Schweitzer Fachinformationen
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Bizerte, 1935: Mit ihrem Wasserflugzeug nehmen Jack Kelly und Oskar Keller alle möglichen Aufträge an, meist ohne Fragen zu stellen. Was sie bei Theodor Goldstein besser getan hätten, der sie für einen Flug in die USA bucht. Doch plötzlich ist Goldstein tot - und eine Menge Leute hinter Jack und Oskar her. Was steckt dahinter? Und welche Rolle spielt Goldsteins hübsche Tochter Casey? Eine Jagd bis zum Amazonas beginnt, auf den Spuren eines verschwundenen Volkes und dem verschollenen Gold der Karthager.
Er hätte nicht sagen können, was ihm mehr zusetzte - die Hitze, die zwischen den gewaltigen Stämmen hing und ihn bei jedem Atemzug niederdrückte, oder die Feuchte, die alles übertraf, was er je zuvor am Leib verspürt hatte. Der Rock und die Hosen aus feinem Manchestercord klebten schweißnass an seinem untersetzten Körper, und der weiche Boden, in dem seine Stiefel bis über die Knöchel versanken, machte das Vorankommen zur Strapaze. Und doch hätte Theodor Goldstein keinen anderen Ort auf der Welt benennen können, an dem er in diesem Augenblick lieber gewesen wäre.
»Sind wir noch auf dem richtigen Weg, Professor?«
Goldstein sah sich zu dem Mann um, der in der Kolonne hinter ihm ging. Wie er selbst steckte auch er in einem Tropenanzug aus ausgebleichtem, von Schweißflecken durchsetztem Cord und trug einen breitrandigen Helm, der helfen sollte, die Fährnisse des Regenwaldes abzuhalten. Das Gesicht darunter hatte ein markantes Kinn, über dem ein dunkler Bartschatten lag. Zu Hause im fernen Berlin hätte Goldstein seinem Assistenten solch eine Nachlässigkeit nie durchgehen lassen - hier im Dschungel galten allerdings andere Regeln.
»Ich denke doch, Gruber«, versicherte er, wobei er mit der Rechten eine Zeichnung hochhielt. »Die Beschreibung, die Mr. Fawcett uns freundlicherweise gegeben hat, ist in dieser Hinsicht eindeutig: ein halber Tagesmarsch am Fluss entlang und dann in Richtung der Berge.«
»Ein eigenartiger Zeitgenosse, dieser Brite.«
»Finden Sie?« Goldstein schenkte seinem Assistenten einen amüsierten Blick. »Sind wir das nicht alle, die wir danach streben, der Vergangenheit ihre Rätsel zu entreißen?«
»Was glauben Sie, Professor? Ist etwas dran an Fawcetts Theorie?«
»Nun«, räumte Goldstein ein, während er ein riesiges Farnblatt hochbog, um darunter hindurchzuschlüpfen, »da er uns kaum etwas darüber erzählen wollte, kann ich das nicht abschließend beurteilen. Aber immerhin scheint er etwas gefunden zu haben, das er mit uns teilen will, und dafür bin ich ihm dankbar. So wie ich Erland dafür danke, dass er uns diese Exkursion gestattet hat.«
»In der Tat, Professor«, stimmte Gruber zu.
Sie waren beide nur Gäste, Teilnehmer der großen Expedition, die der schwedische Forscher Erland von Nordenskiöld veranstaltete. Sein eigentliches Fachgebiet war die Völkerkunde, doch sein wacher Geist war auch anderen Disziplinen gegenüber aufgeschlossen, wie etwa der Geologie, der Biologie oder der Archäologie. Und an dieser Stelle waren Goldstein und sein Assistent ins Spiel gekommen.
Sein ganzes Leben lang war Theodor Goldstein von den frühen Kulturen Süd- und Mittelamerikas fasziniert gewesen. Schon als Heranwachsender hatte er am liebsten Abenteuerromane gelesen und sich zusammen mit einem gewissen Dr. Sternau auf die Suche nach dem Schatz der Miztecas begeben. Der Schreiber dieser Geschichten war ein gewisser Capitain Ramon Diaz de la Escosura gewesen - erst Jahre später hatte Goldstein erfahren, dass sich hinter diesem illustren Namen derselbe Autor verbarg, der auch Winnetou und Old Shatterhand erfunden hatte.
Als junger Mann hatte Goldstein die Romane dann gegen Geschichtsbücher getauscht, von seiner Faszination für diesen Erdteil und seine uralte Kultur jedoch nichts eingebüßt. Anders als die meisten Kommilitonen, die sich hauptsächlich mit der Archäologie der Antike und des alten Ägyptens befassten, hatte er sich den präkolumbianischen Kulturen zugewandt und am Ende gar einen Lehrstuhl dafür bekleidet. Und nun wandelte er selbst auf fremden Pfaden, auf den Spuren von Dr. Sternau und all den anderen Helden seiner Kindheit und Jugend .
Aufgeregtes Geschrei drang plötzlich von vorn und riss Goldstein aus seinen Gedanken.
»Was gibt es?«, erkundigte er sich bei ihrem Führer, der unmittelbar vor ihm ging.
Der Mann, ein Mulatte namens Cicerón, der Spanisch und leidlich Englisch sprach und dazu noch eine Handvoll Tupi-Dialekte, drehte sich zu ihm um. »Späher etwas gefunden.«
»Was ist es?«, wollte Gruber von hinten wissen.
»Das finden wir rasch heraus«, gab Goldstein zur Antwort, noch ehe ihr Führer etwas erwidern konnte, und schritt auf seinen kurzen Beinen so kräftig aus, dass sein Assistent Mühe hatte, ihm zu folgen.
Cicerón trieb die Eingeborenen, die den Proviant und die Ausrüstung trugen, mit harschen Worten zur Eile an, dann setzte er sich selbst wieder an die Spitze des kleinen Zuges. Mit der Machete verbreiterte er die Schneise, die die Späher bereits geschlagen hatten, und bahnte sich so einen Weg durch das Gewirr der Farnblätter und Würgefeigen, dem Geschrei entgegen, das noch immer zu hören war. Goldstein merkte, wie ihm das Herz bis zum Hals schlug, und das nicht nur der Hitze und der Strapaze wegen. Entdeckerdrang hatte von ihm Besitz ergriffen.
Unvermittelt gelangten sie auf eine Lichtung.
Das Erste, was Goldstein sah, war das Entsetzen in den runden, von blauschwarzem Haar gekrönten Gesichtern der drei Indios, die sie als Späher vorausgeschickt hatten. Lauthals schrien sie ihre Furcht hinaus, wobei sie ein Wort immer wieder zu wiederholen schienen.
»Was sagen sie?«, wollte Gruber von Cicerón wissen.
»Aberglaube«, wehrte der Mulatte mit einer wegwerfenden Handbewegung ab. »Reden wirres Zeug.«
»Was sagen sie?«, verlangte nun auch Goldstein zu erfahren. Dass die Furcht der Männer echt war, war deutlich zu spüren.
»Nur Geschwätz. Reden immerzu von Fluch. Sagen, dass Ort verwünscht.«
»Welcher Ort?«, fragte Goldstein stirnrunzelnd - als Gruber ihn an der Schulter berührte.
»Professor«, sagte er leise. »Ich denke, Sie sollten sich das ansehen.«
Goldstein wandte sich um. Zuerst verstand er nicht, was sein Assistent ihm zeigen wollte - auf den ersten Blick unterschied sich der Wald, der die Lichtung umgab, in nichts vom grünen Rest des Dschungels. Doch dann wurde es ihm klar: Das große Objekt, das auf der anderen Seite der Lichtung stand und von Schlinggewächsen, Wurzeln und Moos geradezu überwuchert war, war zu regelmäßig, als dass es sich nur um einen weiteren abgestorbenen Baum handeln konnte.
»Das muss er sein«, flüsterte Gruber voller Ehrfurcht. »Genau wie Fawcett ihn beschrieben hat.«
Goldstein nickte und trat näher an das Objekt heran, den warnenden Rufen zum Trotz, denen sich nun auch die Träger anschlossen. Etwas an diesem Ort schien den Eingeborenen höllische Angst zu bereiten.
Vorsichtig streckte der Professor die Hand aus und schob Wurzelstränge und Blätter beiseite. Nicht faulige Borke, sondern narbiges Gestein kam darunter zum Vorschein, was seinen Verdacht bestätigte. Dies war der Monolith, auf den Fawcett und seine Expedition durch puren Zufall gestoßen waren.
»Woher stammt dieses Gestein?«, fragte Gruber, der ebenfalls näher herangetreten war. »Hier gibt es weit und breit keine Felsen, woher also ist es gekommen?«
»Aus den Bergen herab, vermutlich über einen der Flüsse«, mutmaßte Goldstein.
»Aber warum hat man diesen Monolithen errichtet? Und weshalb ausgerechnet hier?«
»Ich weiß es nicht«, gab Goldstein offen zu und lächelte dabei, glückselig wie ein Kind am Weihnachtsabend. »Ist das nicht wunderbar, Gruber? Es gibt hier ein Geheimnis zu ergründen. Ein echtes Geheimnis!«
Er trat einige Schritte zurück, um einen Eindruck von den tatsächlichen Abmessungen des Monolithen zu bekommen. Nach grober Schätzung musste er an die vier Meter hoch sein, wobei die Grundfläche rund einen Meter im Quadrat betragen mochte.
»Wir müssen ihn freilegen«, wandte er sich dann an die Indios. »Die Wurzeln, das Gestrüpp - das alles muss weg«, forderte er sie auf. Cicerón übersetzte, zur Bestürzung der Indios, die in nur noch lauteres Jammern verfielen. Mit heiserem Gebrüll und wüsten Flüchen machte der Mulatte ihnen klar, was er von ihrem Aberglauben hielt, und brachte es tatsächlich fertig, sie zur Arbeit zu bewegen.
Während die Eingeborenen darangingen, das steinerne Monument von Pflanzen zu befreien, machte sich Professor Goldstein bereits daran, das Dreibein für die Kamera aufzustellen, die sie in einem Behälter aus gewachstem Canvas mitführten. Es war ein spezielles Modell, vom Berliner Hersteller Pogade eigens für Expeditionen angefertigt; ein ausziehbarer Balgen verband das robuste hölzerne Gehäuse mit einem Messingobjektiv des Typs Universal-Aplanat Extra Rapid, das auch unter diesen erschwerten Bedingungen zuverlässige Dienste leisten sollte. Trotz des anstrengenden Marsches, der hinter ihnen lag, verspürte Goldstein dabei eine jugendliche Frische. Die Aussicht darauf, der Geschichte womöglich eines ihrer Geheimnisse zu entlocken, beflügelte ihn und ließ ihn eine Art Glück verspüren, wie er es lange nicht mehr empfunden hatte, zuletzt wohl nur bei Cassiopeias Geburt.
Der Gedanke an Frau und Tochter, die er im kalten Deutschland zurückgelassen hatte, um an dieser Expedition teilzunehmen, überkam ihn für einen Moment, doch schon im nächsten Moment kehrte die Euphorie zu ihm zurück.
»Legt alles frei«, verlangte er abermals, während er mit Grubers Hilfe das Kameragehäuse auf das Dreibein montierte. Tatsächlich schälten sich mit jeder Liane, die die Eingeborenen entfernten, und mit jedem Wurzelstrang, den sie durchtrennten, die Formen des Monolithen deutlicher heraus.
»Er ist völlig glatt«, stellte Gruber fest. »Keine Symbole oder figürlichen Darstellungen. Anders als bei allen...
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