [Seite 152]
12.11 - 8.11 Taktil haptische Angebote [Seite 156]
12.12 - 8.12 Visuelle Anregungen [Seite 158]
13 - 9 Körperbasierte Kommunikation in der Pflege [Seite 165]
13.1 - 9.1 Veränderte Sichtweisen [Seite 166]
13.2 - 9.2 Der Somatische Dialogals helfendes Gespräch [Seite 167]
13.3 - 9.3 Vergleichbare Ansätze [Seite 168]
13.4 - 9.4 Körperbasierte Kommunikation [Seite 169]
13.5 - 9.5 Grundprinzipien der Körperbasierten Kommunikation [Seite 171]
13.6 - 9.6 Kommunikation im Alltag [Seite 172]
13.7 - 9.7 Vielfalt der Kommunikation [Seite 172]
13.8 - 9.8 Zusammenfassung [Seite 174]
14 - 10 Forschung: Basale Stimulation in der Pflege [Seite 175]
14.1 - 10.1 Forschung oder reflektierte Überlegung [Seite 177]
14.2 - 10.2 Notwendigkeit von Forschung [Seite 178]
14.3 - 10.3 Möglichkeiten und Grenzen von Forschungsprojekten [Seite 179]
14.4 - 10.4 Einordnung der Basalen Stimulation [Seite 181]
14.5 - 10.5 Erste Erfahrungen [Seite 182]
14.6 - 10.6 Unterstu?tzende Studienergebnisse des Konzepts [Seite 183]
14.7 - 10.7 Forschungsergebnisse zur Basalen Stimulation [Seite 185]
14.7.1 - 10.7.1 Konzeptvergleich [Seite 185]
14.7.2 - 10.7.2 Haltung [Seite 186]
14.7.3 - 10.7.3 Beziehung und Begegnung [Seite 187]
14.7.4 - 10.7.4 Lebensgestaltung [Seite 190]
14.7.5 - 10.7.5 Fachliche Kompetenz [Seite 190]
14.7.5.1 - 10.7.5.1 Erfassungsinstrumente [Seite 190]
14.7.5.2 - 10.7.5.2 Studien zu einzelnen relevanten Themen [Seite 193]
14.7.6 - 10.7.6 Angehörigenbegleitung [Seite 195]
14.7.7 - 10.7.7 Mitarbeiterförderung und Qualitätsentwicklung [Seite 196]
14.7.8 - 10.7.8 Umgebungsgestaltung [Seite 197]
14.7.9 - 10.7.9 Ergänzende Ergebnisse [Seite 198]
14.8 - 10.8 Fazit [Seite 199]
15 - 11 Anhang [Seite 201]
15.1 - Weiterentwicklungen [Seite 202]
15.2 - Literaturverzeichnis [Seite 203]
15.3 - Basale Stimulation im Hogrefe Verlag [Seite 212]
15.4 - Sachwortverzeichnis [Seite 213]
15.5 - Autorin und Autor [Seite 219]
15.6 - Organisation [Seite 221]
Einleitende Gedanken
Menschen werden langsam oder auch plötzlich zu Menschen, die der Unterstützung anderer bedürfen. Sie werden dann meist mit dem Begriff "Patienten" bezeichnet. Sie erleiden etwas, wie der lateinische Begriff patiens (leidend, erduldend, geduldig) beschreibt: Schmerz, Funktionsstörungen, Übelkeit, Verwirrung und auch Angst. Diese Menschen erleiden aber auch Behandlung, Eingriffe, Manipulationen und viele, zum Teil fremde und verwirrende Maßnahmen am eigenen Körper. In dieser Situation werden leidende Menschen vom selbstbestimmten Subjekt zu einem relativ fremdbestimmten Objekt von Diagnostik, Therapie und Pflege.
Das Ereignis oder der Prozess, der einen Menschen zum Patienten werden lässt, wird entweder als Schock, aggressiver Akt oder auch als schleichender Abbauprozess erlebt. Patient werden heißt auch immer, Verluste in Kauf nehmen zu müssen, "nicht mehr der Alte zu sein" und sich bedroht zu fühlen. Patienten sind also nicht nur krank, sondern stehen inmitten eines oft sehr dynamischen, ja, turbulenten Entwicklungsprozesses ihrer Persönlichkeit. "Etwas" ist aus den Fugen geraten, ist nicht mehr stimmig und organisiert sich neu, ohne dass der betroffene Mensch weiß, in welche Richtung diese Entwicklung geht.
Es ist uns bewusst, dass beispielsweise Menschen mit demenziellen Prozessen nicht automatisch zu Patienten werden. Aus diesem Grunde wechseln wir innerhalb des Textes häufig die Bezeichnungen. So reden wir von Betroffenen, beeinträchtigten Menschen oder eben von Patienten. (Anm. der Autoren zum Begriff Patient: In diesem Buch wird meist die männliche Form gewählt, gemeint sind jedoch ebenso Frauen und Mädchen sowie Personen, die sich weder dem einen noch dem anderen Geschlecht zugehörig fühlen).
Pflegende haben die Aufgabe, sich mit dem ganzen Menschen auseinanderzusetzen. Sie können sich nicht ausschließlich auf seine Funktionsstörungen, auf die Krankheitssymptomatik im klassischen Sinn konzentrieren, sondern müssen all die Ängste, Aufregungen und Verwirrungen des Erkrankten mitberücksichtigen. Die Angehörigen nehmen in diesem Prozess eine bedeutende Rolle ein. Nicht nur der Betroffene selbst, sondern auch seine Angehörigen bedürfen der Unterstützung, um in die veränderte Situation hineinzuwachsen. Hier sind Aufklärung, Anleitung, aber auch nahe Begleitung erforderlich.
Nur die ganze Person kann mit der Hilfe von Medizin, Pflege und therapeutischen Interventionen gesunden. Ein Pflegeverständnis, das sich zu eng auf die Krankheit bezieht, kann dem Menschen in einer sehr schwierigen Lebensphase nicht gerecht werden.
In diesem Buch beschäftigen wir uns insbesondere mit Menschen, die eine schwere längerfristige Einschränkung in wichtigen vitalen Funktionen zeigen. Die Patienten, von denen hier gesprochen wird, sind Patienten auf neurochirurgischen oder allgemeinen Intensivstationen ebenso wie Frühgeborene und Babys, die einer intensivmedizinischen Betreuung bedürfen. Zudem sprechen wir von ausgeprägt altersverwirrten Menschen und neurologisch Beeinträchtigten sowie von Menschen, die sich im Sterben befinden.
All diese Menschen haben ein höchst individuelles Schicksal erlitten und dennoch kann von gewissen Gemeinsamkeiten ausgegangen werden. Ihre Identität, ihr Körper hat sich durch einen Schock, eine Verletzung, einen ärztlichen Eingriff oder eben durch Abbauprozesse und Funktionsverluste in radikaler Weise verändert. Die empfundenen Schmerzen lassen sie den eigenen Körper als feindlich erleben und das Gefühl von Verwirrung bewirkt eine persönliche Entfremdung. Davon ausgehend, dass das "Körper-Ich" das primäre Selbst eines Menschen darstellt, wird leicht offensichtlich, dass auch körperliche Beeinträchtigungen eine existenzielle Bedrohung der Identität darstellen. Es kommt zum Verlust der persönlichen Integrität (integer, lateinisch = unberührt, unangetastet, heil, ganz).
Folgende Gedanken könnten für Patienten in dieser Situation typisch sein:
"Ich bin nicht mehr derjenige, der ich gewesen war, ich erkenne mich in meinem jetzigen Zustand kaum wieder. Ich fühle mich bedroht, habe Angst, so nicht mehr weiterleben zu können. Mein eigener Körper ist mir kein Zuhause mehr. Er wird mir fremd, bedroht mich sogar und scheint sich aufzulösen. Ich spüre, dass ich angegriffen und in Gefahr bin, mich selbst zu verlieren."
Menschen, die sich in solchen Lebenssituationen befinden, fühlen sich gespalten und nicht mehr als die Person, die sie einmal waren.
Pflegerische und medizinische Maßnahmen traditioneller Art widmen sich insbesondere den gestörten bzw. geschädigten Bereichen des Körpers und ihren Funktionen. Häufig treibt die starke Konzentration auf pflegerische und medizinische Tätigkeiten, die die Krankheit und gestörte Organfunktionen betreffen, die Spaltung weiter voran. Gesundung, so unsere Überzeugung, ist hingegen ein aktiver Prozess des ganzen Menschen. Des Menschen, der sich selbst wieder neu organisieren muss, um zu einer neuen, möglicherweise veränderten Einheit zu finden.
Es kann nicht mehr von der traditionellen Sichtweise der Trennung von Körper, Geist und Seele ausgegangen werden. Diese Trennung ist rein virtuell und dient lediglich der Betonung eines bestimmten Schwerpunktes. Der Körper ist durch die Anwesenheit von Geist und Seele geprägt, er ist, bildlich betrachtet, durchwoben. Alle Erfahrungen des Körpers sind auch Erfahrungen, die die Psyche und das Bewusstsein des Menschen berühren. Körperliche Verletzungenkönnen zu Ängsten oder in ihrer Aufarbeitung zur Herausbildung von Vermeidungsstrategien führen, die dann bereits im Vorfeld quasi präventiv eingesetzt werden. Ebenso prägen psychische Verletzungen den Körper. Offensichtlich wird das bei depressiven Menschen, deren Körperhaltung ihrem Erleben angepasst ist, obwohl der Körper an sich nicht krank ist.
Das Konzept der Basalen Stimulation verspricht, dieser "Verwobenheit" Rechnung zu tragen. Es stellt ein Angebot dar, die Neuorganisation des Patienten zu unterstützen. Die Selbstheilungskräfte, so unsere Annahme, sind im Wesentlichen im Patienten selbst zu suchen. Unsere Aufgabe ist es, ihm Hilfestellung zu geben, eine Atmosphäre und Umgebung zu schaffen, in der er die verbleibenden Kräfte nutzen kann, um sich selbst neu auszutarieren.
Pflege kann in nahezu aussichtslos erscheinenden Situationen helfen, den Alltag ertragbar zu machen. Pflege macht nicht gesund, Pflege hilft beim Gesundwerden. Gleiches gilt für medizinische Bemühungen. Auch sie müssen in einem aktiven Prozess, der nicht zwangsläufig Erfolg verspricht, in und mit den Patienten integriert werden.
Selbst in der Sterbephase übernimmt der Betroffene den wesentlichsten Anteil. Die Pflege kann ihm dabei nur Angebote zur Erleichterung und Begleitung des Sterbeprozesses machen. Der Sterbende selbst ist derjenige, der über ihre Bedeutung entscheidet. Viele Sterbende erleben es als bedrohlich, sich im letzten Lebensabschnitt zu verlieren (Kostrzewa, 2013).
Für Menschen, deren Lebensweg zu Ende geht, kann eine ganzheitliche, basal begleitende Pflege eine wichtige Hilfe sein, sich auf das Ende und den Übergang in eine andere Daseinsform zu ordnen und zu orientieren. Unsere Erfahrungen haben gezeigt, dass eine solche Pflege für sehr viele Menschen eine große Erleichterung ist. Sie können sich mit dieser Unterstützung eher in Frieden von der Welt verabschieden und sie hinter sich lassen.
Ein wesentlicher Grundgedanke, der unser pflegerisches Handeln bestimmt, ist in dem Begriffsbestandteil "basal" enthalten. Basal meint, dass wir uns der einfachsten und elementarsten Möglichkeiten bedienen wollen, um einen anderen Menschen zu erreichen und mit ihm in Kontakt zu treten. Basal bedeutet aber auch, dass wir auf die Basis, d.h. das Fundament des menschlichen Handelns, zurückgreifen. So einfach wie nur möglich, ohne Forderungen an den Patienten zu stellen und ohne stillschweigende Voraussetzungen zu formulieren, die unser pflegerisches Handeln erst in Gang setzen. Der Patient braucht keine Leistung zu erbringen, er muss sich nicht in einer bestimmten Art und Weise verhalten, er muss sich nicht einmal kooperativ oder offen zeigen. Gerade angesichts tief bewusstloser Menschen kommt der Gedanke des Basalen zum Tragen. In diesem Zustand ist deutlich, dass der Mensch physisch anwesend ist. Er ist durch seinen Körper mit dieser Welt existenziell aufs Engste verbunden. Auch wenn der Mensch unter Zuhilfenahme von herkömmlichen Mitteln nicht mit uns in Verbindung zu treten scheint, akzeptieren wir seinen Körper als seine Existenzform.
Tiefe Bewusstlosigkeit, das Leben im Koma, heißt nicht zwangsläufig, dass der Mensch in keinem Kontakt mehr mit der Welt steht (Bienstein & Fröhlich, 1994; Damasio, 1999; Monti & Sannita, 2016; Silva et al., 2019).
Eine Annäherung an den Patienten ist auch möglich, wenn von ihm keine Reaktion erkennbar ist. Wir setzen darauf, dass Patienten sehr viel mehr in ihren psychischen Tiefen wahrnehmen als von außen beobachtet werden kann (Zieger, 2000). Wir geben ihnen Hinweise über ihre Situation, wir vermitteln ihnen Kontakt und Kommunikation, wir sorgen dafür, dass sie mit der Welt in einer basalen Beziehung bleiben. Wir gehen davon aus, dass die körperliche Bewusstlosigkeit nicht mit einer seelischen oder psychischen Bewusstlosigkeit gleichzusetzen ist. Wir verfügen mittlerweile über viele Erfahrungen, dass Menschen, obwohl sie nach klassischen Erkenntnissen eindeutig bewusstlos waren, das Geschehen um sich herum wahrnahmen und später...