II. Arbeitsgesetz
vom 29. Dezember 1966
I. Geltungsbereich
Art. 1
Betrieblicher und persönlicher Geltungsbereich
1) Das Gesetz ist, unter Vorbehalt der Art. 2 bis 4, anwendbar auf alle öffentlichen und privaten Betriebe.
2) Ein Betrieb im Sinne des Gesetzes liegt vor, wenn ein Arbeitgeber dauernd oder vorübergehend einen oder mehrere Arbeitnehmer beschäftigt, unabhängig davon, ob bestimmte Einrichtungen oder Anlagen vorhanden sind. Wenn die Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des Gesetzes nur für einzelne Teile eines Betriebes gegeben sind, ist das Gesetz nur auf diese anwendbar.
3) Auf Arbeitnehmer, welche ein im Ausland gelegener Betrieb in Liechtenstein beschäftigt, ist das Gesetz anwendbar, soweit dies nach den Umständen möglich ist.
Art. 2
Ausnahmen vom betrieblichen Geltungsbereich
1) Das Gesetz ist, unter Vorbehalt von Art. 3a, nicht anwendbar:
a) auf die Staatsverwaltung und die Gemeindeverwaltungen unter Vorbehalt von Abs. 2;
b) auf Betriebe der landwirtschaftlichen Urproduktion mit Einschluss von Nebenbetrieben, in denen überwiegend die Erzeugnisse des Hauptbetriebes verarbeitet oder verwertet werden, sowie auf örtliche Milchsammelstellen und die damit verbundenen Milchverarbeitungsbetriebe;
c) auf Betriebe mit überwiegend gärtnerischer Pflanzenproduktion unter Vorbehalt von Abs. 3;
d) auf private Haushaltungen.
2) Die Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechtes, die der Staatsverwaltung gleichzustellen sind, sowie die Betriebe des Staates und der Gemeinden, auf die das Gesetz anwendbar ist, werden durch Verordnung bezeichnet.
3) Auf Betriebe mit überwiegend gärtnerischer Pflanzenproduktion, die Lehrlinge ausbilden, können einzelne Bestimmungen des Gesetzes durch Verordnung anwendbar erklärt werden, soweit dies zum Schutze der Lehrlinge erforderlich ist.
Art. 3
Ausnahmen vom persönlichen Geltungsbereich
Das Gesetz ist, unter Vorbehalt von Art. 3a, ferner nicht anwendbar:
a) auf Personen geistlichen Standes und andere Personen, die im Dienste von Kirchen stehen, sowie auf Angehörige von Ordensund Mutterhäusern oder anderer religiöser Gemeinschaften;
b) auf das in Liechtenstein wohnhafte Personal öffentlicher Verwaltungen ausländischer Staaten oder internationaler Organisationen;
c) auf Arbeitnehmer, die eine höhere leitende Tätigkeit oder eine wissenschaftliche oder selbständige künstlerische Tätigkeit ausüben;
d) auf Assistenzärzte, Lehrer an Privatschulen sowie auf Lehrer, Fürsorger, Erzieher und Aufseher in Anstalten;
e) auf Heimarbeiter;
f) auf Handelsreisende.
Art. 3a
Vorschriften über den Gesundheitsschutz, die Ruheund Arbeitszeit und den Sonderschutz für Jugendliche
1) Die Vorschriften dieses Gesetzes über den Gesundheitsschutz sind anwendbar:
a) auf die Landesverwaltung und die Gemeindeverwaltungen;
b) auf Arbeitnehmer, die eine höhere leitende Tätigkeit oder eine wissenschaftliche oder selbständige künstlerische Tätigkeit ausüben;
c) auf Assistenzärzte, Lehrer an Privatschulen sowie auf Lehrer, Fürsorger und Aufseher in Anstalten.
2) Die Vorschriften dieses Gesetzes über die Ruheund Arbeitszeit sind anwendbar:
a) auf die Landesverwaltung und die Gemeindeverwaltungen;
b) auf Assistenzärzte, Lehrer an Privatschulen sowie auf Lehrer, Fürsorger und Aufseher in Anstalten.
3) Die Vorschriften dieses Gesetzes und seiner Verordnungen über den Sonderschutz für Jugendliche sind anwendbar auf Betriebe im Sinne von Art. 2 sowie auf Heimarbeiter.
Art. 4
Familienbetriebe
1) Das Gesetz ist, unter Vorbehalt der Vorschriften über den Gesundheitsschutz, nicht anwendbar auf Betriebe, in denen lediglich der Ehegatte oder eingetragene Partner des Betriebsinhabers, seine Blutsverwandten in aufund absteigender Linie und deren Ehegatten oder eingetragener Partner sowie seine Stiefund Adoptivkinder tätig sind.
2) Sind im Betrieb auch andere als die in Abs. 1 erwähnten Personen tätig, so ist das Gesetz nur auf diese anwendbar.
3) Auf jugendliche Familienmitglieder im Sinne von Abs. 1 können einzelne Vorschriften des Gesetzes durch Verordnung anwendbar erklärt werden, soweit dies zum Schutze von Leben und Gesundheit der Jugendlichen oder zur Wahrung der Sittlichkeit erforderlich ist.
Art. 5
Sondervorschriften für industrielle Betriebe
1) Die besonderen Vorschriften des Gesetzes für industrielle Betriebe sind auf den einzelnen Betrieb oder auf einzelne Betriebsteile nur anwendbar aufgrund einer Unterstellungsverfügung der Regierung.
2) Als industrielle Betriebe im Sinne des Gesetzes gelten Betriebe mit fester Anlage von dauerndem Charakter für die Herstellung, Verarbeitung oder Behandlung von Gütern oder für die Erzeugung, Umwandlung oder Übertragung von Energie, sofern die Arbeitsweise oder die Arbeitsorganisation durch Maschinen oder andere technische Einrichtungen oder durch serienmässige Verrichtungen bestimmt werden und
a) für die Herstellung, Verarbeitung oder Behandlung von Gütern oder für die Erzeugung, Umwandlung oder Übertragung von Energie wenigstens sechs Arbeitnehmer beschäftigt werden oder
b) die Arbeitsweise oder die Arbeitsorganisation wesentlich durch automatisierte Verfahren bestimmt werden oder
c) Leben oder Gesundheit der Arbeitnehmer besonderen Gefahren ausgesetzt sind.
II. Gesundheitsschutz und Plangenehmigung
Art. 6
Pflichten des Arbeitgebers
1) Der Arbeitgeber ist verpflichtet, zum Schutz der Gesundheit der Arbeitnehmer alle Massnahmen zu treffen, die nach der Erfahrung notwendig, nach dem Stand der Technik anwendbar und den Verhältnissen des Betriebes angemessen sind. Er hat im weiteren die erforderlichen Massnahmen zum Schutz der persönlichen Integrität der Arbeitnehmer vorzusehen; diese Massnahmen betreffen namentlich auch den Schutz vor sexueller Belästigung am Arbeitsplatz.
2) Der Arbeitgeber hat insbesondere die betrieblichen Einrichtungen und den Arbeitsablauf so zu gestalten, dass Gesundheitsgefährdungen und Überbeanspruchungen der Arbeitnehmer nach Möglichkeit vermieden werden. Er hat auch dafür zu sorgen, dass der Arbeitnehmer in Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit keinen Alkohol oder andere berauschende Mittel konsumieren muss.
3) Für den Gesundheitsschutz hat der Arbeitgeber die Arbeitnehmer zur Mitwirkung heranzuziehen.
4) Durch Verordnung wird bestimmt, welche Massnahmen für den Gesundheitsschutz in den Betrieben zu treffen sind.
Art. 7
Pflichten der Arbeitnehmer
1) Die Arbeitnehmer sind verpflichtet, den Arbeitgeber in der Durchführung der Vorschriften über den Gesundheitsschutz zu unterstützen.
2) Die Arbeitnehmer haben insbesondere Gesundheitsund Sicherheitseinrichtungen richtig anzuwenden und dürfen sie ohne Erlaubnis des Arbeitgebers weder entfernen noch ändern.
Art. 8
Plangenehmigung und Betriebsbewilligung
1) Wer einen gewerblichen Betrieb, der der gesetzlichen Unfallversicherungspflicht voraussichtlich unterstehen wird oder bereits untersteht, oder einen industriellen Betrieb errichten oder umgestalten will, hat die Genehmigung der geplanten Anlage beim Amt für Volkswirtschaft nachzusuchen.
2) Entspricht die geplante Anlage den Vorschriften, so genehmigt das Amt für Volkswirtschaft die Pläne, nötigenfalls mit der Auflage, dass besondere Schutzmassnahmen zu treffen sind.
3) Ein Betrieb darf seine Tätigkeit erst aufnehmen, nachdem er die Betriebsbewilligung vom Amt für Volkswirtschaft erhalten hat.
III. Arbeitsund Ruhezeit
1. Arbeitszeit
Art. 9
Wöchentliche Höchstarbeitszeit
1) Die wöchentliche Höchstarbeitszeit beträgt:
a) 45 Stunden für Arbeitnehmer in industriellen Betrieben sowie für Büropersonal, technische und andere Angestellte, mit Einschluss des Verkaufspersonals in Grossbetrieben des Detailhandels;
b) 48 Stunden für alle übrigen Arbeitnehmer;
c) 40 Stunden für jugendliche Arbeitnehmer, die mindestens 15 Jahre aber noch nicht 18 Jahre alt sind.
2) In Ausnahmefällen oder in Fällen, in denen dies durch objektive Gründe gerechtfertigt ist, kann durch Verordnung von der in Abs. 1 Bst. c festgelegten wöchentlichen Höchstarbeitszeit abgewichen werden. Sie darf die in Abs. 1 Bst. a und b festgelegte Arbeitszeit nicht überschreiten.
3) Für bestimmte Gruppen von Betrieben oder Arbeitnehmern kann die wöchentliche Höchstarbeitszeit durch Verordnung zeitweise um höchstens vier Stunden verlängert werden, sofern sie im Durchschnitt die in der Verordnung festgelegten Bezugszeiträume nicht überschreitet.
4) Aufgehoben
5) Auf Büropersonal, technische und andere Angestellte, mit Einschluss des Verkaufspersonals in Grossbetrieben des Detailhandels, die im gleichen Betrieb oder Betriebsteil zusammen mit Arbeitnehmern beschäftigt werden, für die eine längere wöchentliche...