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Im Folgenden wird zunächst die Forschungsfrage genauer umrissen (1.4.1) und dann der zentrale Begriff der Hermeneutik eingeordnet (1.4.2). Danach werden ausgehend von den drei Aspekten der Forschungsfrage die unterschiedlichen Verknüpfungen zu anderen, ähnlich ausgerichteten Untersuchungen aufgezeigt (1.4.3; detailliert im Online-?Zusatzmaterial A, Abschnitt 7.1), woraufhin abschließend ein Fazit gezogen wird (1.4.4).
Angestoßen durch Beobachtungen aus mehreren Semestern Unterrichtspraxis an der Hochschule Hannover wurde die Fragestellung für das vorliegende Projekt "Untersuchung bibelhermeneutischer Prozesse" entwickelt. Sie lautet: Welche Veränderungsprozesse sind bei Studierenden der Religionspädagogik und der Sozialen Arbeit vom Beginn bis zum Ende des exegetischen Studiums hinsichtlich des Grundverständnisses der Bibel zu beobachten und zu beschreiben?
Angesprochen sind damit - neben der Prämisse, dass es sich um empirische Forschung handeln soll - in der Hauptsache drei Forschungsfelder, in denen sich das Projekt bewegt:
Die Erforschung von "Veränderungsprozessen" erfordert die Untersuchung eines Prozesses, also einer Entwicklung. Daraus folgt, dass die Forschung über einen gewissen Zeitraum angelegt sein muss, also mehrere Einzeluntersuchungen zu unterschiedlichen Zeitpunkten umfassen muss. Dabei ist der Zeitraum so abgesteckt, dass er "vom Beginn bis zum Ende des Studiums" reicht. Wie dieses prozessorientierte Projekt im Einzelnen angelegt ist, wird im Abschnitt zum Forschungsdesign (Kapitel 2) erläutert.
Zu untersuchende Personen sind "Studierende der Religionspädagogik", worunter hier Studierende der Hochschule Hannover zu verstehen sind, die in einem bestimmten Zeitraum an der Fakultät V den Studiengang "Religionspädagogik und Soziale Arbeit" belegen. Da es um die Untersuchung von Studierenden geht, ist die Untersuchung im Bereich der Hochschule angesiedelt. Sie berührt sich deshalb teilweise mit Überlegungen, die sich diesem Feld widmen, nämlich Studien, die sich mit der Hochschullehre oder Hochschuldidaktik befassen, aber auch mit anderen Forschungen, die im Hochschulbereich angesiedelt sind.
Den eigentlichen Untersuchungsgegenstand bildet das "Grundverständnis der Bibel" der Studierenden. Darunter sind grundlegende bibelhermeneutische Einstellungen zu verstehen, die in den folgenden Abschnitten sowie in Abschnitt 1.5 genauer eingegrenzt werden.
Entsprechend der großen Breite heutiger Verwendungen des Hermeneutikbegriffs berührt der genannte hermeneutische Schwerpunkt potenziell eine ganze Reihe unterschiedlicher Fragen. Welche genau das sind und welche auch nicht, wird im Folgenden erläutert.
Zentral für die Untersuchung bibelhermeneutischer Prozesse ist die Klärung, mit welchen die Bibelhermeneutik betreffenden Voreinstellungen die Studierenden ihr Studium beginnen, welche Veränderungen diese Vorstellungen während des Studiums erfahren und eventuell auch, von welchen weiteren Faktoren diese Veränderungen abhängig sind. Tangiert sind dabei verschiedene Facetten des Begriffs Hermeneutik. Deshalb wird zunächst eine kurze Begriffsbestimmung gegeben (1.4.2.1), ein Blick auf den Problemhorizont des evangelischen Schriftprinzips geworfen (1.4.2.2), das Forschungsfeld in Abgrenzung zu benachbarten neueren Publikationen wird umrissen (1.4.2.3), Anknüpfungen an den Bereich literaturwissenschaftlicher bzw. rezeptionsästhetischer Überlegungen samt der daraus resultierenden pluralen Sinne und Bedeutungen angedeutet (1.4.2.4) sowie der Forschungsgegenstand genauer gefasst (1.4.2.5), bevor abschließend eine Begriffsbestimmung einschließlich einer Verhältnisbestimmung zu verwandten Begriffen der vorliegenden Untersuchung getroffen wird (1.4.2.6).
Wie wird in diesem Forschungsprojekt der Begriff "Hermeneutik" gefasst? Allgemein kann darunter "die Lehre vom Verstehen und von der Auslegung/Interpretation" verstanden werden. Zugespitzt für die Bibelauslegung lässt sich Bibelhermeneutik als "das Gespräch über die Art und Weise der Auslegung [der Bibel]" bestimmen. In unserem Zusammenhang bezieht sich dieses Geschehen auf die Arten und Weisen der Bibelauslegung der einzelnen Studierenden. Dabei geht es insbesondere um die Verstehens- und Auslegungsparadigmen für die Bibel, die sie - neben ihrer eigenen religiösen Prägung - ins Studium mitbringen und während des Studiums parallel zu weiteren Aspekten der Analyse biblischer Texte weiterentwickeln.
Im Rahmen der Ausbildung evangelischer Religionspädagog*innen muss die Suche nach einem angemessenen Verstehensparadigma mit dem fundamentalen Problem evangelischer Bibelhermeneutik verknüpft werden, das unter dem Begriff des "Schriftprinzips" verhandelt wird. Die evangelische Theologie ringt seit der Aufklärung darum, neue Verhältnisbestimmungen zwischen der von Menschen verfassten Bibel und der göttlichen Offenbarung zu entwerfen, die sowohl der zeitlosen Gültigkeit der göttlichen Offenbarung als auch des zutiefst in die menschliche Zeitlichkeit verwobenen Bibelwortes Rechnung tragen können. Dabei kommen unterschiedliche Strategien zur Anwendung. Häufig wird betont, dass die Bibel auslegungsbedürftig ist. Die sich hier stellenden Alternativen beschreibt die Neutestamentlerin Christine Gerber so:
"Die grundsätzliche Frage ist [.] nicht, was in der Bibel steht, sondern die hermeneutische Frage nach der Weise, wie die Schrift Bedeutung für uns hat: Sind die biblischen Voten, die [.] eine zeitgenössisch geltende Institution [.] theologisch begründen, so zu verstehen, dass eben diese Institution [.] Gottes in der Schöpfung niedergelegten Willen abbildet? Oder ist in einem hermeneutischen Prozess erst je und je zu klären, auf welche Weise die in den biblischen Texten bezeugte tiefe Gotteserfahrung der Menschen auch über veränderte gesellschaftliche Situationen hinweg geltend gemacht werden kann?"
Hier sind in knapper Form zwei der hermeneutischen Perspektiven benannt, die auch in diesem Forschungsprojekt eine Rolle spielen: Sollen der Bibel Anweisungen entnommen werden, die unabhängig vom Kontext in die Praxis umgesetzt werden müssen, oder bedarf die Bibel in jeder Zeit (und Kultur etc.) einer jeweils eigenen Auslegung, die den sich verändernden Gegebenheiten Rechnung trägt? Dieses Spannungsfeld wird im vorliegenden Forschungsprojekt im Hinblick auf die Studierenden, d. h. auf einzelne Bibelleser*innen, in den Blick genommen.
In den vorangegangenen Ausführungen ist bereits angeklungen, dass es in diesem Forschungsprojekt um manche Felder der Bibelhermeneutik eher nicht geht, die zur Zeit in der bibelhermeneutischen Forschung eine Rolle spielen. So geht es weniger um das Herauspräparieren geprägter bibelhermeneutischer Vorstellungen, die an meist historische Einzelpersonen bzw. -positionen anschließen und sich in der langen und reichen bibelhermeneutischen Tradition des Christentums in großer Zahl finden; diese nachzuzeichnen ist beispielsweise das Unterfangen von Reventlow in dessen beeindruckendem Überblickswerk. Im Zentrum stehen hier auch nicht konfessions- oder religionsspezifische Positionen, wie sie - unter anderem - in dem von Wischmeyer herausgegebenen "Lexikon der Bibelhermeneutik" oder aber epochenorientiert bei Sæbø mit dem Schwerpunkt auf dem Alten Testament oder wiederum bei Wischmeyer im "Handbuch der Bibelhermeneutiken" umrissen werden. Ebenso wenig sind vor allem hermeneutische Spezialfragen rund um das Alte Testament gemeint, wie sie immer wieder in Publikationen unter dem Titel "Hermeneutik des Alten Testaments" verhandelt werden. Zwar bleiben die dort diskutierten Aspekte auch bei dem hier zugrunde gelegten Hermeneutik-?Verständnis nicht unberücksichtigt. Hier aber soll es vor allem um grundlegende Haltungen zur Bibel gehen, die eher auf einer Ebene hinter den in den genannten Forschungen umrissenen Positionen anzusiedeln sind, wie etwa ein wortwörtliches oder aber ein historisch reflektiertes Bibellesen und -verstehen.
Wenn - wie im hier vorgestellten Forschungsprojekt - danach gefragt wird, unter welchen Vorzeichen und damit auch auf welche Weise biblischen Texten Bedeutung abgewonnen werden kann, ist das Verhältnis des (biblischen) Textes zu (heutigen) Leser*innen berührt und folglich auch der Bereich der Texttheorie. Vor dem Hintergrund rezeptionsästhetischer bzw. literaturwissenschaftlicher Theorien oder auch der Leseforschung erscheint der Text dabei - sehr verkürzt gesagt - nicht mehr als eine Art "Container" eines Inhalts, der ihm durch die hoffentlich kundigen...
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