»Buße« wie auch »Sünde« sind in den Ohren vieler Menschen Reizworte. Damit verbinden sich häufig Vorstellungen von Unterdrückung, Ausgrenzung oder Leibfeindlichkeit. So ist es auch wenig überraschend, dass die Praxis eines liturgischen, regelmäßigen Sündenbekenntnisses im Rahmen des Sonntagsgottesdienstes unter Generalverdacht geraten ist. Ist das aber wirklich der einzige Grund, weshalb die Präsenz eines »Bußakts« im Gottesdienst seit einigen Jahrzehnten zunehmend als fragwürdig betrachtet wird?In theologischer Perspektive liegen die Gründe für diese »Bußvergessenheit« primär woanders, nämlich in jenem anthropologisch-expressiven Gottesdienstverständnis, das auf Schleiermacher zurückgeht und die heutige evangelische deutschsprachige Liturgik weitgehend prägt. Erst eine Infragestellung dieses Modells sowie eine Wiedergewinnung des - reformatorischen und »katholischen« - pneumatisch-formativen Gottesdienstverständnisses kann ermöglichen, dass »Buße« (Umkehr) erneut als eine wesentliche Dimension der gottesdienstlichen Handlung wahrgenommen wird: Im Gottesdienst handelt Gott an den Menschen durch Handlungen, die Menschen vollziehen, und wirkt in und durch die Liturgie re-orientierend (»metanoetisch«) auf die versammelte Gemeinde. Dies trifft zwar auf den Gottesdienst als Ganzes zu, aber die »Umkehrliturgie« ist der Ort im Gottesdienst, an dem die metanoetische Dimension besonders deutlich und prägnant in den Vordergrund tritt. Die Argumentation zugunsten dieser zweifachen These (Gottesdienst als pneumatisch-formatives Geschehen; Metanoia als Wirkung des Gottesdienstes) wird in Dialog mit älteren und neueren liturgietheologischen Entwürfen aus dem deutschen und angelsächsischen Sprachraum sowie durch die Auslegung einer klassischen reformierten Bußliturgie (Genf/Straßburg 1542) entfaltet. Daraus gewinnt der Verfasser Erkenntnisse, die in die materialliturgischen Analysen bezüglich des Vollzugs liturgischer Buße einfließen, welche die Studie abrunden.
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ISBN-13
978-3-7887-3160-1 (9783788731601)
Schweitzer Klassifikation
1 - Cover [Seite 1]
2 - Title Page [Seite 4]
3 - Copyright [Seite 5]
4 - Table of Contents [Seite 10]
5 - Body [Seite 14]
6 - Vorwort [Seite 8]
7 - Einleitung [Seite 14]
7.1 - 1. Die Krise der Praxis liturgischer Buße [Seite 15]
7.2 - 2. Die Debatten in der Fachliteratur [Seite 15]
7.3 - 3. Chancen einer Wiedergewinnung? Ziel und Anlage der Studie [Seite 18]
7.4 - 4. Motivation und Methode [Seite 21]
8 - I. Das anthropologisch-expressive Verständnis des kirchli-chen Gottesdienstes [Seite 24]
8.1 - 1. Die Natur des christlichen »Kultus« nach Schleiermacher [Seite 24]
8.1.1 - 1.1 Grundsätzliche Expressivität [Seite 24]
8.1.2 - 1.2 Akzidentelle Wirksamkeit [Seite 27]
8.1.3 - 1.3 »Kultus« als menschliches Handeln [Seite 29]
8.1.4 - 1.4 »Kultus« als ???????? des frommen Bewusstseins [Seite 33]
8.2 - 2. Gottesdienst, »Performanz« und das Erbe Schleiermachers [Seite 36]
8.2.1 - 2.1 Expressiv-energetisches Gottesdienstverständnis heute [Seite 37]
8.2.2 - 2.2 Der Gottesdienst als grundsätzlich expressive »Performanz« [Seite 39]
8.3 - 3. Fazit [Seite 42]
9 - II. Für ein pneumatisch-formatives Gottesdienstverständnis [Seite 43]
9.1 - 1. Kirchlicher Gottesdienst als pneumatisch-formatives Geschehen [Seite 44]
9.1.1 - 1.1 Die »Methodist Connection«: Stanley Hauerwas, Donald Saliers und William Willimon über Liturgie und Charakterbildung [Seite 44]
9.1.1.1 - 1.1.1 Der Zusammenhang von Charakterbildung, »story « und Gemeinschaftspraktiken [Seite 44]
9.1.1.2 - 1.1.2 Liturgie und Charakterbildung bei Saliers und Willimon [Seite 46]
9.1.1.3 - 1.1.3 Liturgische Praxis als »Schlüssel zur christlichen Ethik« [Seite 49]
9.1.2 - 1.2 Weitere Impulse und Ergänzungen [Seite 51]
9.1.2.1 - 1.2.1 Bernd Wannenwetsch: Gottesdienst als Lebensform [Seite 51]
9.1.2.1.1 - 1.2.1.1 Der Gottesdienst als Grundlage der »homologen« Identität der Christenbürger [Seite 52]
9.1.2.1.2 - 1.2.1.2 Der Gottesdienst als immer aktuell bleibender »Beginn« christlicher Ethik [Seite 55]
9.1.2.1.3 - 1.2.1.3 Die stete Angewiesenheit der Kirche auf den Gottesdienst [Seite 56]
9.1.2.1.4 - 1.2.2 James K. A. Smith: Gottesdienst als göttliche Pädagogik des Verlangens [Seite 58]
9.1.2.1.5 - 1.2.2.1 Philosophisch-theologische Grundlagen [Seite 58]
9.1.2.1.6 - 1.2.2.2 Intentionalität, Verlangen und Imagination [Seite 63]
9.1.2.1.7 - 1.2.2.3 Liturgien als formative Praktiken [Seite 66]
9.1.2.1.8 - 1.2.2.4 Christliche Liturgie vs. säkulare Liturgien [Seite 67]
9.1.2.1.9 - 1.2.2.5 Christliche Liturgie als Ort des heiligenden Handelns Gottes [Seite 69]
9.1.2.1.10 - 1.2.2.6 Zusammenfassung [Seite 71]
9.2 - 2. Das Verhältnis von göttlichem und menschlichem Handeln im kirchlichen Gottesdienst [Seite 72]
9.2.1 - 2.1 Der Gottesdienst als pneumatisches Geschehen [Seite 73]
9.2.1.1 - 2.1.1 Handeln Gottes, Handeln des Menschen und deren »Ineinander«: Peter Brunner [Seite 73]
9.2.1.2 - 2.1.2 Gottes Wirken in Liturgie und Sakrament bei Gerardus van der Leeuw [Seite 75]
9.2.1.3 - 2.1.3 Die Selbstvergegenwärtigung Gottes im Gottesdienst: Manfred Josuttis [Seite 77]
9.2.2 - 2.2 Theologische Modelle des Zusammenwirkens von Gott und Mensch [Seite 78]
9.2.2.1 - 2.2.1 »Nous prions comme par sa bouche«: Das Zusammenwirken von Gott und Mensch im Gottesdienst nach Karl Barth [Seite 79]
9.2.2.2 - 2.2.2 Gottesdienst als Kommunikationsereignis des Geistes [Seite 84]
9.3 - 3. Pneumatisch-formative ??????? [Seite 87]
10 - III. Die Wirklichkeit des Heils [Seite 89]
10.1 - 1. Die Realität der Heiligung [Seite 89]
10.1.1 - 1.1 Pneumatische Christusgemeinschaft [Seite 90]
10.1.2 - 1.2 Die Freiheit zum Gehorsam [Seite 95]
10.1.3 - 1.3 Die »habituelle« Gerechtigkeit der Wiedergeborenen [Seite 98]
10.2 - 2. Die zweifache »Inchoativität« der Heiligung [Seite 101]
11 - IV. Der metanoetische Kern des Gottesdienstes: Die Umkehrliturgie [Seite 107]
11.1 - 1. Historisches zur »Buße« im reformierten Gottesdienst [Seite 107]
11.1.1 - 1.1 Die »Offene Schuld« [Seite 108]
11.1.2 - 1.2 Das »Confiteor« und dessen Modifikationen [Seite 112]
11.1.3 - 1.3 Die neue Deutung des »Bußteils« im reformierten Gottesdienst [Seite 116]
11.2 - 2. Die reformierte Umkehrliturgie am Beispiel des Genfer/ Straßburger Formulars von 1542 [Seite 116]
11.2.1 - 2.1 Anamnese [Seite 119]
11.2.1.1 - 2.1.1 Besinnung auf die eigene Sündhaftigkeit [Seite 119]
11.2.1.2 - 2.1.2 Exkurs: Was ist »Sünde«? Eine reformierte Perspektive [Seite 123]
11.2.1.2.1 - 2.1.2.1 Die Anfänge reformierter Hamartiologie und deren Grundzüge [Seite 124]
11.2.1.2.2 - 2.1.2.2 Weiterführung: Abraham Kuyper (1837-1920) und sein Erbe [Seite 127]
11.2.1.2.3 - 2.1.2.3 Jenseits der Theologie: Der Einfluss reformierter Hamartiologie auf die »Reformational Philosophy« [Seite 132]
11.2.1.2.4 - 2.1.2.4 Die Spezifizität reformierter Hamartiologie [Seite 135]
11.2.2 - 2.2 Epiklese: Die Bitte um »droicte penitence« [Seite 135]
11.2.3 - 2.3 Doxologie [Seite 142]
11.2.3.1 - 2.3.1 Zuspruch der Gnade [Seite 142]
11.2.3.2 - 2.3.2 Bundeserneuerung [Seite 145]
11.3 - 3. Gottesdienst als Ort der ???????? [Seite 149]
12 - V. Der Vollzug der Umkehrliturgie - Materialliturgische Ana-lysen [Seite 154]
12.1 - 1. Stellung [Seite 155]
12.1.1 - 1.1 Die Liturgie der deutschsprachigen Schweiz [Seite 157]
12.1.2 - 1.2 Die »Reformierte Liturgie« [Seite 158]
12.1.3 - 1.3 Das »Evangelische Gottesdienstbuch« [Seite 159]
12.1.4 - 1.4 Auswertung [Seite 160]
12.2 - 2. »Weg« und Inhalt [Seite 161]
12.2.1 - 2.1 Die Liturgie der deutschsprachigen Schweiz [Seite 161]
12.2.1.1 - 2.1.1 Sündenbekenntnisse [Seite 164]
12.2.1.2 - 2.1.2 Gnadenzusprüche [Seite 166]
12.2.1.3 - 2.1.3 Ausgeformte Bußformulare [Seite 166]
12.2.2 - 2.2 Die »Reformierte Liturgie« [Seite 169]
12.2.2.1 - 2.2.1 Eingangsgebete zum allgemeinen Gebrauch [Seite 171]
12.2.2.2 - 2.2.2 Eingangsgebete zum Kirchenjahr [Seite 172]
12.2.2.3 - 2.2.3 Eingangsgebete zu Themen und Anlässen [Seite 174]
12.2.3 - 2.3 Das »Evangelische Gottesdienstbuch« [Seite 175]
12.2.3.1 - 2.3.1 Vorbereitungsgebete [Seite 175]
12.2.3.2 - 2.3.2 Bußgebete mit Kyrie und Gloria [Seite 177]
12.2.3.3 - 2.3.3 Eingangsgebete (Grundform II) [Seite 178]
12.2.3.4 - 2.3.4 Offene Schuld [Seite 179]
12.2.3.5 - 2.3.5 Gemeinsame Beichte [Seite 180]
12.2.4 - 2.4 Auswertung [Seite 181]
12.2.4.1 - 2.4.1 Bekenntnis der Sünde [Seite 181]
12.2.4.2 - 2.4.2 Epiklese [Seite 184]
12.2.4.3 - 2.4.3 Gnadenzuspruch [Seite 185]
12.2.4.4 - 2.4.4 Bundeserneuerung [Seite 187]
12.3 - 3. Das »Zeremoniale« [Seite 188]
12.3.1 - 3.1 Akteure und Rollen [Seite 189]
12.3.2 - 3.2 Gesang [Seite 192]
12.3.3 - 3.3 Stille [Seite 195]
12.3.4 - 3.4 Gebärden und Körperhaltungen [Seite 199]
12.4 - 4. Unentbehrlichkeit der Form und Interdependenz von Form und Inhalt im liturgischen Geschehen [Seite 206]
13 - Anhang A [Seite 210]
14 - Anhang B [Seite 229]
15 - Anhang C [Seite 257]
16 - Bibliographie [Seite 274]
16.1 - 1. Abgekürzt zitierte Liturgiesammlungen, Gesangbücher, Reihen und Literatur [Seite 274]
16.2 - 2. Sonstige liturgische Texte [Seite 275]
16.3 - 3. Antike, Mittelalterliche und frühneuzeitliche Schriften [Seite 276]
16.4 - 4. Literatur [Seite 278]
17 - Personenregister [Seite 292]