Schweitzer Fachinformationen
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Da sage einer: Geht nicht. Zu weit, zu teuer, zu gefährlich, zu ungewiss, zu verwegen, zu kalt, zu nass, zu stürmisch, zu verrückt. Dann antworte: Doch, das geht. Und füge hinzu: Du brauchst nur eines, davon jedoch am besten ein ganzes Fass voll. Nein, nein, kein Geld. Gefragt ist auch kein Todesmut, keine besondere Zauberformel, nicht einmal großes technisches Geschick oder dergleichen. Nur über eines solltest du verfügen: Leidenschaft - das kostenlose und unschätzbare Talent, für eine Sache zu brennen.
Dann geht so ziemlich alles. Dann kommst du los und irgendwann auch wieder an. Dann kannst du dir das schönste Schiff bauen, von dem du geträumt hast. Dann kannst du dir den ganzen Pazifik schnappen. Kannst den Albatrossen beim Fliegen über dem Südmeer zuschauen, es in einer Jolle bis nach Island schaffen oder deinem Chef Lebewohl sagen, die Segel setzen und in ein neues Leben kreuzen. Das alles geht. Wenn nur die Triebfeder stimmt.
Tatsächlich ist kaum zu glauben, was Menschen schon alles gemacht und auch geschafft haben - war die Lunte erst entzündet und das Abenteuer nicht mehr aus ihren Köpfen zu bekommen. Da ist zum Beispiel einer wie Frank Dye, der mit seiner winzigen Wayfarer-Jolle mehrmals über den Nordatlantik segelte, nach Schottland, nach Norwegen und sogar bis nach Island. Die Zeitungen in England erklärten ihn für verrückt. Er nannte das: »nette Sommerurlaube«.
Geht nicht? Doch, geht.
Da ist eine wie die Baronin Adeline von Schimmelmann, die sich vor über 100 Jahren einen Seekutter zulegte und mit ihrem stolzen Schiff über die Ostsee kreuzte, um fortan im Namen Gottes die Seelen verarmter Fischer zu retten - und dies zu einer Zeit, als kaum jemand das Wort »Emanzipation« überhaupt nur buchstabieren konnte.
Dann ist da einer wie der bodenständige Lehrer Hans Rogge. Der Deutsche wanderte in den 1960er-Jahren nach Namibia aus, baute sich in der Wüste seine eigene Yacht und besegelte damit 20 Jahre lang den Südatlantik. Von Windhuk bis nach Brasilien fuhr er, von Sankt Helena bis zu den einsamen Inseln im Golf von Guinea und dann wieder nach Südamerika, bis hinein in die Flussmündung des Essequibo. Er tat es einfach.
Wahnsinn? Weltflucht? Eine unverhoffte Erbschaft? Nein, nichts dergleichen. Leidenschaft feuerte ihn an. Rogge hatte sich ins Segeln verguckt. Ins Meer, in den Wind.
Das funktioniert übrigens auch heute noch. Denn da gibt es wirklich einen wie Matthes Sierk, der noch vor ein paar Jahren, gerade mal 25 Jahre jung, vom Segeln mehr oder weniger keine Ahnung hatte. Sein Abitur und sein Studium hatte er mit Bestnoten absolviert, nun erwartete ihn eine Traumkarriere in einem Weltunternehmen. Doch er entschied sich dafür, den Schreibtisch gegen eine Navigationsecke einzutauschen. Er kündigte. Kaufte sich inmitten der Coronapandemie eine gebrauchte Yacht und brach in ein neues Leben auf. Nun lebt er oben in den schwedischen Schären auf seinem Schiff, den Kopf voller Pläne und Ideen.
Matthes Sierk brannte fürs Segeln, noch bevor er segeln konnte. Dafür braucht man schon das entsprechende Organ: ein entflammbares Herz.
Wie schön, wie poetisch. Wie entschieden kraftvoll. Vom Rest aller Motivationskategorien, die den Menschen treiben, haben wir schließlich schon genug auf der Welt: Effizienz, Performance, Gewinnsteigerung. Zahlen, Prozente, börsennotierte Kurse. Gier, Macht.
Wie steril. Wie tödlich langweilig.
Der Publizist und Vordenker Roger Willemsen dachte in seinem 2016 erschienenen Buch Wer wir waren über unsere Zeiten nach. Er drückte es so aus: »Nichts weist darauf hin, dass wir in unserer Zukunft sicherer, gesünder, freier, friedlicher leben werden - bequemer, das ja, effizienter, unsentimentaler, all das, aber wessen Himmel bevölkern schon die Sachverwalter des Pragmatismus?«
Wie wahr. Pragmatismus in allen Ehren. Doch damit bewegt man nicht die guten und die schönen Dinge. Und schon gar keine Segelschiffe. Dafür braucht es mehr. Dafür braucht es das genaue Gegenteil von allem Pragmatismus: Herzblut. Lust. Begierde. Sehnsucht. Von mir aus auch dies: Mut, vielleicht einen Schuss Wahnsinn, dazu immer gern einen Sinn für das Schöne, das Unerklärliche jenseits der Worte. All das, was unter dem Rubrum der Leidenschaft pocht. Der ganze Rest - er kommt lange danach.
Der Pilot und Schriftsteller Antoine de Saint-Exupéry sagte es auf seine Weise. Wir alle kennen seine Worte. Und weil sie so schön wahr sind, hier sind sie noch mal: »Wenn du ein Schiff bauen willst, dann trommle nicht Männer zusammen, um Holz zu beschaffen, Aufgaben zu vergeben und die Arbeit einzuteilen, sondern lehre die Männer die Sehnsucht nach dem weiten, endlosen Meer.«
Die in diesem Buch versammelten Porträts und Reportagen zeigen, was sich mit einer guten Portion Hingabe und Verve am Ende alles anstellen lässt. Manchmal ist das verwegen und wirklich mutig. Manchmal schier unglaublich. Dann wieder auch still, im Ergebnis eher leise und lyrisch, dabei nicht weniger mitreißend. Niemand Geringeres als Fontane lockte es schon auf eine Segelyacht. Von den Farben des Wassers und den Schattierungen des Windes ließ er sich auf seine Weise inspirieren. Zu Kunst - zu Literatur.
Natürlich geht es auch anders. Wenn heute zum Beispiel einer wie der Franzose François Gabart in einem gewaltigen Trimaran solo um die Welt segelt und das moderne Hochseesegeln auf eine andere Ebene hebt. Oder wenn einer wie Rudolf Ude in den 1930er-Jahren aufbricht und zu einem der ersten deutschen Fahrtensegler wird. Ohne Geld, ohne Sponsoren. Sein erstes Segel schnitt er sich als Junge aus der Küchenschürze seiner Oma. Bald aber segelte er los. Kurs Nordsee, Kurs Mittelmeer. Und natürlich kommen wir um ihn nicht herum: den sagenhaften Bernard Moitessier, der auf der ersten Einhandregatta um die Erde kurz vor dem Ziel seinen Sieg verschenkte und lieber nach Tahiti abdrehte. Was für ein Statement - Leidenschaft im ozeanischen Format.
Dann ist da der zeitgenössische Haudegen zur See Yvan Bourgnon, der in einem offenen Strandkatamaran um die Erde segelte. Da ist eine wie Suzanne van der Veeken. Die junge Holländerin trampt auf Segelschiffen durch die Weltgeschichte und begreift Leistungssteigerung eher als eine Form der Schmälerung. Seit Jahren kauft sie kein Plastik mehr, befreit das Meer, wo sie nur kann, von Müll und ermutigt Menschen auf ihre Weise, Leidenschaft zu entwickeln. Fürs Segeln, fürs Wasser.
Das alles geht. Sicher, Foils aus Carbon sind eine schöne Sache, die Physik des Vortriebs zu optimieren und die Kunst des Kreuzens zu perfektionieren, eine hehre Angelegenheit. Doch das alles ist nichts, wenn das Feuer nicht brennt. Der erste und wichtigste Treibstoff besteht darum noch immer aus dieser sonderbaren inneren Wucht namens Passion. Wie sagte Einstein? »Ich habe keine besondere Begabung, ich bin nur leidenschaftlich neugierig.« Heinrich Heine wurde deutlicher: »Ich bin das Schwert, ich bin die Flamme.«
Es sind Sätze, die zu hören in unseren glatten, digitalen, bequemen, aber auch auf neue Weise bedrohlichen Zeiten manchmal ganz guttut. Weil sie uns dazu animieren, die Temperatur hier und da wieder ein wenig hochzufahren. Weil sie anspornen, für Gutes zu glühen, statt im Pragmatischen zu versanden und immer nur auf dem schnellsten und kürzesten Weg zum nächsten Erfolg zu marschieren.
Und was wäre für diese kleine Leibesübung besser geeignet als das Segeln? In den meisten Fällen kommt es ohne große Maschinerie aus. Ohne Lärm, ohne Gestank, ohne Protz. Neben Leidenschaft und Entschlossenheit ist vor allem er die treibende Kraft: der Wind. Das Wunder strömender Luft. Auch und gerade wegen dieses Phänomens sind die vorliegenden Geschichten solche, die nur das Segeln schreiben kann. Kein Asphalt, kein Stadion, kein lautes Publikum. Da sind nur Wind und Meer. Die größte, älteste und göttlichste Bühne, die wir kennen. Sie derart zu befahren und zu bereisen, das ist elegant im erhabensten Sinne dieses Wortes. Für ihre Unterfangen - welcher Natur sie auch waren und sind - nutzten die beschriebenen Damen und Herren das wundersamste aller Antriebsmittel. Das Unsichtbare.
Und wenn nun auch Leidenschaft eine Form von Antrieb bedeutet: Gibt es eine schönere Entsprechung? Eine feinere Symbiose? Wenn die Motoren verstummen und der Wind übernimmt?
Die in diesem Buch beschriebenen Persönlichkeiten stammen aus den verschiedensten Epochen, sie besitzen die unterschiedlichsten Biografien, Berühmtheiten sind darunter, aber auch gänzlich unbekannte Namen - und doch verbindet sie alle diese eine Qualität. Sie alle sind dem Wasser auf besondere Weise verbunden. Sie alle haben ihre ganz eigenen Affären mit Wind und Wellen. Denn sie alle brennen für diese eine Sache, die wir gemeinhin Segeln nennen.
Natürlich ließen sich die Leben, Reisen und Abenteuer noch vieler anderer Seegehender hier aufnehmen: ob Magellan, Joshua Slocum, Éric Tabarly, Sir Peter Blake, Wilfried...
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