Schweitzer Fachinformationen
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»Mariandjosef!« Der Birngruber ließ sich aufs Bankerl fallen und bekreuzigte sich. »Nix anfassen, Chef! Die Spuren .«
»Schon gut, Seppi. Die bewegt sich nicht mehr!« Brandner war stehen geblieben und starrte ins feuchte Grab. Ein Hauch von Kleid klebte am bleichen Körper der jungen Frau. Blut hatte das weiße Negligee stellenweise zartrosa gefärbt. Nur der dunkle Lockenschopf ragte ein wenig aus dem knöcheltiefen Wasser heraus. Unwirklich ruhig schwebte das Haar auf der Wasseroberfläche. Umrahmte die bloßen Schultern wie ein dunkler Kranz.
»Schrecklich!«, wimmerte der Birngruber.
Jaja, nickte der Brandner. Ausgerechnet hier am Glücksplatzerl, wo sich all die knutschenden Paare trafen. Er hatte es kommen sehen. Brandner zog am Haken, die Locken verschwanden aus dem bleichen Gesicht. Birngrubers Bauch zitterte wie Espenlaub.
»Mariandjosef! Die Schlager-Sissi!«
Brandners Blick wanderte von der Wasserleiche über den See bis zum Traunstein. Die Frühlingssonne hatte sie eben noch herrlich gewärmt, nun verzog sie sich hinter die grauen Wolken. Er gab sich keinerlei Illusionen hin, sein Erholungsurlaub war nun in weite Ferne gerückt. Welch ein Fressen für die Presse: Die fabelhafte Sissi als Leich an der Schnur. Im Geiste zog James Dean an ihm vorüber, die Monroe, Lady Di. War nun die Schlager-Sissi unsterblich geworden? Kalt wie ein Fisch lag die Voglhuberin da.
»Alles meine Schuld«, zeterte der Birngruber. »Gestern hab ich sie noch zurückgebracht. Hier ins Hotel.« Da hatte der Seppi wohl nicht ganz unrecht, fand Brandner. Schließlich hatte er selbst seinen Wachtmeister zum Personenschutz abgestellt. Schlussaus! Mit Gewalt riss er sich vom traurigen Anblick des Wachtmeisters und der Leiche los. Weinen half da nicht weiter. Am wenigsten der Voglhuberin, der half ja nun gar nichts mehr.
Der Inspektor sprintete um das halbe Schloss bis zum geparkten Polizeiwagen. Beinahe hätte er im Innenhof auch noch den Heinerl vom Blitztaxi umgerannt. Der Chauffeur hielt einer betagten Dame die Türe auf, Direktor Schwan küsste ihr leidenschaftlich die Hand. Das hatten sie wieder nötig gehabt. Nun hatte das Schlosshotel Orth wieder aufgesperrt und sie hatten tagtäglich Touristen im Haus. Wahrscheinlich wieder eine Millionärin, ärgerte sich der Brandner und schnappte das rotweiße Absperrband.
Kurz darauf drückte er es dem Birngruber in die Hand. »Na, wird's bald? Brücke absperren!«
Doch der saß wie betäubt am Bankerl und starrte den wohl geformten Rücken im Wasser an.
»Jetzt sperr halt endlich die Bruckn!«, herrschte er seinen Wachtmeister an. »Ich ruf die Linzer.« Das konnte er jetzt bei Gott nicht gebrauchen, dass der Seppi die Nerven so wegwarf. Wasserleichen, das war auch dem Brandner klar, fielen nicht in die Zuständigkeit der Salzkammergutpolizei. Er wollte die ganze Sauerei da so schnell wie möglich loswerden. Obwohl der Inspektor, wie nicht wenige im Salzkammergut, nicht allzu viel von den Linzern hielt. Erst recht nicht vom KfK, wie es amtlicherseits hieß, dem Kommando für Kapitalverbrechen. Die Deppen vom Leib und Leben, hieß es bei Brandner und Birngruber intern.
»Brandner hier, Salzkammergutpolizei«, seufzte der Inspektor, die Linzer Bereitschaft meldete sich. In wenigen Sätzen hatte er die Lage erklärt und wie immer nach Oberst Gruber verlangt.
»Schön«, flötete die dünne Frauenstimme.
Schön? Eine Leiche? Das wurde ja immer schöner da unten.
»Schön. Aber der Herr Oberst ist nicht im Haus. Schließlich ist Sonntag und .«
»Schön!«, unterbrach er die Kollegin vom Leib und Leben. »Jetzt passt's mir einmal schön auf! Sonntag ham wir selber. Aber wir ham a Leich da! Direkt unterm Fenster, klar? Keiner ersauft von selbst im seichten Wasser. Sie schicken also das Mordkommando! Pronto, verstanden? Und überhaupt, mit dem Herrn Oberst bin ich per Du!« Er legte auf. Dieser Telefontussi hatte er es aber gezeigt. Beschweren würde er sich trotzdem beim Gruber. Wozu sonst kannte man sich von der Polizeiakademie?
Gleich nach Birngrubers Aufschrei unten am Ufer hatte der Brandner Frau Doktor Fuchs verständigt. Nun besah sich die Gmundner Amtsärztin die Leiche zu seinen Füßen. Der Birngruber hatte sich gleich auf das Bankerl gelegt und klagte laut über Übelkeit.
»Auf geht's! Die Linzer kommen bald, da will ich fertig sein. Die wollen immer alles ganz genau wissen.« Fuchs drehte mit ihren Gummihandschuhen die Leiche im Wasser vorsichtig herum.
»Nicht schlecht«, kommentierte sie überrascht, Brandner wurde rot. Auch ihm war der große Busen nicht entgangen. Fuchs kniete sich dichter zur Toten und löste den Angelhaken vom Hinterkopf. Skeptisch sahen Brandner und Birngruber der Frau Doktor bei ihrer unverwechselbaren Praxis zu. Es war der fast tierische Einsatz ihres Riechorgans, der den Polizisten nicht recht geheuer war. Intern wurde die Frau Doktor deshalb nur Füchsin genannt.
»Riecht noch recht frisch«, stellte die Füchsin denn auch gierig schnuppernd fest. »Weiß man schon, wer sie ist? Vielleicht ein Hotelgast?«
»Lisa Voglhuber. Eine Sängerin«, bekannte der Brandner, möglichst um Sachlichkeit bemüht.
»Die Schlager-Sissi!«, entfuhr es der Frau Doktor erbost. »Großer Gott! Dass du von Musik nichts verstehst, ist mir ja klar.«
»Die Schlager-Sissi«, bestätigte er ohne darauf einzugehen. »Der Tod hat sie wohl kurz vor dem Einschlafen erwischt. Sieht ja schon bettfertig aus, so im Nachthemd.«
»Geh Brandner! Das ist ein Unterkleid.« Die Füchsin schüttelte geringschätzig den Kopf. Als ob er Spezialist für Damenunterwäsche wäre. Der Inspektor ärgerte sich. Wie denn auch? Er hatte ja nie Gelegenheit, sich diesbezüglich fortzubilden.
»Wer trägt denn heute noch so etwas?«, meinte Brandner verbissen. Doch die Füchsin reagierte nicht und räumte die schwarzen Haare ganz aus dem Leichengesicht.
»Wahrscheinlich ertrunken. Kein Wunder bei dem Gesöff .« Mit sichtlichem Ekel zeigte sie aufs Wasser hinaus. »Trinkwasser«, bemerkte der Brandner trotzig und deutete kaum einen Steinwurf entfernt auf die Boje, wo seine Stella auf den Wellen fröhlich vor sich hin schaukelte. »Alle Seen im Salzkammergut haben Trinkwasserqualität.« Ein halbes Leben lang hatte er darauf gewartet, dass die Bundesforste ihm eine Boje verpachteten. Jetzt ließ er sich von dieser Gschaftlhuberin auch nicht die Freude daran vertun. Nach jeder Bordmahlzeit wusch er wie alle Segler sein Geschirr im See. In heißen Sommern trank er sogar davon, wenn er beim Schwimmen besonders durstig war. Die Füchsin tat, als hätte sie seinen Einwurf nicht bemerkt, doch ein boshaftes Lächeln umspielte ihre Lippen.
»Ausgerechnet da«, meinte der Inspektor, nachdem er die Füchsin einige Zeit beim Hantieren mit ihren Metallwerkzeugen beobachtet hatte. Sein Blick fiel auf die hunderten in trauter Absicht an ein Schmiedegitter geschlossenen Vorhangschlösser neben der Toten. Aus aller Welt waren schon Liebespaare angereist und hatten sich hier in trauter Absicht verewigt. Mit Sprüchen wie Xaver liebt Uschi - Auf ewig Dein.
»Ausgerechnet am Liebesplatzerl«, nickte die Frau Doktor. »Das gibt Ärger! Todsicher.«
Brandner fand die Worte der Füchsin seltsam gewählt. Aber wahrscheinlich hatte auch sie sich, wie er, den Tourismuspräsidenten vorgestellt. Vor ein paar Jahren hatte der das neueste Glücksplatzerl des Salzkammerguts im TV noch groß präsentiert. Nun war es entweiht.
»Gemma, Burschen! Da kann ich nicht ordentlich arbeiten!« Wie eine Dirigentin vor ihrem Orchester wies die Frau Doktor die beiden Polizisten mit der untergehakten Leiche an.
»Dort auf die Trage. Und dann zur Brücke mit ihr!«
Brandner holte noch ordentlich Luft und nickte dem Seppi zu. Dann hoben sie die Tote wieder an. Da passierte es. Unter normalen Umständen wäre so eine Leiche alleine spielend zu halten gewesen, doch der Birngruber rutschte aus, und Brandner schaffte es in der Drehung gerade noch, zur Brüstung zu stolpern.
Nun hing die glitschige Sissi am Geländer, er schob keuchend an ihrem Hintern, damit sie ihm nicht wieder davonrutschte.
»Na sag mal! Deine Kleine, die will aber nicht!« Ein hoch aufgeschossener Mann mit niedriger rotblonder Stirn fotografierte sie von der Brücke herab. Brandner fragte sich, ob man das Bergen einer Leiche für einen Annäherungsversuch halten konnte. Schließlich trug er Zivil. Doch da ihm die Sissi zu entgleiten drohte, packte er sie gleich wieder ordentlich am Gesäß.
»Immer feste druff«, kam es feixend von oben.
»Gemma, Piefke! Auf Wiederschaun!«, rief der Brandner zurück. Wie kam der Mann da auf die Brücke? Wahrscheinlich hatte der Birngruber am Ufer wieder einmal nicht ordentlich abgesperrt.
»Ist ja wohl ein öffentlicher Weg hier! Ist das da eine Leiche?«
Mit ein paar Ordnungsrufen war der Depp da oben wohl nicht ruhigzustellen. Vertrieb man den nicht von der Brücke, hatte er ihnen bald alle Spuren versaut. Doch ließ er die Sissi los, dann segelte die gleich wieder ins Wasser zurück und sie mussten gar noch Polizeitaucher anfordern. Ein Läuten nahm dem...
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