Die Niederlage des Osmanischen Reiches im Ersten Weltkrieg führte zu einer historischen Zäsur, die nicht nur die politische Landkarte dieses Teils der Welt veränderte, sondern auch die Flucht und Vertreibung von mehr als einer Million Menschen zur Folge hatte. Im Mittelpunkt stand dabei der am 10. August 1920 unterzeichnete Vertrag von Sèvres, der letzte der fünf Pariser Vorortverträge, die nach der Niederlage des Deutschen Reiches und seiner Verbündeten unterzeichnet worden waren. Der Vertrag von Sèvres sollte nach dem Willen der Siegermächte eine quasi-koloniale Ordnung in den Gebieten umsetzen, die bis dahin dem Osmanischen Reich gehörten. Dies beinhaltete die Absicht, das Territorium der heutigen Türkei zu zerlegen und in Einflussbereiche zu unterteilen. Das türkische Volk widersetzte sich jedoch diesem "Todesurteil"; und vier
Jahre nach dem Waffenstillstand von Mudros musste die Suche nach Frieden im Orient nahezu von vorne beginnen. Das Ergebnis war der Frieden von Lausanne vom 24. Juli 1923, der der Region eine völlig andere Nachkriegsordnung gab, als es der Vertrag von Sèvres vorgesehen hatte. Während der Vertrag von Sèvres von den Türken als nationale Demütigung wahrgenommen wurde, half der Vertrag von Lausanne ihnen, ihren Wunsch nach nationaler Selbstbestimmung zu verwirklichen.
Józef Pilsudski (1867 - 1935) verkörpert wie kein anderer die Wandlungen der polnischen Geschichte in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Er gilt als Vater der 1918 wiedererlangten Unabhängigkeit und Verteidiger der Freiheit gegen den Bolschewismus. Aber er putschte auch 1926 gegen eine gewählte Regierung und regierte Polen bis zu seinem Tod autoritär. Der Beitrag von Stephan Lehnstaedt untersucht die Mystifizierung Pilsudskis seit der Zwischenkriegszeit, aber auch den Wandel der Perzeptionen angesichts der Umbrüche 1945 und 1990. Außerdem wird gezeigt, wie die heutige polnische Regierung den "Vater des Vaterlands" mit seinen vormodernen Staatsvorstellungen in ihr Geschichtsbild vom ethnisch homogenen Nationalstaat integriert.
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ISBN-13
978-3-7344-1151-9 (9783734411519)
Schweitzer Klassifikation
Roland Banken
Studium der Geschichte, Sozialwissenschaften und Anglistik sowie der Rechtswissenschaft, Promotion im Völkerrecht. Seit 2012 Referent im Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr in Koblenz.
Dr. Christian Bunnenberg
Juniorprofessor für Didaktik der Geschichte am Historischen Institut der Ruhr-Universität Bochum.
Dr. phil. habil. Stephan Lehnstaedt
Seit 2016 Professor für Holocaust-Studien und Jüdische Studien am Touro College Berlin. Er veröffentlichte umfangreich zur deutsch-polnischen Geschichte des 20. Jahrhunderts, insbesondere den beiden Weltkriegen, dem Holocaust und dessen Wiedergutmachung. In Polen mehrfach für seinen Beitrag zur deutsch-polnischen Aussöhnung ausgezeichnet, u. a. mit der Anielewicz-Medaille vom Verband der Holocaust-Überlebenden.
Ostmitteleuropa nach 1918
Roland Banken
Von Moudros 1918 bis Lausanne 1923. Der beschwerliche Weg zur Beendigung des Ersten Weltkrieges mit der Türkei
Stephan Lehnstaedt
Marschall und Mythos. Józef Pilsudski als Held und Feindbild der polnischen Geschichte 1920 bis 2020
Das umkämpfte Museum des Zweiten Weltkriegs in Danzig.
Fragen an Pawel Machcewicz
Impulse für den Geschichtsunterricht
Christian Bunnenberg
Mittendrin im historischen Geschehen? Immersive digitale Medien (Augmented Reality, Virtual Reality, 360°-Film) in der
Geschichtskultur und Perspektiven für den Geschichtsunterricht
Virtuelle Ausflüge in die Geschichte: Interview mit Jonas Rothe (Time Ride) und Christian Bunnenberg
Petra Wonsowitz
Geschichte verändern: DDR, Herbst 1989. Der Animationsfilm "Fritzi - eine Wendewundergeschichte"
Niko Lamprecht
Das neue Onlineportal von MDR und VGD "30 Jahre danach"
Geschichte vor Ort - außerschulische Lernorte und Projekte
Polen im Geschichtsunterricht. Projekte des Deutschen Polen-Instituts in Darmstadt
Berichte aus dem Bundesverband und den Landesverbänden
Zahlreiche Buchbesprechungen aus Fachwissenschaft und Fachdidaktik