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Gibt man die Worte »Griechische Insel« mit Bilderfunktion bei Google ein, erscheint es: das hellenische Eiland schlechthin. Weiß gekalkte Türmchen, herrliche blaue Kuppeln, ein grandioser Sommerhimmel, der sich über pittoresk verschachtelte Häuschen und enge Gassen spannt, kontrastiert von einem tiefblauen Meer. Die Wirkung des Bildes ist frappant: Sofort stellt sich Sehnsucht ein. Sehnsucht nach gleißender Helligkeit, einer warmen Brise, die nach wildem Thymian duftet, nach einem Strand, der sich in der Mittagshitze wunderbar aufheizt. Der Weg zu diesem Strand führt über einen malerischen Trampelpfad, der aber nicht zu unwegsam ist, um ihn mit Ledersandalen zu bewältigen. Natürlich ist das Wasser in der Bucht glasklar. Und wenn sich nach dem erfrischenden, aber keinesfalls zu kühlen Bad der Appetit meldet, findet sich im Schatten der Tamarisken eine kleine Taverne, in der die Speisen nach Oregano, Olivenöl und Zitronensaft schmecken und geharzter Wein gereicht wird.
Kenner wissen: Bei dem Sehnsuchtsort auf dem Bild handelt es sich um Santorini. Dabei ist Santorini eigentlich ganz und gar nicht typisch für eine griechische Insel. Nirgendwo sonst in der Ägäis findet man so kühne Steilklippen. In Wahrheit ist auch längst nicht alle griechische Inselarchitektur weiß und blau. Manche Häuser sind bunt getüncht und errichtet im Griechischen Neoklassizismus - mit Schrägdächern und prächtig verzierten Haustüren. Dann wieder gibt es Häuschen aus kostbarem Naturstein, unverputzt und rustikal. Am bekanntesten jedoch ist sicherlich der sogenannte Inselstil: weiße Kuben mit einem Maß von drei mal vier Metern, typisch für die Kykladen und die Sporaden. Allerdings nicht für alle Kykladen. Kea beispielsweise sieht ganz und gar nicht aus wie eine Kykladeninsel, dort überwiegen die bereits erwähnten neoklassizistischen Häuschen in allen Farben, wie man sie unter anderem oft auf den Dodekanesinseln findet. Aber auch das ist nicht allgemeingültig.
Auf Rhodos zum Beispiel entdeckt man Ausnahmen. Rhodos ist zwar eine Dodekanesinsel, in dem Ort Lindos sind die Häuschen allerdings nicht bunt, sondern weiß wie auf den Kykladen. Ach ja, Dodekanes - das bedeutet übrigens Zwölferinseln. Tatsächlich sind es aber gar nicht zwölf, sondern doppelt so viele. Nun sind Sie endgültig verwirrt?
Kein Wunder. Tatsächlich gibt es auf den griechischen Inseln architektonisch beinahe nichts, was es nicht gibt: venezianische Paläste auf Korfu (aus der Zeit der venezianischen Herrschaft), Betonburgen auf Kos, sogar Bauhaus-Einflüsse auf der winzigen Insel Leros, bei denen es sich um Zeugnisse des Italienischen Realismus handelt.
Auch sonst herrscht Vielfalt - landschaftlich ist (fast) alles zu entdecken: Manche Inseln sind flach, manche bergig, einige sind grün, andere karstig. Es finden sich Felsenstrände und Kieselstrände. Selbst der Sand ist nicht überall gleich: Es gibt weißen Muschelsand, gelben aus zerriebenem Sandstein, außerdem Vulkanstrände in Rot, Schwarz, Grau. Auf Naxos und Kreta locken Dünenstrände. Auf Milos badet man in Buchten aus schneeweißem Kalksteintuff und fühlt sich wie in einer Mondlandschaft.
Es gibt weitgehend unbekannte Inseln wie Donousa oder Lipsi, die sich bestens für einen Urlaub im August eignen, denn dort geht es naturgemäß entspannter zu als auf großen Touristenmagneten wie Paros oder Mykonos. Kreta und Rhodos sind ideal für die ersten Sonnenstrahlen im Frühling, und fast hätte ich geschrieben, selbst Wintersportler kommen auf ihre Kosten - aber das stimmt nicht ganz. Das Skifahren ist nämlich nur auf Zypern möglich, wo ein kleines Skigebiet existiert, doch Zypern zählt nicht zu den griechischen Inseln, sondern bildet bekanntlich eine eigene Republik.
Fakt ist: Keine griechische Insel ist wie die andere. Aber diese Unterschiedlichkeit zur Gemeinsamkeit zu erklären - das wäre auch wieder zu leicht. Was also ist das Besondere an den griechischen Inseln? Das Charakteristische, was sie alle verbindet?
Nähert man sich dieser Frage an, stolpert man zunächst über eine Zahl: 3054. So viele griechische Inseln existieren - zumindest im Meer. Zählt man die Binneninseln auf dem Festland dazu, kommt man auf 3057. Sie liegen im Pamvotida-See und im Kleinen Prespasee. 3054 Meeresinseln also, 113 davon sind dauerhaft bewohnt. Ob es jemanden gibt, der all diese Inseln wirklich kennt? Ich bezweifle es. Als Rekordhalter gilt der Dichter Kimon Friar, der immerhin 46 Inseln bereiste - und zwar nicht nur, wie die Matrosen auf den Fährschiffen, lediglich die Häfen, sondern er verbrachte tatsächlich Zeit auf den Inseln und schrieb dort. Meine persönliche Liste ist nicht ganz so lang. Was Inselbesuche angeht, gehöre ich zu den Wiederholungstätern: Wenn es mir an einem Ort gefällt, dann komme ich immer wieder.
Als Münchner Tochter einer Griechin verbrachte ich als Kind die Sommerferien stets bei den Großeltern in Piräus - und auf dem von dort leicht erreichbaren Peloponnes und den Argolischen Inseln. Oft war ich auf Hydra, dem schicken Inselchen nahe Athen, das meine Mutter so mochte, weil dort auch immer ihre alte Schulfreundin Athina urlaubte. Deren Mann Takis war damals Steuerprüfer auf Hydra, weshalb wir in jedem Lokal wie Könige bedient wurden. Später, als ich fünfzehn oder sechzehn war, besuchten wir Poros, Hydras Nachbarinsel, wo wir in einem damals modernen Hotel mit Freiluftdisco und Strandbar abstiegen (heute würde man sagen: Beachclub). Bald darauf zog ich ohne Familie los, schlief auf Spetses im Schlafsack am Strand oder bewunderte mit meiner griechischen Cousine den Sonnenuntergang auf Santorini, der damals schon berühmt war. Ich tanzte auf Naxos zu Nisiotika (??s??t??a), der typisch griechischen Inselmusik, und wanderte Händchen haltend mit einer großen Liebe durch die Gassen von Symi. Ich erkundete Kreta und Korfu, Serifos und Sifnos, Kythnos und Rhodos und noch viele weitere Inseln.
Dann hatte ich erst mal genug. Wer will schon ständig ins selbe Land reisen? Die Welt ist doch so groß. Ich hatte vor, möglichst viel davon zu sehen. Doch am Ende habe ich meine Urlaubsbegleiter stets damit genervt, dass italienische Kirchtürme, spanische Zikaden oder südfranzösische Ginsterbüsche in Griechenland doch viel schöner wären. Nach fast zehn Jahren, in denen ich keinen Fuß auf eine griechische Insel setzte, erkannte ich: Ich hatte Heimweh - und buchte einen Hellas-Flug. Sofort verliebte ich mich erneut. Und diesmal kam ich nicht mehr los, die Liebe wuchs und wuchs. Ein Griechenlandaufenthalt pro Jahr reichte mir oft nicht mehr, deshalb reiste ich zusätzlich zum Sommer oft auch im Frühling, sogar im tiefsten Winter an - und entdeckte ein ganz anderes Land, mit grünen Hügeln, kräftigen Regengüssen und einer unvergleichlich frischen Luft, in der sich die Griechen selbst bei Kälte gerne aufhalten. Ich sage nur: Heizpilze. Ohne diese Stromfresser würden Griechen wohl eingehen, denn sie lieben es, trotz Regen und Wind unter einer Markise im Freien zu sitzen.
Zwei Inseln kenne ich inzwischen so gut, dass ich mich dort zu Hause fühle und nach der Ankunft erst einmal ein paar Tage brauche, um allen Hallo zu sagen. Die erste ist Chalki, ein Inselchen nahe Rhodos, wo die Häuser so nah am Meer stehen, dass man von den Terrassen ins gar nicht so kühle Nass springen kann (das Meer heizt sich im August bis auf 28 Grad auf!). Zahlreiche Familienurlaube haben wir dort zelebriert, stapelweise Fotos zeigen die Kleinen buddelnd im Sand oder mit Schwimmflügeln in türkisblauem Wasser. Aus späteren Jahren mischen sich dann ebenso viele Bilder aus Iraklia ins Fotoalbum, einem verträumten Eiland nahe Naxos, wo man beim Schnorcheln Wasserschildkröten beobachten kann (wenn man Glück hat). Zu jenem Zeitpunkt hatte mein Sohn schon die erste Freundin dabei.
Womit ich nur sagen will: Ich reise nicht erst seit gestern auf die Inseln. Ich fühle mich in ihnen verwurzelt. Eine Weile dachte ich sogar darüber nach, mir ein Häuschen oder ein Apartment auf einer der bewohnten 113 Inseln zuzulegen. Aber ich schaffte es nie, einer einzigen Insel den Vorzug vor allen anderen zu geben. Dann hatte ich eine Idee: Ich renovierte das baufällige Häuschen meiner Familie in Piräus, wo ich einst meine Sommerferien verbrachte, und befinde mich nun immer in Sprungweite zu allen Inseln. Die Fähren fahren schließlich direkt unten im Hafen ab.
Mittlerweile weiß ich auch, was die griechischen Inseln in Wahrheit so besonders macht: Es ist das Licht. »Es gibt nirgends solche Strahlen, nicht in Italien, nicht in Spanien«, schrieb der britische Schriftsteller und Griechenlandliebhaber Lawrence Durrell, der jahrelang auf Rhodos lebte und gemeinsam mit Henry Miller Korfu bereiste. Er wusste: Im griechischen Licht wird »jede Zypresse zum Sinnbild der Zypresse«, zur platonischen Idee von der Zypresse gar.
Durrells Worte stammen aus dem Jahr 1978, doch am grandiosen griechischen Licht hat sich in der Zwischenzeit nichts geändert. Wie ein Brennglas illuminiert es alle Dinge in seinem Strahlfeld. Selbst ein gewöhnlicher Insel-Esel wird von diesem Licht einzigartig ausgeleuchtet - nach dem Motto: Es werde Esel! Natürlich scheint dieses Licht auch aufs Festland. Das allgegenwärtige Meer filtert es jedoch auf eine Weise, die Euphorie auslöst und süchtig macht. Da geht es mir nicht anders als den Griechen. Sie hängen wie Junkies an ihrem Land - und seinem Licht. Verfrachtet man einen Inselgriechen in den Norden, wird er schwermütig. Mein Athener Freund und Lichtliebhaber Nikos zum Beispiel fährt niemals in Urlaub. Nicht, dass er noch nie gereist wäre. Doch es hat ihm...
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