Schweitzer Fachinformationen
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Erstes Kapitel, in dem sich eine erfreuliche Entwicklung abzeichnet
»Na, die Woche fängt ja schon wieder gut an«, murmelte Nathalie, als sie den nächsten Brief von dem Stapel nahm, den der Postbote ihr vor ein paar Minuten übergeben hatte. Beim Blick auf die Adresse stöhnte sie frustriert auf und ließ den Kopf auf den Schreibtisch sinken.
»Das denke ich auch immer, wenn mir montagmorgens Rechnungen aus dem Briefkasten entgegenkommen«, meinte Louise, ihre beste Freundin und Chefköchin im Black Feather. »Darum mache ich den Briefkasten inzwischen immer erst am Dienstag auf.«
»Wenn es nur das wäre«, sagte Nathalie und setzte sich wieder gerade hin. Dann legte sie Louise sechs Briefe hin, fünf ungeöffnete, einen geöffneten.
»Sechs Briefe vom Finanzamt? Nicht sehr schön«, kommentierte diese.
»Es sieht zwar nach sechs Briefen aus, aber es ist sechsmal ein und derselbe Brief«, machte Nathalie ihr klar. »Dieser ist für Nathalie Ames, der für Nathalie Arms, Nathalie Aims, Nathalie Emmerson, Nathalie Amberson und schließlich für Natasha Ames.«
»Habe ich was verpasst?«, fragte Louise verdutzt. »Oder hast du mir nur noch nie erzählt, dass du gleich fünf geheime Identitäten hast? Da machst du ja mir schon fast Konkurrenz.«
»Komikerin«, gab Nathalie schmunzelnd zurück. »Ich wollte vergangene Woche eine telefonische Auskunft vom Finanzamt und wurde natürlich nach meinen persönlichen Angaben gefragt. In der Telefonzentrale bekam ich vermutlich eine Praktikantin an den Apparat, der ich meinen Namen nannte, wie man das halt so macht, wenn man irgendwo anruft.«
Louise nickte. »Ja, das kann ganz hilfreich sein.«
»Sollte man meinen. Nur fand die junge Dame meinen Namen nicht. Über die Adresse wurde sie dann aber fündig, und dann meinte sie: >Moment, ich korrigiere nur eben den Namen.< Ehe mir klar war, was sie vorhatte, hatte sie aus Ames bereits Arms gemacht und die Änderung gespeichert. Als ich sie fragte, ob sie tatsächlich meinen Namen geändert habe, meinte sie, dass sie das machen müsse. Dann dauerte es eine Weile, ehe ich ihr verständlich machen konnte, dass der ursprüngliche Name der richtige war und sie nichts hätte ändern dürfen. Sie erschrak und korrigierte den Namen von Arms in Aims, was mir erst klar wurde, als sie schon wieder auf Speichern getippt hatte und den nächsten falschen Namen leise für sich selbst buchstabierte. Das ging dann noch dreimal so, bis sie endlich begriff, wie ich mich schreibe.«
»Hat sie sich wenigstens entschuldigt?«
»Schön wär's. Ich wurde dazu angehalten, beim nächsten Mal meinen Namen doch deutlicher auszusprechen, damit ich auch verstanden werde«, sagte Nathalie. »Als ich sie dann nach ihrem Namen gefragt habe, weil ich mich über ihren Tonfall beschweren wollte, hat sie die Leitung gekappt.«
»Und jetzt?«
Nathalie hielt den Brief hoch, den sie geöffnet hatte. »Offenbar bilde ich zusammen mit den Damen Arms, Aims, Emmerson, Amberson und Natasha Ames eine große Lebensgemeinschaft, und das Finanzamt möchte jetzt umgehend von jedem von uns eine Heiratsurkunde sehen.«
Louise kniff die Augen zu und biss sich auf die Unterlippe, während sie versuchte, nicht zu lachen.
»Na, da habt ihr aber viel Lauferei, wie?«, brachte sie schließlich noch heraus, ehe sie in schallendes Gelächter ausbrach.
Nathalie tat so, als fände sie das gar nicht witzig, obwohl sie genauso viel Mühe hatte, eine ernste Miene zu wahren. Sie sammelte die Briefe ein, die sie vor Louise ausgebreitet hatte, und versah sie mit einer Haftnotiz, die sie daran erinnern sollte, den gesamten Vorgang an ihren Steuerberater zu schicken. Vermutlich würde der sich ebenfalls köstlich amüsieren, auch wenn es bestimmt nicht das Kurioseste war, was er in seiner Karriere erlebt hatte.
»Anderes Thema«, sagte Louise, nachdem sie sich wieder beruhigt hatte.
Inzwischen war Nathalie aufgestanden, um die sechs Umschläge in den Postausgangskorb zu legen. Auf halber Strecke hielt sie inne, da ihr einfiel, dass das zu den Aufgaben gehörte, die sie selbst erledigen musste, bis ein Nachfolger für Yoshiko gefunden war. Schließlich konnte Yoshiko nicht abends um acht die Post wegbringen, wenn längst alles geschlossen war. Aber vielleicht konnte sie ja Martin fragen, der fast jeden Tag wichtige Schriftstücke verschicken musste. Falls er heute Abend noch zur Post musste, würde er den Brief an ihren Steuerberater sicher mitnehmen.
»Sag mir mal, was du hiervon hältst, Nathalie«, unterbrach Louise ihre Gedanken und hielt ihr das Handy entgegen.
»Wenn du von der erneuten Verschiebung des Drehbeginns für Martin redest«, sagte Nathalie, die einen großen Umschlag aus dem Schrank holte und in Gedanken immer noch beim örtlichen Anwalt und Louise' Freund war, »dann finde ich es ärgerlich für Martin. Da gibt er seine Fälle an einen Kollegen ab, weil er seit einer Woche vor der Kamera stehen soll, und dann heißt es auf einmal 5. Februar statt 5. Januar. Ich hoffe, das ist kein böses Omen für den Film.«
Louise seufzte. »Das will ich auch hoffen, allerdings meinte ich mit meiner Frage eigentlich etwas anderes.«
Nathalie drehte sich verdutzt um. »Oh, tut mir leid, ich war in Gedanken. Um was geht's denn?«
»Sieh dir diese Fotos an und sag mir, was dir auffällt«, bat Louise.
Nachdem Nathalie sich hingesetzt und die insgesamt sechs Fotos angesehen hatte, sagte sie achselzuckend: »Das sind Fotos aus meinem Landmarkt. Was soll damit sein?«
»Konzentrier dich nur mal auf die Kameras«, half ihre Freundin ihr auf die Sprünge.
»Das sind die Kameras von Safe & Sound, unserem Wachdienst«, sagte Nathalie.
»So schlau bin ich auch«, erwiderte Louise schmunzelnd und beugte sich vor, um einen Ausschnitt des Fotos zu vergrößern. »Ich meine diese Kamera da. Und auf dem Foto die da, auf diesem die da hinten und so weiter.«
»Die sind eindeutig nicht von Safe & Sound«, stellte Nathalie fest und rieb sich übers Kinn. »Allerdings sind sie auch nicht von mir. Wenn der Kauf in der Buchhaltung aufgetaucht wäre, hätte ich den Beleg gesehen. Was macht Wilmerson mit zusätzlichen Kameras?«, wunderte sie sich. »Und warum montiert er die auf eigene Kosten?«
»Was macht er vor allem mit Kameras, die Ecken erfassen, die ohne Bedeutung sind?«, ergänzte Louise. »Die Kameras von Safe & Sound zeigen alle Stellen in der Nähe von Türen und Fenstern, damit Alarm geschlagen wird, wenn jemand in den Markt einsteigt. Aber diese zeigen ganz woandershin.«
»Hast du ihn darauf angesprochen? Will er vielleicht seine Angestellten überwachen, damit die nicht irgendwas mitgehen lassen?«
»Nein, ich wollte ihn nicht jetzt schon wissen lassen, dass wir ihn im Visier haben.« Louise zuckte flüchtig mit den Schultern. »Er macht weiterhin diesen leicht nervösen Eindruck, der dir auch schon aufgefallen war. Deshalb habe ich die Fotos auch heimlich geschossen.«
Nathalie nickte zufrieden. »Das ist gut. Ich will nach Möglichkeit herausbekommen, was da läuft, ohne Wilmerson oder sonst jemanden befragen zu müssen. Ich will niemanden vorwarnen, der dann schnell alle Beweise vernichtet, bevor wir ihn überführen können.«
»Vielleicht sollten wir uns mal umsehen, wenn niemand da ist«, schlug Louise vor.
»Das wäre gut«, meinte Nathalie. »Ich werde nachher den Wachdienst anrufen und nachfragen, um wie viel Uhr in den letzten Wochen die Alarmanlage aktiviert wurde. Warum sollen wir bis um zehn Uhr abends warten, wenn da schon um acht alle ausgeflogen sind?«
»Richtig«, stimmte ihre Freundin ihr zu. »Bei zwei von diesen Kameras konnte ich übrigens sehen, dass sie an die vorhandenen Steckdosen angeschlossen sind. Und das wird dann vermutlich für alle Kameras gelten. Wenn wir also die Hauptsicherung rausdrehen, wird uns nicht irgendeine von den Kameras filmen können, die ich möglicherweise noch nicht entdeckt habe.«
Nathalie lächelte erfreut. »Dann haben wir ja schon einen Plan, wie wir vorgehen. Jetzt müssen wir nur noch das Wann festlegen.«
»Und darauf hoffen, dass es eine ganz einfache, logische Erklärung für alles gibt«, ergänzte Louise. »Für dein ungutes Gefühl, für Wilmersons Nervosität und für die Kameras.«
»Hat es hier jemals für eine einzige seltsame Sache eine ganz einfache, logische Erklärung gegeben?«, fragte ihre Freundin und zog ironisch eine Augenbraue hoch.
Louise verzog einen Mundwinkel und meinte nur: »Ich glaube, die Antwort darauf kann ich mir sparen. Aber was die andere Sache angeht, wäre ich froh, wenn Martin endlich seinen Auftritt als Bela Lugosi hinter sich hätte. Je länger sich das hinzieht, desto mehr muss ich befürchten, dass er letztlich doch noch einen Rückzieher macht.«
»Dann würde doch eine Vertragsstrafe fällig, oder nicht?«, fragte Nathalie besorgt.
»Nicht, wenn der Termin um einen bestimmten Zeitraum überschritten wird. Dann greift eine Ausstiegsklausel, die dazu berechtigt, ganz ohne Strafe die Produktion zu verlassen.«
»Das wäre aber ungünstig, wenn Martin auf einmal die Möglichkeit hätte, ganz ohne Konsequenzen aussteigen zu können«, meinte Nathalie. »Vielleicht sollten wir ihm mal ins Gewissen reden, dass er das nicht hinschmeißen darf. Bevor er uns vor vollendete Tatsachen stellt.«
Louise schüttelte den Kopf. »Das wird er nicht machen. Wenn er wirklich in der nächsten Zeit irgendwelche Zweifel bekommt, wird er das auf jeden Fall erst mit mir besprechen.«
»Gut«, murmelte Nathalie. »Eine Sorge weniger.«
»Aber immer noch mehr Sorgen als genug, wie?«, gab die Köchin augenzwinkernd zurück.
»Vor allem, was meine Assistentin angeht, die ich nicht mehr...
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