Schweitzer Fachinformationen
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Die Bestsellerautorin Elif Batuman ist eine der originellsten Stimmen der amerikanischen Gegenwartsliteratur. Ihr Roman über die junge Literaturstudentin Selin erzählt ebenso witzig wie rührend von der mühsamen Überwindung postpubertärer Scham, von misslungenen ersten Malen und dem völlig verkopften Versuch, erwachsen zu werden. "Entweder/Oder" ist das großartige Porträt einer sehr klugen Frau mit einer sehr komplizierten Gefühlswelt – und eine genauso geistreiche wie lustige Persiflage auf das Akademiker-Milieu. Es ist Selins zweites Jahr an der Harvard-Universität. Sie leidet unter Liebeskummer, möchte Schriftstellerin werden und nimmt seit Kurzem Antidepressiva. So weit, so normal. Doch Selins Problem mit dem Leben ist komplizierter: Sie neigt dazu, alles zu zerdenken, und steht sich dadurch ständig selbst im Weg. Ihr Versuch, sich die Welt über Bücher zu erklären – von Kierkegaard bis Nabokov –, um ja keinen Fuß in die Wirklichkeit setzen zu müssen, liefert Selin keine klaren Ergebnisse. Was ist das soziale Konzept einer Party, wie emanzipatorisch darf, will oder muss ich sein, und warum ist Sex eigentlich so erstrebenswert? Um ihre Fragen ans Leben zu beantworten, begibt sie sich – etwas verkrampft, aber durchaus risikobereit – mitten hinein und gerät dabei an so manchen düsteren Ort.
"Was für ein enormes Talent. Weil Elif Batuman eines dieser Talente ist, wie sie in der Literatur wirklich nicht häufig vorkommen, profitiert von dieser gedanklichen Arbeit nicht nur ihre Erzählerin, sondern tatsächlich auch der Kanon." Süddeutsche Zeitung, Felix Stephan "Das Erstaunliche an Batumans Schreiben ist es nun, wie es ihr damit gelingt, eine solche Fundamentalkritik zu üben, ohne dass ein bedeutungsschwangeres oder gar verbittertes Buch dabei herauskäme, im Gegenteil. 'Entweder/Oder' ist ein wahnsinnig unterhaltsamer College-Roman, der einen gerade deshalb berührt und trifft, weil er uns dabei noch so gut unterhält. Weil Batuman unsere Welt nicht nur genau beobachtet, sondern auch auf lustige Art vorführt." Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, Anna Vollmer " 'Entweder/Oder' ist der seltene Fall eines geistreichen, unterhaltsamen Gegenwartsromans, dessen Autorin neugierig ist auf die Kulturgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts." Spiegel, Sebastian Hammelehle "Die Weltliteratur dient nicht zum Faktencheck für das Leben! Das wird den Lesern und der Heldin von Batumans großartigem Roman auf wohltuend selbstironische Weise klar gemacht." Die Rheinpfalz, Gabriele Weingartner "Serviert uns die herrlich selbstironische Nabelschau einer eigenwilligen Protagonistin und deren Hadern mit dem Erwachsen werden." kulturnews "Dieser Roman überzeugt durch eine Million Mikrobeobachtungen." The New York Times "Vielleicht liegt Batumans Genialität in ihrem Eifer, den kleinen Dramen des Campuslebens die gleiche Bedeutung zu verleihen wie den großen existenziellen Fragen." Harvard Review "Batuman ist ein Genie, das menschlichen Wahnsinn in seiner farbenfrohsten und surrealsten Form darstellt." Vogue "Batuman has achieved campus novel perfection . [She's] outdone herself with this one." Publishers Weekly Best Books 2022 "Wer jemals unglücklich verliebt war, für den ist dieses Buch schon ein großer Spaß. Aber auch für jeden, der in irgendeiner Phase seines Lebens der Literatur verfallen war, ganz und gar, sodass er glaubte, die Autorinnen und Autoren seit Homer könnten ihm oder ihr wirklich und letztgültig erklären, was die Welt zusammenhält." Bettina Steiner, Die Presse "Ein fesselndes Kunstwerk, das den inneren Konflikt vieler Frauen kunstvoll einfängt und Leserinnen und Leser auf eine literarische Reise voller Erkenntnisse und Selbstentdeckung mitnimmt." Süddeutsche Zeitung, Felix Stephan
"VON ALLEN AMERIKANISCHEN AUTORINNEN IST ELIF BATUMAN DIE WITZIGSTE." SHEILA HETI
Elif Batuman, geboren 1977 in New York City, ist eine türkisch-amerikanische Schriftstellerin, Literaturwissenschaftlerin und Journalistin. Sie war Finalistin für den Pulitzer-Preis und schreibt regelmäßig für "The New Yorker"Claudia Wenner lebt als Schriftstellerin, Publizistin und Übersetzerin in Frankfurt und Pondicherry. Sie übersetzte u.a. Virginia Woolf, Aravind Adiga, Monique Truong und Kristina Gorcheva-Newberry.
Als ich in Cambridge ankam, war es schon dunkel. Ich zog den Reisekoffer meiner Mutter über das Kopfsteinpflaster zum Fluss. Riley war richtig wütend, dass wir nicht in einem der historischen, efeubewachsenen Gebäude untergebracht wurden, wo junge Männer einst mit ihren Dienern gewohnt hatten, sondern im Mather House. Doch Geschichte interessierte mich nicht und mir gefiel, dass es Einzelzimmer gab und man daher nicht umständlich ausklügeln musste, wie sich eine Reihe von Räumen unterschiedlicher Größe, in denen Menschen mit ihren Dienern gewohnt hatten, aufteilen ließ.
Seit unserem Abschied im Juli auf einem Parkplatz an der Donau hatte ich nicht mehr mit Iwan gesprochen. Da wir beide auf Reisen waren und außerdem nie viel miteinander telefoniert hatten, hatten wir keine Telefonnummern ausgetauscht. Allerdings war ich mir ganz sicher gewesen, eine E-Mail, die alles erklären würde, von ihm vorzufinden, wenn ich wieder zur Uni kam. Schließlich war es kaum vorstellbar, dass es keine Erklärung geben würde oder dass jemand anderes alles erklären würde oder dass die Erklärung nicht als E-Mail zu mir gelangen würde, denn alles zwischen uns hatte per E-Mail stattgefunden.
Mather ähnelte einem außerirdischen Raumschiff: uneinnehmbar, alt und futuristisch gleichzeitig, seine Kräfte sammelnd. Ich hielt meinen Ausweis vor den Kartenleser und die Tür zum Computerraum ging mit einem Klick auf. Mir fiel auf einmal ein, dass ich ein Buch gelesen hatte, in dem sich eine Frau nach sieben Jahren Gulaghaft zum ersten Mal im Spiegel sah und statt ihres eigenen Gesichts dasjenige ihrer Mutter erblickte. Mir wurde sofort klar, wie beschämend, wichtigtuerisch und beschränkt es von mir - einer amerikanischen Collegestudentin, die ihre E-Mails drei Monate lang nicht gecheckt hatte - war, mich mit einer politischen Gefangenen zu vergleichen, die sieben Jahre in einem Gulag verbracht hatte. Aber es war zu spät - ich hatte den Gedanken schon gedacht.
Erst beim dritten Versuch tippte ich mein Passwort richtig ein. Informationen ergossen sich über den Bildschirm: erst Infos über den Computer und die verschiedenen von ihm verwendeten Protokolle, danach, wann und wo er mich das letzte Mal gesehen hatte, und zum Schluss der Satz, der mein Herz hüpfen ließ: «Sie haben Post.»
Wie ich bereits im Voraus wusste, stand dort Iwans Name. Bevor ich las, was er geschrieben hatte, sah ich mir die E-Mail als Ganzes an, um zu sehen, wie lang sie war und wie sie aussah. Ich sah sofort, dass etwas nicht stimmte. «Etwas stimmt also nicht», las ich. Ich sah die Worte «schockiert» und «Monster»: «Es schockiert mich, dass du so ein Monster in mir siehst», stand dort. «Ich weiß, dass du mir kein Wort glaubst.» Und: «Hoffentlich sagst du mir, warum ich so schrecklich bin, damit ich mich verteidigen kann.»
Ich musste die ganze Mail zweimal lesen, bevor mir klar wurde, dass sie drei Monate alt war. Iwan hatte sie im Juni abgesendet, als Antwort auf eine wütende E-Mail, die ich ihm geschickt hatte, bevor ich den Campus verließ. Streng genommen war seine Antwort durch alles, was in den Monaten seitdem zwischen uns geschehen war, widerlegt worden, und doch wirkte sie auf mich wie ein neues letztes Wort von ihm, weil sich im Posteingang zwar ein paar weitere Nachrichten fanden, aber keine von Iwan. Seit dem Tag auf dem Parkplatz hatte er mir nicht mehr geschrieben - seitdem er mich an sich gedrückt hatte und dann in seinen Wagen gestiegen und davongefahren war.
Die meisten anderen E-Mails waren ebenfalls mehrere Monate alt und überholt. In einer von Peter stand: «Ich muss unbedingt wissen, wann genau du in Budapest landest.» Und eine von Riley, die fragte, ob es okay sei, wenn wir uns für eine Notunterkunft bewarben, damit wir nicht im Mather House wohnen mussten. Nur zwei Mails waren neueren Datums: Die eine war eine Aufforderung, meinen Finanzhilfeberater unmittelbar zu kontaktieren. Die andere war vom neuen Präsidenten der Türkischen Studentenvereinigung und teilte mit, dass jemand in Brookline einen Laden entdeckt hatte, der Pastirma nach Kayseriart verkaufte: gewürztes, luftgetrocknetes Fleisch, von dem manche behaupten, es sei etymologisch mit Pastrami verwandt. Die Mail endete mit dem Satz: «Wenn ihr Kayseri-Pastirma mögt, könnt ihr sie dort kaufen.»
Ich verließ das E-Mail-Programm und benutzte das furchtbare Finger-Programm, um zu sehen, wo Iwan sich befand. Er hatte sich zwei Stunden zuvor von Berkeley aus eingeloggt, war also dort. Nur dass er mir nicht mailte.
?
Swetlana kam zwar nur einen Tag nach mir auf dem Campus an, aber es kam mir vor wie Jahre. Ich hatte bereits in meinem neuen Zimmer geschlafen, in der Cafeteria gefrühstückt und zu Mittag gegessen, war schon mehrmals zum Lagerraum gegangen und hatte immer den gleichen Wortwechsel gehabt: «Wie war dein Sommer?» «Und deiner?» «Wie war's in Ungarn?» Ich gab keine klare Antwort, was mich ärgerte. Ich wusste selbst noch nicht, wie ich dazu stand.
«Wie war's in Ungarn?», fragte mich Lakshmi mit verschwörerisch funkelndem Blick beim Lunch. «Ist irgendwas passiert?» Ungeachtet des starken Gefühls, dass eine Menge Dinge passiert waren, beantwortete ich die Frage wahrheitsgemäß so, wie Lakshmi sie gemeint hatte: Nichts war passiert.
Als ich mich am selben Abend mit Swetlana in ihrer lagerhausartigen Suite im neuen Quincy House traf, stellte sie mir dieselbe Frage. Wir saßen auf Sitzsäcken unter einem Edward-Hopper-Poster und sprachen über alles, was uns widerfahren war, seitdem wir das letzte Mal miteinander geredet hatten - das war in einer Telefonzelle am Bahnhof von Kál gewesen, und Swetlana befand sich zu jener Zeit im Haus ihrer Großmutter in Belgrad. Ich erzählte ihr, dass ich Iwan am Ende in Budapest angerufen hatte, dass er mit einem Kanu aufgetaucht war und wir die ganze Nacht im Haus seiner Eltern gesessen hatten.
«Ist was passiert?», fragte sie mich und klang dabei matter und amüsierter als Lakshmi, meinte jedoch dasselbe.
«Na ja, dieses eine ist nicht passiert», sagte ich.
«Ach, Selin», erwiderte Swetlana.
Als mir Iwan zum ersten Mal von dem Sommerprogramm in Ungarn erzählte, sagte er, ich solle in Ruhe darüber nachdenken, weil er mich zu nichts zwingen wollte. Swetlana sagte, wenn ich mich dafür entscheiden würde, würde Iwan versuchen, Sex mit mir zu haben - eine Möglichkeit, die ich noch nie in Betracht gezogen hatte. Ich träumte die ganze Zeit von Iwan vor mich hin, stellte mir verschiedene Gespräche vor, die wir führen würden, wie er mich ansehen, mein Haar berühren und mich küssen würde. An Sex hatte ich dabei nie gedacht. Was ich über Sex wusste, entsprach in keiner Weise dem, was ich mir wünschte oder bisher empfunden hatte.
Ich hatte mehrfach versucht, einen Tampon zu verwenden. Tampons galten unter den älteren oder aufgeklärteren Mädchen irgendwie als emanzipierter und feministischer als Maxi-Binden. «Ich steck ihn mir einfach rein und vergess die Sache.» Was die beunruhigende Schlussfolgerung nahelegte, dass jemand permanent an seine Maxi-Binde dachte. Trotz alledem probierte ich alle paar Monate Tampons aus. Es war immer das Gleiche: Ganz gleich, in welche Richtung ich den Applikator drückte und wie systematisch ich sämtliche unterschiedlichen Winkel ausprobierte, mich durchzuckte jedes Mal ein rasender Schmerz. Ich las die Gebrauchsanweisung immer wieder. Etwas machte ich eindeutig falsch, nur was genau? Es war vor allem deshalb besorgniserregend, weil ich mir ziemlich sicher war, dass das Ding eines Typen - Iwans - größer sein würde als ein Tampon. Doch an diesem Punkt schaltete sich mein Gehirn aus und die Sache wurde undenkbar.
Swetlana sagte, ich sollte besser darüber nachdenken. «Du willst doch nicht in so eine Lage geraten, ohne es dir vorher überlegt zu haben», sagte sie vernünftigerweise. Es stellte sich jedoch heraus, dass es nichts zu überlegen gab. Wenn Iwan mit mir Sex haben wollte, würde ich einwilligen, das war völlig klar. Vielleicht würde er imstande sein, mir zu sagen, was ich falsch gemacht hatte, und es würde nicht so schlimm werden wie mein Versuch, mir einen Tampon einzuführen.
Aber er hatte keinerlei Versuch unternommen, und die Abende, an denen wir bis spät in die Nacht zusammengesessen hatten, hatten wir nur geredet. Dann...
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