Schweitzer Fachinformationen
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In dem von Schimmel befallenen, verlassenen Haus hallte dumpf ein chinesischer Gong wider, gefolgt von liturgischer Musik, gespickt mit elektronisch produzierten Effekten. Die Tür am anderen Ende des Raums öffnete sich, und eine große Frau, gekleidet im üblichen Ordenshabit und der Haube einer Nonne, tauchte auf. Sie hielt ein in der Scheide steckendes Zeremonienschwert in der einen Hand und eine schwarze Kerze in der anderen. Der Diakon und Sub-Diakon, beide in bodenlange schwarze Roben mit Kapuze gehüllt, folgten ihr. Der Hohepriester erschien zuletzt. Im Gegensatz zu den anderen war sein Gesicht zu sehen, auf seinem Kopf saß eine hautenge Mönchskapuze, aus der Hörner hervorragten, die aus Tierknochen bestanden. Er trug eine schwarze Soutane und einen dazu passenden Umhang aus Gabardine mit scharlachrotem Futter. Seine Augen waren dunkel und glänzend, allerdings war sein langer, buschiger Bart nicht gerade mephistophelisch.
Die Prozession versammelte sich wenige Meter vom Altar entfernt, der Hohepriester in der Mitte, die Pseudo-Nonne und der Diakon zu seiner Linken, der Sub-Diakon zu seiner Rechten. Sie alle machten eine tiefe Verbeugung und sahen auf die nackte Frau herunter, die auf dem heiligen Tisch lag. Ihr Körper lag in rechten Winkeln zu seiner Länge, ihre Arme waren wie an einem Kruzifix ausgestreckt, die Beine weit gespreizt. Jedes Glied war mit Seilen gesichert, die in Ösen im Boden befestigt waren. Ihre blass-weiße Haut bildete einen scharfen Kontrast zu ihrem dick geschminkten Gesicht und dem tiefschwarzen Haar. Die Zahl des Satans, 666, war mit Blut auf ihre Brüste geschrieben. Auf der Wand über ihr, in roter Schrift, befand sich das Siegel des Baphomet: Ein Ziegenkopf in einem umgekehrten Pentagramm, um das ein Kreis gezogen war. Ein großes Kreuz hing mit der Oberseite nach unten direkt vor dem Kopf, sodass ein Auge an jeder Seite hervorspähte. Der Orgelspieler wechselte zu Die Hymne an Satan, eine pervertierte Version von Bachs Jesu, meine Freude. Der Diakon läutete neunmal eine Glocke mit tiefem Klang. Dann hob der Hohepriester die Hände, die Handflächen nach unten gerichtet, und sagte: »In Nomine Magni Dei Nostri Satanas, introibo ad altare, Domini Inferi.«
Die Schwarze Messe hatte begonnen.
***
Das Auto in der Zufahrt war das erste einer Reihe von schlechten Omen für Darla Evans. Es war kein Pick-up Truck oder auch nur der verrostete Ford Thunderbird, den Marks Freund Henry Roberts fuhr. Es war ein kleiner, roter Volkswagen-Käfer. Er beanspruchte den größten Teil der kleinen Zufahrt, also parkte Darla am Bordstein, Stoßstange an Stoßstange mit Marks in die Jahre gekommenen Camaro. Sie stieg aus, holte ihr Gepäck aus dem Kofferraum des Golfs und atmete die frische Herbstluft ein.
Beim Anblick ihres vor Kurzem erworbenen Hauses spürte Darla überwältigendes Heimweh, obwohl sie nur zwei Tage lang in Akron auf der Firmenkontaktmesse gewesen war. Das Haus war idyllisch, erbaut um den Jahrhundertwechsel, und hatte drei Schlafzimmer, zwei Bäder und einen großen Garten - perfekt, um eine Familie zu gründen.
Während Darla ihren Rollkoffer über den Weg zog, der zum Haus führte, berührte sie geistesabwesend ihren kaum sichtbaren Babybauch und warf einen Blick auf den Käfer. Sie fragte sich, wem er gehörte. Nicht den Handwerkern. Sie würden sich um nichts in der Welt in etwas so Niedlichem erwischen lassen. Jemand, der etwas mit der Hochzeit zu tun hatte? Darla und Marks Mutter Jennifer kümmerten sich um den Großteil der Vorbereitungen, aber Mark war damit beauftragt worden, den Fotografen zu organisieren.
Darla machte sich nicht die Mühe, die Schlüssel aus ihrer Handtasche zu fischen, denn Mark schloss nie ab, wenn er zu Hause war. Und tatsächlich ließ sich die Haustür öffnen, und sie betrat den kleinen Eingangsbereich. Eine Treppe zur Linken führte ins obere Geschoss. Rechts lag das Wohnzimmer. Der Eingang zu diesem Raum war mit durchsichtigem Plastik verhängt. Durch das Material konnte sie ein Durcheinander von Maurerarbeiten, ein paar verstreute Werkzeuge und eine graue Schicht Staub auf dem Boden sehen, durch den sich verschiedene Abdrücke von Stiefeln schlängelten. Sie und Mark ließen den originalen Backstein-Kaminsims aus den 1920ern aufarbeiten.
Marks Slipper standen unter dem gusseisernen Heizkörper neben einem Paar schwarzer, spitz zulaufender Sandaletten mit hohen Absätzen. Darla fragte sich, ob sie einer Arbeitskollegin gehörten. Sie neigte den Kopf in der Erwartung, ein Gespräch zu hören. Sie hörte nichts. Sie überlegte, ob sie rufen und damit ankündigen sollte, dass sie früher von der Firmenkontaktmesse zurück war. Aber wegen der Stille ging sie davon aus, dass Mark und sein Gast wahrscheinlich draußen auf der hinteren Terrasse waren.
Sie ließ den Koffer aufrecht stehen und ging durch den Flur in die Küche. Sie runzelte beim Anblick der beiden leeren, dickbauchigen Weingläser auf der Arbeitsplatte die Stirn. Daneben stand eine leere Flasche Merlot. Verwirrung befiel sie, und darunter lauerte wie ein dunkler Schatten Erschrecken. Sie redete sich ein, dass es eine absolut harmlose Erklärung dafür gäbe, warum Mark Wein mit jemandem trank, der Pumps trug und einen roten Käfer fuhr. Natürlich gab es die. Sie und Mark führten eine ideale Beziehung. Das sagten alle. Sie hatten gerade ein Haus gekauft und erwarteten ein Baby. In diesem Szenario gab es keinen Platz für das, was das Flüstern in ihrem Kopf befürchtete. Sie schämte sich, so etwas auch nur in Erwägung zu ziehen.
Sie ging in den hinteren Teil der Küche und blickte durch die gläserne Schiebetür. Terrassenstühle aus Plastik, ein alter Grill, ein Schuppen mit durchhängendem Dach - im Garten war niemand zu sehen. Darla überlegte erneut, ob sie rufen sollte, doch dieses Mal blieb sie aus einem anderen Grund still. Weil du sie stören könntest? Weil sie dann Zeit hätten, um . was zu tun? Sich anzuziehen? Sie ging den Weg zurück, den sie gekommen war. Plötzlich war ihr schwindelig und übel.
Zurück im Eingangsbereich blieb Darla am Fuß der Treppe stehen und zögerte. Sie meinte, ein schwaches Geräusch zu hören, vielleicht jemand, der leise sprach. Sie ging die Stufen hoch. Zehn Stufen bis zum Treppenabsatz, es folgten eine Biegung nach rechts und sechs weitere Stufen. Sie waren mit Teppich ausgelegt und knarrten nicht. Sie hatten vor, den Teppich herauszureißen und das originale Hartholz darunter zu restaurieren.
Als sie den oberen Stock erreichte, bestätigte sich, was sie geglaubt hatte zu hören. Stimmen, murmelnd, die aus dem Hauptschlafzimmer kamen. Sie ging in die Richtung, schien jetzt zu schweben und von sich selbst losgelöst zu sein. Es war, als hätte ihr Körper sich selbst mit einer Mischung aus starken Chemikalien geflutet, um sie gegen den unausweichlichen Schmerz abzustumpfen, der so nah lauerte. Sie wusste, dass Männer und Frauen einander betrogen. Das war eine Tatsache des Lebens in einer monogamen Gesellschaft. Sie hatte sich nur nie vorstellen können, dass Mark es ihr antun würde.
Das da drin kann nicht er sein, dachte sie irrational. Es muss jemand anderer sein.
Nach der Hälfte des dritten Abschnitts der Schwarzen Messe, holte der Kanoniker, der Sub-Diakon, einen Nachttopf aus den Schatten und übergab ihn der Nonne, die in den Topf urinierte, wobei sie glückselig grinste, während der Organist eine tiefe, dröhnende Hymne spielte. Der Hohepriester sagte: »Im Namen Marias, sie lässt das Taufbecken mit den Wassern der Gnade widerhallen. Sie gibt die Güsse des Segens und lässt die Tränen des Schams strömen. Sie leidet lange, und ihre Demütigung ist groß, doch sie lässt es mit der Freude ihrer Demütigung auf die Erde strömen. Ihr Becher läuft über, und ihr Wasser ist erhaben. Ave Maria ad micturien deum festinant.«
Als die Nonne mit Urinieren fertig war, holte der Sub-Diakon das Becken und hielt es vor den Hohepriester, der einen phallusförmigen Weihwedel in die Flüssigkeit tauchte. Er drehte sich zu den vier Haupthimmelsrichtungen und schüttelte bei jeder dreimal den Weihwedel. »Im Namen Satans, wir segnen dich hiermit, dem Symbol der Saat des Lebens. Im Namen Luzifers, wir segnen dich hiermit, dem Symbol der Saat des Lebens. Im Namen von Belial, wir segnen dich hiermit, dem Symbol der Saat des Lebens. Im Namen von Leviathan, wir segnen dich hiermit, dem Symbol der Saat des Lebens.«
Er hob den phallischen Weihwedel in die Höhe seiner Brust, als Angebot für Baphomet, küsste ihn und legte ihn zurück auf den Altar. Dann äußerte er die angeblichen letzten Worte Jesus Christus' am Kreuz. »Shemhamforash!«
»Heil Satan!«, antwortete die Versammlung.
Darla blieb vor der Schlafzimmertür stehen. Sie hörte die gurrende Stimme einer Frau, die ihre Worte mit einem kehligen Lachen betonte. Sie wollte sich umdrehen und gehen, so tun, als wäre es nie passiert. Aber sie konnte es nicht. Sie wappnete sich und öffnete die Tür - und alles in ihr brach sofort in sich zusammen. Ihre Lungen, sodass ihr das Atmen schwerfiel. Ihr Nervensystem, sodass sie sich taub fühlte. Ihr Herz war wie in zwei Hälften geschnitten, leer und hohl.
Mark lag auf dem Rücken im Doppelbett, sein durchtrainierter Körper war, abgesehen von einer blauen...
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