Schweitzer Fachinformationen
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In diesem ersten Kapitel bekommen Sie einen Überblick über Kanban. Es wendet sich damit vor allem an Einsteiger in das Thema. Aber auch wenn Sie bereits einige Vorkenntnisse mitbringen, überfliegen Sie es gern noch einmal.
Nach einer ersten kurzen Orientierung lernen Sie hier typische Motivationen für die Anwendung von Kanban kennen: Weshalb wird Kanban eingesetzt, und welche Vorteile bringt es? Wie könnte »Eine Woche mit Kanban« aussehen? Abschließend werden die verschiedenen Ausprägungen von Kanban und das Reifegradmodell Kanban Maturity Model (KMM) angesprochen.
Eine der spannendsten Übungen in unseren Kanban-Kursen lautet: »Was ist denn nun dieses Kanban?« Hier bitten wir die Teilnehmenden am Kursende, dies einem fiktiven Gesprächspartner zu erklären. Nach kurzem Überlegen gibt es stets verschiedene, aber selten wirklich falsche Antworten und immer wertvolle Dialoge. Kanban hat viele verschiedene Aspekte und vielfältige Vorteile.
Mit bunten Klebezetteln zugepflasterte Wände sind wohl das, was die meisten Menschen zunächst einmal mit Kanban assoziieren. Im Anschluss an die Lektüre dieses Buchs können auch Sie sicher eine differenziertere Antwort geben. Die Begriffe Kanban und Kanban-Methode werden in diesem Buch übrigens synonym verwendet.
Zunächst einmal zur Einordnung: Kanban ist eine Veränderungsund Managementmethode. Im deutschen Sprachraum wird dies oft als »Ach, das ist also etwas für das Management da oben« missverstanden. Tatsächlich ist mit Managementmethode aber das Managen, also das Organisieren und Steuern von Arbeit, gemeint. Außerdem stellt Ihnen Kanban ein sehr effektives Werkzeug zur Verfügung, um Veränderungen als einen alltäglichen Teil der Arbeit kontinuierlich voranzubringen. Dieser Aspekt wird leider häufig vernachlässigt. Ich hoffe, auch die Veränderungsaspekte mit diesem Buch bekannter zu machen.
Der folgende Kasten fasst die Definition der Kanban-Methode zusammen. Womöglich sind Sie noch nicht mit allen Begriffen vertraut. Die genannten Elemente lernen Sie in diesem und dem folgenden Kapitel näher kennen.
Die Kanban-Methode
Kanban ist somit ein probates Hilfsmittel für alle, die aktiv ihre Arbeit steuern und vor allen Dingen auch verbessern wollen. Dies gilt für sämtliche Positionen und Bereiche von Organisationen und schließt Führungskräfte natürlicherweise ein. Produktmanager managen beispielsweise die Entwicklung und den weiteren Lebenszyklus von Produkten, Projektmanager managen Projekte. Es gibt in Unternehmen naturgemäß viele Dinge zu managen (im Sinne von organisieren bzw. steuern).
Die Kanban-Methode für die Wissensarbeit wurde erstmals 2010 von David J. Anderson im sogenannten Blue Book [Anderson 2011] beschrieben. Sie wurde vom Signalkartensystem der »schlanken Produktion« (Lean) inspiriert. Dieses System ist die Quelle für die Kanban-Praktik Limitiere die parallele Arbeit (das WIP), die jedoch nur eine unter diversen Praktiken und Prinzipien der Methode ist. Im oben genannten Buch finden Sie viele interessante Hintergrundinformationen zur Entstehung der Methode.
Der Begriff der Wissensarbeit geht auf Peter Drucker zurück, der sich neben anderen Ökonomen schon sehr früh mit diesem Thema beschäftigt hat [Drucker 1969]. Er definierte den »Wissensarbeiter« als jemanden, dessen Hauptbeitrag zur Wertschöpfung in der Organisation von der Anwendung seines Wissens statt seiner Muskelkraft und -koordinierung abhängt. Heutzutage findet sich Wissensarbeit in vielen Bereichen, z.B. in der Gestaltung, Produktentwicklung, Informationstechnik, Forschung und Beratung.
Es ist wichtig zu verstehen, dass Kanban keine definierten Prozessabläufe mitbringt - Sie bekommen keine vorgefertigte Lösung dazu, wie Sie Ihre jeweiligen Dienstleistungen (z.B. Ihre Marketingservices, Personalprozesse oder die Entwicklung von Softwareprodukten) am besten liefern können. Erfahrungsgemäß ist dieses domänenspezifische, fachliche Wissen in Ihrer Organisation bereits vorhanden. Es befindet sich in den Köpfen der Mitarbeitenden und spiegelt sich auch in der etablierten Arbeitsweise wider. Diese folgt typischerweise »Prozessen« (im Sinne von einer Reihe wiederkehrender, aufeinander wirkender Aktivitäten) und weiteren Vereinbarungen.
Genau diese etablierten Prozesse und implizit oder explizit existierenden Vereinbarungen werden Sie im ersten Schritt mit Kanban sichtbar machen, um die dazugehörigen Dienstleistungen besser zu steuern und auch zu verbessern. Diesen Vorgang nennt man kanbanisieren, nicht zu verwechseln mit dem Verspeisen von Angehörigen der eigenen Spezies. Im Kanban-Jargon sagen wir dazu: Wir legen das Kanban-System über den vorhandenen Prozess, das heißt über Ihre aktuelle Arbeitsweise, die in Ihrer Organisation dabei kontinuierlich weitergeht.
Dadurch ist die Kanban-Methode zum einen in der Einführung risikoarm und zum anderen breit anwendbar. Gleichzeitig erschwert es die eher abstrakte Definition zunächst, ein konkretes Bild der Anwendung von Kanban im eigenen Arbeitsumfeld zu entwickeln. Praktisch nichts wird durch die Methode starr vorgeschrieben, stattdessen werden die Systeme mit Unterstützung bewährter Verfahren jeweils dem konkreten Einsatzzweck und dem Umfeld entsprechend gestaltet. In Teil III, Ihr Start mit Kanban, bekommen Sie Hilfestellungen für einen geschmeidigen Start mit Kanban. Als Ergebnis haben Sie dann ein maßgeschneidertes Hilfsmittel, das die vorhandenen Arbeitsabläufe unterstützt und in einem für Ihre Organisation verträglichen Veränderungstempo weiterentwickelt.
Sicher wird Kanban auch für Sie sehr schnell an Leben gewinnen. Im Abschnitt »Eine Woche mit Kanban« auf Seite 36 lernen Sie ein Beispiel kennen, das Ihnen helfen wird, ein konkreteres Bild zu entwickeln. Absolut empfehlenswert sind auch Simulationen, in denen Sie die Methode und deren Effekte im Zeitraffer in einer sicheren Umgebung erleben können; es gibt sie in den verschiedensten Ausführungen (siehe dazu den Abschnitt »Simulationen« auf Seite 212).
Nach dem, was Sie bisher gelesen haben: Für welche Anwendungsfälle ist Kanban Ihrer Meinung nach geeignet?
Sie ahnen es: In allen genannten Fällen könnte Kanban zur Anwendung kommen. Neben dem Vorhandensein eines Prozesses besteht eine weitere wichtige Voraussetzung lediglich darin, dass es bei den Beteiligten eine gewisse Motivation zur Veränderung gibt, z.B. basierend auf vorhandenen Unzufriedenheiten oder angestrebten Zielen. Ansonsten besteht die Gefahr eines Zombie-Boards an der Wand, von dem bald die Zettel wie trockenes Herbstlaub abfallen werden.
Sie haben nun ein Bild davon, wie breit die Methode einsetzbar ist. An dieser Stelle möchte ich noch kurz erläutern, wo Kanban im Bereich der Wissensarbeit typischerweise nur bedingt einsetzbar ist.
Dies sind zum einen Umfelder, in denen Anfragen von Kunden praktisch nicht abweisbar, steuerbar und/oder sehr schnelllebig sind. Ein Beispiel hierfür sind Kundenhotlines in Callcentern, also der sogenannte »1st Level«, wo zunächst alle Kundenanfragen landen. Jeder Anruf ist ein »Bedarf« und muss schnellstmöglich beantwortet werden. Anrufe sind unabweisbar. Aufgabe der Hotline ist es, Anliegen zu verstehen, gegebenenfalls direkt zu lösen oder firmenintern weiter auf den richtigen Weg zu bringen. Im weiteren Verlauf kann Kanban allerdings dann sehr gut unterstützen: Wenn Kundenprobleme in Fachabteilungen landen, können diese im Vergleich zu anderen Anfragen in Bezug auf deren Dringlichkeit bewertet und in eine Bearbeitungsreihenfolge gebracht werden.
Ein weiterer Bereich, für den Kanban eher...
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