Schweitzer Fachinformationen
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Ja, klasse. Wieder einmal mal war kein Kaffee mehr da. Dabei hatte Jan gestern den eindeutigen Auftrag erhalten, welchen zu besorgen. Larissa Jakobs schraubte verärgert den Deckel auf die leere Kaffeedose. Dann gibt es eben Tee, dachte sie missmutig und nahm den Pappkarton mit den Beuteln aus dem Schrank. Ein Tag, der mit Tee anfing, war für sie zwar eigentlich nur ein halber, aber sie hatte keine Lust, vor dem Frühstück zum Inselmarkt zu fahren.
Im Flur hörte sie Gepolter. Das war sicher Thomas, der seine Sachen zusammenpackte. Und richtig - die Küchentür schlug auf und Thomas Nottebrock ließ sich auf einen Stuhl fallen. Ihr Kollege trug bereits seine Arbeitskleidung. Das gelbe T-Shirt mit dem roten DLRG-Aufdruck und die roten Shorts passten wunderbar zu seinem langen, blonden, zu einem Pferdeschwanz gebundenen Haar und dem gebräunten Gesicht. Das musste sie einfach zugeben. Natürlich nicht öffentlich. Sie waren zufällig zusammengewürfelte Mitstreiter, die am Strand die Sicherheit zu gewährleisten hatten. Nicht weniger, aber auch nicht mehr. Sie wusste, dass andere Gruppen schon seit Jahren immer in der gleichen Besetzung auf die Insel kamen. Darauf nahm der Einsatzleiter, der in Bad Nenndorf die Dienste zusammenstellte, nach Möglichkeit Rücksicht. Aber die Retter, die zurzeit auf der Insel waren, machten zum ersten Mal gemeinsam Dienst.
Ihren Bericht über den fehlenden Kaffee nahm Thomas mit einem schiefen Lächeln zur Kenntnis. »Ab morgen ist Jan mit der Frühstückszubereitung dran«, sagte er. »Hoffen wir mal, dass er bis dann alles besorgt hat.«
Sie legte einen Teebeutel in jeden Becher und goss kochendes Wasser darüber. Jan und Hannes würden gleich ebenfalls auftauchen. Sie mussten pünktlich am Strand sein, ab zehn war heute offizielle Badezeit.
»Hast du einen schönen Abend gehabt?«, fragte Thomas und rührte in seinem Becher.
Larissa stellte die Plastikschale mit dem Aufschnitt und die Erdbeermarmelade auf den Tisch. »Ging so. Endlich mal etwas Ruhe. Die Party vor zwei Tagen bei den Surfern am Strand hat ja lange genug gedauert.« Es war vorgestern aber auch echt klasse gewesen. Eine laue Sommernacht, die zum Feiern einlud.
Zu Anfang hatte sie mit Thomas am Bierwagen gestanden. Aber bald hatte sie gemerkt, dass ihr der Alkohol zu Kopf stieg, und sie hatte es langsamer angehen lassen. Was hatte sie neulich auf einem Plakat in ihrer Heimatstadt gelesen? Jedes zweite ein Glas Wasser! Genau so hatte sie es gemacht. Dann war Hannes aufgetaucht und hatte sie sehr zu ihrem Erstaunen zum Tanzen aufgefordert. Der ruhige Hannes . Er war kaum wiederzuerkennen gewesen.
Die Veranstalter hatten Holzbohlen auf den Sand gelegt und darüber Gummimatten. Es war also nicht unbedingt ein Profitanzparkett geworden, sie hatte aber schnell gemerkt, dass es auch mit Hannes' Tanzküsten nicht allzu weit her war. Nach drei Versuchen hatte sie keine Lust mehr gehabt, sich von ihm auf die Füße treten zu lassen. Sie ging zurück zum Bierwagen. Von Thomas war nichts zu sehen, nur ihr angefangenes Bier erwartete sie, abgestanden und bestimmt nicht mehr erfrischend kühl. Sie ließ es stehen und machte eine Runde zur Wasserkante. Langsam und bedächtig. Die Musik, die der DJ auflegte, folgte ihr, immer leiser werdend.
Als sie wieder zurückkam, hatte sich Hannes ein neues Opfer gesucht. Sie kannte das Mädel nicht, sah also keinen Grund, sie davor zu warnen, mit ihm auf die Tanzfläche zu gehen. Zu ihrem Erstaunen harmonierten die beiden jedoch ganz wunderbar. Es sah richtig gut aus, was die da machten. Danach sah sie die beiden gemütlich zusammen im Strandkorb sitzen. Das Nächste, was ihr auffiel, war allerdings, dass sich ein großer, schlanker Typ dem Strandkorb näherte. Larissa hatte das Gefühl, dass die Luft plötzlich vibrierte. Sie konnte zwar kaum mitbekommen, worum es ging, doch dass es nichts Positives war, das spürte sie. Es strahlte etwas von der Haltung des Mannes aus, der Art, wie er sich in den Korb beugte, wie er ungeduldig von einem auf den anderen Fuß trat, das ihr Unbehagen bereitete. Einmal hatte sie sogar das Gefühl, dass der Mann knapp davor war, zuzuschlagen. Dann stand das Mädel auf und verschwand ohne Abschiedsgruß mit ihm in der Dunkelheit.
Hannes war ebenfalls nicht mehr lange geblieben. Auch sie hatte sich kurz darauf verabschiedet. Der Heimweg ins Ostdorf war etwas unheimlich gewesen. Alle Lampen waren bereits aus und der Weg am Rosengarten vorbei kaum erkennbar. Zu Hause angekommen, war sie sofort ins Bett gegangen und in einen tiefen, beinahe traumlosen Schlaf gefallen.
Sie setzte sich zu Thomas, der bereits genüsslich von seiner ersten Scheibe Brot abgebissen hatte. »Ich habe gelesen und bin dann selig eingeschlafen.«
»Mir ging es ebenso. Ich bin einfach weggekippt. Die Tage an der frischen Luft machen sich doch bemerkbar.«
Wie auf Kommando öffnete sich die Küchentür und Jan stand gähnend vor ihnen. Wie jeden Morgen fiel Larissa auf, wie blass und dünn der junge Mann war. Das schmale Gesicht zeigte trotz der langen Sonnentage am Strand keinen Ansatz von Bräune. Das graue Basecap, das er eigentlich nur zum Duschen abnahm - selbst da war sich Larissa nicht sicher - bot wohl genügend Schutz.
»Nein, es ist kein Kaffee fertig«, antwortete sie auf seine ungestellte Frage. »Wenn keiner besorgt wird, gibt es eben keinen.«
Jan Tjarden schaute sie erstaunt an. »Wieso? Ich habe doch welchen mitgebracht.« Er schlurfte zum Küchenschrank und öffnete eine der Türen. Mit gezieltem Griff nahm er ein Paket heraus und zeigte es ihr. »Da!«
Entgeistert blickte Larissa erst auf das Kaffeepaket, dann auf Jan. »Und wieso stellst du das dann hinter die Suppenteller?«
Er zuckte mit der Schulter. »Keine Ahnung. Muss wohl in Gedanken gewesen sein. Soll ich einen Kaffee aufschütten?«
»Mach man. Dann kannst du schon für morgen üben. So viel Zeit muss sein. Hannes ist schließlich auch noch nicht da«, stellte Larissa fest.
Sorgsam löffelte Jan Kaffeepulver in den Filter. »Hannes ist schon weg. Sein Bett ist leer.«
»Der ist weg? Ohne Frühstück?« Larissa hatte, als sie vorhin in die Küche gekommen war, nicht bemerkt, dass sich bereits vorher jemand dort zu schaffen gemacht hatte. Wenn sich einer der Jungs dort Frühstück gemacht hätte, wäre es ihr aufgefallen. Das war mal sicher. In der schon recht betagten Küche der Dienstwohnung, die der Lebensrettungsgesellschaft von der Kurverwaltung zur Verfügung gestellt wurde, sah es meistens aus wie nach einem Kanonenschlag, wenn man einen der Männer allein in der Küche ließ. Und das war kein Vorurteil. Es erstaunte sie immer wieder, welche Formen Salamischeiben annehmen konnten, wenn sie auf dem Küchentisch in der Wärme vor sich hin brüteten. Am meisten störte sie jedoch immer der gebrauchte Kaffeefilter in der Maschine. Keiner der Männer hielt es für nötig, ihn nach dem Durchlaufen des Wassers zu entsorgen. Heute Morgen war kein Papierfilter in der Maschine gewesen. Also konnte Hannes nicht dagewesen sein. Miss Marple ließ grüßen.
»Das ist nicht ungewöhnlich«, erklärte Thomas. »Er ist ja schon etwas länger hier im Einsatz als ihr. Als ihr noch nicht vor Ort wart, ist er häufiger früh raus und ist am Strand lang. Er liebt die Einsamkeit, hat er mir mal erzählt. Was den Kaffee anbelangt - für mich gerne. Der kommt zur Erstversorgung in die Thermoskanne für den Strand. Für den Rest des Tages sorgt dann die Kaffeemaschine im Container.« Thomas blickte auf seine Uhr. »Langsam wird es Zeit. In einer halben Stunde sollten wir spätestens losgehen.«
Es war wie immer. Thomas gab den Ton an und sie folgten. Es hatte sich so ergeben. Gleich am ersten Tag hatten sie einen Surfer aus den Wellen geholt. Es war kein schwieriger Einsatz gewesen. Das Wasser war noch nicht sehr hoch aufgelaufen und der Mann in guter Verfassung. Sie hatten ihm nur ein wenig unter die Arme greifen müssen. Thomas hatte das Kommando übernommen und der Einsatz war reibungslos abgelaufen. Schließlich war er der Wachführer und hatte, obwohl er kaum älter als Mitte zwanzig war, jede Menge Erfahrung. Drei Jahre hatte er in Prerow an der Ostsee Dienst gemacht. Dann hatte er an die Nordsee gewollt und sich für Baltrum beworben.
Jan und sie hatten bereits einige Lehrgänge hinter sich gebracht, die praktische Erfahrung im Küstenwachdienst war für Larissa jedoch Neuland. Im Gegensatz zu ihrem vierten Kollegen Hannes Danner. Der war nicht das erste Mal auf Baltrum und kannte sich bestens aus.
Sie gingen an der Aussichtsdüne und dem Kiefernwäldchen vorbei und bogen am Strandcafé rechts ab. Jetzt, bei strahlendem Sonnenschein, konnte sich Larissa kaum noch vorstellen, warum sie sich an dem Abend nach der Party auf dem Nachhauseweg hier so unwohl gefühlt hatte. Auf der Insel war alles so friedlich. Im Gegensatz zu Frankfurt, der Stadt, in der sie wohnte, wenn sie ihrer Arbeit in dem großen Software-Unternehmen nachging. Sie hatte sich ihren ganzen Urlaub aufgespart, damit sie vier Wochen auf der Insel verbringen konnte. Außerdem war ihr Chef recht großzügig, was Urlaub anbetraf, allerdings sah er auch gerne über geleistete Überstunden hinweg. So glich sich alles wieder aus.
Es war schon richtig was los. Viele Strandkörbe waren trotz der frühen Tageszeit bereits belegt. Thomas öffnete die Tür des weißen Containers, der ihr Stützpunkt war, nahm die niedrigen Plastikstühle heraus und stellte sie genau mittig vom Strandabgang in den Sand. Von dort hatten sie einen guten Überblick und fielen mit ihren rot-gelben Einsatzklamotten den...
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