Schweitzer Fachinformationen
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Sie kamen in Dreiergruppen, in gleichen Shorts und T-Shirts, die Haare mit orange-schwarzen Bändern zurückgebunden, die Augen weit aufgerissen, und sie schrien und klatschten und drehten sich, präzise, auf den Punkt genau. Sie lächelten, ihr Lippenstift war rosa und perfekt aufgetragen, ihre Zähne leuchteten weiß und vollkommen. Sie strahlten.
Wir saßen auf der Tribüne, auf Handtüchern, damit wir uns auf dem heißen Metall nicht die Haut verbrannten. Wir trugen unsere Nicole-Richie-Sonnenbrillen, unsere Auburn- und Alabama-Baseballkappen und unsere Abercrombie-Trägerhemden und -Shorts. Die Anzeigetafel links vom Feld zeigte die Temperatur an: 36,1 Grad, aber nach den Adamsville Morning News lag der Hitzeindex fast bei 40 Grad.
Das war etwas, woran wir uns gewöhnt hatten, an Luft so heiß und stickig, dass du das Gefühl hattest, dich durch Flüssigkeit zu bewegen, an Sommer so heiß, dass du dich nur bewegtest, wenn du musstest, immer auf der Suche nach einer Klimaanlage. Die Temperaturanzeige blinkte, verschwand, und die Zeit erschien: 17:24 Uhr. In zwei, vielleicht drei Stunden würde die Sonne untergehen, der Himmel nahm aber schon ein tieferes Orange an, ein paar Wolken boten etwas Schutz und milderten das grelle Gleißen. Wir saßen da und ließen die Hitze tun, was sie zu tun hatte. Schweiß sammelte sich unter unseren Knien, zwischen den Beinen, im Nacken.
Noch drei kamen aufs Feld, die Finger gereckt, fliegend, die Zehen im Spagat hoch in der Luft, dann Flickflacks. Dünn, gebräunt, golden: Sie lächelten, und sie schwitzten nicht. Sie sahen frisch und unglaublich sauber aus, ihre Mascara verfloss nicht, die Grundierung schmolz nicht, kein Haar, das sich kräuselte. Wir klatschten und jauchzten, sahen zu und warteten. Die Marschkapelle, die Band, spielte auf der Tribüne gegenüber: Blech, Trommeln, das Kampflied der Adams Highschool. Die Teile, die wir kannten, sangen wir lauthals mit, ansonsten schrien wir nur. Und das Ende war immer: »Adams, Heil dir.«
Normalerweise hätte das alles drinnen stattgefunden, wie immer, auf dem Basketballfeld der Sporthalle, so wie wir's eben gewohnt waren, nur hatten ein paar Zwölftklässler, nachdem sie ihre Abschlusszeugnisse bekommen hatten, die Wände versaut und dachten gar nicht daran, die Farbe mit Verdünner und Methylchlorid wieder abzuwaschen, wie es ihnen gesagt worden war: Die Schulleitung konnte verdammt nichts dagegen tun. Aber Mr Overton weigerte sich nachzugeben, weigerte sich, die Hausmeister die Sauerei übermalen zu lassen, und so hatten wir eine Woche vor Beginn des neuen Schuljahrs immer noch eine Sporthalle voller Schmierereien, Obszönitäten und Softpornoscheiß. Unseren Eltern war gesagt worden, die Schule würde ausgeräuchert, von Asbest gereinigt oder so, aber wir wussten es besser. Wir wussten, was dahintersteckte. Wir hatten es von Taylor Lyon, die erzählte es herum, und so wussten am Ende alle Bescheid. Alle, die eine Ahnung hatten.
Die Mädchen liefen zur Seite, nur Taylor Lyon blieb in der Mitte, und wir sahen zu, wie sie sprang. Ganz allein. Die Sponsoren der Schule saßen in der ersten Reihe, mit Miss Simpson, Mr Ferris, Coach Cox, und wir sahen, wie sie Taylor zusahen, der springenden, klatschenden, die Zehen im Spagat hoch zu den Fingern reckenden, schreienden Taylor. Sie schrie so viel lauter, als man es sich vorstellen konnte, eine so tiefe Stimme aus einem so zarten Körper.
»Feiert mit uns! Ihr müsst, ihr müsst, ihr müsst mit uns feiern! A.H.S. vor!«
Taylors Haar hatte einen rötlichen Schimmer, war eigentlich eher braun, aber mit einem feurigen Glitzern, und wenn die Sonne draufschien, wurde aus dem Glitzern ein super Leuchten, wie frisch aus der Wachsmalschachtel. Im Kindergarten hatte Mrs Cornish sie für alles ausgesucht: Bei der Theateraufführung am Schuljahresende war Taylor Schneewittchen, bei Ausflügen führte sie die Reihe an, und zu Thanksgiving war sie der Pilger und sprach das Tischgebet. Mrs Cornish liebte Taylor und nannte ihr rötlich schimmerndes Haar ihre »krönende Pracht«. Wenn sie das sagte oder wenn sie Taylor wieder für etwas auswählte, eine andere Rolle, eine neue Ehre, lief Taylor tiefrot an. Es war ein Rot, das aussah, als versengte es ihr die Wangen und füllte ihren ganzen Körper. Es war seltsam, sie da jetzt so zu sehen, und wir fragten uns, ob sie das selbst auch dachte: Wie seltsam es war, dass sie sich so verändert hatte.
Die Hitze war immer noch unerträglich, und wir griffen nach unseren Snapple-Flaschen und versuchten uns auf Taylor zu konzentrieren, wie sie ihre Flickflacks machte und über die Laufbahn flog. Noch einmal kam sie zurück in die Mitte, spreizte die Finger und schenkte uns ein Lächeln. Dann nahm sie ihre Pompoms und lief zur Seite. Ihr Solo war vorbei.
Gemma Davies löste sie ab, gleichzeitig begann sich eine Wolke vor die Sonne zu schieben und Gemma halb zu überschatten. Gemma war blond, fast wasserstoffblond, aber wir wussten, das war ihre natürliche Farbe, seit der Vorschule schon. Wir sahen, wie ihr Pferdeschwanz mit jeder Zehenbewegung auf und ab wippte. Gemma war die beste Turnerin und sprang höher als alle anderen. Sie war der Captain und würde es wohl auch immer bleiben. Gemma hatte für jeden ein Lächeln, wenigstens sagten das alle, und in der Neunten und Zehnten war sie zur »Besten Persönlichkeit« gewählt worden. Jetzt kam sie wie wir ins dritte Jahr, wurde ein Junior, und ihr Freund, Andrew Wright, ging in die Zwölfte, war ein Senior. Man sollte denken, solche Sachen wären öde und dass so was nur in Hilary-Duff-Filmen was zu suchen hatte, aber es war komisch, wie viel es uns bedeutete, auch wenn wir es nicht laut sagten.
Wir hatten gehört, dass Gemmas Vater wegen Andrew erst ausgerastet war. Reverend Davies war unser Prediger, und alle wussten, dass er mit Gemma und Andrew ins Kino ging oder mit zu ihrer Samstagabendverabredung in den Olive Garden. Ob er sich zu ihnen setzte, ein paar Reihen oder Tische Abstand hielt, konnten wir nicht sagen. Wir stellten uns vor, dass er in seinem eigenen Wagen fuhr und Andrew zumindest während der Fahrt mit Gemma allein war, doch auch das war nicht ganz klar. Gemmas Leben folgte einem genauen Regelwerk, das wussten wir, und sie war keine Predigertochter, die sich gegen alles auflehnte und auf Autoritäten pfiff, wie Ashley oder Jessica Simpson. Gemma tat, was ihr gesagt wurde, wenigstens soweit wir es beurteilen konnten, und das, und vielleicht auch ihr Aussehen, machte sie beliebt. Sie war so beliebt wie brav.
Unserer Meinung nach hätte sich Reverend Davies über Andrew freuen sollen. Andrew Wright war ebenfalls brav, und dabei um einiges netter als Gemma. Er war groß und dünn, schlaksig, ein gutmütiger Kerl. Er hielt den Mädchen die Türen auf, sagte »Ja, Ma'am« und »Nein, Sir« und lachte nie beim Beten oder wenn jemand in der Cafeteria sein Tablett fallen ließ. Andrew hatte sandbraunes Haar und Sommersprossen, und unsere Mütter meinten, er sei »reizend«, was immer das bedeuten mochte. Er trug Khakihosen und New-Balance-Turnschuhe, und sein Gesicht war zart wie das eines kleinen Jungen, wahrscheinlich musste er sich noch nicht mal rasieren. Verglichen mit Gemma war er so groß, dass es krass aussah, wenn die beiden sich küssten, sie auf den süßen Zehenspitzen und er, wie er sich zu ihr runterbeugte. Er mochte Mädchen, die winzig waren, sagten wir später. Je winziger, desto besser. Gemma hätte in seine Tasche gepasst, er hätte sie mit nach Hause nehmen können, ohne dass es jemandem aufgefallen wäre.
Gemma Davies durfte keinen Badeanzug tragen, das war eine religiöse Sache, und als wir in der vierten Klasse einen Ausflug in den Wasserpark von Moulton machten, musste sie in ihrem Riesen-Hosenrock und einem T-Shirt ins Wasser. Niemand hat sie ausgelacht, daran kann sich keiner erinnern, aber als wir im nächsten Jahr wieder fuhren, war Gemma krank und kam nicht mit.
Wir sahen uns ihre Uniform an, das Top ein Mieder, der Rock nicht größer als eine Briefmarke. Jedes Mal, wenn sie die Arme hob, blitzte ihr Nabel hervor. Gemmas Körper war straff und gebräunt, und sie musste ihre Beine und alles gewachst haben, weil sie bei der Arabeske so perfekt sauber aussah. Sie war so schön. So schön und so leicht.
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