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Seit 20 Jahren gehören die New England Patriots zu den erfolgreichsten Teams der American-Football-Liga NFL und zu den wertvollsten Sport-Franchises der Welt. Zehn Mal standen sie im Super Bowl, sechs Mal gewannen sie ihn. Dank Superstars wie Quarterback Tom Brady oder dem Deutschen Sebastian Vollmer sind sie auch hierzulande äußerst populär und eines der Teams, die im Herbst 2023 ein NFL-Spiel in Deutschland austragen werden. Bestsellerautor Jeff Benedict hat mit über zweihundert Insidern gesprochen, darunter Teammanager, Trainer, Spieler, ihre Frauen, Ärzte und Anwälte. Er führte Interviews mit den Schlüsselfiguren Tom Brady, Erfolgscoach Bill Belichick und Clubbesitzer Robert Kraft. Durch seine gründliche Recherche bietet Benedict eine Fülle neuer und überraschender Einblicke in eine Organisation, die für ihre Geheimhaltung berüchtigt ist. Das Ergebnis ist ein fesselndes und aufschlussreiches Porträt, gespickt mit menschlichen Dramen und Enthüllungen.
Mit einer chirurgischen Maske, einem Kittel und Latexhandschuhen bekleidet, beugte Dr. David Berger sich über Drew Bledsoe und machte einen vorsichtigen Einschnitt in seine Brust. Es war der Abend des 23. September 2001, ein Sonntag, und das strahlendhelle Deckenlicht in der Traumaabteilung des Massachusetts General Hospital beleuchtete die ruhigen Hände des 37-jährigen Chirurgen. Bledsoe, der erste Quarterback der New England Patriots, hatte eine Sauerstoffkanüle in der Nase, und intravenös strömten Flüssigkeiten in seine Venen, um ihn zu reanimieren. Der 29-Jährige hatte über ein Drittel seines Blutes durch eine teilweise durchtrennte Arterie verloren, die in seinem Brustkorb pulsierte und verhinderte, dass sich sein linker Lungenflügel ausdehnen konnte. Berger musste die inneren Blutungen unter Kontrolle bringen, sonst würde Bostons berühmtester Sportler sterben. Doch vorher musste er das Blut aus Bledsoes Thorax entfernen.
Berger führte einen dünnen Schlauch durch den Einschnitt und schob ihn behutsam unter Bledsoes Haut, über eine Rippe und an die Stelle zwischen Lunge und Thoraxwand, an der sich das Blut sammelte. Innerhalb weniger Augenblicke begann das Blut aus Bledsoes Brust durch den Schlauch in eine Maschine zu fließen, deren Filter Gerinnsel und andere störende Elemente entfernten. Danach transfundierte die Maschine das saubere Blut über einen zweiten Schlauch, der in eine seiner Venen führte, zurück in Bledsoes Körper.
Als Bledsoes Lunge wieder arbeitete, widmete Berger seine Aufmerksamkeit sogleich der verletzten Arterie, aus der immer noch Blut sickerte. Wenn ein Patient eineinhalb Liter Blut verliert, ist nach dem medizinischen Standardprotokoll eine Operation erforderlich, um die Blutung zu stoppen. Aber Bledsoe war kein Standardpatient - er hatte gerade einen Zehnjahresvertrag über 100 Millionen Dollar unterzeichnet, der ihn zum bestbezahlten Spieler der National Football League machte.
Berger zögerte, zu operieren, und sprach mit Bledsoe und seiner Frau Maura. Die Verletzung, so erklärte er, betraf Drews linke Brustseite. Wenn ein rechtshändiger Werfer wie Drew den Ball nach hinten legt, den Arm beugt und ihn dann vorstreckt, wendet er die linke Brustseite nach vorn und setzt alle Muskeln an dieser Stelle ein, um das ideale Drehmoment für den Wurf zu erzeugen. "Ich werde zumindest einige dieser Muskeln abtrennen müssen", sagte Berger zu Drew. Dann wandte er sich an Maura. "Der Eingriff wird möglicherweise seine Football-Karriere beenden."
Bledsoe war fest entschlossen, sich nicht operieren zu lassen.
Berger erklärte, dass eine Arterie manchmal von selbst aufhöre zu bluten, sodass eine Operation nicht notwendig sei. Er empfahl, unter den gegebenen Umständen die Thoraxdrainage liegen zu lassen und Bledsoe genau zu überwachen. Wenn die Blutung nicht innerhalb von ein paar Stunden aufhöre, werde ihm keine andere Wahl bleiben, als zu operieren.
Zwei Stunden zuvor hatte Berger zu Hause ein ruhiges Abendessen mit seiner Familie genossen, als er einen Anruf von Dr. David Gill erhielt, einem Mannschaftsarzt der New England Patriots. Berger und Gill waren befreundet. Auf Gills Drängen hin hatten die Patriots ein paar Jahre zuvor begonnen, Berger als chirurgischen Berater einzusetzen. Berger stand in dem Ruf, der "meistbeschäftigte Chirurg" am Mass General zu sein, wo er etwa achthundert Operationen pro Jahr durchführte, viele davon an Traumapatienten, die mit lebensbedrohlichen Verletzungen in die Notaufnahme kamen. In dem Moment, als er Gills Stimme hörte, wusste Berger, dass es sich nicht um einen privaten Anruf handelte.
"Kannst du dir Drew in der Notaufnahme des MGH ansehen?", fragte Gill. Es klang dringend.
Berger fragte, was los sei. Gill antwortete, er sei sich nicht sicher. Gegen Ende des letzten Viertels sei Bledsoe mit dem Ball auf die Seitenlinie der Patriots zugelaufen, als er vom Linebacker der New York Jets, Mo Lewis, angerempelt wurde. Der Zusammenprall war so heftig, dass die Spieler an der Seitenlinie der Patriots das Geräusch mit dem eines Autounfalls verglichen. Bledsoe flog durch die Luft, und sein Gesichtsgitter verbog sich. Nachdem er etwa eine Minute lang auf dem Rasen gelegen hatte, stand er schließlich auf und machte sich auf den Weg zur Bank. Beim nächsten Ballbesitz der Patriots kehrte er auf das Spielfeld zurück. Doch Trainer Bill Belichick wechselte ihn kurz darauf aus, als klar wurde, dass Bledsoe sich nicht mehr an die Spielzüge erinnern konnte. Nach dem Spiel wurde er in die Umkleidekabine gebracht, wo er untersucht werden sollte. Die Röntgenbilder waren nicht aussagekräftig, aber seine Vitalzeichen waren beunruhigend. Hohe Herzfrequenz. Niedriger Puls. Flache Atmung. Und er klagte über Schmerzen.
"Ich glaube, es ist etwas Schlimmes passiert", sagte Gill zu Berger und gab seiner Befürchtung Ausdruck, dass Bledsoe einen Milzriss erlitten haben könnte.
Berger wusste, dass Bledsoe der wichtigste Mann der Patriots war, das Gesicht der Franchise.
"Er ist auf dem Weg ins Krankenhaus?", fragte Berger.
"Wir verfrachten ihn jetzt in einen Krankenwagen", erwiderte Gill.
"Ich bin auf dem Weg."
Der Ersatz-Quarterback der Patriots, Tom Brady, benutzte den Spind neben dem von Bledsoe in der Mannschaftsumkleide. Während er sich nach dem Spiel umzog, beobachtete Brady, wie das medizinische Personal Bledsoe aus dem Trainingsraum brachte. Brady war 24 und hatte gerade seine zweite Saison in der NFL begonnen. Auf dem College hatte er schon einige schwere Zusammenstöße miterlebt, aber noch keinen wie den, den Bledsoe erlitten hatte. Und zu sehen, wie sein Freund und Mentor auf eine Trage gelegt und in einen Krankenwagen gebracht wurde, bereitete ihm große Sorgen. Brady und Bledsoe standen sich nahe. Er war oft bei Bledsoe zu Besuch, und Maura kochte ihm häufig Abendessen. Er hatte das Gefühl, zur Familie zu gehören.
Rasch zog Brady sich an und fuhr direkt vom Stadion ins Krankenhaus. Es war sein erster Besuch im Mass General. Da man ihn in Boston nicht kannte, hatte er Schwierigkeiten, an den Sicherheitsleuten auf der Krankenstation vor der Trauma-Abteilung vorbeizukommen. Er musste das Krankenhauspersonal davon überzeugen, dass er Drew Bledsoes Ersatzmann war. Schließlich gelang es ihm, und er folgte den Schildern bis in den Warteraum, wo er Maura vorfand, allein und weinend.
Brady schloss sie in die Arme. "Was ist hier los?", fragte er.
Maura wischte sich die Augen und brachte ihn auf den neuesten Stand. "Sie überlegen, ob ein Eingriff gemacht werden sollte, um die Arterie zu reparieren", sagte sie. "Wenn die Blutung nicht von allein aufhört, könnte es das Ende seiner Karriere bedeuten."
Brady konnte nicht glauben, was er da hörte.
Am Ende des Ganges stand Robert Kraft mit einem der Teamärzte zusammen, der die Situation genau beobachtete. Kraft wollte wissen, wie die Prognose aussah. Der Arzt war direkt. Der Treffer von Mo Lewis habe zu einer Verletzung geführt, wie er sie noch nie bei einem Profi-Sportler gesehen habe, erklärte er. Als Lewis gegen Bledsoe prallte, brach er ihm mehrere Rippen, obwohl Bledsoe eine Schutzweste trug. Die unregelmäßigen Kanten der gebrochenen Rippen rissen eine Arterie in Bledsoes Brust auf, was zu inneren Blutungen führte. Die offizielle medizinische Diagnose lautete, dass Bledsoe einen Hämothorax erlitten hatte - eine Blutansammlung im Raum zwischen der Brustwand und der Lunge. Ungefähr 50 Prozent des Blutes, das in Bledsoes Körper zirkulierte, sickerte schließlich in seinen Brustkorb und musste drainiert werden. Außerdem hatte er einen Pneumothorax - eine kollabierte Lunge. Offenbar hatte eine seiner gebrochenen Rippen ein Loch hineingestoßen.
Der Arzt sagte Kraft, dass Bledsoe hätte sterben können.
Kraft war fassungslos und hatte Mühe, seine Emotionen unter Kontrolle zu halten. Bledsoe war wie ein Sohn für ihn. Kraft bezweifelte, dass er jemals wieder Football spielen würde. Er fasste sich und informierte Belichick, der ebenfalls direkt aus dem Stadion in die Klinik gekommen war. Belichick hatte schon viele schwere Verletzungen gesehen. Aber Bledsoes war die schlimmste. In diesem Augenblick dachte er nicht an Football. Er hoffte nur, dass Bledsoe durchkommen würde.
Entschlossen, so lange zu bleiben, bis Bledsoe stabil genug war, um Besucher zu empfangen, begaben sich Kraft und Belichick in einen Wartebereich. Es würde eine lange Nacht werden.
Gegen Mitternacht teilten die Krankenschwestern Kraft, Belichick und Brady mit, dass sie Bledsoe sehen könnten. Er schlief, als sie leise in sein Zimmer kamen und an sein Bett traten. Das Blut floss noch immer aus dem Schlauch in seiner Brust durch die Maschine und zurück in eine seiner Venen. Im Arm hatte er einen intravenösen Zugang. Maura saß neben ihm und streichelte sanft seine rechte Hand. Kraft, Belichick und Brady standen nahe beieinander links von Bledsoe.
Nach ein paar Minuten öffnete Bledsoe die Augen. Benommen und desorientiert fiel sein Blick zuerst auf Maura. Sie lächelte und drückte seine Hand. Dann drehte er den Kopf nach links und bemerkte Mr. Kraft, Coach Belichick und Tommy, die auf ihn hinabblickten. Verwirrt und noch immer unter der Wirkung starker Schmerzmittel, war er sich nicht sicher, warum sie dort waren. Für ihn sahen sie aus wie eine Vision aus einer anderen Zeit und einem anderen Ort.
Zu diesem Zeitpunkt besaß Kraft eine Mannschaft, die noch nie eine Meisterschaft gewonnen hatte. Belichicks Gesamtbilanz mit den Patriots war 5 : 13. Brady war noch nie zu Beginn eines...
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