Kleine große Stadt und eine Wanderung auf den Vulkan
17.12.2013 - Auckland
Um 6:14 Uhr stehen wir dann wieder auf. Die Nacht war zu kurz und sehr sehr unruhig. Ständig habe ich auf die Uhr geschaut und mich gezwungen, noch liegen zu bleiben. Die Matratzen sind weich und bei jeder Bewegung hüpfe ich auf und ab, wie auf einem Luftkissen. Als ich aufstehe, habe ich Gliederschmerzen. Vor Allem meine Handgelenke schmerzen, als wäre ich draufgefallen. Doch das wird erstmal ignoriert. Nach dem Duschen geht es zum Frühstück runter. Ein Rest Luxus, bevor wir unseren Camper übernehmen. Das Frühstück ist sehr einfach und nicht alle Sachen wirken noch frisch, aber die Angestellten sind freundlich und kümmern sich gut um die Gäste. Ich probiere gleich mal ein Toast mit Marmite. Für die Neuseeländer gibt es den Kiwi, den Farn, die "All Blacks" und Marmite . ein beliebter Brotaufstrich.
Gelesen und gehört habe ich schon so viel davon, dass ich es gar nicht abwarten kann, endlich davon zu probieren. Ungeduldig warte ich, bis mein Toast perfekt gebräunt ist, dann schön Butter drunter und den Aufstrich drauf. Sieht irgendwie aus wie Ahornsirup und der schmeckte direkt in Kanada auch ziemlich gut. Der Toast kracht super lecker und frisch, als ich herzhaft hineinbeiße. Meine allererste Mahlzeit hier in Neuseeland!
Ich könnte kotzen! Schnell schnappe ich mir die Serviette vom Nachbartisch und spucke, ohne mich umzuschauen alles in das Tuch. Am liebsten würde ich mir noch die Zunge abwischen, mit einem Löffel abkratzen und etwas stark Alkoholisches hinterher trinken. Nur um diesen Geschmack loszuwerden. Geblendet vom goldgelben Brot und der glänzenden dunklen Paste, hatte ich etwas komplett anderes erwartet. Doch Marmite schmeckt nicht süß, sondern irgendwie . salzig . so, als hätte ich mir einen alten Brühwürfel aufs Brot geschmiert. Man möge mir meine deutlichen Worte an dieser Stelle verzeihen, aber etwas derart Ekliges habe ich noch nicht gegessen. Die Werbung einer bekannten Firma bringt es auf den Punkt. "Liebe es. Hasse es. Nur vergiss es nicht." Vergessen werde ich es wohl nicht.
Der Kaffee schmeckt scheußlich, das Obst hat seine besten Tage hinter sich, die Wurst ist gewöhnungsbedürftig. Also mümmeln wir mehr oder weniger lustlos vor uns hin und konzentrieren uns sowieso viel mehr auf den bevorstehenden Tag und das, was uns erwartet. Lisa ist mit dem Adapter beschäftigt, den wir im Zimmer schon mal in Gebrauch nehmen wollten, der aber partout nicht in die lustigen Steckdosen (sie sehen aus wie Scream-Masken) passen will. Also säbeln wir mit den Frühstücksmessern an den Plastiknasen herum, die den Adapter daran hindern, richtig in der Steckdose abzuschließen. Das ist eine nervenaufreibende und schwierige Angelegenheit, die auch bald wieder die Kellnerin auf den Plan ruft. Interessiert erkundigt sie sich, was wir machen und als sie versteht, überlegt sie gleich mit, wie man am besten vorgehen sollte.
Draußen scheint die Sonne, die Einkerbungen des Adapters sind nach langem Säbeln mit dem stumpfen Messer gekürzt und so wollen wir jetzt endlich in das Zentrum von Auckland.
Das ist einfacher gesagt, als getan. Das Hotel liegt im Ortsteil Mangere und bis zum Zentrum sind es rund 20 km. Das schaffen wir nicht zu Fuß. Ein Bus fährt nicht von hier. Uns bleibt also nur eine Fahrt mit dem Taxi übrig und das schmeckt uns gar nicht. Das ist der erste große Posten und der schlägt schon kräftig zu Buche. Im Moment können wir noch nicht so richtig einschätzen, wie gut wir mit dem geplanten Budget hinkommen, sehen aber ziemlich schwarz. Die öffentlichen Verkehrsmittel sollen in Neuseeland ziemlich teuer sein, wie teuer ist da erst ein Taxi? Doch an der Rezeption versichert man uns, dass es da leider keine Alternative gibt. Also rufen wir uns jemanden vom Unternehmen "Discount Taxi". Diese Firma fährt wohl etwas günstiger und macht einen ungefähren Kostenvoranschlag.
Die Fahrt zieht sich dann auch ganz schön hin und wir schauen und schauen und warten auf die große Stadt Auckland. Doch es bleibt so klein und beschaulich. Mit über 1,4 Millionen Einwohnern lebt hier zwar ein Drittel des Landes, doch aufgrund der rund 50 inaktiven Vulkane gibt es viele Parkanlagen und der Großteil der Bewohner lebt in Einfamilienhäusern, die Auckland sehr weitläufig machen. Auch die Lage am Meer mit Stränden und Buchten prägen das Bild der Stadt und ihren Beinamen "City of Sails".
Unser Taxifahrer erzählt uns, dass es hier in Auckland im Winter - von Juni bis August - nie kälter als 0° Celsius wird und die Kiwis trotzdem auch Weihnachtsbäume aufstellen. Diese wären aber sehr überteuert, deshalb benutzt seine Familie seit Jahren einen künstlichen. Das haben wir zu Hause auch. Nadelt weniger und es müssen keine echten Bäume dafür dran glauben. Er mag außerdem Wellington viel lieber als Auckland, was auch daran liegt, dass die "City of Sails" seiner Meinung nach völlig überteuert ist. Wenn man sich die Immobilienpreise so anschaut und mit dem Rest des Landes vergleicht, dann hat er wohl Recht.
Das Taxi setzt uns im Zentrum an der Town Hall ab und wir bezahlen 35,- $. Heute also kein üppiges Abendessen mehr, denn wir müssen ja noch zurückfahren, was dann insgesamt 70,- $ macht und wir wissen auch nicht, wo wir noch Eintritt zahlen müssen oder andere Ausgaben haben werden.
Es ist sehr windig, um die 30°C und irgendwie schwül und feucht. Der Himmel aber ist klar und von einem Babyblau, wie wir es aus Deutschland nicht kennen. Die Sonne knallt erbarmungslos auf uns nieder und wir suchen uns erstmal Schatten. Gut, dass wir uns kräftig mit Sonnencreme eingeschmiert haben. Das ist auch nötig, denn die Ozonschicht über der Südhalbkugel ist bekanntermaßen sehr dünn und aufgrund der klaren, kaum verschmutzten Luft ist die Sonneneinstrahlung auch stärker. Sonnenschutz ist deshalb hier extrem wichtig und wird nach dem Motto "Slip, slop, slap and wrap." praktiziert. "Slip into a shirt. Slop on some sunscreen. Slap on a hat with a brim or a cap with flaps. Wrap on a pair of sunglasses." Daran werden wir uns die nächsten Wochen immer halten.
Der nächste bleibende Eindruck sind die vielen exotischen Vogelstimmen, die wir selbst in der Stadt vernehmen und die uns den gesamten Aufenthalt lang hier begleiten werden. Viele bunte Vögelchen flattern oder spazieren um uns herum und immer wieder bleiben wir stehen; sehen, hören und genießen. In Deutschland ist es zwar nicht ganz so kalt diesen Winter, aber die vielen bunten Blumen, das vielfältige Stimmengewirr der Vögel und der blaue Himmel versetzen uns augenblicklich in Hochstimmung. Vergessen ist die Anstrengung der letzten zwei Tage und der Jetlag, den wir ganz gut wegstecken. Jetzt haben wir Lust, dieses Land zu erkunden.
Wir beginnen an der Town Hall, in der Queen Street, der Haupteinkaufsstraße in Auckland. In dieser Straße befinden sich bekannte Gebäude wie das Auckland Fährgebäude aus Sandstein, der Britomart, das Civic Theatre und die Kunstgalerie, die Stadthalle, das Aotea Centre usw.
Wir stoppen zunächst am Aotea Square, einem großen öffentlichen Platz, der für Konzerte und andere kulturelle Veranstaltungen genutzt wird. Hier befinden sich das ASB- und das Herald Theater und Kunstgalerien. Außerdem staunen wir über einen großen Bogen, ein traditioneller Eingang der Maori aus Holz, auf dem kulturelle Symbole wie Vögel, Fische, Mond und Sterne, aber auch das Zeichen für nukleare Abrüstung zu sehen sind. Vor dem Center stehen überall Weihnachtsbäume aus grünen Flaschen und wir erinnern uns: Da war ja noch was. Kann einem glatt verloren gehen hier in der Hitze.
Als nächstes suchen wir die Central City Library in der Lorne Street auf. Das ist nur ein paar hundert Meter um die Ecke. Dort melden wir uns an und bekommen so Gratis-Zugang zum Internet. Zeit, um die erste Mail zu verschicken.
Von hier laufen wir dann die Queen Street herunter zur Quay Street an den Hafen. Auf dem Weg suchen wir uns jedoch erst einen Supermarkt, um etwas zu trinken zu kaufen. Es ist heiß. Neugierig stöbern wir im Markt und beeilen uns dann doch. Die Zeit verfliegt nur so. Dann sind wir ein bisschen ratlos, aufgrund der Fülle an Möglichkeiten und der Kürze der Zeit.
Wir sortieren kurz. Man könnte den Hafen anschauen oder nochmal in die Innenstadt zurückkehren, denn da gibt es den kostenlosen Innercircuit, ein Bus für eine Stadtrundfahrt. Am Hafen ist jedoch die i-SITE, die Besucher-Information und die suchen wir dann auf. Doch hilfreich ist man hier nicht. Obwohl ich überall vom Innercircuit gelesen habe, weiß man hier nichts davon. Diese roten Busse sind elektrisch betrieben und befahren vom Britomart, die Queen Street, die Universität, das Civic Theater, den Skytower und einige andere Punkte bis man wieder am Britomart ankommt. Leider wussten wir das zu diesem Zeitpunkt auch nicht so ausführlich, also verließen wir uns darauf, dass die Mitarbeiter der i-SITE schon besser Bescheid wissen als wir. Statt Tipps bekamen wir Broschüren über Ausflüge in die Hand gedrückt. Man bewarb Programme und Trips, leider alle ziemlich teuer und für die restlichen Stunden, die wir zur Verfügung hatten, überhaupt nicht geeignet. Irgendwann schnallten wir, dass man hier nur verkaufen wollte und machten uns wieder auf den Weg. So ganz auf der Höhe waren wir wohl doch nicht, sonst hätten wir schon eher reagiert. Unser erster Kontakt mit den i-SITEs, auf die wir in den folgenden Wochen so sehr angewiesen waren, enttäuschte uns ziemlich und wir fragten uns, ob das wohl so weitergehen würde.
Die Müdigkeit übermannte uns so nach und nach wieder und da wir immer noch ein bisschen planlos waren, muffelten wir uns irgendwann gegenseitig an. Lisa...