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Der New Yorker Kriegsveteran und Bestsellerautor Jack Dana hat sich zum Schreiben auf die Insel Torcello in der venezianischen Lagune zurückgezogen. Und auch, um die dunklen Schatten vergangener Ereignisse, den Mord an seinem Onkel Harry und die Trennung von seiner großen Liebe Kerry, abzuschütteln. Doch just, als er beschließt, nach New York zurückzukehren und um Kerry zu kämpfen, erhält er einen Anruf: Kerry ist tot. Jack ist sich sicher, dass auch sie ermordet wurde. Hat sein alter Widersacher, der mächtige Abner Brown, wieder seine Fährte aufgenommen? Jack sinnt auf Rache - und nimmt den Kampf mit einem gefährlichen Gegner auf. In Ein Leben für ein Leben spinnt Louis Begley ein Katz-und-Maus-Spiel zwischen Long Island und New York. Ein Roman über einen Mann, der alles riskiert, um die Menschen, die er liebt, zu rächen.
Nach dem Telefonat mit Scott holte ich tief Luft und bereitete meine Abreise vor. Aber nicht, ohne mir zuerst einen Drink zu genehmigen. Ich ging zur Rezeption hinunter, bat den Portier, festzustellen, ob am nächsten Dienstag noch ein Platz in der Business-Class auf dem Direktflug der Alitalia nach New York frei sei, und sagte ihm, er werde mich an der Bar finden. Er kam prompt mit dem Bescheid, ein Platz sei verfügbar. Ich bat ihn, eine Reservierung für mich zu machen und der Verwaltung mein Abreisedatum zu geben. Ich sah auf die Uhr. Halb fünf. Zu spät, um noch vernünftig zu arbeiten. Bestenfalls konnte ich überarbeiten, was ich am Morgen und am Tag zuvor geschrieben hatte. Ich bestellte mir beim Barmann einen Espresso und einen Grappa di Barolo und überlegte, was ich mit meiner Zeit vor dem Abflug in Venedig anfangen sollte. Ein paar Stunden würde ich in der Accademia verbringen und von dort aus zu Fuß zur Kirche I Gesuiti gehen, um noch einmal einen ausgiebigen Blick auf Tizians St. Laurentius auf dem Rost zu werfen. Der Weg war lang. Wenn ich danach noch Zeit hatte, würde ich mit dem Vaporetto zurück nach San Toma fahren, eine Stunde im Gym trainieren, meinem Trainer Fabrizio ciao sagen und ihn noch einmal ermuntern, mich anzurufen, falls er im Frühling wirklich nach New York kam. Ein Geschenk würde ich ihm auch geben. Zweihundert Euro kamen mir ungefähr richtig vor. Irgendwann musste ich auch noch einmal zur Frari-Kirche gehen und meine Augen an den beiden wunderbaren Tizian-Gemälden laben, der Assunta und der Madonna der Familie Pesaro. Auch von dem adligen Winzer und seiner Frau würde ich mich verabschieden, falls sie in Venedig waren, und natürlich von Signor Ernesto. Unbedingt nötig war nichts davon, ich konnte den Contarinis und Ernesto schreiben und erklären, dass ich unerwartet nach New York zurückgerufen worden sei, und mein Geschenk für Fabrizio konnte ich mit der Post schicken - und ich begann mich zu fragen, ob es nicht gescheiter wäre, schon morgen zu fliegen, auch wenn das hieß, dass ich in Paris, Frankfurt oder London umsteigen musste. Zwei Aufgaben lagen vor mir: Ich musste Kerrys Mörder finden und töten, wer immer es war, und ich musste ein unerledigtes Geschäft mit Abner Brown zum Abschluss bringen. Vor beiden konnte und wollte ich mich nicht drücken, das wusste ich. Und doch unternahm ich nichts, um meine Abreise zu beschleunigen. Eine Mischung aus Trägheit, Nostalgie und bösen Vorahnungen hielt mich zurück. Torcello und Venedig hatten mir gutgetan. Ich brauchte noch ein paar Tage Aufschub.
Am nächsten Morgen war ich wie üblich um Viertel vor sechs für meinen Morgenlauf bereit, zog meinen Trainingsanzug und die Laufschuhe an und steckte das Springmesser und mein iPhone in die Tasche meiner Windjacke. Zuerst lief ich zur Anlegestelle des Vaporettos, dann den ganzen Weg zurück zur Basilika. Dort machte ich kehrt, lief zur Fondamenta dei Borgognoni und folgte dem Sentiero Andrich bis zum Ende. Dann wandte ich mich nach Süden, ungefähr in Richtung Burano, hielt mich rechts von der unbewohnten Isola dei Laghi und der Isola Mazzorbo, einst einem Fluchtort vor Barbarenüberfällen, jetzt besser für die Artischocken bekannt, die dort gezogen werden. Durch den Streifen Dünengras, Zwergthymian und Lorbeer, der landwärts zu meiner Linken lag, führte kein Pfad. Hier ging ich gewohnheitsmäßig zum Fahrtspiellauf über, lief abwechselnd schnell und langsamer, schob Kniebeugen, Liegestütze und Hampelmänner ein und dazu ein paar Übungen, die ich mir selber ausgedacht hatte und die nützlich für Ausweichmanöver in offenem Gelände waren. Beim Laufen blieb ich in Deckung, ging in unregelmäßigen Abständen zu Boden, schlug einen Zickzackkurs ein oder kroch. Diese Routine verdarb meine Trainingsanzüge, aber Tarnanzüge war ich leid, und ich wollte auch nicht, dass man mich für total durchgeknallt hielt. Die Sorge hätte ich mir sparen können. In diesem Teil der Insel war um die Zeit meiner Morgenläufe kein Mensch unterwegs, und die wenigen Einheimischen auf Torcello hatten sich längst an die Schrullen der Fremden gewöhnt.
Ich war ungefähr fünfzig Meter vom Wassersaum entfernt, auf dem Weg zur Südspitze der Insel, und stemmte mich gerade aus dem Kriechgang hoch, da sah ich aus dem Augenwinkel, wie ein Mann mit Skimaske hinter einem Unterstand auftauchte. Er hielt eine Armbrust und zielte auf mich. Ich ging in Deckung, keine Sekunde zu früh. Ein Pfeil zischte knapp über mir vorbei. Ich wartete, vielleicht eine Minute, und zeigte dann so viel von mir, dass ich ein Ziel bot - falls der Mann mich nur verwunden wollte. Noch ein Pfeil. Das Spiel trieben wir, bis er zehn Pfeile verschossen hatte. Zeit für einen Test. Vorsichtig stemmte ich mich auf die Knie. Nichts. Pech gehabt, Bürschchen, brummte ich, keine Pfeile mehr im Köcher. Jetzt wird's lustig. Ich stand auf und zeigte ihm den Stinkefinger. Nicht sicher, wie gängig die Geste in Italien war, schob ich den bras d'honneur nach und den Bronx Cheer. Der Kerl schien bereit mitzuspielen und rannte mir mit Volldampf entgegen. Die Armbrust hatte er liegen lassen. Stattdessen hielt er in der rechten Hand ein Jagdmesser. Ich wartete geduckt, das Springmesser geschlossen, in der rechten Hand verborgen.
Das schmeckte ihm nicht. Überraschung. Hatten seine Bosse ihm nichts von mir erzählt? Mein Trainer Fabrizio hatte mir die übelsten Schimpfwörter im venezianischen Dialekt beigebracht. Sonst wäre mir die Bedeutung der Schönheiten entgangen, die der Kerl von sich gab, als er sah, dass ich kampfbereit war. So aber verstand ich mindestens zwei im Wesentlichen: va in cùeo da to mare und ma ti gà emorroidi in testa? Ungefähr: Steck ihn deiner Mutter in den Arsch, und: Hast du Hämorrhoiden im Hirn? Selber, brüllte ich, und als dann die gespenstische Ruhe im Augenblick der Todesgefahr über mich kam - und meinen Sinn für Humor schärfte -, nahm ich mir vor, Abner zu empfehlen, er solle sein Vokabular und das seiner Killer einer Sprachbereinigung unterziehen. Zeit, zur Sache zu kommen. Der Kerl nahm den Dolch ständig von einer Hand in die andere, wie üblich in einer Messerstecherei, und tänzelte, um mich abzulenken. Dann holte er aus, mit dem Dolch in der Rechten, zielte auf meinen Hals. Ein dümmliches Manöver, das ich beim Krav-Maga-Training hundert Mal pariert hatte. Ich duckte mich unter dem Stoß durch, packte seinen Arm und verdrehte ihn, bis er fast brach. Mit der anderen Hand wollte er meine Augen treffen, aber zu spät. Während seines Tänzchens hatte ich das Springmesser geöffnet. Wie er heulte, als ich ihm den Bauch aufschlitzte, eine Lust! Er trug einen Trainingsanzug, der keinen Widerstand bot. Die Gedärme quollen heraus. An einer Bauchwunde stirbt man nicht sofort, und er zuckte und heulte immer weiter. Das ging mir auf die Nerven. Hätte ich eine Pistole gehabt, hätte ich ihm einen Kopfschuss gegeben. Ich tat das Zweitbeste: schnitt ihm die Kehle durch.
Als das Geheule aufhörte, hielt ich den Atem an. Verglichen mit Slobo, der meinen Onkel Harry, Harrys Katze und seine Sekretärin umgebracht hatte und auch mich auf die Liste seiner Trophäen setzen wollte, war diese Vorstellung hier nicht reif für die Primetime. Ich fragte mich, wer er sein mochte, und zog ihm die Skimaske vom Kopf. Er war viel jünger, blond und hatte, anders als Slobo, ein narbenloses, hübsches Gesicht. Seinem Aussehen nach konnte auch er Serbe oder Kroate sein, aber wieso dann diese Flut venezianischer Schimpfwörter? Vielleicht hatte er die als Erstes gelernt. Um sicherzugehen, dass er tot war, trat ich ihn. Keine Reaktion. Okay, also durchsuchen. Wie erwartet, fand sich in seinen Taschen nichts außer einem Fünfhundert-Euro-Schein - sein Fahrgeld, witzelte ich - und nichts in seinen Schuhen. Mit meinem iPhone machte ich mehrere Fotos von ihm, schnitt dann ein Stück Stoff aus seiner Trainingshose und legte den Geldschein vorsichtig darauf. Dann fiel mir noch etwas ein: Ich griff mir seine Hand, schnitt den Zeigefinger ab und legte ihn auch auf das Stück Stoff. Die vier Zipfel verknotete ich, so dass ein säuberliches Bündel entstand. Perfektes Material für Fingerabdrücke und DNA, lobte ich mich selbst. Und wie ich es erwartet hatte, lag in dem schmalen Arm der Lagune, die an dieser Stelle Torcello von Mazzobo trennt, ein Dingi mit Außenbordmotor vor Anker. Ich schleifte die Leiche hinüber. Mein erster Gedanke war, sie ins Boot zu laden und mit einem kräftigen Schubs Richtung Burano zu befördern. Ich entschied mich dann dagegen. So etwas konnte eine großräumige polizeiliche Suche nach dem Killer in Gang setzen. Stattdessen lichtete ich den Anker des Dingi, schnitt das Tau durch, das ihn mit dem Boot verband, und wickelte dem Kerl das Stück des Taus, das am Anker festgemacht war, so um den Hals, dass weniger als dreißig Zentimeter Spielraum zwischen beiden blieb. Dann stieß ich die Leiche ins Wasser - R.??I.??P., Kleiner! - und führte den zweiten Teil meines anfänglichen Plans aus. Ich schickte das Dingi auf seinen Weg durch die Lagune. Die Armbrust war leicht zu finden. Ich warf sie ins Wasser. Sie war aus Metall, schwerer als gedacht, und sank. Die Pfeile wäre ich auch gern losgeworden, aber lohnte sich die Suche? Wohl nicht.
Wieder in der Locanda angekommen, verstaute ich mein kostbares Bündel in der Schreibtischschublade, duschte, zog mich an und ging hinunter zum Frühstück. Ich war ausgehungert. Als ich mit dem Essen fertig war, war es schon fast halb zehn. Halb vier Uhr morgens für Scott. Egal. Wenn er um diese Zeit wach...
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