Schweitzer Fachinformationen
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»Tooooooooor!«, schreie ich. »Tooooooor! Juhuuuu!« Ha! Genau in die obere rechte Ecke. Wahnsinn. Wie eine Verrückte laufe ich quer über den Rasen und schlage vor Freude ein Rad.
»Das war ja wohl ein Volltreffer, Ricardo!«, brülle ich.
Paul läuft auf mich zu und umarmt mich. Ja! Die Jungs von Dog and Duck dachten, sie wären besonders schlau, sich einen waschechten Italiener in die Mannschaft zu holen, der schon seit seinem fünften Lebensjahr auf dem Rasen steht. Doch es hat ihnen nichts genutzt. Ich habe das Tor geschossen! O ja!
Meine Jungs vom Team Queen Charlotte fallen fast um vor Lachen.
»Ha, ha, ha«, kreischt Leo. »Dir hat soeben ein Mädchen gezeigt, wo der Hammer hängt. Hahahah!«
»Wohlgemerkt, ein Mädchen«, fügt Paul hinzu, nur für den Fall, dass ihnen dieses Detail bislang entgangen sein sollte. Mark Stebbins wirft Ricardo einen schiefen Blick zu, der inzwischen dunkelrot angelaufen ist. Wahrscheinlich ist dies die peinlichste Situation seines Lebens. Er zeigt mit dem Finger auf mich.
»Va fancoul!«, keift er. »Non e ragazza!«
Dafür brauche ich keine Übersetzung, es heißt: »Sie ist kein Mädchen.« Das bekomme ich oft genug zu hören. Ich zucke mit den Schultern und werfe ihm eine Kusshand zu. Trotzig kickt er im Strafraum ein Stück Rasen weg.
»Was ist denn hier los?«, höre ich plötzlich eine vertraute Stimme.
Freudig wirbele ich herum. Es ist Ollie McCleod, mein Mitbewohner. Außerdem ist er mein bester Freund. Ein entspannter und wirklich witziger Typ, der echt gut aussieht, blond und kräftig wie ein Wikinger.
»Lucy hat gerade ein Tor geschossen«, erklärt Paul. »Hat dem Typen volle Pulle einen reingewürgt.« Und dann fängt er wieder an zu lachen.
Ricardo stößt ein paar italienische Flüche aus und stapft davon. Ich vermute, er sagte so etwas wie: »Ihr könnt mich mal, ich verschwinde ins Pub.«
Ich werfe einen Blick auf meine Uhr. Das gute Stück hat mich auf einem Garagenflohmarkt ganze 2,99 Pfund gekostet, und sie funktioniert immer noch. Ist auch gut so, denn schließlich muss ich jeden Penny zwei Mal umdrehen. Es ist schon fast Mittag.
»Was machst du hier?«, will ich von Ollie wissen.
Er zuckt mit den Schultern und lächelt. »Ich dachte, du würdest dich freuen, abgeholt zu werden.«
Ich blicke zu meinen Jungs hinüber.
»Ich muss nach Hause«, sagt Paul. »Meine Frau wird bald zurück sein.«
Die anderen marschieren bereits über den Rasen in Richtung Pub. Normalerweise begleite ich die Jungs nach dem Spiel auf ein halbes Cider, allerdings nicht, wenn ich stattdessen mit Ollie fahren kann. Wenn ich ehrlich bin, mag ich viel lieber mit ihm abhängen.
»Also gut, bis nächste Woche dann«, verabschiede ich mich und folge Ollie gut gelaunt zu seinem Wagen.
»Ist deine Freundin da?«, frage ich beiläufig.
»Sie arbeitet«, antwortet Ollie.
Großartig. Es ist viel entspannter mit ihm, wenn sie nicht dabei ist.
»Wie wäre es, wenn wir uns ein Curry beim Inder bestellen?«, schlägt Ollie vor. »Wir könnten uns das Spiel zusammen ansehen; sie wird sicher nicht vor sieben zu Hause sein. Ich habe auch noch eine Flasche Wein für uns.«
Meine Laune befindet sich im Höhenflug. Die Rugby-Partie England gegen Südafrika, ein leckeres Curry und ein gutes Glas Rotwein mit Ollie auf der Couch. Und danach könnte ich noch eine Weile Star Wars Galaxien spielen und müsste mich nicht um die Nervensäge Victoria kümmern, wenn sie nach Hause kommt.
»Klingt hervorragend«, antworte ich. Mein Leben ist einfach großartig, ehrlich. Ich bin ein Glückspilz.
Ollie öffnet mir die Beifahrertür. Meine dreckigen Fußballschuhe haben ihn übrigens noch nie gestört. »Das wird ein cooler Abend.« Er grinst mir zu und scheint sich wirklich zu freuen. Das gönne ich ihm von Herzen. Armer Ollie. Schließlich muss er am Montagmorgen wieder seine Brötchen als Anwalt verdienen, und ich brauche bloß meine Kritiken zu schreiben, das heißt, ich teste Computerspiele für die Zeitschrift PC Games Universe. Während er um sieben Uhr aus den Federn kriecht, kann ich bis zehn Uhr liegen bleiben. Und alles, was er für den Stress bekommt, ist Kohle, und das ist in meinen Augen keine wirklich lohnende Entschädigung.
Egal, der Abend wird auf jeden Fall super. Schließlich sind wir die besten Freunde, und wir werden unseren Spaß haben, was im Übrigen die meiste Zeit in meinem Leben der Fall ist.
Ich lehne mich in den bequemen Autositz zurück, was so viel besser ist als der muffige Bus, den ich sonst nehmen muss, und Ollie lenkt den Wagen durch den Verkehr.
»Alles klar?«
Ich nicke. »Alles klar.« Und genau so ist es.
»Verdammter Mist!«, brülle ich.
»Was ist denn los?«, fragt Ollie geduldig.
Angewidert starre ich auf den Bildschirm. »Verdammte Kopfgeldjäger. Die wollen ständig meine Jedis umbringen. Das ist schon mein vierter Tod in dieser Woche, und jetzt habe ich auch noch eine Skillbox verloren! Ausgerechnet Regenerationsstufe 2, da sind locker 200 000 Punkte flöten.«
»Ach, herrje«, antwortet er grinsend.
Die Nervensäge starrt mich angewidert an, als hätte ich Kisuaheli gesprochen.
»Ich habe Wochen gebraucht, bis ich so weit war«, seufze ich.
»Dafür musste ich Nester von wilden Gurks und Riesenspinnen aufschneiden ...«
»Also ehrlich, Lucy«, sagt sie mit eisiger Verachtung. »Das ist ja wirklich faszinierend. Aber denkst du nicht, dass du vielleicht ein kleines bisschen zu alt für solche Spiele bist?«
»Ich bin erst vierundzwanzig, verdammter Mist«, schimpfe ich erneut los.
»Und was du für eine Ausdrucksweise hast.« Sie zieht ihre winzige, kecke Nase kraus.
»Außerdem gehören Computerspiele zu meinem Job«, verteidige ich mich. »Schon vergessen?«
»Sofern man das einen Job nennen kann.« Victoria zuckt mit den Schultern. »Irgendwelche stupiden Spiele für Halbstarke bei einem albernen Blättchen zu besprechen, dessen Leserschaft ohnehin gegen null geht ...«
»Victoria«, mahnt Ollie.
»Tut mir wirklich leid«, schmollt sie. »Aber das ist wohl kaum ein angemessener Job für eine junge Dame.«
Gebannt starre ich sie an und warte nur darauf, dass sie es wagt. Die Worte Andererseits ist Lucy keine junge Dame hängen förmlich zwischen uns.
»Wie läuft es im Büro?«, frage ich und zwinge mich, nett zu ihr zu sein. Ollie ist schließlich nicht nur mein bester Kumpel, sondern auch mein Vermieter, und Victoria ist nun mal seine Freundin. Ich möchte einfach meinen guten Willen demonstrieren, auch wenn es mein größter Wunsch ist, dass sie in einer Wolke Anaïs Anaïs verpufft.
»Ganz wunderbar.« Victoria wirft sich mit geübtem Schulmädchenschwung die lange, kastanienbraune Mähne über die Schulter. Victoria ist ebenfalls in den Medien tätig, aber damit enden unsere Gemeinsamkeiten auch schon. Sie hat einen gut bezahlten Job beim Magazin Stylish, dem führenden Modemagazin Großbritanniens - so lautet zumindest der Slogan, wobei die Redaktion die Existenz von Vogue, Elle und InStyle aufs beste zu ignorieren versucht. Victoria ist achtundzwanzig Jahre alt und eine geschliffene, sehr zielstrebige höhere Tochter türkischer Herkunft. Sie wird ständig befördert und taucht immerzu in einem neuen, wahnwitzig teuren Kostümchen oder mit einer wundervoll hippen Handtasche bei Ollie auf, die sie aus dem Archiv der Redaktion stibitzt hat.
Vicky hält nicht besonders viel von meinen Doc Martens und Metallica-T-Shirts.
»Unser Titelthema für den kommenden Monat wird ein echter Hit«, stellt sie selbstzufrieden fest. »Die Idee stammt von mir.«
»Und worum geht es?«, frage ich sie belustigt. Ich werfe Ollie einen verstohlenen Blick zu und hoffe, dass er meine Bemühungen zur Kenntnis nimmt. Er bittet mich nämlich hin und wieder, ein wenig netter zu Victoria zu sein.
»>Die neue Weiblichkeit<«, antwortet sie und beschreibt mit ihren spitzen Fingernägeln einen großen Kreis in der Luft. »Wir werden dabei sämtliche Aspekte echter Weiblichkeit untersuchen. Ist sie klassisch? Wie die Birkin-Tasche oder das kamelfarbene Etuikleid. Oder ist sie eher verspielt? Wie bedruckte Kleider oder Riemchensandalen. Oder ist sie modern? Wie Schuhe von Manolo Blahnik, Kostüme von Alexander McQueen oder Accessoires von Kate Spade?«
»Hm«, antworte ich und tue so, als würde mich das Thema interessieren. Ich denke mal »Jeans und ein bequemes T-Shirt« stehen nicht zur Auswahl.
»Und dann werden wir ein paar Kommentare einstreuen. >Haben die Frauen von heute keinen Begriff von echter Weiblichkeit mehr?<«, sagt Vicky und wirft mir dabei einen vielsagenden Blick zu.
»Schön«, erwidere ich. »Dann werde ich mich mal wieder auf mein Spiel stürzen. Meine Figur sitzt nämlich gerade in einer Grube von Kristallschlangen fest, und dieser Kopfgeldjäger muss jetzt sterben!«
»Komm, Herzblatt«, höre ich Ollie zu Victoria sagen. »Unser Tisch ist reserviert.«
»Geht ihr in ein nettes Restaurant?«, frage ich aufmunternd. Ich kann es kaum abwarten, bis die beiden verschwunden sind. Solange Victoria hier ist, kann ich mich nicht richtig konzentrieren. Es ist ihr kontaktlinsen-verstärkter Blick in meinem Rücken, der mich total nervt. Ich weiß, dass sie mich anstarrt, selbst wenn ich nicht hinsehe.
»Ach, weißt du, das wäre nichts für dich«, entgegnet Victoria. »Man isst dort mit Messer und Gabel.« Mit vorwurfsvollem Blick starrt sie auf eine leere McDonald's-Tüte, die neben meinem Computer...
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