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Kapitel 1
Zwölf Jahre später
»Du tauchst mit einem Buch bei einer Party auf?«, fragte Seth Scott fassungslos.
»Ja«, antwortete Gaia und drückte die Schultern durch. »Der Deal war, dass ich hier sein sollte. Von Small Talk stand nichts im Vertrag.«
»Stimmt«, meinte Seth ernst. »Ich telefoniere einfach alle durch und sage ihnen, sie sollen ihr Lieblingsbuch mitbringen. Dann können wir lesen, statt zu plaudern.«
»Echt?«, fragte sie begeistert, bis sie Seths Blick sah. »Natürlich nicht. Ich wusste, dass das ein Scherz ist. Haha!« Sie machte eine wegwerfende Handbewegung, doch in Wahrheit .
Gab es so etwas wie Lesepartys?
»Du sabberst ja schon, Gaia.«
»Kann sein, aber überleg doch mal, wie einfach es Unterhaltungen machen würde, wenn jeder mit seinem Lieblingsbuch käme. Das wäre der perfekte Eisbrecher. >Was gefällt dir an dem Buch so gut, Lizzy?<« Sie richtete die Frage an Seths feste Freundin, die den Dialog lächelnd vom Tisch mit den Erfrischungen aus verfolgte. »>Vielleicht, weil es einen interessanten Ansatz über die gesellschaftlichen Unterschiede im modernen Südafrika bietet?<«
»Und was gefällt dir so gut an Wie es kommt, Gaia?«, äffte Seth ihren Tonfall nach. »>Vielleicht weil es darin um die gemeinsam erlebten körperlichen Vergnügungen geht<?«
»Wieso musst du so sein?« Gaia schloss die Hand fester um ihren Liebesroman, damit Seth den Titel nicht sehen konnte. Er mochte nicht so explizit sein wie Wie es kommt, trotzdem handelte es sich eindeutig um eine erotische Romanze, deshalb wollte sie ihm nicht noch mehr Munition liefern. Sollte er doch weiter mit Platzpatronen schießen.
Platzpatronen. Sie grinste und nahm sich vor, ihm die Formulierung bei anderer Gelegenheit um die Ohren zu hauen.
»Aber es ist doch so.«
»Stimmt«, räumte sie ein. »In Liebesromanen steht das körperliche Vergnügen beider Partner tatsächlich ganz oben.« Sie sah Lizzy an. »Entschuldige, Liz. Ich versuche seit Jahren, ihn dazu zu bringen, solche Bücher zu lesen. Du verdienst etwas Besseres als einen Liebhaber, der bloß an sich denkt.«
»He!«, protestierte Seth, als Lizzy lachte. »Du weißt genau, dass das nicht stimmt.«
»Woher denn?«, erwiderte Gaia. »Ich gehöre ja zu den wenigen Glücklichen, die noch keine Nacht mit dir verbringen mussten.«
»Ich habe nicht mit dir geredet«, blaffte er, worauf Lizzy neuerlich lachte. »Und du findest das also witzig, ja?« Er sah seine Freundin vernichtend an.
»O nein, ich halte mich da raus.«
»Sehr schlau«, sagte Gaia zu Lizzy, deren wache Augen funkelten.
»Manchmal habe ich es voll drauf.«
»Du hast einen zersetzenden Einfluss auf meine Beziehung«, maulte Seth mit einem bösen Blick auf Gaia.
»Nur meinetwegen kannst du überhaupt eine Beziehung führen«, erwiderte Gaia. »Soll ich dich vielleicht an deine toxischen Lebensgewohnheiten erinnern, bevor wir Freunde wurden?«
»Au ja«, warf Lizzy im selben Augenblick ein, als Seth »Nein« sagte.
Kurz war es still. Gaia lächelte. Das machte Spaß - ihren guten Freund aufzuziehen, über früher zu plaudern. Seth war der einzige Mensch, in dessen Gegenwart sie sich wirklich wohlfühlte, mit Ausnahme der Figuren in ihren Liebesromanen. Würde sie ihm von ihrer Gabe erzählen, wie sie ihre magischen Fähigkeiten mittlerweile insgeheim nannte, würde er bestimmt nicht mehr quengeln, sie solle mehr Zeit mit anderen Leuten verbringen. Und sie wahrscheinlich zum Therapeuten schicken. Deshalb ließ sie es.
Nein, ihr blieb nichts anderes übrig, als in der realen Welt unter Menschen zu gehen, damit er zufrieden war. Sich mit Wildfremden zu unterhalten, die sie nach ihrem Privatleben ausfragten. Allein die Vorstellung beschleunigte ihren Herzschlag . zusätzlich zu dem mulmigen Gefühl, das sie schon die ganze Woche quälte, als ihr bewusst geworden war, dass sie ihr Versprechen würde halten und zu der Party gehen müssen.
»Ganz im Ernst, Gaia«, sagte Seth mit aufrichtiger Besorgnis. »Misch dich unters Volk. Bitte.«
Gaia schluckte. Es klingelte. Keiner rührte sich.
»Mach ich«, versprach sie schließlich.
»Gut.«
Mit einem letzten Blick verschwand er, um die Tür zu öffnen. Lizzy folgte ihm, wenn auch erst nach einem mitfühlenden Lächeln in Gaias Richtung. Gaia sah den beiden kurz hinterher. Dann begann sie, ihre Flucht zu planen.
Auf der rechten Seite von Seths kleinem Wohnzimmer befand sich ein Balkon. Sie könnte über die Feuerleiter abhauen. Doch aus dem Flur drangen bereits Stimmen, und ihre Beine fühlten sich an wie Pudding. Seth hatte ihr vorgeworfen, sie hätte Angst. Sie hatte es abgestritten, doch in Wahrheit hatte sie schlicht vergessen, wie man mit echten Menschen ins Gespräch kam. Mit Menschen, deren Verhalten man nicht vorhersehen konnte. Die Art, wie sich ihr Magen verkrampfte, legte den Schluss nahe, dass Seth recht gehabt hatte. Und dass sie kurz vor einer Panikattacke stand, sprach ebenfalls eindeutig dafür.
Endlich setzten sich ihre Beine in Bewegung. Sie verließ das Wohnzimmer und ging den Korridor entlang in den hinteren Teil von Seths Wohnung, wo es keine Fluchtmöglichkeiten gab. Das Apartment war klein, deshalb hörte sie die Stimmen der anderen trotzdem noch.
Sie betrat Seths Schlafzimmer, schloss die Tür hinter sich und holte tief Luft, das Buch fest an ihre Brust gepresst. So war es gut. Es ging ihr gut. Sie würde einfach warten, bis weitere Gäste eintrafen und alle beschäftigt waren. Dann könnte sie sich diskret dazugesellen, mit jemandem plaudern, der ihr keine Angst einjagte, lächeln und so laut lachen, bis alle bemerkten, dass sie anwesend war und sich amüsierte. Und dann würde sie sich verziehen. Eine Stunde. Höchstens. Auf diese Weise könnte sie eine Weile lesen und später Seths Befürchtungen zerstreuen. Alles ganz locker und entspannt.
Aber es gibt eine Welt außerhalb, Gaia. Du kannst nicht immer bloß in deinen Büchern leben.
Gaia biss sich auf die Lippe. Sie wollte nicht ständig ein schlechtes Gewissen deswegen haben. Seth kapierte einfach nicht, wie sicher sie sich damit fühlte.
In dem Moment bemerkte sie eine Bewegung an der Tür zwischen Schlaf- und angrenzendem Badezimmer und erstarrte.
Was hatte ein halb nackter Mann in Seths Zimmer zu suchen?
»Gaia?«
Die Stimme kam ihr bekannt vor. Sie blinzelte. Erkannte das Gesicht.
»Jacob?«
Eine Bestätigung brauchte sie nicht, denn sie wusste auch so, wen sie vor sich hatte, nur dass er nicht wie der aussah, den sie vor zwölf Jahren kennengelernt hatte. Und dem sie zuletzt vor acht Jahren beim Begräbnis von Seths und Jacobs Mutter begegnet war. Alles Linkische, Schlaksige war verschwunden. Genauso wie die Zahnspange. Stattdessen bildete sein Oberkörper ein V, das sich verjüngte über seinem .
Sie wirbelte herum. »Jacob! Du bist ein kleiner Junge! Zieh dir gefälligst etwas an!«
»Ich freue mich auch, dich wiederzusehen, Gaia.« Sie hörte das Lachen in seiner Stimme. Selbst das hatte sich verändert. Nichts erinnerte an die Unsicherheit von damals. Stattdessen klang seine Stimme weich, fast wie flüssige Schokolade. Sie stellte sich vor, in eine ganze Wanne davon zu gleiten, wie sie ihren Körper umhüllte, ehe seine Zunge .
»Willst du dir endlich etwas anziehen?«, fragte sie scharf. Verärgert. Hauptsächlich war sie sauer auf ihn, weil seine Stimme genauso sexy war wie sein nackter Oberkörper, ihr jedoch jeder Gedanke daran - sowohl an das eine als auch an das andere - mehr als ungelegen kam.
Sie hörte ein Rascheln, das nahelegte, dass er in eine Hose oder zumindest Unterhose schlüpfte. Was sich unter seinem Handtuch befunden hatte, vermochte sie nicht zu sagen. Na gut, sie konnte es sich vorstellen, was natürlich nicht ging, weil Seth ihr bester Freund und Jacob sein kleiner Bruder war, was ihn quasi zu ihrem eigenen kleinen Bruder machte. »Also nach fast zehn Jahren hätte ich mir eine etwas freundlichere Begrüßung gewünscht«, meinte er.
»Du hast nur mit einem Handtuch um die Hüften vor mir gestanden. Hätte ich dich freundlicher begrüßt, hätte mir das eine Anzeige wegen Unzucht mit Minderjährigen eingebracht«, konterte sie.
Er stieß ein Lachen aus, das durch das kleine Zimmer vibrierte und sich verführerisch an ihre Haut schmiegte. Es war . merkwürdig, obwohl sie unzählige Male darüber geschrieben, es selbst in ihren Träumen durchlebt hatte. Trotzdem hätte sie sich nie vorstellen können, dass sie das Lachen eines Mannes im wahren Leben tatsächlich antörnen könnte.
»Ich bin zwei Jahre jünger als du. Wenn ich mich nicht verrechne, was ich nicht tue, bin ich schon seit geraumer Zeit nicht mehr minderjährig.«
»Achtundzwanzig?« Reflexartig drehte sie sich um. Inzwischen hatte er eine Jeans übergezogen, doch sein Oberkörper war immer noch nackt. Und immer noch verführerisch. Sie zwang sich, den Blick davon zu lösen. »Wann um alles in der Welt bis du achtundzwanzig geworden?«
Er grinste. Ein Grübchen erschien auf seiner linken Wange. Mit sechzehn war es schon hinreißend gewesen. Mit zwanzig war es ihr nicht aufgefallen. Aber jetzt? War es attraktiv. Unfassbar attraktiv.
Sie hatte ihr Buch vorübergehend vergessen, doch nun presste sie es so fest an sich, dass es beinahe mit ihrem Körper verschmolz.
»Wahrscheinlich um die...
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