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Was, wenn es für die große Liebe nur auf diesen Tag ankommt?
Vor zehn Jahren gaben sich Andrew und Norah ein Versprechen: Wenn sie an Weihnachten 2019 beide noch single sind, treffen sie sich an Heiligabend in Dublin. Nun ist der Zeitpunkt gekommen, aber wird Andrew wirklich dort auf sie warten? Norah hat nie vergessen können, wie sie sich damals im Italienurlaub kennenlernten und sich Hals über Kopf ineinander verliebten. Doch das Schicksal trennte ihre Wege. Ohne Kontaktdaten ist ihr altes Versprechen Norahs einziger Hoffnungsschimmer. Sie muss einfach herausfinden, ob Andrew auch noch Gefühle für sie hat. Also macht sie sich kurzerhand auf die Reise quer durchs verschneite Land. Kann ihr Wunsch zehn Weihnachten später wirklich in Erfüllung gehen?
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Die meisten Londoner empfinden es als unsozialen Akt, wenn man plötzlich bei ihnen reinschneit. Je nachdem, um welche Tageszeit man es tut und wie gut man sich kennt, wäre das in etwa so, als würde man auf den Boden spucken, Abfall auf die Straße werfen oder mutwillig öffentliches Eigentum zerstören. Aber Joe und ich sind wie eine Familie - tatsächlich sind wir sogar besser als das, wenn man bedenkt, was meine Mutter sich gerade geleistet hat. In unserer Clique stehen wir uns alle nahe, und das seit der Schulzeit, doch bei den anderen würde es jetzt nicht passen. Carolin hat einen romantischen Abend mit ihrem Freund Stefan, an dem sie jeden Moment mit einem Heiratsantrag rechnet. Kiran dürfte gerade ihre Zwillinge ins Bett bringen, und Javier und Paul verbringen ein Liebeswochenende in Bath. Joe und ich sind die Singles der Clique, wobei er in der Hinsicht viel erfolgreicher ist als ich. Und deshalb rechne ich halb damit, dass er sich gerade fertig macht, um zu einer Samstagabendverabredung zu gehen, oder dass er mit der Freitagverabredung Schluss macht.
Augenscheinlich nicht. Er öffnet mir die Tür in seinen Couchklamotten, wie er sie nennt - einem weichen roten Flanellhemd, Trainingshosen und dicken grauen Wollsocken. Seine dunklen Haare sind zerzaust. Er sieht aus, als hätte er ein Nickerchen gemacht. »Hallo, Fremde«, sagt er. »Du frierst - komm rein!« Er beugt sich zu mir herunter und umarmt mich.
Er hört Musik, wahrscheinlich einen Spotify-Weihnachtsmix, und gerade läuft eins meiner Lieblingsduette: Frank Sinatra und Dorothy Kirsten mit Baby, It's Cold Outside.
»Du weißt, man kann den Song nicht mehr spielen.« Ich ziehe meinen Mantel aus. »Der Text geht nicht mehr. Er dreht sich um einen Mann, der eine Frau in seiner Wohnung festhält, während sie bettelt, dass er sie gehen lässt.«
»Ach, komm schon . echt jetzt? Der stammt aus einer anderen Zeit. Ist das nicht übertrieben?«
»Mmm«, sage ich. »Es war ganz harmlos gemeint, als Mickey Rooney den Japaner in Frühstück bei Tiffany spielte, nicht wahr? Auch aus einer anderen Zeit.«
»Okay, du hast recht«, sagt Joe. »Hey, warte mal. Bleib so. Nein, mit dem Arm über dem Kopf .«
Ich halte beim Abwickeln des Schals inne. Er greift sich einen Skizzenblock und Bleistift und führt einige schnelle Striche aus, während ich die Augen rolle. »Joe, im Ernst . lass mich doch erst mal reinkommen. Darf ich es wenigstens sehen?« Er zeigt mir die Skizze. Meine Locken sind vom Wind zerzaust, meine Augen ausdrucksvoll, er hat sogar meine Sommersprossen angedeutet.
»Ich wollte das nur schnell festhalten, falls wir mal einen Trollfilm drehen .«
Ich schlage mit dem Stiefel nach ihm, den ich gerade ausgezogen habe, und stelle ihn mit dem anderen in sein Schuhregal, wie er es mir beigebracht hat. Bei einem Blick in den Spiegel streiche ich mir durch die Haare, aber die tun, was sie wollen, ein wetterfühliger Lockenschopf, der bei der geringsten Luftfeuchtigkeit Kringel bildet.
»Entschuldige, Norah«, sagt er. »Das hatte nichts mit der Arbeit zu tun. Ich konnte nur nicht widerstehen.«
Joe ist Trickfilmzeichner oder genauer gesagt ein 3D-Charakter-Modellierer. Er zeichnet viel zur Übung, obwohl er hauptsächlich Programme benutzt, die Namen haben wie Python und Z-brush. Er arbeitet für ein Filmstudio in Soho, das in erster Linie Videospiele herstellt und im vergangenen Jahr einen Spielfilm im Stil von Avatar gedreht hat, der ein Megahit wurde. Ich weiß noch, wie besorgt seine Eltern waren, als er seine Ingenieursstelle aufgab, um in der Animations- und Trickfilmbranche zu arbeiten. Verglichen damit erschien meine Stelle an der Schule krisenfest. Doch nun kann Joe sich eine Atelierwohnung in Bloomsbury leisten - wenn auch bei einem zwielichtigen Vermieter, der die Miete wegen seiner Visumprobleme nicht erhöhen kann -, und seine Firma zieht in ein neues Zehn-Millionen-Pfund-Gebäude in Brentford um, in dem sie ein Kino mit zweihundert Sitzplätzen für Filmvorführungen haben werden. Man kann also sagen, es hat sich für ihn gut entwickelt.
»Fortnums!«, sagt Joe mit Blick auf meine Einkaufstüten. »Gibt es was zu feiern?«
»Nein. Aber du kannst gern ein paar Trüffel haben.« Ich hole sie aus der Tüte und lege sie auf seine Küchentheke. Ich liebe Joes Wohnung. Sie besteht nur aus einem großen Raum und einem kleinen Bad, aber sie hat hohe Decken und hohe Fenster mit Blick auf die Straße, Bücherregale, Pflanzen und überall Kunst - Zeichnungen mit Wäscheklammern an Nylonfäden aufgehängt und gerahmte Originale an allen Wänden - und lauter Stumpenkerzen. Außerdem einen Barwagen, der für die meisten meiner Kater verantwortlich ist.
»Ich habe Lebkuchen gebacken, möchtest du welchen?«
»Ist nicht wahr!«
»Doch.« Joe stellt das Gebäck und Teller auf den Tisch und legt Papierservietten mit Rentiermuster dazu, während ich mich mit untergeschlagenen Beinen in meinen Lieblingssessel am Kamin setze, einen abgenutzten aus Leder, der wie der des Vaters in der Serie Frasier aussieht. Wie ich sehe, hat Joe Weihnachtsdekoration aufgehängt, er hat sogar einen kleinen Weihnachtsbaum, im Gegensatz zu mir. Die Mühe habe ich mir gespart. Joe ist in der Hinsicht ungewöhnlich, denke ich. Den meisten (Hashtag nicht allen!) alleinlebenden Männern, die ich kenne, ist ihre Wohnung egal, so als ob sie auf eine Frau warten, die daraus einen Ausstellungsraum ihrer Persönlichkeiten macht oder wenigstens Lampenschirme über die nackten Glühbirnen hängt. Joe ist anders. Er hat es genau so gestaltet, wie er es mag.
»Also, was ist los?«, fragt er.
»Du weißt doch, dass ich Weihnachten eigentlich bei meiner Mutter verbringen wollte?«
»Was ist passiert? Erzähl mir nicht, sie hat jemanden kennengelernt.«
»Nein. Im Grunde ist es lustig. Sie fährt zu einem Drogen-Retreat, ist so ein New-Age-Ding. Wie auch immer. Ich, na ja .« Ich ziehe die Knie an die Brust und lege die Arme darum. »Ich fühle mich ein bisschen scheiße, ganz allgemein .« Meine Stimme schnappt über, und ich habe wieder Angst zu weinen.
»Okay, lassen wir den Lebkuchen. Ich mixe dir einen Drink. Willst du einen Boulevardier?«
»Einen Boulewas? Klar.« Ich hole tief Luft. »Kommt da Whisky rein?«
»Ja, Whisky, süßer Wermut und Campari. Mit Eis und Orangenschale.« Er mixt und schüttelt und benutzt seine Barutensilien, die wir ihm alle zusammen zum Dreißigsten geschenkt haben. Und von denen wir reichlich profitieren. »Zünde ein paar Kerzen an.« Er wirft mir eine Schachtel Streichhölzer zu.
Ich fange sie auf und knie mich vor den Kamin, dankbar für die Aufgabe. Joe weiß, dass ich Aktivität für das beste Mittel gegen seelischen Schmerz halte. Als ich das Streichholz anreiße und die dicken Stumpenkerzen anzünde, werde ich ruhiger. Ich sehe zu, wie Joe den rotbraunen Cocktail über die Eiswürfel in die Kristallgläser gießt, die wir letzten Sommer in der Camden Passage gekauft haben. Whisky. Irischer Whisky. Dublin. Andrew.
Komm nach Dublin . um sechs Uhr am Weihnachtsabend vor dem Bewley's Café auf der Grafton Street.
Aber natürlich wird er nicht dort sein. Es ist - ich rechne schnell nach - sechs Jahre her, seit wir zuletzt Kontakt hatten. Er wird sich nicht mehr daran erinnern, und selbst wenn, wird er nicht hinkommen. Er ist zu Weihnachten bestimmt an einem anderen Ort und mit jemand anderem zusammen - im Gegensatz zu mir. Ich habe immer geglaubt, das würde auch mir so gehen. Ich habe mir nie vorgestellt, ich könnte 2019 um diese Zeit noch Single sein und keine Pläne haben.
»Norah? Alles okay?«, fragt Joe.
»Oh . klar! Alles gut. Ehrlich.« Ich ermahne mich und versuche, präsent zu bleiben. »Also, kein Date heute Abend? Wie war es letzte Woche mit Kristy . oder Misty?«
»Felicity. Fliss. Ja, war schön! Sie ist nett.«
»Werdet ihr euch noch mal treffen?«
»Sicher.« Er zuckt die Achseln. Und mir tut die arme Fliss schon leid. Ich hoffe, sie wartet nicht auf eine SMS von ihm.
Ich denke darüber nach, wie sehr sich die Kräfteverhältnisse in seinem Dating-Leben von denen in meinem unterscheiden. Für mich ist das Singledasein eine alltägliche Londoner Frauentragödie, aber für Joe ein Mysterium, über das niemand Aufschluss geben kann. Ich persönlich glaube, der Übergang vom jugendlichen Computerfan zum heißen, gut bezahlten Junggesellen hat sich so schnell vollzogen, dass es ihm zu Kopf gestiegen ist, und jetzt hat er dabei zu viel Spaß, als dass er dieses Leben je aufgeben würde. Was seine Dates angeht, ist er auf langweilige Art diskret und erzählt mir nie etwas Interessantes.
»Was machst du Weihnachten, Joe? Fährst du zu deinen Eltern?«
»Nein . zufällig bin ich auch eine Weihnachtswaise. Hab ich das nicht gesagt? Meine Eltern machen eine Flugreise, bei der die Kinder nicht eingeladen sind.«
»Nach Hongkong?«, frage ich, weil sein Vater von dort stammt.
»Nein, zum Skifahren nach Österreich. Sie feiern ihren fünfunddreißigsten Hochzeitstag.« Er grinst. »Darum bin ich nicht eingeladen. Und meine Schwester feiert Weihnachten mit ihrem neuen Mann. Ich könnte etwas mit Kollegen unternehmen. Ein paar Australier haben sich zusammengetan und einen Truthahn besorgt - ich weiß, das klingt wie der Anfang eines Witzes.«
Es ist wirklich gut zu wissen, dass ich einen Plan B habe. Aber während er redet,...
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