Schweitzer Fachinformationen
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»DER JUNGE HERR: Machen Sie keine solchen Geschichten, Marie … Ich hab Sie schon anders auch gesehn. Wie ich neulich in der Nacht nach Haus gekommen bin und mir Wasser geholt hab; da ist die Tür zu Ihrem Zimmer offen gewesen … na …« (Schnitzler: Reigen)
Längst hatte sich die Schwüle des Abends nach innen übertragen. Die Musik aus dem CD-Player spielte so leise, dass man sich daneben ungezwungen unterhalten konnte, aber so laut, dass sie nicht ganz zum Hintergrundgeräusch verkümmerte. Der Raum war nur spärlich durch einen Kerzenleuchter erhellt, den einer der Gäste mitgebracht hatte. Eines der Pärchen, die sich inzwischen gebildet hatten, begann zu tanzen, ein zweites folgte wenig später. Dabei vollführten die Hände mehr Bewegungen als die Beine. Schon bald griff ihr Partner Sophie Kuril ungeniert unter die Bluse. Das andere Paar küsste sich so wild, dass es aussah, als würden die beiden einander auffressen.
Der Tanz erfüllte nur einen Zweck: in Stimmung zu kommen für das, was folgen sollte. Emmerich Holub und die dritte Frau, die ein wenig jünger als ihre Geschlechtsgenossinnen wirkte, tranken von dem zuvor schon reichlich geflossenen Sekt. Die Frau machte bereits einen ziemlich beschwipsten Eindruck. Sie gluckste und kicherte und hatte beim Reden einen Zungenschlag. Plötzlich stand sie auf und fing an, sich auszuziehen. Emmerich Holub feuerte sie dabei vehement an. »Los, mach weiter, ich will dich nackt sehen«, grölte er. »Ich will dein Popscherl sehen. Komm, zeig mir dein süßes Popscherl!«
Sie entledigte sich rasch ihres Gewandes und hielt Holub ihr Hinterteil provokant vors Gesicht. Er bedeckte es sofort mit einer Salve von Schlägen und Küssen. Auch bei den anderen Paaren hatte sich bereits so viel getan, dass man dazu überging, das Geschehen in die einzelnen Schlafzimmer zu verlegen.
Es war nämlich kein Arbeitstreffen, das an diesem Wochenende in der ehemaligen Pension Vogelsang stattfinden sollte. Alle sechs Teilnehmer waren bis jetzt brave und biedere Eheleute gewesen. Sie hatten beschlossen, ihre Partner für zwei Tage und zwei Nächte nach Strich und Faden zu betrügen. Jeder Mann sollte dabei jeweils einmal mit jeder Frau das Bett teilen. Das war zwar gefährlich, gab der Sache jedoch einen besonderen Kick.
*
Leopold lag wach auf dem Rücken und starrte mit weit aufgerissenen Augen zur Decke. Er hatte sich immer noch nicht ganz an die großzügigen Dimensionen von Erika Hallers Schlafzimmer gewöhnt. Außerdem kamen in seinem Kopf allerlei Dinge zusammen.
»Was hast du?«, wollte Erika, die mit weiblicher Intuition spürte, dass ihn etwas beschäftigte, wissen. »Kannst du nicht schlafen?«
»Ich denke nur ein bisserl nach«, versuchte er, sie zu beruhigen.
»Das kenne ich«, seufzte sie. »In Kürze gehst du wieder nachschauen, was im Kühlschrank ist, und legst eine mitternächtliche Zwischenmahlzeit ein. Erstens ist das nicht gesund, und zweitens macht es mich nervös, Schnucki!«
»Das Problem besteht darin, dass ich in letzter Zeit vergessen habe, was es heißt, nachzudenken«, sinnierte Leopold. »Mir gehen Dinge durch den Kopf, aber es fehlt ihnen der Fokus, die Richtung, das Ziel.«
»Dann schläfst du vielleicht doch bald wieder ein«, hoffte Erika.
»Darum geht es nicht«, winkte Leopold ab. »Die Sache ist eher allgemeiner Natur. Ich weiß nicht, ob du das verstehst. Im Kaffeehaus sind meine Handlungen mehr oder minder automatisiert. Ein Gast kommt, bestellt etwas, ich bringe es ihm. Nach einer Weile hat er gegessen und getrunken. Dann bestellt er entweder noch etwas oder er will zahlen. Dazwischen kann sich vielleicht noch ein beiläufiges Gespräch, ein Plauscherl, entwickeln. Aber das ist alles keine wirkliche Herausforderung.«
»Und?« Erika Haller drehte sich zu ihm. Sie war hellhörig geworden.
»Ich brauche während meiner ganzen Arbeit nicht nachzudenken, das ist es. Bei uns beiden läuft auch alles gut, da würde es höchstens stören, wenn ich nachdenken würde«, fuhr Leopold fort.
»Bring es gleich auf den Punkt: Dir gehen deine kriminalistischen Abenteuer ab.«
»Und wenn dem so wäre?«, forschte Leopold vorsichtig nach.
»Wer ist denn ermordet worden?« Erika war jetzt nicht nur hellhörig, sondern auch hellwach.
»Noch niemand. Aber im Gymnasium ist eine kleine Sauerei passiert.«
»Hat dich Thomas auf eine Fährte angesetzt?«
»Leider nicht!« Leopold erzählte Erika kurz die Geschichte um den mysteriösen Brief an Elisabeth Dorfer, wie er sie gehört hatte. »Was denkst du?«, fragte er abschließend.
»Schlimm«, antwortete sie. »Aber jetzt befasst sich ohnehin die Polizei damit.«
»Genau genommen befasst sich nicht die Polizei damit, sondern nur Inspektor Bollek. Das ist vielleicht das Schlimmste an der Sache.«
»Komm, lass deine alte Rivalität.«
»Wie soll ich, wenn ich weiß, dass er wieder einmal nichts ausrichten wird?«
»Jetzt werde bloß nicht ungerecht, Schnucki! Sag, hast du überhaupt den Eindruck, dass irgendjemand möchte, dass du dich der Sache annimmst?«
Der Hieb saß. Leopold verschlug es kurz die Sprache. Während er noch nachdachte, was er darauf am besten sagen könnte, spürte er, wie Erikas Hand seinen Arm sanft berührte. »Du möchtest helfen«, nahm sie ihm die Worte aus dem Mund. »Das verstehe ich ja auch. Aber wie?«
Es war eben doch seine Erika, wie er sie von Anfang an kennen- und liebengelernt hatte. »Genau das sind die Dinge, über die es sich lohnt, nachzudenken«, befand er erleichtert. »Wie würdest du eigentlich reagieren, wenn du so alt wärst wie diese Elisabeth Dorfer und einen derartigen Brief erhieltest?«
Erika überlegte: »Die Mädchen sind zwar heute schon viel aufgeklärter, als wir es in dem Alter waren. Trotzdem würde ich mich zuallererst in meiner Intimsphäre bedroht fühlen und mich dann natürlich maßlos über meine Ohnmacht ärgern. Denn ich kann mich ja nicht wehren.«
»Genau«, bestätigte Leopold. »Das ist der eine wichtige Punkt an der Sache. Der andere: Es muss jemand diesen Brief geschrieben haben, der von dem Projekt und Elisabeths Rolle darin weiß. Alles deutet darauf hin.«
»Also doch ein Mitschüler? Oder vielleicht ein Verwandter?«
»Es ist zu früh, sich da jetzt schon festzulegen«, meinte Leopold. »Man muss herausbekommen, wer aller Kenntnis davon haben kann. Ich bezweifle jedenfalls stark, dass es sich um einen perversen Unbekannten handelt.«
»Weißt du, es ist schön, wenn dir so etwas einfällt, Schnucki«, gab Erika zu. »Ich will dich in dieser Hinsicht auch gar nicht einschränken. Solche Nachforschungen sind halt ein Hobby von dir. Aber auf mich darfst du dabei nicht vergessen, hörst du? Zerrüttung der Beziehung aufgrund mehrerer nicht aufgeklärter Kriminalfälle, das wäre wirklich schlimm. Das wirst du mir doch nicht antun, oder?«
Sie erhielt keine Antwort auf ihre Frage. Denn Leopold, dem es wieder erlaubt war, in seinen gewohnten Bahnen zu denken, war still und friedlich neben ihr eingeschlafen.
Heribert Garger war aufgestanden und kurz vors Haus gegangen, um eine Zigarette zu rauchen. »Willst du nicht wieder ins Bett kommen?«, fragte Adele Kraus, als er wieder bei der Zimmertür hereinkam.
»Gleich«, gab er zurück. »Aber das musste jetzt auch sein.«
»Bei euch Männern hat man immer das Gefühl, alles läuft rein mechanisch ab«, beschwerte sie sich. »Wo bleibt die Zärtlichkeit? Wo bleibt das Gefühl?«
»Adi, werd’ jetzt bitte nicht sentimental!«
»Ich will nicht nur durchgebumst werden. Ich will, dass man mich nachher auch berührt.«
»Vielleicht hast du etwas falsch verstanden«, versuchte Heribert, ihr zu erklären, während er sich auszog. »Wir sind hier zu keinem Romantikwochenende zusammengekommen. Wir wollten uns eine Freizeit von zu Hause nehmen, miteinander Sex haben und uns so richtig austoben, bevor wir wieder bei unseren Ehepartnern landen.«
»Ich weiß«, sah Adele ein. »Aber bei einer Frau funktioniert das nun einmal anders. Komm bitte und nimm mich in deinen Arm, sonst habe ich so ein furchtbar schales Gefühl.«
Heribert schlüpfte wieder zu ihr unter die Bettdecke. »So, jetzt gibst du hoffentlich Ruhe«, meinte er. »Es war doch schön, oder?«
»Das ist es ja eben«, seufzte Adele. »Warum können wir beide nicht auch morgen beisammen bleiben? Ich möchte keinen Partnertausch. Ich mag es nicht mit Emmerich machen. Du warst mir schon in der Schule sympathisch. Ihn habe ich nie sonderlich ins Herz geschlossen.«
»Es wäre egoistisch und unfair. Wir haben damals alle diesem Ablauf zugestimmt. Du kannst Emmerich jetzt nicht so einfach ausschließen. Außerdem hat er sich um das ganze Organisatorische gekümmert.«
»Soll er doch bei seinem Schluckspecht bleiben!«
»Keine Chance! Er freut sich schon auf dich. Heute Abend hat er dich bereits lüstern angeguckt.«
»Ich mag nicht! Er ist so … so hemmungslos. Ich habe direkt ein bisschen Angst.«
»Trotzdem, ausgemacht ist ausgemacht. Du kannst jetzt nicht alles durcheinanderbringen. Es wird schon klappen. Meine Güte, bis auf Klara sind wir alle gemeinsam im Gymnasium herangewachsen, wie in einer Familie. Wir kennen uns immer noch ziemlich gut, obwohl wir uns nur mehr bei den Klassentreffen sehen.«
»Du redest so, als hätte es dir mit mir überhaupt nicht gefallen.«
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