Schweitzer Fachinformationen
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Die natürlichen Ansprüche der Pflanzen
Die Bedingungen auf Balkon und Terrasse lassen uns oft keine Wahl. Selbst wenn der Wind um die Ecken pfeift, die Hitze sich schweißtreibend staut oder ausladende Bäume wenig Licht durchlassen, drapieren wir unsere Pflanzen - so gut es eben geht. Dennoch sollten wir um die Verhältnisse in der Natur wissen und uns diese zum Vorbild nehmen.
Mit ausreichend Licht und etwas Windschutz lassen sich die meisten Gemüsepflanzen auch im urbanen Umfeld in Kästen, Kübeln und Töpfen heranziehen.
Gewöhnlich lassen sich Pflanzen nicht wie Möbel beliebig von einer Ecke in eine andere schieben. Wer Gärten plant, weiß um die speziellen Bedürfnisse der diversen Gewächse, die sie für ein gesundes Wachstum benötigen, und richtet sich danach.
Verfolgen wir daher einmal die Lebensbedingungen einzelner Pflanzen zurück an ihren natürlichen Standort. Typische Waldpflanzen wie Bärlauch, Waldmeister, Sauerklee und Brombeeren sind daran gewöhnt, dass mächtige Baumkronen sich über ihnen ausbreiten, die das Licht nur gefiltert durchdringen lassen und die Luft kühlen. Ihre Wurzeln saugen aus den feuchten Laubschichten am Boden lebensnotwendige Nährstoffe. Die Walderde ist reich an Humus, der sich nach und nach zersetzt und den Pflanzen beste Voraussetzungen zum Wachsen und Gedeihen bietet. In unserem Wohnumfeld werden sich Waldpflanzen kaum wohlfühlen, wenn ihr Laub beispielsweise der sengenden Sonne ungeschützt ausgeliefert ist.
Andere Gewächse lechzen geradezu nach intensiver Lichteinstrahlung und Hitze, wie Rosmarin, Lavendel, Oregano, Ysop und Thymian. Sie geben sich meist mit flachgründigen, karstigen Böden zufrieden. Denn sie stammen ursprünglich von Felssteppen, Heiden und Halbtrockenrasen. Oder aus der Macchia rund ums Mittelmeer, wie die gerade erwähnten mediterranen Kräuter. Nährstoffe sind dort Mangelware, was den Pflanzen nichts ausmacht. Im Gegenteil: Zu viel Dünger lässt sie stark ins Kraut schießen, die Triebe werden weich und krankheitsanfällig, und die Blätter verlieren an Aroma. Selbst in Trockenzeiten kommen diese pflegeleichten Gewächse mit wenig Wasser aus.
Hinter diesen ganz unterschiedlichen Bedürfnissen steckt ein weiser Verteilungsplan der Natur. Da nicht der gesamte Grünwuchs nur die nährstoffreichen und gut mit Wasser versorgten Plätze an der Sonne für sich beanspruchen kann, haben sich die Pflanzen über Jahrhunderte hinweg spezialisiert. Einige nahmen eher schattige Orte für sich in Beschlag. Andere wichen auf magere Böden aus, und wieder andere entdeckten für sich die feuchten Stellen in Wassernähe. Die Verbreitung der gesamten Flora hat sich im Lauf der Evolution vollzogen. Biologen sprechen von ökologischen Nischen, Gärtner hingegen von Standortansprüchen, die für jede Pflanze spezifisch sind. Sie haben sich dort eingerichtet, wo sie mit ihren Nachbarn gut auskommen. Stille Vereinbarungen haben dazu geführt, dass ihre Wurzeln sich nicht in die Quere kommen. Die einen bilden lange, schmale Rüben aus, andere preschen mit vielen feinen Ausläufern in die Breite. Für beide sind ausreichend Nährstoffe vorhanden, weil sie sich in unterschiedlichen Tiefen des Bodens bedienen - vorbildliches Miteinander, cleveres Konkurrenzverhalten.
Vielen Pflanzen sieht man die Anpassung an ihre jeweilige Herkunft auch an. Waldpflanzen etwa, die sich in den Schatten der Bäume zurückgezogen haben, besitzen häufig große, dünnhäutige Blätter, mit denen sie das spärliche Sonnenlicht optimal einfangen können. Auch die Heißsporne erkennt man sofort: Ein grauer Filz und nadelartige Blätter schützen diese Pflanzen vor übermäßiger Verdunstung und UV-Strahlung. Umgekehrt mögen sie keine anhaltende Nässe. Vor allem ihre Wurzeln sterben dann ab - ein Grund, warum mediterrane Kräuter den Winter über sowohl gegen starke Fröste als auch gegen wochenlange Regenfälle geschützt werden müssen.
Jahrhundertelange gezielte Auslesen haben aus einem Unkraut die Urformen des Salates gemacht. Der Kompass-Lattich (Lactuca serriola) gilt als enger Verwandter unseres Salates (Lactuca sativa). Beide Arten führen im Spross reichliche Mengen an weißem Milchsaft (»Lac« bedeutet in der lateinischen Sprache »Milch«). Die stachelig gezähnten Blätter des Wildkrautes zeigen in Nord-Süd-Richtung, daher der Name Kompass-Lattich. Durch diesen Mechanismus vermeidet die Pflanze ein Überhitzen der Blätter infolge intensiver Sonnenstrahlung. Denn man findet sie überwiegend in Hochlagen bis 1000 Meter. Die Kräuterbücher des Mittelalters würdigen die heilsame Wirkung des Lattichs vor allem gegen Schlaflosigkeit. Der immensen Formenvielfalt des Lattichs und den experimentierfreudigen Gaumen unserer Vorfahren verdanken wir, dass aus dem stacheligen, hoch aufragenden Gewächs eine zartblättrige, Köpfe bildende Gemüsepflanze wurde.
Die meisten Nutzpflanzen wurden im Laufe vieler Jahrhunderte durch Züchtung mehr oder weniger stark verändert. So haben sie den Bezug zu ihren natürlichen Wurzeln zumindest teilweise verloren. Dennoch gibt es noch die Urahnen von Salat, Kohl, Möhre und vielen anderen Gemüsearten. An denen der Möhre etwa laufen wir vorbei, wenn wir die urbanen Zentren verlassen. Fast überall auf Wiesen und an Wegrändern wächst die bis zu 120 Zentimeter hohe Wilde Möhre (Daucus carota ssp. carota), sommers zu erkennen an den weißen Doldenblüten mit violett-schwarzem Punkt in der Mitte. Die mitteleuropäischen und mediterranen Formen besitzen weiße, die zentralasiatischen purpurrote und gelbe Wurzeln. Aus Kreuzungen dieser drei entstand unsere heutige Karotte. Inzwischen kommen wieder violette, weiße und gelbe Sorten auf den Markt, die den Wildformen ähnlich sehen. Die Standortansprüche zwischen Wild- und Zuchtformen unterscheiden sich kaum. Beide wünschen sich lockere Böden ohne Staunässe und möglichst Sonne. Das Gros der Gemüsepflanzen bevorzugt solche eher ausgewogenen Bedingungen, die wir ihnen nicht immer bieten können. An manch schwierigem Standort hilft es daher, auf Wildgemüsearten zurückzugreifen (siehe Tabelle >). Sie sind meist härter im Nehmen. Gerade im Schatten gedeiht kaum eine Gemüse- oder Kräuterart zufriedenstellend. Dort sind Wildkräuter, die in der Natur in Wäldern oder an Waldrändern vorkommen, viel besser geeignet, frisches Grün für Salate zu liefern.
Andererseits sollten wir uns nichts vormachen. Ob Balkon, Terrasse, Hinterhof oder sonstige Nischen innerhalb der Stadt, es handelt sich dabei immer um künstliche, von Menschen geschaffene Räume. Es ist also vor allem an uns, viel dafür zu tun, damit sich die Pflanzen dort wohlfühlen - und es ist gut, sich vor Augen zu führen, dass wir es mit lebendigen Organismen zu tun haben, die sich nicht unbedacht irgendwo abstellen lassen.
WILDGEMÜSE FÜR BESONDERE STANDORTE
NAME
STANDORT
ESSBARE TEILE
GUT ZU WISSEN
Wald-Sauerklee (Oxalis acetosella)
schattig und feucht
Blätter im Frühling im Salat; Blüten, Früchte
erhält seinen säuerlichen Geschmack durch Oxalsäure, daher keine großen Mengen essen
Rapunzel-Glockenblume (Campanula rapunculus)
sonnig bis halbschattig
Blätter, Blüten im Salat; Wurzeln wie Radieschen
Blätter schmecken nach Erbsen
Pfennigkraut (Lysimachia nummularia)
Blätter und Triebspitzen wie Kresse fein hacken
fein säuerlicher Geschmack
Austernpflanze (Mertensia maritima)
halbschattig, keine direkte Sonne
die zarten Blätter in gemischten Salaten
der Geschmack erinnert an Austern, bei Köchen beliebt
Guter Heinrich (Chenopodium bonus-henricus)
halbschattig
Blätter als Salat oder Spinat
seine Bitterstoffe neutralisiert eine Prise Zucker
Englischer Spinat (Rumex patientia)
Blätter fast das ganze Jahr über als Spinat oder Suppe
leicht säuerlicher Geschmack
Berg-Sauerampfer (Rumex ariofolius)
Blätter das ganze Jahr über in Salaten, Suppen, Saucen
säuerlicher Geschmack
Wilde Rauke (Diplotaxis tenuifolia)
sonnig, anspruchslos
Blätter und Blüten in Salaten
regelmäßig die Blüten entfernen, schärfer als die Salat-Rauke
Süßdolde (Myrrhis odorata)
schattig bis halbschattig
Blätter wie Kerbel; Samen; Wurzeln wie...
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