Schweitzer Fachinformationen
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Die Börse kennt kein endgültiges Happy End. Aber genauso wenig kommt es zu einem dramatischen Finale - zumindest nicht für den gesamten Aktienmarkt. Denn die Bewegungen an den Aktienmärkten sind einfach nie abgeschlossen. Jeden Tag, jede Minute geht es weiter. Dann gibt es neue Entwicklungen und Nachrichten, die sofort verarbeitet werden und die Kurse bewegen. Rund um den Globus und rund um die Uhr. Jeden Tag, jede Minute entstehen so neue Gefahren, aber auch neue Chancen für Anleger und Anlegerinnen.
Denn die Kursentwicklung an den Aktienmärkten ist ein Spiegel der ganzen Welt - und genau deshalb immer wieder aufs Neue spannend. Wie die Stimmung und damit die Chancen für die Kurse allgemein ausfallen, hängt zum einen von der »großen« Politik ab, zum anderen von der Geldpolitik und von der Konjunktur. Aber auch alle möglichen anderen Ereignisse können alles verändern - wie zum Beispiel Pandemien, wie wir spätestens seit 2020 wissen. Und jedes Depot, jede Aktie wird davon beeinflusst. Genau wie von den ganz eigenen Umständen für die jeweils dahinterstehenden Unternehmen: Ob sie erfolgreich sind und ihr Aktienkurs damit Luft nach oben hat, hängt von einem ganzen Bündel an Bedingungen ab - zum Beispiel vom Geschäftsmodell, der Konkurrenz, den Kosten und dem Management.
Und um das Ganze noch ein bisschen komplizierter zu machen, sind die Finanzmärkte vor allem eines nicht: rational. Benjamin Graham, erfolgreicher Anleger und Begründer des Value Investments (siehe Seite 449), verglich die Börse gerne mit einem manisch-depressiven Alkoholiker. Der rufe jeden Tag irgendwelche Preise aus, für die er Unternehmen kauft oder verkauft, und die seien je nach seiner Verfassung gerne mal viel zu hoch oder zu niedrig. Genau das gibt Anlegern aber die Chance, erfolgreich mit Aktien zu investieren - wenn sie wissen, was sie tun, und sich bemühen, möglichst mit kühlem Kopf und nicht emotional zu handeln.
Dieses Buch soll Ihnen dabei helfen. In den folgenden Kapiteln werden wir alle makroökonomischen Einflussfaktoren für die Börse nach und nach beschreiben und analysieren, die wichtigsten Märkte und Strategien vorstellen und die Grundlagen für eine seriöse Aktienbewertung aufzeigen. Wir zeigen, wie man Bilanztricks erkennen kann, wir schauen auf die wichtigsten Kennzahlen für die Aktienbewertung und befassen uns mit Kosten wie Steuern und Handelsgebühren. Wir blicken in die Vergangenheit und analysieren die wichtigsten Ursachen für Crashs und die Renditechancen in verschiedenen Börsenphasen. Vor allem aber schauen wir auch in die Zukunft und beschreiben die Megatrends für Wirtschaft und Geldanlage. Denn genau das tut die Börse auch: Hier geht es ausschließlich um das, was kommt.
Vielleicht sind Sie schon lange an der Börse unterwegs und wissen bereits vieles. Oder Sie haben Ihre Liebe zur Aktie erst in jüngster Zeit entdeckt. Aber klar ist: Zu lernen gibt es mit Sicherheit immer noch etwas.
Mehr als 12 Millionen Menschen ab 14 Jahren waren im Jahr 2021 in Deutschland direkt oder indirekt über Fonds und ETFs an der Börse engagiert - das waren zwar ein bisschen weniger als 2020, aber immer noch fast so viele wie im Internetboom um die Jahrtausendwende.1 Ob die Entwicklung diesmal nachhaltiger ist als nach der Aktieneuphorie bis zum Jahr 2000, ist noch offen. Allerdings spricht einiges dafür: Denn vor der Jahrtausendwende ließen sich viele von den sagenhaften Gewinnen mit Internetaktien an die Börse locken und sahen sie als eine Art Lotterie an, bei der es nur Gewinner gibt. Als der Boom vorbei war, wandte sich eine Vielzahl der Neuaktionäre und -aktionärinnen wieder enttäuscht ab.
2020 waren die Motive seriöser. Die niedrigen Zinsen hatten schon eine Weile dafür gesorgt, dass sich immer mehr Menschen für eine ertragreiche Alternative zu den renditefreien Sparformen zu interessieren begannen. Die Covid-19-Pandemie und der veränderte Alltag während der Lockdowns wirkten dann offensichtlich bei einigen als letzter Anstoß: »Viele Sparerinnen und Sparer hatten 2020 einfach mehr Zeit und mehr Geld: Zeit, sich mit den eigenen Finanzen zu beschäftigen, und übriges Geld, um in Aktien, Fonds oder ETFs zu investieren«, diagnostiziert das Deutsche Aktieninstitut (DAI). »Gepaart mit den stark gefallenen Börsenkursen im Frühjahr nutzten das offenbar viele als Chance für den Einstieg in den Aktienmarkt.«2
Statt ihr Geld also in einen boomenden und später überhitzten Markt wie in den Jahren rund um die Jahrtausendwende anzulegen, investierten dieses Mal viele mutig an einer Börse, die zuvor wegen der Pandemie brutal abgestürzt war. Die Mehrheit der Anleger - 2020 etwa 7 Millionen Menschen - vertraut dabei auf aktiv gemanagte Fonds oder ETFs. Aber immerhin 5,3 Millionen halten zumindest zusätzlich oder ausschließlich einzelne Aktien.
Vor allem junge Menschen haben sich in den vergangenen Jahren mehr und mehr für Aktien interessiert. Wenn sie über »Robinhood« sprachen, ging es plötzlich nicht mehr um die beste Verfilmung der Legende. Sondern um eine amerikanische Plattform für den Aktienhandel und deren Börsengang. Sie diskutierten über die Qualität von Apple - aber dabei weniger über die Leistungsstärke der Kamera des neuesten iPhone. Oft ging es vor allem um Gewinnwachstum, Dividendenrendite und Kurs-Gewinn-Verhältnis der Apple-Aktie. Denn nach Daten des DAI gab es im Corona-Jahr 2020 einen regelrechten »Jugendboom« an der Börse: »Fast 600.000 junge Erwachsene unter 30 Jahren wagten sich auf das Börsen-Parkett - eine Steigerung um fast 70 Prozent im Vergleich zum Vorjahr«, schreibt das Institut.3
Aktien wurden also »in« und die junge Generation eroberte sie mit ihren Mitteln: digital und schnell. Immer mehr Blogger und YouTuber beschäftigten sich mit Börse und junge Menschen stürzten sich kopfüber in die Geldanlage mit Aktien und sammelten erste - meist positive - Erfahrungen. Denn bekanntermaßen überwanden die Börsen den Covid-Schock schnell und kannten lange Zeit nur eine Richtung: Angetrieben von der Geldschwemme der Notenbanken und den Finanzstützen der Regierungen stiegen die Kurse fast ununterbrochen.
Bis zum Jahreswechsel 2021/2022. Ab Herbst 2021 braute sich der fast perfekte Sturm für die Aktienmärkte zusammen: Die Corona-Pandemie sorgte weiter für Lockdowns vor allem in China und damit für anhaltende Störungen der Lieferketten, die die Wirtschaft belasteten. Die Preise für begehrte Waren und Vorleistungen - vor allem Computerchips und Energierohstoffe - stiegen dramatisch an. Und gleichzeitig begann die Teuerung zu klettern, erst allmählich, dann immer dramatischer.
Anfang 2022 war klar, dass die Zentralbanken früher oder später reagieren müssen und die Zeiten lockerer Geldpolitik wohl erst einmal vorbei sind. Ein schwerer Schlag für die Aktienmärkte. Doch es kam noch schlimmer: Am 24. Februar überfiel Russland die Ukraine und der Krieg verschärfte die bestehenden Probleme für Unternehmen massiv: Noch mehr Güter waren knapp, die Energiepreise bekamen einen neuen Schub. Die Aktienmärkte reagierten mit deutlichen Kursabschlägen. Und diesmal wäre es - anders als während der ersten Coronawelle im Frühjahr 2020 - der zumindest vorerst falsche Reflex gewesen, bei den ersten schwachen Kursen einzusteigen.
»Wenn die Ebbe kommt, sieht man, wer nackt schwimmt«, ist einer der Lieblingssprüche von Anlegerlegende Warren Buffett4 - und genau der wird sich vermutlich nun im Jahr 2022 bewahrheiten: Weil die Probleme für die Börse wohl ein wenig andauern werden, werden sich einige der neuen Aktionäre und Aktionärinnen wohl nach einer Weile frustriert zurückziehen. Andere werden aber bleiben - und sei es nur als passive Anleger mit Index-Investments. Damit wahren sie ihre Chance, langfristig von der Ertragskraft der Dividendenpapiere zu profitieren.
Und einige andere werden die Aktienmärkte systematisch und damit meist erfolgreich bearbeiten und sich der überschaubaren Schar von erfahrenen Aktionären anschließen, die schon bisher die Börsen für sich erobert haben.
Überschaubar ist die Schar in Deutschland deshalb immer noch, weil die Aktienkultur hierzulande nach wie vor ein trauriges Dasein fristet. Die Ursachen hierfür sind weit in der Vergangenheit verwurzelt: Schlechtes Investieren hat in Deutschland eine sehr lange Tradition. Denn das Finanzvermögen wird in Deutschland schon lange Zeit extrem konservativ angelegt. Sicherheit geht vor Rendite - und das hat seinen Preis. Denn so ticken die Finanzmärkte nun einmal: Je solider und sicherer ein Investment ist, desto geringer ist der Ertrag. Der Aktienmarkt - schon immer eine der ertragreichsten Anlageformen überhaupt - gilt für viele hierzulande als Platz für Zocker und nicht als Investmentmöglichkeit. Nur wenige haben ihn als ertragreiche Anlageform erkannt.
Immer noch zeigen Umfragen erhebliche Wissenslücken zum Thema Geldanlage und speziell zu allem, was sich um Aktien und Börse dreht. Die Folgen sind bekannt: Die Deutschen investieren zu vorsichtig und zu wenig ertragreich. Auch im Winter 2021 lag der Löwenanteil der Ersparnisse der Bundesbürger auf der Bank oder unter dem Kopfkissen - knapp 40 Prozent wurden als Bargeld, als Guthaben auf Giro- oder Festgeldkonten oder als Sparprodukte aufgehoben. Und das, obwohl diese Art der Geldanlage nach Berücksichtigung der Inflation bei den aktuellen Minizinsen ein klares Verlustgeschäft war. Auch eine weitere eher mäßig rentable Geldanlage ist seit Langem beliebt: Versicherungen. Hierin lag nach den Daten der Deutschen Bundesbank 2020 gut ein Drittel aller Ersparnisse. Anleihen spielten dagegen kaum eine Rolle; Aktien und Aktienfonds machten zusammen nur rund ein Fünftel...
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