Schweitzer Fachinformationen
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Körperliche und psychische Prozesse stehen in vielfältigen Wechselwirkungen. Fühlen wir uns körperlich wohl, geht es uns in der Regel auch psychisch gut. Umgekehrt hat auch unsere psychische Befindlichkeit erhebliche körperliche Auswirkungen. Daher möchte ich - wenngleich es in diesem Buch vorrangig um die psychischen Wirkungen des Laufens geht - auf einige Punkte der somatischen (= körperlichen) Effekte eingehen. Die somatischen Effekte werden von Laufanfänger*innen häufig eher und direkter erlebt. Zudem stellen sie teilweise die Basis für die psychischen Veränderungen dar. Abbildung 1 gibt übersichtsweise sechs wichtige körperliche Bereiche wieder, bei denen das Laufen nachweislich positive Effekte hat.
Kennen Sie die berühmten drei "L"? Sie stehen für die unter Jogger*innen beliebte Abkürzung: Langläufer*innen leben länger. Ist das nun eine Tatsache oder nur ein frommer Wunsch? Eine der umfangreichsten diesbezüglichen Untersuchungen ist die von Paffenbarger, Hyde, Wing und Hsieh (1986) an der Harvard-Universität durchgeführte Studie. Sie belegt:
Abbildung 1: Sechs wichtige Einflussbereiche des Joggens auf den Körper
Menschen, die regelmäßig beim Sport, z.?B.?beim Joggen, 2.000 oder mehr Kilokalorien pro Woche verbrauchen, leben wesentlich länger als vergleichbare "Nichtsportler*innen".
In dieser Studie wurden rund 17.000 frühere Absolvent*innen der Harvard-Universität über einen Zeitraum von 16 Jahren beobachtet. Damit keine Irrtümer entstehen: Es ging bei dieser großen Untersuchung nicht allein um das Laufen, sondern um sportliche Betätigung allgemein. Damit soll auch gleich gesagt werden, dass es natürlich auch andere sportliche Tätigkeiten außer dem Joggen gibt, die die Gesundheit fördern. Gewissermaßen ist das Ergebnis die Widerlegung des bei Sportmuffeln so beliebten Satzes: "Sport ist Mord".
Nun erscheinen 2.000 Kilokalorien auf den ersten Blick nicht sehr viel. Betrachten wir aber die in Tabelle 1 angegebenen Kalorienverbräuche verschiedener sportlicher Aktivitäten, so wird deutlich, dass eine solche Verbrauchsmenge durchaus beachtliche sportliche Betätigung voraussetzt.
Die Befunde von Paffenbarger et al. (1986) werden durch eine aktuellere Untersuchung von Schnohr, Marott, Lange und Jensen (2013) überzeugend bestätigt. Diese Forscher untersuchten im Rahmen der "Copenhagen City Heart Study" die Sterblichkeit an einer Zufallsstichprobe von 17.589 gesunden Männern und Frauen im Alter von 20 bis 98 Jahren über 35 Jahre. Innerhalb dieser Untersuchungsgruppe befanden sich 1.116 Jogger und 762 Joggerinnen. Die altersbezogene Lebenserwartung war sowohl bei den Joggern (6,2 Jahre) als auch bei den Joggerinnen (5,6 Jahre) signifikant höher als bei den Nichtläufer*innen. Dabei zeigte sich auch eine Tendenz, dass ein Pensum von 1 bis 2,4 Stunden Laufen pro Woche mit einem langsamen bis durchschnittlichen Tempo sich günstiger auswirkte als ein höheres Laufpensum mit höherer Geschwindigkeit.
Wie lassen sich solche Ergebnisse erklären? Eine der zentralen Hypothesen bezieht sich auf die Problematik der "Bewegungsmangelerkrankungen" oder "hypokinetic diseases". Damit ist gemeint, dass viele der sogenannten "Zivilisationskrankheiten" darauf beruhen, dass uns für das Funktionieren unseres Organismus die notwendige Bewegung fehlt. Das führt zu Kreislauferkrankungen, Übergewicht und Sauerstoffmangel.
Tabelle 1: Kalorienverbrauch pro 30 Minuten Betätigung
Anmerkung: Die Tabelle gibt nach Kurz (1984) den Kalorienverbrauch nach Sportart wieder, wobei der Grundumsatz (d.?h. der Kalorienverbrauch ohne Betätigung in der gleichen Zeit) abgezogen wurde.
Greifen wir einmal die Herz-Kreislauf-Erkrankungen auf: Sie machen fast die Hälfte aller Todesursachen aus. Psychischer Stress, gekoppelt mit Übergewicht und einem entsprechenden Zigarettenverbrauch, schafft dem bewegungsarmen Menschen die idealen Bedingungen für einen Herzinfarkt - es sei denn, er fängt an zu joggen.
Beim Joggen muss das Herz in zeitlich überschaubaren Trainingseinheiten höhere Leistungen erbringen. Das Laufen stellt eine Summe von Bewegungsreizen dar, die direkt anschließend eine Phase erniedrigter Leistungsfähigkeit nach sich ziehen. Danach baut sich nach dem allgemeinen Prinzip der Homöostase (also der Fähigkeit des Körpers, ein inneres Gleichgewicht zu schaffen) die Leistungsfähigkeit - über das Ausgangsniveau hinaus - wieder auf (= Trainingswirkung).
Konkret bedeutet dies, dass wir durch regelmäßiges Joggen unseren Ruhepuls beispielsweise von 80 auf 60 Schläge pro Minute reduzieren können. Das sind 20 Schläge pro Minute weniger, in einer Stunde also 1.200 Schläge weniger. In einer einzigen Nacht ersparen wir so durch unser Training dem Herz 9.600 Schläge. Wer Lust hat, kann ja mal ausrechnen, wie viel das in einem Jahr ausmacht (die Zahl ist siebenstellig)!
Aber nicht nur unser Ruhepuls verbessert sich. Durch das Lauftraining wird unser Herz stärker und kann pro Schlag mehr Blut durch den Körper pumpen. Steigt ein*e Jogger*in mit einer untrainierten Person z.?B.?in den fünften Stock eines Gebäudes, so hat der oder die Untrainierte anschließend einen Puls von vielleicht 160, während die Jogger*in nur auf 120 kommt (Hirzel, 1986). Die durch das Training bewirkte relativ kurzfristige Mehrleistung des Herzens erspart dieser einzigartigen Hochleistungspumpe langfristig enorm viel Arbeit. Damit wird deutlich, dass wir durch ein Training unserem Herzen langfristig nicht mehr, sondern weniger Leistung abverlangen.
Mangelnde Fitness erhöht das Risiko von Bluthochdruck und damit die Gefahr eines Schlaganfalls oder Herzinfarkts. Regelmäßiges Laufen senkt den Blutdruck, den systolischen Wert bis zu 20 mm Hg und den diastolischen bis zu 10 mm Hg.
Selbst bei Fällen von Angina pectoris, also Herzkranzgefäßerkrankungen, gibt es überzeugende Beispiele für die therapeutische Wirkung des Joggens. So berichtet schon van Aaken (1884a):
Ein 38-jähriger Mann erlitt seinen zweiten Herzinfarkt. Man verbot ihm jegliche Berufsarbeit, und nach einem halben Jahr durfte er nur spazieren gehen. Er kam zum Training des Verfassers und lernte es, in etwa 3 Monaten Sportabzeichenleistungen über 3.000 und 5.000 m zu erreichen. Nach 7 Monaten war er der erste Mensch, der nach 2 mittelschweren Herzinfarkten die Marathonstrecke lief und zwar in guten 3:44 Stunden. (S.?61)
Um gleich eventuellen Irrtümern vorzubeugen: So deutlich mit diesem Zitat auch die segensreiche Wirkung des langsamen Dauerlaufs wird, ein Marathonlauf ist - wie wir später noch sehen werden - aus guten Gründen nicht das Ziel, zu dem ich meine Leser*innen führen möchte.
Im Zusammenhang mit dem Herz-Kreislauf-System sollten wir auch an die Blutfette denken. Viele Menschen haben erhöhte Werte, die durch das Laufen häufig in den Normalbereich zurückkehren. Erhöhte Blutfette gelten u.?a. als wichtige Risikofaktoren für die Entstehung der Arteriosklerose, also der Verkalkung der Blutgefäße. Das LDL-Cholesterin (Low-density Lipoprotein), das u.?a. für diese Verkalkung verantwortlich gemacht wird, nimmt durch das Laufen ab, und das HDL-Cholesterin (High-density Lipoprotein), dem eine Schutzwirkung zugeschrieben wird, nimmt zu. Das Verhältnis von LDL- zu HDL-Cholesterin ist somit wichtiger als der einfache Gesamtcholesteringehalt.
Der LDL-Cholesterin-Wert sollte unter 160 liegen
Der HDL-Cholesterin-Wert sollte bei Männern über 40 liegen, bei Frauen über 50
Der Wert für das Neutralfett sollte unter 170 liegen
Die Fettverarbeitung wird durch das Laufen zudem schon bei der Fettaufnahme optimiert. So verweist schon Cooper (1970) auf ein Experiment, bei dem die besttrainiertesten Versuchspersonen nur vier Stunden brauchten, um das Fett von 0,71 Liter verspeister Sahne aus dem Blutstrom auszuscheiden. Die Versuchspersonen mit der schlechtesten Kondition benötigten rund zehn Stunden. Jogger*innen verkraften es also besser, wenn sie mal - wie man so gern sagt - beim Essen "sündigen".
Nach einer aktuellen Pressemitteilung des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland (2021) sind fast 25?% der Erwachsenen in Deutschlands adipös, also stark übergewichtig. Übergewicht geht mit einem Gesundheitsrisiko einher. Besonders problematisch ist das Bauchfett. Messen Sie einfach den Umfang Ihres Bauches, das ist für das Übergewicht ein besseres Maß als der übliche Body-Mass-Index. Anhand Tabelle 2 können Sie sich dann selbst einschätzen.
Wir hatten schon angesprochen, dass...
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