Schweitzer Fachinformationen
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In den letzten Jahren haben die Verlockungen des Optionshandels die Fantasie von Millionen neuer Anleger angeregt. Geschichten über lebensverändernde Summen, die über Nacht verdient wurden, haben dazu beigetragen, dass der Optionshandel heute als Weg zu sofortigem Reichtum angesehen wird. Doch die Realität ist weit weniger rosig. In diesem Kapitel räumen wir mit dem populär gewordenen romantischen Bild des Optionshandels auf und zeigen aus der Sicht eines Profis, wie erfolgreicher Optionshandel aussieht.
Wichtigste Erkenntnisse:
1.Der einfache Zugang zu Trading-Plattformen und Online-Trading-Gemeinschaften hat zu einem Boom des privaten Optionshandels geführt.
2.Amateur-Optionshändler bevorzugen den Kauf billiger Call-Optionen aufgrund von zwei natürlichen menschlichen Neigungen: Aversion gegen extreme Verluste und Überschätzung von Ereignissen mit geringer Wahrscheinlichkeit.
3.Diese billigen Optionen verfallen fast immer wertlos und verursachen einen Gegenwind, dem selbst die erfahrensten Anleger nur schwer standhalten können.
4.Der professionelle Weg zum erfolgreichen Optionshandel führt über den Verkauf von Optionen mit kleinen, aber beständigen Gewinnen.
Werfen wir einen Blick in die Vergangenheit, in das Jahr 1990: Um damals ein Brokerkonto für den Handel mit Optionen zu eröffnen, mussten Sie ein Brokerbüro persönlich aufsuchen. Ein gut gekleideter Herr (es waren fast immer Männer) überreichte Ihnen einen mehrere Seiten langen Antrag, den Sie von Hand ausfüllen mussten. In diesem Formular wurden Angaben zur Person, zu den finanziellen Verhältnissen, zur Anlageerfahrung und zum Verständnis der mit dem Optionshandel verbundenen Risiken abgefragt.
In jener Zeit achteten die Broker besonders streng darauf, dass Sie die Produkte, mit denen Sie handeln wollten, auch verstanden. Voraussichtlich hätte man Ihnen einen Fragebogen vorgelegt, in dem Sie ein gewisses Maß an Wissen über Optionen, Optionsstrategien, die damit verbundenen Risiken und die Finanzmärkte im Allgemeinen nachweisen mussten.
Angesichts der mit dem Optionshandel verbundenen Risiken verlangten die Broker auch einen Nachweis über Ihre finanzielle Situation, einschließlich Ihres Nettovermögens, Ihrer liquiden Mittel, Ihres Einkommens und Ihrer Anlageziele. Diese Informationen wurden ausgewertet, um festzustellen, ob der Optionshandel für Sie geeignet war und in welchem Umfang Sie am Optionshandel teilnehmen durften.
Nach Einreichung Ihres Antrags dauerte das Zulassungsverfahren wahrscheinlich mehrere Tage oder sogar Wochen. Im Gegensatz zu den heutigen fast sofortigen Online-Zulassungen wurde Ihr Antrag von einem Team des Brokerunternehmens geprüft. Es gab keine Garantie für eine Zulassung - oder einen Erfolg versprechenden Einspruch im Falle einer Ablehnung.
Auch nach der Zulassung war der Handel mit Optionen damals ein brokergestützter Prozess. Sie platzierten Ihre Aufträge per Telefon, indem Sie direkt mit einem Broker sprachen, der die Aufträge in Ihrem Namen ausführte. Dieser Prozess war nicht annähernd so unmittelbar wie das Klicken auf eine Schaltfläche auf einer Trading-Plattform. In Zeiten hoher Marktvolatilität konnte er stressig und zeitraubend sein. Außerdem war er teuer. Die Optionsprovisionen umfassten oft eine Grundprovision pro Trade von 30 bis 50 Dollar (inflationsbereinigt heute über 100 Dollar) und eine "Pro Kontrakt"-Gebühr von zwei Dollar. Die Gesamtprovision für einen 100-Dollar-Trade konnte leicht 50 Dollar übersteigen, was kleine Trader abschreckte und den Kauf von Optionen mit längeren Laufzeiten begünstigte.
Heutzutage ist der Zugang zum Optionshandel dagegen völlig anders. Man kann innerhalb von Minuten ein Optionshandelskonto eröffnen, ohne dass man über ein bestimmtes Nettovermögen oder Anlageerfahrung verfügen muss. Brokerhäuser werben aggressiv um Optionshändler, sie haben die Provisionen für Optionen gesenkt (in vielen Fällen auf null) und die Eröffnung von Margin-Konten (Einschusskonten) einfacher denn je gemacht.
Abbildung 1.1 stammt aus einer aktuellen Studie über den Erfolg von privaten Optionshändlern (de Silva, So und Smith, 2023) und zeigt den jüngsten Boom des privaten Optionshandels. Die Daten wurden ausschließlich an Nasdaq-Börsen ermittelt (es hat sich als ziemlich schwierig erwiesen, an Daten heranzukommen, die explizit den privaten Optionshandel betreffen), aber sie dürften repräsentativ für den Boom des Privathandels an allen Optionsbörsen sein.
Die sozialen Medien spielen bei diesem Boom des privaten Optionshandels eine große Rolle, denn jeder, der über einen Internetanschluss verfügt, kann für sich in Anspruch nehmen, ein Guru des Optionshandels zu sein. Auf Online-Plattformen wimmelt es von Personen, die mit astronomischen Trading-Gewinnen prahlen und Screenshots ihrer sechsstelligen Konten präsentieren. Es ist jedoch wichtig, sich bewusst zu machen, dass diese Momentaufnahmen nicht auf dauerhaften Erfolg hindeuten, sondern oft das Ergebnis hochriskanter Strategien sind, die genauso gut zu katastrophalen Verlusten hätten führen können.
Abbildung 1.1Volumen des privaten Optionshandels am Optionsmarkt der Nasdaq und an der Nasdaq PHLX
Ein leuchtendes Beispiel für den Einfluss sozialer Medien war der Meme-Aktien-Wahn von 2020 bis 2021. Meme-Aktien sind Aktien, die durch Social-Media-Plattformen und Online-Foren wie Reddit, insbesondere das Subreddit r/wallstreetbets, schnell an Popularität gewannen. Paradebeispiele für solche Aktien waren GameStop (GME) und AMC Entertainment (AMC).
Aufgrund ihrer schlechten Fundamentaldaten hatten Hedgefonds und andere professionelle Anleger viele dieser Aktien stark geshortet. Beim Shorten (Leerverkauf) werden Aktien von anderen Anlegern geliehen und anschließend in der Hoffnung verkauft, sie in der Zukunft zu niedrigeren Kursen zurückzukaufen. Wenn die Aktien eines Unternehmens stark geshortet wurden, bedeutet dies, dass es schwierig sein kann, Aktien zu finden, die man leihen oder kaufen kann. Im Bewusstsein, dass ein kollektives Vorgehen zu einem "Short-Squeeze" (Angebotsknappheit nach einem Leerverkauf) führen könnte, bei dem die professionellen Anleger aufgrund von Risikolimits ihre Positionen überstürzt zurückkaufen müssten, schlossen sich Gruppen von Privatanlegern mithilfe von Social-Media-Plattformen zusammen, um diese Aktien mit der Aussicht auf steigende Kurse zu kaufen (long zu gehen) und einen Squeeze der Short-Positionen der professionellen Anleger zu erzwingen.
Andere Privatanleger, die sich zu Hause langweilten und auf ihren Covid-19-Unterstützungszahlungen saßen, strömten massenhaft in den Markt. Diese neuen Anleger konzentrierten sich auf Optionen, da diese im Vergleich zum direkten Kauf von Aktien niedrigere Einstiegskosten und ein begrenztes (oder "gedeckeltes") Verlustpotenzial aufweisen. Optionen können zudem eine beträchtliche Hebelwirkung entfalten, da die Trader mit einem relativ geringen Kapitaleinsatz eine große Anzahl von Aktien kontrollieren können. Steigt der Aktienkurs, können Call-Optionen rasch an Wert gewinnen, was wiederum zu erheblichen Gewinnen führen kann.
Dieses Vorgehen brachte den ersten Privatanlegern Gewinne ein und versetzte mehreren Hedgefonds schwere Schläge. Nachdem die Hedgefonds erkannt hatten, dass sich die Positionen gegen sie entwickelten, versuchten sie zunächst, ihre Short-Positionen zu erhöhen, da sie eine Gewinnchance witterten. Als die privaten Optionskäufer in den Markt drängten, führte der Absicherungsbedarf der Marketmaker, die diese Optionen verkauften, zu einem verstärkten Kauf der Basiswerte. Mit steigenden Aktienkursen begannen weitere Käufer in Form von passiven Indexfonds zu kaufen. GameStop zum Beispiel wurde kurzzeitig zum größten Wert im Russell 2000 Index. Nachdem der US-Finanzdienstleister Vanguard in der Panik des Frühjahrs 2020 rund 18 Millionen Aktien zu einem Durchschnittspreis von etwa 1,00 Dollar verkauft hatte, kaufte er in den folgenden Quartalen knapp vier Millionen Aktien zu einem Durchschnittspreis von 41,00 Dollar pro Aktie. Als der Kurs stieg und sich Gerüchte über eine Krise verbreiteten, stürzten sich auch andere professionelle Anleger ins Getümmel und kauften weitere Aktien.
Bedauerlicherweise waren die meisten Privatanleger weder mit Optionen noch mit Fundamentaldaten vertraut und erlitten Verluste, als professionelle Trader auf den Plan traten. Auch Jahre später finden sich auf Twitter und anderen Social-Media-Websites noch Berichte über die schmerzhaften Nachwirkungen dieser Erlebnisse.
Trotz der Fülle an Informationen, die...
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