Schweitzer Fachinformationen
Wenn es um professionelles Wissen geht, ist Schweitzer Fachinformationen wegweisend. Kunden aus Recht und Beratung sowie Unternehmen, öffentliche Verwaltungen und Bibliotheken erhalten komplette Lösungen zum Beschaffen, Verwalten und Nutzen von digitalen und gedruckten Medien.
Durch die Verlagerung in die Online-Welt, hat sich die Meeting-Kultur bei fast allen Unternehmen gravierend verändert. Stellen Meetings schon im realen Besprechungsraum eine Herausforderung dar, wächst die Komplexität um ein Vielfaches im virtuellen Meetingraum. Die Folge: Jede Menge Pannen bei der Durchführung und das Gefühl bei den Teilnehmenden, dass virtuelle Meetings einfach nur anstrengend und wenig erfolgreich sind.
Das Buch vermittelt auf unterhaltsame, aber dennoch fachlich fundierte Weise, was die größten Fails bei Online-Meetings sind und wie man sie vermeidet. Den Leser:innen werden konkrete Anleitungen, praktische Tipps und Checklisten an die Hand gegeben, die Moderator:innenrolle in der virtuellen Welt sicher und souverän wahrzunehmen.
Das Ziel, sich möglichst nicht zu blamieren, birgt allerdings eine Falle: die Falle des Perfektionismus. Auf der einen Seite könnte ich diesem Umstand dankbar sein. Denn warum sonst würden Unternehmen für ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Trainings bei mir buchen, in denen diese lernen, virtuelle Meetings erfolgreich geleitet werden, wenn nicht das Streben dahinterstecken würde, sich möglichst pannenfrei und perfekt durch die virtuelle Welt zu bewegen? Warum sonst hätten Sie sich mein Buch gekauft, wenn das nicht auch Ihr Anspruch wäre?
Und mal ehrlich: Perfektion und Argumente dafür, warum das Streben danach ein unbedingtes »Muss« sein sollte, werden uns ja auch jeden Tag immer wieder vor Augen gehalten. Gerade durch die Digitalisierung. Sehen wir doch jeden Tag in den sozialen Medien und in der Werbung, wie perfekt wir oder unser Leben sein sollte: Überall Bilder von Menschen, die alle dem Anspruch eines Top-Models gerecht werden könnten - auch wenn bei den meisten vermutlich durch Bildbearbeitung kräftig nachgeholfen wurde. Und jeden Tag Bilder und Videos von Menschen, die uns das Gefühl vermitteln, dass man sowohl beruflich maximal erfolgreich und auch noch fürsorgliche Eltern und liebevolle Ehefrau oder liebevoller Ehemann sein kann. Ach ja, und das natürlich bei Traummaßen, täglichem Sport und gesunder Ernährung. Wer nicht perfekt ist, hat in unserer heutigen Welt gefühlt keinen Platz und schon gar keinen Erfolg.
Hinzu kommt: Die Falle des Perfektionismus wird durch die Falle des Sich-Vergleichens noch verstärkt.
Gut zu wissen
Vergleichen Sie sich nicht!
Wie oft haben Sie schon gedacht:
Sich permanent mit anderen zu vergleichen ist genauso kontraproduktiv, wie nach Perfektionismus zu streben. Beides macht unzufrieden und ist auf Dauer weder für die eigene Motivation noch für die Gesundheit förderlich. Mit dieser Verhaltensweise ist nämlich immer auch die Angst verbunden, den eigenen Ansprüchen an sich selbst, aber auch den vermeintlichen Ansprüchen der anderen nicht gerecht zu werden. Zudem die Angst, zu versagen. Und Angst ist kein guter Begleiter in unserem Leben.
Abb. 4: Perfektion steht uns oft im Weg. (Foto: MillaF/Shutterstock)
Schön, dass das auch Profis passiert
Dass in der virtuellen Welt kein Platz für Perfektionismus ist, erlebe auch ich immer wieder. Natürlich ist das kein Freifahrtschein, sich nicht gut vorzubereiten. Eine gute Vorbereitung ist essentiell für den Erfolg eines Online-Meetings. Aber die innere Haltung zu finden, zu sagen »O.k., ich habe das Bestmögliche dafür getan, dass das virtuelle Meeting erfolgreich verlaufen wird, alles andere liegt jetzt nicht mehr in meiner Hand«, ist fast eine überlebensnotwendige Einstellung, um die ungeplanten Situationen in der Online-Welt mit Ruhe und Gelassenheit zu meistern.
SO IST ES MIR ERGANGEN
Vor einigen Wochen veranstaltete ich wieder ein Online-Training zum Thema »Virtuelle Meetings erfolgreich leiten« auf der Plattform Adobe Connect. Ich war gut vorbereitet. Ich fühlte mich sicher in der Bedienung des Tools, meine externe Webcam und das externe Mikrofon waren an den Rechner angeschlossen, die Präsentationen gerichtet. Auch mein Setting - mit einem schönen physischen Hintergrund, meinen Blättern auf dem Flipchart und der Agenda auf der Leinwand - gab ein einladendes Bild vor der Kamera ab. Ich hatte mich gut über die Teilnehmenden informiert, und somit konnte eigentlich nichts schiefgehen. Für meinen Anspruch war alles perfekt. Sie sehen, auch ich stecke manchmal in der Perfektionsfalle.
Beim morgendlichen technischen Check mit meiner Co-Moderatorin noch vor dem Training erhielt ich dann allerdings die Hiobsbotschaft, dass sie mich nur ganz leise verstehen konnte. Sie hörte nur ein Flüstern. Und das ist natürlich keine Basis, um ein zweitägiges Training erfolgreich durchzuführen. Bislang hatte Adobe Connect meine externen Geräte immer problemlos erkannt, doch an diesem und auch am nächsten Morgen war mein externes Mikrofon einfach nicht zum Laufen zu bringen. In der Not kam dann mein kabelgebundenes Headset zum Einsatz, was meinem perfektionistischen Anspruch so gar nicht entsprach.
Aber es hat mir wieder gezeigt, dass wir es leichter haben, wenn wir uns frei von Perfektion machen. Und, dass niemand perfekt ist.
In meinen Trainings starte ich häufig mit einem Video von Angela Merkel, das unter dem Titel »Can you hear me?« auf YouTube zu finden und dort schon mehrere hunderttausend Mal angeklickt wurde. Das Video zeigt einige technische Herausforderungen, die Angela Merkel bei der Begrüßung von Teilnehmenden eines Meetings mit der World Health Organization (WHO) hat. Zu sehen, dass niemand vor Pleiten, Pech und Pannen gefeit ist und solche Dinge selbst auf der »obersten Ebene« passieren, ist für uns eine gute Berechtigung, dass bei unseren Online-Meetings auch mal etwas schiefgehen darf.
Abb. 5: Niemand ist vor technischen Pannen gefeit. (Foto: YouTube/DW News)
Auch einen zweiten Aspekt finde ich hier noch ganz wichtig: Solche Beispiele zeigen uns, dass wir mit unseren Herausforderungen nicht allein sind, dass wir in manchen Situationen mit dem gleichen Schicksal zu kämpfen haben. Und dass solche Situationen menschlich sind und menschlich machen.
Ich kann mich noch gut an eines meiner ersten Online-Trainings auf MS Teams erinnern. Auch hier hatte ich mich gut in die Technik und die Bedienung der Plattform eingearbeitet. Ich war beim Training in Action und hatte für die Präsentation einer PowerPoint-Folie meinen Bildschirm geteilt. Um den Präsentationsmodus zu beenden, muss man bei Teams ein kleines »x« anklicken, neben einem großen, farblich rot hinterlegten Button »Beenden«. Und »Beenden« bedeutet in Teams, dass man sich aus dem Meeting verabschiedet. Sie ahnen schon: Statt auf das x hatte ich aus Versehen auf »Beenden« geklickt. Bei jedem anderen Programm wird man gefragt, ob man das Meeting auch wirklich verlassen möchte. Bei Teams nicht. Somit war ich als Moderatorin aus dem Meeting verschwunden. Ungünstig, gefühlt. Ich habe mich dann schnell wieder eingeloggt, woraufhin mich die Teilnehmenden mit dem Kommentar empfangen haben: »Schön, dass das auch Profis passiert. Das beruhigt uns.«
Einer meiner Trainerkollegen zitiert in solchen Situationen ein schönes Sprichwort: Perfektion schafft Aggression. Das kann ich nur unterstreichen.
Wir wollen keine Perfektion
Wir wollen keine perfekten Menschen, keine perfekten Situationen, weil das unnatürlich und auf Dauer anstrengend und demotivierend ist.
Zudem hält uns Perfektion davon ab, uns weiterzuentwickeln und aus unseren Fehlern zu lernen.
So unschön Fehler auch sind und es sich unangenehm anfühlt, zu scheitern oder eine wirkliche Panne zu erleben, so wichtig sind solche »Fuck-up-Situationen« jedoch für unsere persönliche und berufliche Weiterentwicklung. Ich würde sogar sagen, sie sind lebensnotwendig. Ohne meine eigenen Pleiten, Pech und Pannen bei Online-Meetings und -Trainings wäre dieses Buch nicht entstanden. Und ohne selbst Stolpersteine erlebt zu haben, hätten Sie sich mein Buch vermutlich auch nicht gekauft. Das zeigt wieder einmal: Jedes Scheitern, jede Panne ist gleichzeitig die Chance auf etwas Neues.
Scheitern hat aber immer noch ein Image-Problem. Vor allem in Deutschland. Wir zelebrieren regelrecht die Abneigung davor, etwas nicht zu schaffen oder zu versagen. Interessanterweise lassen wir uns als Kleinkind aber nicht davon abbringen, erst nach 5.000 Fehlversuchen das Laufen zu lernen. Mit fortschreitender Lebensphase wächst jedoch die Angst vor dem Scheitern. Bei einer vermeintlichen Niederlage lassen wir uns von dem Gefühl überwältigen, versagt zu haben. Wir zweifeln an unseren Fähigkeiten und im schlimmsten Fall sogar daran, wer wir sind und ob wir überhaupt »gut genug« sind. Gerade in Deutschland hat uns die Leistungsgesellschaft fest im Griff. Nur...
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