Schweitzer Fachinformationen
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Zum Auftakt dieses Buches machen Sie sich, falls notwendig, mit der Welt der Stoffe vertraut: Aus welchen Materialien werden Stoffe gemacht? Welche Techniken werden zu ihrer Herstellung angewendet? Anschließend geht es um die Schritte, die für jedes Nähprojekt so entscheidend sind: die Auswahl eines Stoffes und seine Vorbehandlung vor dem Nähen.
GRUNDWORTSCHATZ
Stoff entsteht durch ein regelmäßiges Verkreuzen von Fäden. Puristen verstehen darunter vielleicht ausschließlich Gewebe, doch der Begriff wird heutzutage weiter gefasst: Ein Stoff kann durch Weben (mehrere Fäden), Stricken/Wirken (ein einziger Faden, der Maschen bildet) oder andere Techniken (Spitze, Filz .) hergestellt werden.
Terminologie rund um den Stoff
Als Kette bezeichnet man die Fäden, welche die Länge eines Gewebes bilden. Sie verlaufen parallel zu den Webkanten und zu der Richtung, in der ein Stoff gewebt wird.
Als Schuss bezeichnet man die Fäden, welche die Breite eines Gewebes bilden. Sie verlaufen senkrecht zu den Kettfäden und zu den Webkanten des Stoffes.
Die Webkanten eines Stoffes bestehen aus mehreren Kettfäden. Sie werden dichter gewebt, sind manchmal dicker als die anderen Fäden und bilden so eine feste Abschlusskante. Ein Stoff hat zwei Webkanten, an jeder Seite der Stoffbreite eine. Sie halten die Schussfäden an ihrem Platz und verhindern, dass der Stoff sich verzieht.
Die Masche ist das Grundelement einer Maschenware. Es gibt diverse Maschenarten, mit denen ganz verschiedene optische Effekte erzielt werden können.
Die Stoffbreite entspricht der Länge der Fäden im Querfadenlauf, ist also der Abstand zwischen den beiden Webkanten. Es sind verschiedene Stoffbreiten im Handel, gängig sind z. B. 150 cm, doch es gibt auch 137 cm breiten Liberty-Stoff (Tana Lawn), 180 cm breiten Jersey oder 90 cm breite Spitze.
Auflegen eines Schnittteils im Fadenlauf
Der Fadenlauf (oder Längsfadenlauf) verläuft parallel zu den Kettfäden und den Webkanten; er ist die Hauptrichtung des Stoffes und dient der Orientierung bei dessen Verarbeitung wie der Norden auf einer Landkarte. In Richtung des Fadenlaufs ist ein Stoff am wenigsten dehnbar und lässt sich am schlechtesten zerreißen. Auf jedem Schnittteil gibt ein langer Pfeil den Fadenlauf an; dieser Pfeil muss also am Fadenlauf des Stoffes ausgerichtet werden. Dies ist für das Nähen von Bekleidung besonders wichtig.
In der Welt der Stoffe gibt es eine eigene Sprache, bestimmte Vokabeln und Fachbegriffe. In einem Stoffgeschäft oder beim Betrachten eines Schnittmusters begegnen Ihnen stets eine ganze Reihe von Begriffen, die sich auf die Herstellung oder die Verwendung eines Stoffes beziehen.
Der schräge Fadenlauf (oder Schrägschnitt) verläuft im 45°-Winkel zum Fadenlauf und den Webkanten. Dies ist eine sehr interessante Linie: In dieser Richtung ist ein Stoff dehnbarer und fällt geschmeidiger. Bekleidung wird manchmal im Schrägschnitt zugeschnitten: Der auf dem Schnitt eingezeichnete Fadenlauf wird nicht am Fadenlauf des Stoffes ausgerichtet, sondern am schrägen Fadenlauf. So passt ein Modell sich dem Körper besser an, wird bequemer, fällt und sitzt ganz anders.
Stoff hat eine rechte und eine linke Seite: Die rechte Stoffseite wird in der Regel außen getragen; dies ist also die sichtbare Seite eines Kleidungsstücks. Die linke Stoffseite liegt innen, bei Bekleidung also am Körper.
Durch die Richtung eines Stoffes, also die Richtung, in der er hergestellt wird, entstehen eine Ober- und eine Unterkante. Dieser Begriff ist wichtig für Stoffe mit Flor (Webpelz, Samt etc.) und mit Motiv, denn man muss beachten, dass alle Schnittteile in der Richtung des Stoffes aufgelegt werden: Die Oberkante des Schnittteils zeigt zur Oberkante des Stoffes (es darf kein Teil entgegengesetzt liegen).
Auflegen der Schnittteile in Richtung des Stoffes
Stoff wird auf ein Stück Pappe oder eine Rolle aufgerollt - so bekommt er bei der Lagerung keine Falten und Knicke, an denen er sich abnutzen könnte. Er wird am laufenden Meter verkauft: Wenn Sie 2 m Popeline verlangen, bekommen Sie ein 2 m langes Stück (an der Webkante gemessen) in der jeweiligen Breite des Stoffes. Manchmal werden auch fertig zugeschnittene Stoffstücke angeboten; meist sind dies Reststücke von Rollen, die zum reduzierten Preis verkauft werden.
Am Ursprung jedes Stoffes steht die Faser, die zu Garn verarbeitet wird. Aus diesem wird dann der Stoff gewebt oder gestrickt. Natürlich oder synthetisch, tierisch oder pflanzlich, es gibt die verschiedensten Fasern - ich stelle hier nur die heute gebräuchlichsten vor.
Die Fasertypen nach ihrem Ursprung
Der seit der Antike im mediterranen Becken angebaute Lein (Flachs) ist eine sehr ökologische Pflanze, die nicht nur biologisch abbaubar und recycelbar ist, sondern auch keinen Dünger und sehr wenig Pestizide benötigt. Aus ihr wird eine der stabilsten Naturfasern gewonnen.
Zwei Drittel des für die Textilverarbeitung angebauten Leins stammen vorrangig aus Frankreich und Belgien, auch aus Weißrussland und Russland. Weitere Anbaugebiete sind u. a. China und Ägypten. Die besten klimatischen Bedingungen für höchste Erträge und die beste Leinenqualität herrschen in Westeuropa (von der Normandie bis zu den Niederlanden).
Leinenfasern werden aus den Stängeln der Flachspflanze gewonnen. Nach der Röste (Rotte) werden die Fasern zu Fäden versponnen. Dabei gibt es zwei Spinnmethoden, das Nassspinnverfahren, das einen dünnen Faden und zarte Stoffe ergibt, und das Trockenspinnverfahren, durch das man dickere Fäden und daher gröbere Stoffe erhält.
Leinen spielte im Alltag des Abendlands jahrtausendelang eine wichtige Rolle. Angebaut und gewebt wurde es in Ägypten, von wo aus diese Kunst sich in den Mittelmeerraum und später nach Europa ausbreitete. Im Mittelalter war Leintuch für den Handel von Bedeutung; es war eine kostbare Ware. Im 13. Jahrhundert wurde der Stoff dank der Entwicklung eines verfeinerten Webverfahrens weniger grob. Leinenbatist, ein feinerer, strapazierfähigerer Stoff, eroberte sämtliche Königshöfe Europas. Seit dem 17. Jahrhundert werden Leinenfäden aufgrund ihrer anerkannten Reißfestigkeit als Kettfäden der meisten Stoffe verwendet, um diese haltbarer zu machen.
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts will Napoleon I. angesichts des Erfolgs der Baumwolle die Leinenproduktion modernisieren und mechanisieren. Er setzt eine Belohnung für die Erfindung einer Leinenspinnmaschine aus - diese wird 1810 von Philippe de Girard entwickelt.
Doch das reicht nicht: Gegenüber der technisierten und daher produktiveren Baumwoll-Textilindustrie und der Entwicklung der ersten Kunstfasern geht der Leinenanbau weiter zurück.
LEINEN UND RELIGION
Leinen ist vermutlich der erste Stoff, den der Mensch gewebt hat, und so ist es ganz natürlich, dass es auch seinen Platz in den Religionen gefunden hat. Im alten Ägypten wurde es bei der Mumifikation verwendet und sein Weiß galt als Symbol der göttlichen Reinheit. Im Judentum und Christentum wurden Gewänder und im Gottesdienst verwendete Stoffe aus Leinen hergestellt.
Heute werden etwa 60 % der Leinenfasern für Bekleidung verwendet. Leinen gibt es als Tuch, Batist, Perkal, Waffelpikee, Halbleinen, Gaze, Jersey u. a. Heute wird die Faser manchmal auch mit Polyester gemischt. Leinen lässt sich gut färben, dabei entstehen sehr hübsche Farbtöne.
Leinenstoffe haben zahlreiche Eigenschaften. Sie sind sehr saugfähig (wie Hanf), trocknen aber schneller als Baumwolle und bleiben auch in feuchtem Zustand stabil - aus diesem Grund wurden früher Seile aus Flachsfasern hergestellt. Leinen fühlt sich kühler an als Baumwolle, es wärmt nur wenig, was im Sommer ein Vorteil ist. Außerdem ist es hygienisch - es schimmelt nicht und kann sehr heiß gewaschen werden.
Woran erkennt man Leinen?
Leinen verbrennt schnell und mit lodernder Flamme. Die zurückbleibende Asche ist weiß oder hellgrau.
GERINGE PRODUKTIONSMENGEN
Außer Flachs werden weitere Pflanzen seit Jahrtausenden zur Stoffherstellung verwendet, beispielsweise Jute, Hanf, Kokos und Ramie. Sie alle werden heute nur noch in sehr geringen Mengen angebaut, da sie von der Baumwolle weitestgehend verdrängt wurden.
Baumwolle, die meistverwendete Naturfaser der Welt, ist eine Pflanzenfaser, die aus der Frucht der Baumwollpflanze gewonnen wird. Die Samenkapsel dieses Strauches öffnet sich, wenn sie reif ist, und gibt die weißen, flaumweichen Fasern frei.
Schon seit mehreren Jahrtausenden wird Baumwolle in tropischen Gegenden für Bekleidung verwendet (belegt um 7000 v. Chr. in Mexiko, 5000 v. Chr. in Peru, aber auch in...
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