Schweitzer Fachinformationen
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Dass Kirchen in Mainstreammedien über Gott reden, ist noch eine junge Disziplin. In der Schweiz besteht dabei ein enger Bezug zum Start der Lokalradios. Roger Schawinskis «Radio 24» hat im November 1979 nicht nur das SRG-Monopol gebrochen, sondern auch mentale Kirchenmauern einstürzen lassen. Der Zwang zur Direktheit und Unmittelbarkeit beim ersten Privatradio der Schweiz hat Jugendliche aus kirchlichen Gruppen zur Entscheidung herausgefordert, dem Ghetto zu entsagen und sich der öffentlichen Kommunikation zu stellen. Einige haben die Herausforderung angenommen.
Auf dem Planeten Erde werden täglich theologische Vorstellungen kommuniziert, indem Menschen erschossen, gehenkt, enthauptet oder von Bomben zerfetzt werden. Die zeitgemässe Sprache verwendet dafür den Begriff «Terror», als wäre ein neuartiges Phänomen über uns hereingebrochen. So entsetzlich Terror ist, Terror ist nicht neu. Terror im Namen Gottes gehört zu den ältesten Traditionen der Kulturgeschichte. Begonnen hat die Geschichte des Terrors gleich nach dem ersten Opferritual, das in der Bibel beschrieben ist (1. Buch Mose 4,1-4).
Es sind Kain und Abel, die in ihrem Anbetungsgottesdienst mit Gott reden. Die Kommunikation im Beziehungsdreieck Kain vs. Abel - Gott bewirkte, dass Kain gegenüber seinem Bruder Abel weniger Ehre und Würde empfand. Nach dem Disput mit Worten wählte Kain die Sprache der Gewalt. Er tötete seinen jüngeren Bruder Abel durch Erschlagen.
Kain erschlägt Abel. (Bild Blog annoyzview.files.wordpress.com)
«Die Bibel wurde das am häufigsten gedruckte und publizierte sowie das am meisten übersetzte Werk der Weltliteratur.»
Ein Wandbild an einer Kirche der Pro-Ulster Volunteer Force (UVF) in Carrickfergus im Norden des Belfast Lough. (Quelle Miossec / CC BY 2.5)
Wer immer die Urheberschaft der Bibel war, sie leistet sich die kreditschädigende Idee, bereits mit der ersten Beschreibung eines Anbetungsgottesdienstes einen Brudermord geschehen zu lassen. Begangen durch den ersten Sohn der ersten Familie der Menschheit. Und dann war da noch die Idee, dass der Mensch die Krone der Schöpfung sei. Jede Kommunikationsagentur hätte bei diesem Plot das Mandat niedergelegt. Dennoch sollte die Bibel das am häufigsten gedruckte und publizierte sowie das am meisten übersetzte Werk der Weltliteratur werden.
Wer im Namen Gottes Menschen ermordet, legt ein Geständnis ab. Er gesteht die eigene Unfähigkeit, sein Gottesbild mit Worten offenlegen und plausibilisieren zu können. Menschen beziehen aus ihrem Gottesbild «Reichtümer, Würden und Rechte», wie Friedrich Schiller in «Geschichte des dreissigjährigen Kriegs» einprägsam beschreibt. Töten also Menschen, mit gefühltem Defizit an Würde und Sozialstatus, weil sie nicht gelernt haben, ihr Gottesbild mit Worten nachvollziehbar und plausibel zu formulieren? Mordmotiv Sprachdefizit.
So schwierig es ist, über Gott zu debattieren, die Qualität dieser Debatte ist ein Schlüsselkriterium für langfristigen Erfolg einer Kultur. Die Debatte über Gott bewirkt Ethik. Aus Ethik leitet sich Verteilung von Macht ab, ebenso Verteilung erwirtschafteter Gewinne sowie des Wissens. Dies wiederum beeinflusst die Innovationskraft einer Gesellschaft.
So hat das Konzil zu Basel von 1431 bis 1449 einen offenen Diskurs über Gott erzwungen. In der Folge wurde in Basel die Universität gegründet, welche - einhergehend mit Geisteswissenschaften - moderne Technologien katalysierte. Dazu gehörten auch Humanmedizin, Buchdruck und industrielle Färberei.
Gesprächsrunde im Klostergarten der Benediktinerinnen in Rietberg-Varensell. (Bild Abtei Varensell www.abtei-varensell.de)
«Beide Systeme haben den freien theologischen Diskurs verhindert.»
Die industrielle Färberei war Avantgarde der späteren Chemie- und Pharmaindustrie, welche 500 Jahre später zu Hauptkomponenten der Schweizer Exportwirtschaft wurden. Bereits im 15. Jahrhundert zog dies Gelehrte, Industrielle, Innovatoren und Investoren nach Basel. Unter ihnen waren zahlreiche Glaubensflüchtlinge. Deshalb lernte Basel die Religionsfreiheit schon früh als Drillingsschwester wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Erfolgs zu begreifen.
Umgekehrte Beispiele der Beziehung von theologischem Diskurs und Prosperität sind Nationalsozialismus und Stalinismus. Beide Systeme haben den freien theologischen Diskurs verhindert. Dies ermöglichte beiden Regimes, sich mit Symbolen der Göttlichkeit auszustatten und die Opposition auszuschalten. Das NS-Regime sowie der Stalinismus haben gemeinsam, dass sie bis heute von allen Systemen den höchsten Blutzoll an unschuldigen Menschen eingefordert haben.
Vergleichsweise einfach haben es Aktivisten, welche sichtbare Hauptsubjekte bewirtschaften. Zum Beispiel AKW-Gegner. Sie haben Kühltürme, die wie Mahnmale aus der Landschaft ragen. Erst mit dem Bau von Kühltürmen in den Siebzigerjahren liess sich der Widerstand gegen die Kernkraft mobilisieren. Erst recht geschah dies ab 1986 nach der Reaktorkatastrophe in Tschernobyl mit Bildern genetisch entstellter Kinder. Dabei plante die ETH in Zürich 1956 einen unterirdischen Atomreaktor, gekühlt nicht durch einen sichtbaren Kühlturm, sondern unsichtbar durch Wasser aus der Limmat. Kaum jemand protestierte.
Der unterirdische Reaktor der ETH. (Bild ETH, NZZ-Infografik)
«Auch der Fussball lebt von der Visibilität des Hauptobjekts: des Balls.»
FIFA 16 Fussballsimulations-Game von EA Sports. (Bild YouTube)
Auch der Fussball lebt von der Visibilität seines Hauptobjekts. 22 Männer streiten mit Körpereinsatz um eine Kugel aus Leder. Sie versuchen, die Kugel dem Gegner gegen dessen Abwehr ins Netz zu schiessen. Die Mannschaften sind visuell deutlich unterscheidbar. Sieg und Niederlage sind einfach kommunizierbar. Zwei Zahlen mit zwei vertikal angeordneten Punkten dazwischen reichen, zum Beispiel 4:1. Der Spielstand steht immer auf je einer grossen Schrifttafel an den Enden des Spielfeldes geschrieben. Jede Mannschaft hat eine Art Priester, der hoffend, beschwörend, bangend, schreiend mit vielen Gesten seine Mannschaft dirigiert. Häufig wird eine Aktion auf dem Spielfeld durch einen humorlosen Mann mit schwarzen, kurzen Hosen und Pfeife gestoppt. Er bestraft Spieler mit gelben und roten Karten. Gelb bedeutet Schande. Rot bedeutet Ungnade, der Spieler muss sofort vom Platz. Mit derartig verteilter Würde und Schmach erzielte die UEFA laut sponsors.de allein während der Fussball-Europameisterschaft 2016 mehr als zwei Milliarden Euro Einnahmen.
Geboren 1955, wuchs ich in einem kleinen Bauerndorf im Kanton Schaffhausen, dicht an der Grenze zu Deutschland auf. Mein Vater war Posthalter und Gemeinderat, meine Mutter (geb. 1933), Lehrerin, stammte aus dem Elsass. Traumatisiert durch den Nazi-Terror und die Zwangsrekrutierung ihres Vaters 1944 durch die deutsche Wehrmacht in den Volkssturm, während die Mutter meiner Mutter allein mit fünf Kindern den Bombenabwürfen der Alliierten sowie den Geschossen des deutschen Widerstandes ausgesetzt war, erlebte sie 1946 die Entgermanisierung. Über Nacht am Gymnasium kein Wort mehr in deutscher Sprache. Die Irritierung ihres Heimatverständnisses sublimierte sie in ein Gottesbild, welches Friede, Geborgenheit und Verbindlichkeit fokussierte. Zu meinen frühen Kindheitserlebnissen gehörten christliche Lieder am Klavier.
«Aber sie sahen sich unter dem Missionsbefehl des Matthäus-Evangeliums (Kapitel 28), Menschen für das Evangelium gewinnen zu müssen.»
Dann kam 1968. Rockmusik, lange Haare, Rebellion, freie Sexualität, LSD, Weltverbrüderung und Sozialromantik begannen, die Agenda der Jugendkultur zu beherrschen. Durch meinen Kopf zog sich eine Mauer, auf deren einen Seite das Bild des Jesus aus der Sonntagsschule stand. Auf der anderen Seite wurden Institutionen, welche das Lesen der Bibel kultivierten, von vielen Menschen reflexartig gemieden. Die Ablehnung geschah meistens, bevor eine sachliche Abwägung von Argumenten stattgefunden hatte. Die Mehrheit der Bevölkerung setzte kaum einen Schritt über die Schwelle einer evangelischen Freikirche. Solche Kirchen ausserhalb des Staatsmonopols standen nicht im Werbevorteil des Glockenturms und der vom Staat erhobenen Steuereinnahmen. Aber sie sahen sich unter dem Missionsbefehl des Matthäus-Evangeliums (Kapitel 28), Menschen für das Evangelium gewinnen zu müssen. Deswegen stellten Freikirchen regelmässig ein grosses Zelt auf eine Wiese. Sie engagierten einen wortgewaltigen Redner, der vom Jesus am Kreuz predigte und mit der Hölle drohte. Der Posaunenchor spielte Märsche und Heilslieder.
«Dieser Konflikt zweier Welten war wie zwei Langstrecken-Jets, welche auf gleicher...
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