Schweitzer Fachinformationen
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Die LOKALE GRUPPE zählt zu den kleineren Ansammlungen galaktischer Inseln in der Unendlichkeit des Kosmos. Ihr gehört ein regulärer Spiralnebel mittlerer Größe an mit etwa hundert Milliarden Sonnenmassen, die um das Zentrum rotieren, MILCHSTRASSE genannt. In einem Seitenzweig ihres Systems von Feldsternen, zwischen zwei der weit hinausragenden Spiralarme zieht die SONNE, umkreist von einem Trabantenschwarm, ihre Bahn. Einer der wenigen größeren Planeten dieses Gestirns schimmert bläulichweiß. Seine Parameter verlaufen ziemlich exakt in der Mitte der Sonnenbiosphäre. Es ist dies ein Planet des Lebens, unsere gute Mutter ERDE.
Ende September 1825 lebten hier ungefähr eine Milliarde Menschen. Einer davon war Johann Wolfgang von Goethe, deutschsprachiger Schriftsteller und großherzoglicher Minister, wohnhaft in der thüringischen Residenzstadt Weimar, Am Frauenplan, sechsundsiebzig Jahre alt. Ein anderer hieß Friedrich Engels, manchmal kurz Fritz oder Fritzchen genannt, ältester Sohn eines wohlhabenden deutschen Textilfabrikanten, wohnhaft in Barmen im Wuppertal, Brucher Platz, vier Jahre und zehn Monate alt.
Beide erwachten wie gewöhnlich so auch an diesem Morgen frühzeitig. Der ältere Herr machte sich allerhand Gedanken über den Brief, den er gestern von Cotta erhalten hatte.
Eine vierzigbändige Gesamtausgabe seines literarischen Lebenswerkes will der Verleger herausbringen. Auch wenn man es nicht wahrhaben möchte, es geht, geht auf das Ende zu! Und noch immer liegt der zweite Teil des »Faust« unfertig da. Noch immer ist keine Antwort gefunden auf die letzte Frage, vielleicht die einzige, die des Nachdenkens wirklich wert war, die Frage nach dem Sinn des menschlichen Lebens. »Das Göttliche, das im Menschen zum Bewußtsein seiner selbst gelangt«, behauptet Hegel. Wie leicht es doch ein Philosoph hat, mit dem Grundproblem fertig zu werden. Er nimmt sein eigenes Denken als Urgrund und baut den Kosmos darauf. Ein Dichter aber kann sich nur an das Lebendige halten . Du sollst die Option haben, Cotta, für die siebzigtausend Taler, die du bietest. Aber den zweiten Teil des »Faust« bekommst du erst am Tag nach meinem Tod, so das Schicksal mir die Kraft und die Frist läßt, ihn zu vollenden.
Soweit einige Überlegungen Goethes an diesem Spätsommermorgen. Wir lassen ihn nun mit seinen Gedanken allein und wenden uns dem Jüngeren zu, der noch weit davon entfernt war, moralische Betrachtungen über Sinn und Wert eines menschlichen Lebens anzustellen.
Seine Welt war ein einheitliches Ganzes, innig verschmolzen mit der eigenen Person. Sie bestand aus seiner Mutter, dem Vater, seinen beiden jüngeren Geschwistern Hermann und Marie, aus Ulrike, seiner Amme, und Fräulein Henriette sowie einer Vielzahl weiterer Personen, die kamen und gingen und von denen die bei weitem wichtigste Opa aus Hamm war. Sie bestand aus dem weitläufigen Elternhaus, in dem es eine Unmenge von Zimmern, Fluren, Treppen, Nischen und noch nicht vollständig ergründeten dunklen Boden- und Kellerräumen gab. Sie bestand aus einem unendlich großen Garten, das Engelsbruch genannt. Nach drei Seiten hin war der Garten eingeschlossen von einer Vielzahl von Bauwerken aller Art. Neben dem eigenen Haus standen die stattlichen Wohnhäuser Onkel Caspars, Onkel Augusts, Onkel Snethlages, eine unübersehbare Menge kleinerer Gebäude, Pferdeställe und Schuppen, in denen Kutschen standen, neue, glänzende und alte, mit rostigen Radnaben und verstaubten Polstern, dazwischen lustige, bunte Fachwerkhäuschen, in denen lauter äußerst freundliche Leute wohnten. Nach der vierten Seite hin, zur Wupper zu aber war der Garten abgeschlossen von einer hohen Mauer. Dahinter spielten sich die erstaunlichsten Dinge ab, von denen noch zu sprechen sein wird, weil sie Friedrich lange und oft beschäftigten.
Über dem ganzen schien die Sonne, nur manchmal von Wolken bedeckt, von Gewittergüssen und traurigen Regentagen unterbrochen. Doch die Sonnentage waren vollgestopft mit wunderbaren Erlebnissen und tausend Neuentdeckungen. Und in jeden dieser nicht enden wollenden Tage wurde der Junge frühmorgens mit dem ersten glücklichen Augenaufschlag aufs Neue hineingeboren.
Draußen hat schon der neue Tag begonnen. Die Morgensonne ist da. Durch die Ritzen der Fensterläden dringt sie, wirft lustige leuchtende Streifen an die Wand über der Zimmertür. Onkel August sagte gestern beim Tee zu Mama: »Einen so langen Sommer gab es noch nie.« Ja, schön ist der Sommer. Im Garten duftet es nach Honig und herbem Laub. Im Gebüsch summt und brummt es. An den hohen Apfelbäumen stehen Leitern, die man hinaufklettern kann. Vogelschwärme umschwirren die Dächer. Auf der Wiese lagern große weiche Heuhaufen, in denen es sich wohlig herumwälzen läßt. Ein langer, langer Tag liegt vor mir. Ich freue mich!
Friedrich brauchte keinen Übergang, um den Schlaf abzuschütteln. Aus der schemenhaften Welt verwirrender Träume wechselte er schlagartig in die Wirklichkeit über mit einer Überfülle von lebensprallen Bildern und abenteuerlichen Plänen.
Ob ich heute wieder den langen Weg zwischen den Rosenbeeten hindurch, an den Stachelbeeren und den Apfelbäumen vorbei zur Schule gehe? In das Klassenzimmer, wo Cousin Karl sitzt, kann man vom Garten aus hineinschauen. Jetzt im Sommer stehen die Fenster weit offen, und ich kann hören, was Herr Priester erzählt. Noch lustiger ist es, wenn Herr Priester sein Schläferchen macht. Dann machen die Schüler allerhand Faxen, kommen ans Fenster, und es geht sehr lustig zu. Tante Julie sagt: »Der Priester trinkt. Karl lernt nichts in der Klippschule, aber wir können uns keinen Hauslehrer leisten. Wegen der Handelskrise.«
Ob Onkel Caspar arm ist? - Nein. Die Armen sehen anders aus. Sie haben meistens eine Mütze in der Hand. Nicht nur in der Kirche. Hinter der Mauer in unserer Fabrik arbeiten sie. Oder sie müssen betteln gehen. Sie sind immer »hungrig«. Ich habe auch oft Hunger, aber »hungrig« bin ich nicht. Auch Kinder haben die Armen. Viele, viele Kinder. Ob die auch schon »hungrig« sind? Jedenfalls sind sie krank. Leider. Deshalb darf ich nicht mit ihnen spielen, weil ich sonst auch krank werde und sterbe, wie früher einmal beinahe. Aber das ist eine alte dunkle, fast vergessene Geschichte.
Nein, ich möchte nicht sterben. Es ist herrlich, auf der Welt zu sein! Nicht immer. Nicht, wenn Ulrike abends die Lampe so früh ausdreht, statt noch eine Geschichte zu erzählen. Schön sind Ulrikes Märchen, leider immer dieselben. Mama erzählt jedesmal neue. Aber sie kommt nur sonntags ans Bett. Die allerbesten Geschichten kennt Opa. Warum lebt er so weit weg? Er könnte doch dauernd bei uns in dem riesengroßen Haus wohnen und jeden Abend eine Geschichte erzählen.
Es war noch still im Haus. Immer wenn Vater verreist war, blieb es lange still im Haus. Ob er einfach aufstand? Ulrike war bestimmt schon wach und arbeitete in der Küche. Er könnte sagen, daß er Hunger habe. Dann machte sie ihm eine Schnitte. Aber sie erzählte es vielleicht Mama. Und die schimpfte, weil es verboten war, vor dem Gong aufzustehen, denn ein Kind brauchte seinen Schlaf. Er wollte schnell groß werden. Dann konnte er aufstehen, wann er wollte, und brauchte überhaupt nicht mehr ins Bett zu gehen.
Warum schlief Mama bloß so lange? Friedrich wurde fast ärgerlich. Da fiel ihm ein, daß seine Mutter kränklich war in letzter Zeit. Es war schon einmal so mit Mama. Vor langer, langer Zeit. Und plötzlich schenkte uns der Herrgott Marie.
Friedrich lachte in Gedanken an das Schwesterchen. Er dachte daran, wie drollig es aussah, wenn die Kleine durchs Zimmer trapste. »Itz«, sagte sie zu ihm, weil sie das »Fr« noch nicht sprechen konnte. Ob uns der Herrgott wieder ein Schwesterchen schenkt?
Da waren seine Gedanken schon im Garten. Ob es wahr ist, daß man klein bleibt, wenn man nicht lange genug im Bett liegt? Einmal, ein einziges Mal kann bestimmt nicht schaden! Ich muß nur leise die Treppe hinunterschleichen, vorsichtig an der Küchentür vorbei, durch den Salon, über die Veranda. Nur bis zum Pferdestall. Dem Pegasus ein paar Büschel frisches Gras ins Maul. Der Lotte um den warmen Hals gefaßt. Bloß ein paar Minuten, dann rasch wieder zurück ins Haus. Heimlich die Treppe hinauf.
Der Entschluß war gefaßt: Raus aus dem Bett! Es würde niemand bemerken. Es konnte niemand bemerken. Schon hatte er die Hose angezogen. Da stutzte er: Oder doch? Der EINE. Der alles weiß. Alles sieht. - Ach was. ER wird doch auch mal wegsehen. Oder schlafen wie Mama. Oder mal einnicken wie Herr Priester.
Als Friedrich, naß vom Wiesentau, mit einem Arm voll gerupften Grases in den Pferdestall kam, da geschah es. Vor ihm stand - der liebe Gott!
Es war ein hochgewachsener alter Mann mit einem langen, weißen Bart, einer hohen Stirn, veilchenblauen, etwas verschwommenen Augen in einem blassen, länglichen Gesicht, die Augenbrauen ein wenig umdüstert, das Haupthaar in der Mitte gescheitelt und zu beiden Seiten bis auf die Schultern herabwallend. Er trug einen langen, bräunlich getönten Mantel, mit einer dicken weißen Kordel umgürtet.
Oh, Friedrich wußte genau, wie der liebe Gott aussah! Nicht umsonst hatte er in der Kirche seinen Platz genau gegenüber dem großen Wandgemälde »Die Schöpfung«, auf dem ER dargestellt war, schwebend zwischen Himmel und Erde, mit ausgebreiteten Armen, segnenden Händen, unter denen unten auf dem Erdrund lauter Bäume, bunte Blumen, drollige Schafe, kecke Vögel zu sehen waren und ein einziger Mensch einsam herumspazierte. Viele Stunden hatte Friedrich damit zugebracht, sich dieses Bild bis in jede Einzelheit einzuprägen, besonders den himmlischen Vater selbst....
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